St. Nicolai (Polditz)

orts- und landschaftsprägend, von orts-, kirchen- und baugeschichtlichem Wert. Evangelische Altleisnigkirche. Große Saalkirche im Rundbogenstil, 1863–65 nach Brand des Vorgängerbaus jenseits der Mulde von Baumeister Anton Schuricht aus Leisnig

Die Kirche St. Nicolai ist die evangelisch-lutherische Kirche der Ortschaft Polditz der Stadt Leisnig und prägt maßgeblich das Bild der Landschaft.

St.-Nicolai-Kirche in Polditz

Geschichte

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Die ursprüngliche Kirche des Ortes stand in Altleisnig, der ersten Ansiedlung des Ortes Leisnig jenseits der Mulde und wurde im Jahr 1214 als Kapelle St. Nicolai erstmals urkundlich erwähnt. Sie brannte am 25. März 1860 ab. Der Kirchenvorstand beschloss den Neubau einer Kirche an anderer Stelle außerhalb des Hochwasserbereichs der Mulde. Aufgrund des damals erhofften Bevölkerungszuwachses wurde 1865 die große Nicolaikirche mit rund 1.000 Sitzplätzen errichtet.

Die Grundsteinlegung war am 28. Mai 1863, und am 5. November 1865 wurde die Kirche mit dem ersten Gottesdienst eingeweiht. Sie bildet im Grundriss ein Rechteck, nach Osten mit vorspringendem Chor, westlich mit dem weit sichtbaren Turm.[1]

Zur DDR-Zeit konnten erforderliche Erhaltungsmaßnahmen nur unzureichend realisiert werden. So wurde im Jahr 1980 die baufällige Spitzhaube des 64 Meter hohen Turms abgetragen und durch eine einfache Turmhaube ersetzt. Aufgrund der für die Kirchgemeinde zunehmend hoffnungslosen Lage beschloss der Kirchenvorstand, das Kirchengebäude aufzugeben. Das Dach sollte abgetragen und die Mauern gesichert werden mit dem Ziel, die Kirche als Ruine stehenzulassen, weil auch der komplette Abriss zu kostspielig war. Für die beschädigte Ladegast-Orgel wurde ein neuer Standort gesucht.

Einige Mitglieder der Gemeinde wollten sich damit nicht abfinden: In privater Eigeninitiative begannen sie mit der Sicherung der Bausubstanz und erneuerten von April bis Oktober 1987 in ehrenamtlicher Wochenend-Arbeit das gesamte, 1.200 Quadratmeter große Kirchendach. Erforderliche Finanzen von 60.000 DDR-Mark wurden überwiegend aus Spenden der Gemeindeglieder aufgebracht. Schritt für Schritt ging auch die Sanierung des Außenfassade weiter, Ende 1991 war mehr als die Hälfte des Kirchenschiffes neu verputzt.

Am 3. Oktober 1992 wurde der fertig restaurierte Innenraum des Kirchenschiffes eingeweiht. Ein Jahr danach – nun unter besseren wirtschaftlichen Bedingungen mit Unterstützung von Baufirmen, ABM-Kräften und Fördermitteln des Denkmalschutzes und weiterhin mit viel ehrenamtlichem Engagement – wurden die Innen- und Außenerneuerung des Kirchturmes abgeschlossen. Es folgten Reparaturen an den Eingängen, den Glocken, der Turmuhr und den Außenanlagen.[2]

 
Die restaurierte Ladegast-Orgel

1868 wurde in der Kirche die von Friedrich Ladegast erbaute Orgel geweiht. 1980 wurde die Umsetzung des beschädigten Instruments erwogen, das konnte jedoch mit der ab 1987 begonnenen Sanierung der Kirche von Gemeindegliedern und dem Polditzer Orgelverein e. V. abgewendet werden. Von Oktober 1996 bis Pfingsten 1997 wurde die Orgel von der Orgelwerkstatt Christian Scheffler, Sieversdorf, originalgetreu restauriert, die Wiedereinweihung war am Pfingstmontag 1997.[3] Der Polditzer Orgelverein e. V. feierte 2018 die Orgelweihe vor 150 Jahren und den 200. Geburtstag von Friedrich Ladegast.

