St. Johannes Evangelist (Gehrden)

Kirchengebäude in Zerbst/Anhalt, Sachsen-Anhalt

Die Pfarrkirche St. Johannes Evangelist zu Gehrden steht an der Ringstraße in der Ortschaft Gehrden in der Stadtgemeinde Zerbst/Anhalt im Land Sachsen-Anhalt. Die Kirche ist ein Baudenkmal. Die Pfarrgemeinde gehört zum Pfarramt Leitzkau im Kirchenkreis Elbe-Fläming[1] der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM).

Evangelische Pfarrkirche St. Johannes in Gehrden
Blick vom Chor mit Altar, Schiff, Empore zur Orgel im Turm
Vorgehen der Uhr von 12 min in 24 Stunden wird verhindert.
2-Tangenten-Pendeldämpfer für Gang- oder Gehwerk-Gewicht der J.F.-Weule-Uhr sorgt für Ganggenauigkeit bei Sturm

Die Kirche befindet sich in der Ortsmitte von Gehrden. Sie ist vom ummauerten Kirch-Friedhof umgeben.

Architektur

Bearbeiten

Der spätromanische Kirchenbau aus Feldsteinmauerwerk besteht aus einem Westturm, einem einschiffigen Langhaus, einem eingezogenen quadratischen Chor und einer Rundapsis (Vollständige Anlage). Das Nordportal und die Rundbogenfenster der Apsis sind in den originalen Formen erhalten. Die südliche Langhausmauer zeigt ein vermauertes Rundbogenportal und romanische Fensterbögen. Die Westfront bildet der schiffsbreite Kirchturm aus Gommernschen Bruchsteinen. Der Turm erhielt seine heutige Form und Höhe in der Frühgotik mit spitzbogigen Schallöffnungen und Fenstern. Er trägt ein steiles Satteldach.[2]

 
Schlagwerks-Ende der Turmuhr mit Hammer, Ersatz-Prellfeder (siehe J. F. Weule) und Glocke

Im geeinten Deutschland erfolgte 1991/1992 die notwendige Außensanierung des Wandmauerwerkes durch eine Spezial-Firma aus Hessen. Die Kirche ist in der Denkmalliste Zerbst/Anhalt mit der Erfassungsnummer 094 71568 eingetragen.[3]

Ausstattung

Bearbeiten

Das Kircheninnere zeigt ein Langhaus unter einer Flachdecke mit einer hölzernen Hufeisenempore aus den 1860er Jahren. Das achteckige gotische Taufbecken aus Sandstein entstand im 14. Jahrhundert und besitzt am oberen Rand acht Hochreliefs mit Szenen aus der Kindheit und zur Taufe Jesu.[2]

Die Orgel aus dem Jahr 1862 wurde in den 1970er Jahren restauriert.

1906 baute Fa. J. F. Weule aus Bockenem am Harz die Turmuhr mit Ziffernblättern in Nord + Süd sowie Uhrschlag an Schlagglocke (Stunden und Halb-Stunden) ein. Im Juni 2020 erfolgte eine Innovation der Wochenuhr mit 2-Tangenten-Pendeldämpfer für das Gang- oder Gehwerk-Gewicht am Flaschenzug (Faktorenflaschenzug 1:3), um freies Pendeln der zylinderförmigen, windumströmten Eisengussteile (Energiespeicher) innerhalb der zwei rechtwinklig angeordneten Berührenden (Hartholz-Besenstiele) zu verhindern. Bei stärkerem Wind wird damit ein Vorgehen der Uhr (zu schneller Gang!) von bis zu 12 Minuten täglich vermieden. Die Ganggenauigkeit bleibt mit plus-minus 10 Sekunden pro Woche erhalten. Das Kirchenamt-Denkmalplege Magdeburg bewertete am 31. August 2020 vor Ort die Konstruktion des Erfinders als "top", danach belegt durch vorhandene E-Mail.

