St. Peter (Merzig)

Kirchengebäude in Merzig

St. Peter in Merzig (Kreis Merzig-Wadern) ist die größte erhaltene romanische Kirche des Saarlandes. Das Gotteshaus trägt das Patrozinium des Apostels Simon Petrus. In der Denkmalliste des Saarlandes ist das Kirchengebäude als Einzeldenkmal aufgeführt[1].

St. Peter von Nordwesten
St. Peter von Osten (um 1900)
Zum Vergleich: Maria Laach
Türsturz
Gabelkreuz im Triumphbogen
Blick zur Orgel
St. Peter von Norden
St. Peter in Merzig, Entwurf einer neoromanischen Zweiturmfassade nach dem Vorbild von Andernach, 1894, Architekt Brecht
Großer Raumeindruck durch zwei Säulenreihen
Blick nach Osten

Geschichte

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Merzig ist einer der ältesten Orte des Saarlandes, ein römischer Vicus wurde von einem fränkischen Königshof abgelöst. Ende des 9. Jahrhunderts gelangte der Ort in den Besitz der Trierer Erzbischöfe. Die Klosterkirche St. Peter ist aber erst ab 1152 als ein von Springiersbach besiedeltes Augustinerchorherrenstift bezeugt. 1182 wurden das Kloster in ein Prämonstratenserpriorat umgewandelt, das von der Abtei Wadgassen besiedelt wurde. In dieser Zeit kam es zum völligen Neubau der Klosterkirche, im Wesentlichen der heute bestehende Bau.

Im Gefolge der völligen Zerstörung Merzigs durch die Truppen Herzog Karls I. des Kühnen von Burgund im Jahr 1475 erlitt die Kirche Schäden am Langhaus, die im gleichen Jahr behoben wurden, wobei es aber zu Veränderungen am Kirchenbau kam. Ende des 16. Jahrhunderts stürzte das Langhaus ein, wobei auch der Westturm beschädigt wurde. In den Jahren 1595 bis 1597 erfolgte der Wiederaufbau des Langhauses und die Restaurierung des Westturmes. Im Zeitraum von 1657 bis 1714 führten fünf Brände in Merzig zu Beschädigungen an St. Peter. Von 1714 bis 1725 wurde das Gotteshaus unter Einbeziehung der ursprünglichen Bausubstanz restauriert und der Westturm einer Erweiterung unterzogen. In einem Visitationsbericht von 1739 wurden die Chorflankentürme als „ruinös“ beschrieben, und im darauffolgenden Jahr als „dachlos“. Es kam daraufhin zur Abtragung der Türme bis auf die Traufhöhe des Querschiffs. Mitte des 18. Jahrhunderts erfolgten Umbaumaßnahmen, in deren Rahmen die gotischen Fenster durch romanische Rundbögen ersetzt wurden. 1760 kam es zu weiteren Umbauten: die Nordwand des Querschiffs erhielt ein großes Fenster und im Westen wurden die Seitenschiffe verkürzt. 1764 wurde die Kirche einer Restaurierung unterzogen. Laut Charta Topographica fehlten 1770 die Joche in den Seitenschiffen[2].

In der Französischen Revolution wurde das Kloster aufgehoben. In den Jahren 1887 bis 1898 erfolgte eine grundlegende Restaurierung, dabei wurde die Kirche im Inneren auch vollständig ausgemalt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Ausmalung übertüncht, aber bei einer im Jahr 1985 abgeschlossenen Innenrenovierung in großen Teilen wiederhergestellt. Die Kirche ist heute Pfarrkirche des Seelsorgebezirks Merzig.

Architektur

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Die Anfang des 13. Jahrhunderts vollendete Klosterkirche ist ein Bau der Spätromanik. Sie gehört – einzigartig im Saarland – zu einer Gruppe von Bauten im Rheinland, im östlichen Belgien und in den Süd-Niederlanden, die von Kubach/Verbeek der „Rhein-Maas-Romanik“ zugeordnet werden.

Im Grundriss ist sie eine kreuzförmige dreischiffige Basilika mit Westturm, ursprünglich flach gedecktem Langhaus, gewölbtem Querhaus und Chor mit runder Apsis, Chorflankentürmen und Nebenapsiden. Vor allem in der Ostpartie ist eine Verwandtschaft zu Maria Laach und Knechtsteden offenkundig, der wesentliche Unterschied ist das Fehlen eines Vierungsturms. Eine Merziger Eigenheit sind die den Chorflankentürmen angesetzten runden Treppentürmchen, die in ihrer oberen Partie wie schlanke Apsiden erscheinen.

