Euerwang

Kirchdorf in Mittelfranken
(Weitergeleitet von St. Martin (Euerwang))

Euerwang ist ein Gemeindeteil der Stadt Greding im Landkreis Roth (Mittelfranken, Bayern).[3] Die Gemarkung Euerwang hat eine Fläche von 6,410 km² und ist in 441 Flurstücke aufgeteilt, die eine durchschnittliche Flurstücksfläche von 14534,31 m² haben.[1][4]

Euerwang
Stadt Greding
Koordinaten: 49° 1′ N, 11° 19′ OKoordinaten: 49° 0′ 58″ N, 11° 19′ 9″ O
Höhe: 526 (512–515) m ü. NHN
Fläche: 6,41 km²[1]
Einwohner: 176 (31. Dez. 2021)[2]
Bevölkerungsdichte: 27 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. Januar 1972
Postleitzahl: 91171
Vorwahl: 08463
Euerwang am Euerwanger Bühl
Euerwang am Euerwanger Bühl
Kath. Filialkirche St. Martin
Arma Christi-Kreuz an der Kirche
Jurahaus in Euerwang
Flurkreuz bei Euerwang
Ziegelhof, südlich von Euerwang

Das Kirchdorf liegt rund vier Kilometer südwestlich von Greding am Fuß des 595 m ü. NHN hohen Euerwanger Bühls, einer der höchsten Erhebungen im Landkreis Roth. Gemeindeverbindungsstraßen führen nach Niefang und über Linden zur Staatsstraße 2236. Etwa 600 m östlich von Euerwang verläuft unter dem Euerwanger Bühl der 7700 m lange Euerwangtunnel der Schnellfahrstrecke Nürnberg–Ingolstadt.[5]

Ortsnamensdeutung

Bearbeiten

Gemäß den ältesten Namensbelegen „Urenwanch/Urenwang“ wird der Ortsname gedeutet als feuchter Weidegrund des Ur, des Auerochsen.[6]

Geschichte

Bearbeiten

Am Euerwanger Bühl wurden in Höhlen im Dolomit frühgeschichtliche Funde gemacht.

„Urenwanch“ ist erstmals 1158 im Zusammenhang mit dem dortigen Besitz des Domkapitels zu Eichstätt urkundlich erwähnt.[7] 1179 bestätigte Papst Alexander III. den domkapitlischen Besitz zu „Urenwang“, nämlich den Meierhof samt Zugehörungen.[8]

In der Auseinandersetzung der baierischen Herzöge und des Eichstätter Bischofs um das „Hirschberger Erbe“ wurde der Ort mit dem Gaimersheimer Spruch vom 19. Oktober 1305 dem Hochstift Eichstätt zugesprochen in dem Sinne, dass ihm hier die Halsgerichtsbarkeit zustand.[9] Euerwang war domkapitlischer Gerichtsort hinsichtlich der niederen Gerichtsbarkeit für die domkapitlischen Untertanen in sechs Orten, darunter derjenigen in Euerwang selber.[10] 1456 gab das Augustiner-Chorherrenstift Rebdorf den großen und kleinen Zehent zu Euerwang seinem „Widmann“ (= Widdumsbauer) zu Heimbach.[7] 1472 kam das Hochstift durch die Erwerbspolitik des Fürstbischofs Wilhelm von Reichenau zu Besitz in Euerwang, den der Bischof den Herren von Heideck abkaufte, die ihn ihrerseits vom Ortsadel, den „Marschallen von Eyerwang“, erworben hatten.[11]

Für 1796 ist ein französischer Emigrantenpriester in Euerwang nachgewiesen.[12]

Gegen Ende des Alten Reiches, um 1800, bestand der Ort „Eywang, Eyerwang“ aus 35 Untertanen, von denen 32 dem Domkapitel und drei dem hochstiftischen Kastenamt Titting-Raitenbuch gehörten. Außerdem gab es im Dorf die Kirche, das Schul- und Mesnerhaus, eine Gemeindeschmiede und ein Hirtenhaus; auch gehörte eine Ziegelhütte zum Dorf. Die Dorf- und Gemeindeherrschaft übte das Domkapitel aus. Die Hochgerichtsbarkeit lag beim bischöflichen Richteramt Greding.[13]

