Stabio
Stabio ist eine politische Gemeinde im Kreis Stabio, im Bezirk Mendrisio des Kantons Tessin in der Schweiz.
Stabio | |
---|---|
Staat: | Schweiz |
Kanton: | Tessin (TI) |
Bezirk: | Bezirk Mendrisio |
Kreis: | Kreis Stabio |
BFS-Nr.: | 5266 |
Postleitzahl: | 6855 |
UN/LOCODE: | CH SBO |
Koordinaten: | 716628 / 78712 |
Höhe: | 352 m ü. M. |
Höhenbereich: | 331–474 m ü. M.[1] |
Fläche: | 6,15 km²[2] |
Einwohner: | 4485 (31. Dezember 2023)[3] |
Einwohnerdichte: | 729 Einw. pro km² |
Ausländeranteil: (Einwohner ohne Schweizer Bürgerrecht) |
24,7 % (31. Dezember 2023)[4] |
Gemeindepräsident: | Simone Castelletti |
Website: | www.stabio.ch |
Blick auf Stabio
| |
Lage der Gemeinde | |
Geographie
BearbeitenDas Dorf ist zehn Kilometer von Chiasso entfernt und liegt an der italienischen Grenze. Die Gemeinde umfasst die Fraktionen Gaggiolo, Santa Margherita[5] und San Pietro.
Die Nachbargemeinden sind im Norden Clivio (IT-VA), im Osten Mendrisio, im Süden Bizzarone (IT-CO) und Rodero (IT-CO) und im Südwesten Cantello (IT-VA).
Klima
BearbeitenFür die Normalperiode 1991–2020 beträgt die Jahresmitteltemperatur 11,6 °C, wobei im Januar mit 1,6 °C die kältesten und im Juli mit 21,7 °C die wärmsten Monatsmitteltemperaturen gemessen werden. Im Mittel sind hier rund 97 Frosttage und ein bis zwei Eistage zu erwarten. Sommertage gibt es im Jahresmittel rund 83, während im Durchschnitt 18,2 Hitzetage zu verzeichnen sind. Die Messstation von MeteoSchweiz liegt auf einer Höhe von 351 m ü. M.
Stabio | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Klimadiagramm | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
|
Monatliche Durchschnittstemperaturen und -niederschläge für Stabio
Quelle: MeteoSchweiz, Normalperiode 1991–2020[6]
|
Bei der Hitzewelle in Europa 2003 wurden von Anfang Juni bis Ende August insgesamt 57 Hitzetage registriert. Während der Dürre und Hitze in Europa 2022 wurde allein vom 5. Juli bis am 11. August tagtäglich eine Temperatur von über 30 Grad Celsius gemessen. Noch nie zuvor wurde in der Schweiz eine Hitzewelle mit 38 Hitzetage in Folge registriert.[7]
Geschichte
BearbeitenDas Dorf war schon in der Römerzeit bewohnt. Sein Name ist abgeleitet aus dem lateinischen Wort für Stall stabulum. Grabungen im Gebiet von San Pietro belegen eine Siedlungskontinuität von ca. 400 vor Christus bis ins 7. Jahrhundert. Auf die Bestattungen aus der Eisenzeit folgen ein Gräberfeld und herrschaftliche Siedlungsstrukturen aus der Römerzeit, Spuren des Merkurkults und zahlreiche langobardische Gräber. 1999 wurden die reichhaltigen Grabbeigaben eines langobardischen Kriegers entdeckt.