Die Ostpartie ist im Außenbau reich gegliedert durch Schachbrettfriese, Lisenen und Blendbögen, Kleeblattarkaden auf Säulchen am Giebeldreieck des Vorchores, eigentümliche schwalbenförmige Fensteröffnungen an den Dachgiebeln der Chorflankentürme, am Vorchorgiebel und den Querhausfenstern, insgesamt charakteristisch für die sogenannte „Rhein-Maas-Romanik“, die Büschel stilisierten Blattwerks in den Zwickeln der Apsis-Bögen verweisen jedoch auf lothringisch-Metzer Vorbilder.

Das Langhaus ist in der Hochwand ungegliedert, an den Seitenschiffen durch die Fenster überhöhte Dreier-Arkaturen und wenig vorspringenden Strebepfeiler. Die Westpartie ist gänzlich neuzeitlich. Der durch seine gedoppelten Schallarkaden romanisch anmutende Turm stammt aus dem 18. Jahrhundert. Die aufgrund einer Zeichnung des 17. Jahrhunderts angenommene These einer Doppelturmfassade ließ sich durch archäologische Untersuchungen von 1963 nicht bestätigen (die zwei Türme auf der Zeichnung markieren wohl die Chorflankentürme), vielmehr bestand offenbar immer ein Westturm.

Im Inneren war das Langhaus im Mittelschiff ursprünglich flachgedeckt. Zu den Seitenschiffen öffnen sich leicht spitzbogige Arkaden auf massiven Rundpfeilern. Durch diese Säulenreihen entsteht ein gewaltiger Raumeindruck. Dass das Mittelschiff auf Säulenpfeilern ruht ist selten in der romanischen Architektur im Rheinland. Man kann hier von einem „Ravenna an der Saar“ sprechen, wie man es analog auch bei St. Georg in Köln tut.[3] Die Gewölbe wurden nach einem bezeugten Brand im 15. Jahrhundert eingezogen und sind mit der Stiftskirche in Marsal vergleichbar.

Querhaus und Vierung sind kreuzrippengewölbt, der Vorchor mit Tonnengewölbe ausgestattet. Die Apsis ist durch Blendarkaden über Säulenbündeln mit Halbkuppelgewölbe mit zehn Rippen (vgl. Domchor von Trier) reich gegliedert. Im südlichen Querhaus befindet sich ein Türsturz aus dem 12. Jahrhundert, vermutlich vom Vorgängerbau.

Ausstattung

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Zur Ausstattung der Kirche gehört ein überlebensgroßes hochmittelalterliches Gabelkreuz im Triumphbogen, entstanden um 1300 (Arme und Kreuz 1959 ergänzt)[4]. Im 14. Jahrhundert erfolgte wahrscheinlich eine Überarbeitung[2].

Weitere Ausstattungsgegenstände sind um 1700 entstandene barocke Sandsteinfiguren von Christus und den 12 Aposteln, die 1966 von ihrem ursprünglichen Platz im Mittelschiff in die Querhausarme versetzt wurden. 1984/85 erfolgte die Rückversetzung der Apostelfiguren in die Mittelschiffobergaden[2].

In der Kapelle des nördlichen Chorwinkelturmes befindet sich eine Beweinungsgruppe aus dem 17. Jahrhundert, in der Marienkapelle im Westen eine Marienfigur des 18. Jahrhunderts, im Nordflügel des Querhauses ein um 1700 entstandenes Wanddrehtaufbecken mit der Taufe Christi. Ferner befinden sich in der Kirche ein um 1750 geschaffener zierlicher Rokoko-Hochaltar des Bildhauers Balthasar Ferdinand Ganal (Saarlouis), eine Pietà aus dem 17. Jahrhundert, sowie 14 geschnitzte Kreuzwegstationen von 1961 nach Entwürfen des Architekten und Glasmaler György Lehoczky (Saarbrücken)[2].