Infolge des Reichsdeputationshauptschlusses kam das Hochstift Eichstätt und damit auch das Kirchdorf Euerwang 1802 an den Großherzog Erzherzog Ferdinand III. von Toskana und 1805/06 an das neue Königreich Bayern. 1808 wurde infolge des Gemeindeedikts der Steuerdistrikt Euerwang gebildet, zu dem Heimbach gehörte, und 1811 die gleichnamige Ruralgemeinde, die deckungsgleich mit dem Steuerdistrikt war. Mit dem Zweiten Gemeindeedikt von 1818 wurden beide Orte wieder eigenständige Gemeinden, bis sie am 14. April 1830 erneut zur Gemeinde Euerwang zusammengefasst wurden. Zunächst war diese Gemeinde dem Landgericht Kipfenberg zugeordnet, ab 1. Oktober 1857 dem näher liegenden Landgericht Greding.[14]

Für 1815 erfährt man, dass im Kirchhof ein „altes“ Schul- und Mesnerhaus stand; es wurde in bayerischer Zeit 1871 abgebrochen und durch einen Neubau ersetzt. Auch die Heimbacher Kinder besuchten die Euerwanger Schule.[12] 1846 hatte Euerwang 211 „Seelen“, darunter je zwei Wirte, Bäcker, Schuhmacher und je einen Schmied, Wagner, Schreiner, Krämer, Metzger, Büttner und Schneider.[15] 1875 wurden in Euerwang von 231 Einwohnern 36 Pferde und 203 Stück Rindvieh gehalten.[16]

Im Zuge der Gemeindegebietsreform wurde die Gemeinde Euerwang mit ihrem Gemeindeteil Heimbach zum 1. Januar 1972 in die Stadt Greding eingegliedert. 1975 gewann das Dorf die Goldmedaille im Wettbewerb Unser Dorf hat Zukunft.

Einwohnerentwicklung (nur das Dorf Euerwang)

Bearbeiten
  • 1823: 142 (23 Anwesen)[17]
  • 1840: 211 (39 Häuser, 40 Familien)[15]
  • 1871: 231 (104 Gebäude)[16]
  • 1900: 264 (47 Wohngebäude)[18]
  • 1937: 235[19]
  • 1950: 280 (47 Anwesen)[17]
  • 1961: 219 (47 Wohngebäude)[20]
  • 1987: 216 (51 Wohngebäude, 52 Wohnungen)[21]
  • 2014: 178[22]

Katholische Filialkirche St. Martin

Bearbeiten

Mitte des 16. Jahrhunderts war Euerwang noch eine Filiale von Altdorf im Anlautertal, bevor es eine Filiale der Pfarrei „Pauli Bekehrung“ in Heimbach wurde. Die Filialkirche St. Martin erbaute 1728 der Eichstätter Hofbaudirektor Gabriel de Gabrieli; sie wurde am 28. Oktober des gleichen Jahres konsekriert. Felix Mader urteilt: „Der Bau hat schöne Verhältnisse. Er ist mit feinem Empfinden dem Dorfbild eingegliedert.“[23] Das dreiachsige Langhaus hat mit dem eingezogenen Chor an der Ostseite die Maße 15,15 × 8,60 Meter.[24] Die Stuckaturen und die Stuckkanzel stammen von Franz Horneis, die Fresken von 1728 von Joseph Dietrich, der auch das Altarblatt des Hochaltars mit dem Kirchenpatron malte.[25] 1809 kam eine 9-Register-Orgel des Orgelbauers Bittner (Eichstätt) in die Kirche.[19] Der Turm hat einen hohen quadratischen Unterbau, darüber ein Glockengeschoss mit Schrägecken und einen Ziegelhelm mit oktogonaler gekuppelter Laterne. Die Chordachung besteht auffallenderweise aus einem an den Turm sich anlehnenden Pultdach.[26] 1937 hingen vier Glocken im Turm, drei von 1913 und eine von 1693. Der Lehrer von Euerwang war um 1937 zugleich Organist und Kantor.[24]

Eine Marienkapelle von circa 1800 steht am Weg Euerwang-Greding. 1873 wurde eine weitere Feldkapelle errichtet. Eine andere „sehr alte“ Feldkapelle war der Heiligsten Dreifaltigkeit geweiht.[27] 1950 wurden von Martin Frank drei neue Glocken, von einer Gießerei aus Erding, geweiht.[28]