1181 trat die Familie Orelli von Locarno die Zehntrechte in der Region dem Bischof von Como ab. 1275 besassen unter anderem die Benediktinerabteien Sant’Abbondio in Como und Sant’Ambrogio in Mailand Güter und Rechte in Stabio. Kirchlich gehörte Stabio zum Vikariat Mendrisio, von dem es sich vor 1575 trennte.[8]
Am 22. Oktober 1876 ereigneten sich in Stabio schwere Ausschreitungen zwischen Konservativen und Liberalen, die drei Todesopfer forderten (sogenannte Schiesserei von Stabio) und zu einer eidgenössischen Intervention führten.[9][10]
Im September 1943 sind viele italienische Flüchtlinge über die Grenze bei Gaggiolo in der Schweiz gekommen.[11]
Im Oktober 2019 wurde der Japankäfer in Stabio entdeckt. Mit dem Ziel dessen Ausbreitung zu verhindern, wurde eine Ausfuhrsperre für Erde und Pflanzenteile aus der betroffenen Gegend erlassen.[12]
Stabio bildet nach wie vor eine eigenständige Bürgergemeinde.[13][14]
Bevölkerung
BearbeitenBevölkerungsentwicklung | |||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Jahr | 1591[15] | 1643[15] | 1723[15] | 1801[15] | 1850[15] | 1900[15] | 1950[15] | 2000[15] | 2023[16] |
Einwohner | 500 | 660 | 827 | 1060 | 1780 | 2255 | 1796 | 3627 | 4461 |
Verkehr
BearbeitenStabio liegt an der Kantonsstrasse 394 von Mendrisio nach Malnate. Die A24 führt vom Ortseingang von Stabio zum Autobahndreieck Mendrisio.
Die Bahnlinie von Mendrisio über Stabio nach Malnate wurde 1928 stillgelegt. Die Gemeinde ist anschliessend durch einen Busbetrieb an das öffentliche Verkehrsnetz angeschlossen. 2014 wurde die neue S-Bahnlinie von Mendrisio nach Stabio, mit deren Bau 2009 begonnen wurde, eröffnet – im Januar 2018 bis Varese.[17]
2020 wurde ein Umschlagterminal für den kombinierten Verkehr mit 5 Gleisen, insgesamt 920 m, eröffnet. Der Terminal an der A24 wird von Punto Franco[18] betrieben und ist mit der Anlage des Bahnhofs Mendrisio verbunden.
Wirtschaft
BearbeitenIm 19. Jahrhundert entwickelten sich die Seidenspinnerei und später die Tabakindustrie. Die erste Fabrik war die 1902 gegründete Hemdenfabrik Realini, die 1976 von der Gruppe Ermenegildo Zegna übernommen wurde (2005 ca. 900 Mitarbeiter).
Die um 1850 entdeckten Thermalquellen führten zur Einrichtung einiger Bäder; deren Wasser wurde noch zu Beginn des 21. Jahrhunderts zu therapeutischen Zwecken genutzt.
Seit den 1960er-Jahren erlebt die Gemeinde einen industriellen Aufschwung in den Branchen Lebensmittel, Maschinenbau, Textilien und Bekleidung sowie Elektro- und Hybridfahrzeuge.[19]
Unternehmungen
BearbeitenVerbände
Bearbeiten- Filarmonica di Stabio, gegründet im Jahr 1889[23]
Veranstaltungen
BearbeitenBilder
Bearbeiten-
Langobardischer Schield von Stabio
-
Zollstein
-
Stabio. Historisches Luftbild von Werner Friedli (1946)
-
Stabio gesehen vom Castello. Historisches Bild von Leo Wehrli (1948)
-
Stabio, Terme Solforose. Historisches Bild von Leo Wehrli (1948)
Sehenswürdigkeiten
BearbeitenDas Dorfbild ist im Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS) als schützenswertes Ortsbild der Schweiz von nationaler Bedeutung eingestuft.[26]
- Pfarrkirche Santi Giacomo und Cristoforo, erwähnt 1275, mit Statuengruppe aus Holz (1663) von Paolo Lucino[27]
- Oratorium Madonna di Caravaggio, erbaut 1754/1758[27]
- Oratorium Maria Assunta oder del Castello (16. Jahrhundert)[27]