Im Jahr 1954 goss die Saarlouiser Glockengießerei in Saarlouis-Fraulautern, die von Karl (III) Otto von der Glockengießerei Otto in Bremen-Hemelingen und dem Saarländer Alois Riewer 1953 gegründet worden war, für St. Peter drei Bronzeglocken mit den Tönen: c′ – as′ – b′. Nachdem die Saarlouiser Glockengießerei Ende 1960 ihren Betrieb eingestellt hatte, lieferte die Ottosche Glockengießerei aus Bremen-Hemelingen in 1966 noch zwei weitere Glocken (b0 – g′). Die Otto-Glocken haben folgende Schlagtöne: b0 – c′ – g′ – as′ – b′. Die Glocken haben folgende Durchmesser: 1839 mm, 1651 mm, 1093 mm, 1030 mm, 927 mm und wiegen: 3400 kg, 3025 kg, 750 kg, 700 kg, 525 kg.[5][6]

Die Orgel auf der kleinen Empore im Westchor wurde 1960 von der Orgelbaufirma Johannes Klais (Bonn) erbaut. Das Instrument hat 35 Register (Schleifladen) auf drei Manualen und Pedal. Die Spieltrakturen sind mechanisch, die Registertrakturen elektrisch. Den Prospekt des Rückpositives bildet die seltene Venezianerflöte.[7]

I Rückpositiv C–g3

1. Quintade 8′
2. Holzgedackt 8′
3. Venezianerflöte 4′
4. Principal 2′
5. Sifflöte 113
6. Cymbel III
7. Musette 8′
Tremulant
II Hauptwerk C–g3
8. Pommer 16′
9. Principal 8′
10. Rohrflöte 8′
11. Octav 4′
12. Spitzflöte 4′
13. Quinte 223
14. Superoctav 2′
15. Mixtur IV-VI
16. Spanische Trompete 8′
Tremulant
III Schwellwerk C–g3
17. Holzflöte 8′
18. Gemshorn 8′
19. Principal 4′
20. Schweizerpfeife 4′
21. Waldflöte 2′
22. Terz 135
23. Octävchen 1′
24. Scharff IV-V
25. Dulcian 16′
26. Schalmey-Oboe 8′
Pedalwerk C–f1
27. Principal 16′
28. Subbaß 16′
29. Octav 8′
30. Rohrgedackt 8′
31. Choralflöte 4′
32. Nachthorn 2′
33. Hintersatz IV 2′
34. Posaune 16′
35. Trompete 8′
  • Koppeln: I/II, III/I, III/II, I/P, II/P, III/P
  • Spielhilfen: Zwei freie Kombinationen, eine freie Pedalumschaltung

Umgebung und ehemalige Kirche St. Walburga

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Nördlich der Stiftskirche bestand lange Zeit die Pfarrkirche St. Walpurgis, die im 16. Jahrhundert erstmals erwähnt wurde, wahrscheinlich jedoch wesentlich älter war. In den Jahren 2013 und 2014 hat die Stadt Merzig umfangreiche Baumaßnahmen auf dem Kirchplatz durchgeführt, die durch archäologische Grabungen begleitet wurden. Dabei konnten, wie erwartet, Fundamente einer der dem Patrozinium der hl. Walburga unterstellten Kirche freigelegt werden. Merzig hatte also zeitweise zwei bedeutende romanische Kirchen direkt nebeneinander stehen. St Walburga war ein Vier-Konchen-Bau mit einem quadratischen Mittelteil, an dem vier halbrunde Apsiden/Konchen angesetzt waren. Über dem Mittelquadrat hat sich ein Turm erhoben, der das Merziger Stadtbild damals mit dominiert hat. Im Zuge der Erdarbeiten fand man stellenweise bis zu drei Schichten aus Sand- und Bruchsteinen, aber stellenweise nur noch die Sohle der Fundamentgrube.

Der Grundriss hat einen Durchmesser von fast 14 Metern bei Wandstärken von rund 1,2 Metern. Nachdem der Pfarrgottesdienst 1725 nach St. Peter verlegt worden war, wurde St. Walpurgis 1752 abgebrochen. Auf dem Kirchplatz ist der Grundriss der Kirche durch Sandsteinplatten sichtbar rekonstruiert worden. Eine 1964 errichtete Bronzeskulptur von Werner Bauer auf dem Platz stellt die Heilige Walburga dar.[8]

Im Osten steht die Marienkapelle, ein kleiner klassizistischer Saalbau mit Säulenportikus vom Beginn des 19. Jahrhunderts.