1994 erhielt die Kirche von WRK Orgelbau eine neue Orgel mit 13 Registern auf zwei Manualen und Pedal mit Schleifladen. Die Spiel- und Registertraktur ist mechanisch. Es wurde der Prospekt von 1910 weiterverwendet.[29]

I Hauptwerk
Principal 8′
Gedeckt 8′
Oktave 4′
Spitzflöte 4′
Gemshorn 2′
Mixtur 113′ 4f.
II Brustwerk
Rohrflöte 8′
Salicional 8′
Koppelflöte 4′
Prinzipal 2′
Quinte 113
Pedal
Bourdonbaß 16′
Gedacktbaß 8′

Baudenkmäler

Bearbeiten

Außer der Filialkirche gelten als Baudenkmäler eine Wegkapelle am Linder Weg 10 aus dem 18. Jahrhundert, das Bauernhaus am Enkeringer Weg 1 in Jurahaus-Bauweise aus der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts sowie drei religiöse Kleindenkmäler.

Sohn des Ortes

Bearbeiten
  • Martin Frank (1888–1963), Geistlicher, Studienrat und Domkapitular

Literatur

Bearbeiten
Bearbeiten
Commons: Euerwang – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. a b Gemarkung Euerwang (093823). In: geoindex.io. Geoindex Aktiengesellschaft, abgerufen am 13. Oktober 2024.
  2. Nahverkehrsplan Landkreis Roth. (PDF; 9,8 MB) Ver­kehrs­ver­bund Groß­raum Nürn­berg GmbH, S. 66, abgerufen am 25. September 2024.
  3. Gemeinde Greding, Liste der amtlichen Gemeindeteile/Ortsteile im BayernPortal des Bayerischen Staatsministerium für Digitales, abgerufen am 13. Oktober 2024.
  4. Webkarte. ALKIS®-Verwaltungsgrenzen – Gemarkungen. In: BayernAtlas. LDBV, abgerufen am 13. Oktober 2024.
  5. Topographische Karte 1:25.000. Darstellung mit Schummerung. In: BayernAtlas. LDBV, abgerufen am 13. Oktober 2024 (Entfernungsangaben entsprechen Luftlinie).
  6. Sammelblatt des Histor. Vereins Eichstätt 45 (1930), S. 109 f.
  7. a b Buchner I, S. 475
  8. Bundschuh II, Sp. 112; Sammelblatt des Histor. Vereins Eichstätt 44 (1929), S. 24
  9. Hirschmann, S. 25
  10. Hirschmann, S. 55
  11. Bundschuh II, Sp. 112; Hirschmann, S. 30
  12. a b Buchner, S. 477
  13. Hirschmann, S. 103; Bundschuh II, Sp. 112
  14. Hirschmann, S. 182, 225
  15. a b Eduard Vetter: Statistisches Hand- und Addreßbuch von Mittelfranken im Königreich Bayern. Ansbach 1846, S. 173
  16. a b Kgl. Statistisches Bureau in München (Bearb.): Vollständiges Ortschaften-Verzeichniss des Koenigreichs Bayern, München 1876, Spalte 1161
  17. a b Hirschmann, S. 225
  18. Ortschaften-Verzeichnis des Königreichs Bayern mit alphabetischem Ortsregister, München 1904, Sp. 1222
  19. a b Buchner I, S. 477
  20. Amtliches Ortsverzeichnis für Bayern. Gebietsstand am 1. Oktober 1964 mit statistischen Angaben aus der Volkszählung 1961, München 1964, Spalte 794
  21. Amtliches Ortsverzeichnis für Bayern, Gebietsstand: 25. Mai 1987, München 1991, S. 347
  22. [1] greding.de
  23. Buchner I, S. 476; Mader, S. 55
  24. a b Buchner I, S. 479
  25. Mader, S. 55 f.
  26. Mader, S. 55
  27. Buchner I, S. 477, 480
  28. zruck gschaut Greding und sein Umland in Fotografien von 1900 bis 1950 S. 76
  29. Bistum Eichstätt: Euerwang, St. Martin. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 17. August 2019; abgerufen am 23. Februar 2020.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bistum-eichstaett.de