Die Orgel hat 33 Register, drei Manuale und Pedal. Sie hat folgende Disposition[4]:

I. Manual Oberwerk C – f3

01. Lieblich Gedackt 16′
02. Geigenprincipal 08′
03. Doppelflöte 08′
04. Salicional 08′
05. Principal 04′
06. Flauto amabile 04′
07. Violine 02′
08. Progr. Harm II-III
09. Oboe 08′
II. Manual Hauptwerk C–f3
10. Principal 16′
11. Bordun 16′
12. Flöte 08′
13. Principal 08′
14. Gambe 08′
15. Rohrflöte 08′
16. Oktave 04′
17. Gedackt 04′
18. Quinte 0223
19. Octave 02′
20. Cornett III
21. Mixtur III
III. Manual Schwellwerk C–f3
22. Traversflöte 08′
23. Lieblich gedackt 08′
24. Viola d`amour 08′
25. Zartflöte 04′
Pedal C–d1
26. Violon 32′
27. Principalbass 16′
28. Subbass 16′
29. Bassflöte 08′
30. Octavbass 08′
31. Quintbass 0513
32. Octavbass 04′
33. Posaune 16′

Das Geläut besteht aus drei Gussstahlglocken aus dem Jahr 1922 mit den Schlagtönen d′ (Durchmesser 1.480 mm, 1.350 kg), f′ (Durchmesser 1.330 mm, 1.000 kg) und as′ (Durchmesser 1.090 mm, 600 kg), gegossen vom Bochumer Verein.[5]

Konzerte

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  • Am 29. Dezember 2018 gab es die Premiere der Polditzer Bläserweihnacht mit dem „Sonnenstrahl in der Finsternis“, dargeboten vom Blechbläserensemble Ludwig Güttler.
  • Am 29. November 2018 spielte Samuel Kummer, Organist der Frauenkirche in Dresden, das 95. Konzert, zugleich das Jubiläumskonzert zum 150. Jahrestag der Orgelweihe.
  • Am 26. Mai 2018 brachte Thomaskantor Gotthold Schwarz mit seinem Concerto Vocale und seinem Leipziger Barockorchester Werke von Johann Sebastian Bach und Heinrich Schütz zur Aufführung.
  • Einmal monatlich veranstaltet der Polditzer Orgelverein den Orgelreigen mit bekannten Künstlern.
  • Polditzer Orgelwoche: Jährlich um Pfingsten feiert der Polditzer Orgelverein seine Orgel mit einer Festwoche und einem Musikprogramm.[6]
  • Einer konzertanten Aufführung von Henry Purcells Dido und Äneas während der Sechsten „Polditzer Orgelwoche“ verdankt Polditz das Henry-Purcell-Denkmal vor der Kirche: Der Bildhauer Joachim Zehme aus Dresden enthüllte es im Jahr 2003 nach der konzertanten Aufführung von Purcells „King Arthur“.
  • Die Orgel soll 2003 für die Stadtkirche im südfinnischen Hämeenlinna nachgebaut worden sein.[7]

Literatur

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  • Cornelius Gurlitt: Polditz. In: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen. 25. Heft: Amtshauptmannschaft Döbeln. C. C. Meinhold, Dresden 1903, S. 185.
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Commons: St. Nicolai (Polditz) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. http://digital.slub-dresden.de/id308817346/196 – abgerufen am 31. Dezember 2018
  2. Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 24. Oktober 2010 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.kirche-zschoppach.de – abgerufen am 30. Dezember 2018
  3. http://www.orgelwerkstatt.de/index.php?option=com_content&view=article&id=107&Itemid=114 – abgerufen am 31. Dezember 2018
  4. https://www.leipzig.travel/de/region/kultur/poi-detailseite-region-kultur/poi/infos/ladegast-orgel-in-der-altleisniger-kirche-zu-polditz/ – abgerufen am 30. Dezember 2018
  5. S. 344 in: Rainer Thümmel: Glocken in Sachsen – Klang zwischen Himmel und Erde. Leipzig 2015, ISBN 978-3-374-02871-9
  6. https://www.orgelverein-polditz.de/wp-content/uploads/2018/03/Jahresprogramm_Polditzer_Orgelverein_Stand_2018-03-27.pdf – abgerufen am 30. Dezember 2018
  7. Leider ohne Beleg. Online-Recherche ohne Treffer.

Koordinaten: 51° 10′ 52,9″ N, 12° 53′ 34″ O