Literatur

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  • Konstantin von Briesen: Urkundliche Geschichte des Kreises Merzig im Regierungsbezirk Trier, Merzig 1863.
  • Dehio: Rheinland-Pfalz, Saarland. Deutscher Kunstverlag, München 1985.
  • Alfred Diversy: Merziger Bauwerke erzählen Geschichte, Merzig 1982.
  • Alfred Diversy und Fritz Ludwig Schmidt: Merziger Bilderbuch, Saarbrücken 1986.
  • Alfred Diversy und Heribert Schreiner (Hrsg.): Merzig, Bilder einer Stadt, Merzig 1971.
  • Anton Jakob: Merziger Geschichte im 17. Jahrhundert, in: Zeitschrift für die Geschichte der Saargegend, 9. Jg., S. 267–275, Saarbrücken 1959.
  • Katholisches Pfarramt St. Peter Merzig (Hrsg.): 750 Jahre St. Peter – Merzig 1200 Jahre Pfarrei, Festschrift aus Anlaß der Restaurierung der Propstei- und Pfarrkirche St. Peter Merzig, Merzig 1966.
  • Johann Heinrich Kell: Geschichte der Stadt Merzig und des Merziger Landes, Merzig 1958.
  • Karl Kirsch: Die Ausgrabungen an der katholischen Pfarrkirche St. Peter in Merzig im Sommer 1963, in: Beiträge zur saarländischen Archäologie und Kunstgeschichte, 11. Bericht der Staatlichen Denkmalpflege im Saarland, Saarbrücken 1964.
  • Martin Klewitz, St. Peter in Merzig. (Rheinische Kunststätten), Neuss 1972.
  • Martin Klewitz: Die romanischen Türsturzsteine von Fechingen, Merzig und Pachten, in: Saarbrücker Hefte, Saarbrücken 8/1958.
  • Hans-Günther Marschall: Die Pfarrkirche St. Peter in Merzig, Saarbrücken 1988.
  • Pfarrführer St. Peter Merzig, hrsg. vom Katholischen Pfarramt St. Peter Merzig, Merzig 1960.
  • Matthias Reiß: Erklärungen der Mosaikbilder in der Pfarrkirche zu Merzig, Saarlouis 1889.
  • Karl August Schleiden: Innenrestaurierung St. Peter in Merzig, in: Saarheimat 9, Saarbrücken 1984.
  • Michael Tritz: Geschichte der Abtei Wadgassen, Zugleich eine Kultur- und Kriegsgeschichte der Saargegend, unveränderter Nachdruck der Ausgabe Wadgassen 1901 mit einer Einleitung von Hans-Walter Herrmann und einem Register, Saarbrücken 1978.

Einzelnachweise

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  1. Denkmalliste des Saarlandes, Teildenkmalliste Landkreis Merzig-Wadern (PDF; 320 kB), abgerufen am 30. Mai 2013
  2. a b c d Informationen zur Pfarrkirche St. Peter Auf: kunstlexikonsaar.de, abgerufen am 30. Mai 2013
  3. H. Klier: Die romanischen Kirchen in Köln. 2. Auflage. J. P. Bachem, Köln, ISBN 978-3-7616-2842-3, S. 74–85.
  4. Dehio: Rheinland-Pfalz Saarland, bearbeitet von Hans Caspary, Wolfgang Götz und Ekkart Klinge, 1972, S. 569
  5. Gerhard Reinhold: Otto-Glocken – Familien- und Firmengeschichte der Glockengießerdynastie Otto. Selbstverlag, Essen 2019, ISBN 978-3-00-063109-2, S. 588, hier insbes. S. 85, 561, 566.
  6. Gerhard Reinhold: Kirchenglocken – christliches Weltkulturerbe, dargestellt am Beispiel der Glockengießer Otto, Hemelingen/Bremen. Nijmegen/NL 2019, S. 556, hier insbes. 104, 514, 517, urn:nbn:nl:ui:22-2066/204770 (Dissertation an der Radboud Universiteit Nijmegen).
  7. www.sankt-peter-merzig.de (Memento vom 10. September 2012 im Webarchiv archive.today)
  8. Ferdinand Luxenburger: St. Walburga, die verschwundene Kirche von Merzig. In: Saarland-Lese. Bestich Verlag GmbH, abgerufen am 2. August 2020 (deutsch).
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Commons: St. Peter – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 49° 26′ 37,1″ N, 6° 38′ 32,5″ O