Gehrdener Kreuzigung

Bearbeiten

Die österreichische Malerin Xenia Hausner stellte hier im Jahr 2013 ihre „Gehrdener Kreuzigung“ aus, nachdem diese von 2012 bis 2013 in der Ausstellung „Zeitgenössische Glasmalerei in Deutschland“ im Internationalen Zentrum für Glasmalerei in Chartres zu sehen war.[4][5] Diese Glasfenster sorgten durch ihre Effekte, die Gemälde und Glasfenster verbinden, für Aufsehen und wurden auch von dem Denkmalschutz-Magazin Monumente und der Architekturzeitschrift Bauwelt erwähnt.[6][7] Im Jahr 2014 wurden diese im Naumburger Dom mit über 150 anderen Werken unter dem Motto „Glanzlichter“ ausgestellt.[8] Die Fenster befinden sich in der Galerie der Derix Glasstudios in Taunusstein.[9] Die geplante Installation der Fenster in der Kirche fand bisher nicht statt, so dass sie auch weiterhin in Ausstellungen zu sehen sind, so etwa von 2020 bis 2021 im Deutschen Glasmalerei-Museum in Linnich unter dem Motto „Gesichter im Wandel der Zeit“.[10]

Patrozinium

Bearbeiten

Die Kirche ist dem Evangelist Johannes, Hauptautor des Johannesevangeliums geweiht. Gelegentlich findet allerdings eine Verwechslung mit Johannes dem Täufer statt.[11] Neben der deutschen Schreibweise „Johannes Evangelist“ findet sich in Publikationen (Dehio, Kirchenkreis) auch die lateinische Form „Johannis Evangelista“.

Literatur

Bearbeiten
  • Gehrden, Pfarrkirche St. Johannis zu Gehrden, gotischer Taufstein mit Reliefs. In: Dietmar Möschner: Kirchen im Evangelischen Kirchenkreis Elbe-Fläming. Herausgegeben von Superintendent Wolfgang Schmidt. Evangelischer Kirchenkreis Elbe-Fläming, Burg bei Magdeburg 2003, ISBN 3-98090-11, S. 26.
  • Georg Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Sachsen Anhalt II. Regierungsbezirke Dessau und Halle. Deutscher Kunstverlag, München/Berlin 1999, ISBN 3-422-03065-4.
Bearbeiten
Commons: St. Johannes Evangelist – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Kirchenkreis Elbe-Fläming, auf ekmd.de
  2. a b Dehio, S. 201.
  3. Denkmalverzeichnis des Landes Sachsen-Anhalt (PDF; 9,9 MB) – Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung (der Abgeordneten Olaf Meister und Prof. Dr. Claudia Dalbert; Bündnis 90/Die Grünen) – Drucksache 6/3905 vom 19. März 2015 (KA 6/8670)
  4. Günter Kowa: Kirchenkunst: Nie gesehenes Leid. In: mz.de. Mitteldeutsche Zeitung, 19. Juni 2012, abgerufen am 23. August 2021.
  5. Daniela Apel: Künstlerin Xenia Hausner entwirft Glasfenster für Apsis der St. Johannis-Kirche. Gehrden rückt ins internationale Licht. In: Volksstimme. 16. Juni 2012, abgerufen am 23. August 2021.
  6. Julia Ricker: Zeitgenössische Fenster in alten Kirchen. Kunst kennt keine Provinz. In: monumente-online.de. 2021, abgerufen am 23. August 2021.
  7. Martin Matl: Die Metaphysik des Lichts. Chartres zeigt Glasmalerei aus Deutschland. In: bauwelt.de. 2013, abgerufen am 23. August 2021.
  8. Stefan Branahl: Glasfensterkunst im Naumburger Dom. Kraftvoll, strahlend, vielschichtig. In: tag-des-herrn.de. 18. Juni 2014, abgerufen am 23. August 2021.
  9. St. Johannes Baptist Gehrden. Evangelische Landeskirche Anhalts, abgerufen am 22. August 2021.
  10. Gesichter im Wandel der Zeit. Deutsches Glasmalerei-Museum Linnich, 21. Februar 2021, abgerufen am 23. August 2021.
  11. So etwa auf der Internetseite der Landeskirche Anhalt.

Koordinaten: 52° 0′ 31,3″ N, 11° 57′ 26,3″ O