- Kirchhof des Oratoriums Maria Assunta[27]
- Kirchlein Santa Margherita, erwähnt 1437, mit Fresken[27]
- Museum der bäuerlichen Kultur Museo della civiltà contadina[27][28]
- Wohnhaus Fondazione Realini[27]
- Ehemalige Camiceria Realini (1923), Architekt: Giuseppe Bordonzotti[27][29]
- Alte Primarschule[27]
- Grundschule (1972/1974), Architekt: Tita Carloni[27]
- Kindergarten (1974/1975), Architekten: Marco Krahenbühl, Tino Bomio[27]
- Villa al Capriccio (um 1925), Architekt: Giuseppe Bordonzotti[30][31]
- Einfamilienhaus, Architekt: Mario Botta[27]
- Pfarrkirche Santi Pietro und Lucia im Ortsteil San Pietro, erwähnt 1275[27]
- Altes Wohnhaus Ghiringhelli (16. Jahrhundert)[27]
- «Casa Rotonda» (1981/1982), Architekt: Mario Botta[27]
- Oldtimermuseum Pietro Agustoni[27]
- Alte Waschanlage[27]
- Römische Nekropole[27][32]
- Römischer Merkuraltar (ara)
- Caio Virio Vero: Grabstein[27]
- Verschiedene nationale Grenzsteine.[27]
Sport
Bearbeiten- FC Mendrisio-Stabio
- Football Club Stabio[33]
Persönlichkeiten
BearbeitenLiteratur
Bearbeiten- Stefania Bianchi: Stabio. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 30. Juni 2022.
- Renata Broggini: Edda Mussolini Ciano, da Livorno alla Svizzera (1943–1945). In: Arte&Storia. Jahr 14, Nummer 62, August 2014, Edizioni Ticino Management, Lugano 2014, S. 358–367.
- Rossana Cardani Vergani, Heidi Amrein, Valentin Boissonas: L’ultimo guerriero longobardo ritrovato a Stabio TI. In Archeologia svizzera. Nummer 26, 2003.
- Virgilio Gilardoni: Il Romanico. Catalogo dei monumenti nella Repubblica e Cantone del Ticino. La Vesconta, Casagrande S.A., Bellinzona 1967, S. 24, 36, 37, 186, 226, 378, 435, 563–566.
- Glauco Martinetti, Alessandro Pesce (Hrsg.): Rapelli: 1929–2004; il coraggio di un’idea. Rapelli Sa, Stabio 2004.
- Giuseppe Martinola (Hrsg.): Stabio. In: Invito al Mendrisiotto. Lions Club del Mendrisiotto, Bellinzona 1965, S. 18–22; derselben: Stabio. In: Inventario d’arte del Mendrisiotto. Band I, Edizioni dello Stato, Bellinzona 1975, S. 502–534.
- Simona Martinoli u. a.: Guida d’arte della Svizzera italiana. Edizioni Casagrande, Bellinzona 2007, S. 435–436.
- Costanza Pastore: La dispersione del patrimonio archeologico di Stabio. In: Rossana Cardani Vergani, Sergio Pescia (Hrsg.), Stabio antica. Dal reperto alla storia. Comune di Stabio, Armando Dadò Editore, Locarno 2006.[34]
- Giovanni Andrea Scartazzini, Fabrizio Panzera: Il processo di Stabio!: una disamina storica della vicenda. Giampiero Casagrande, Lugano 2013.
- Carlo Speziali: I fatti di Stabio del 22 ottobre 1876. Commemorazione del centenario. Arti grafiche Arturo Salvioni e Co. S.A., Bellinzona 1977.
- Celestino Trezzini: Stabio. In: Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz, Band 6, Sisikon – Steg. Attinger, Neuenburg 1931, S. 485, 486 (PDF Digitalisat).
Weblinks
Bearbeiten- Website der Gemeinde Stabio
- Stabio Amt für Statistik des Kantons Tessin: Stabio (italienisch)
- Website des Museums für bäuerliche Kultur des Mendrisiotto (mit Fotos) auf ticino.ch
- Stabio auf der Plattform ETHorama
- Bundesinventar ISOS: Stabio (italienisch)
- Stabio Kulturgüterinventar des Kantons Tessin
- Progetto Stabio - le osterie (Video) auf lanostrastoria.ch/entries/
- Progetto Stabio - le scuole (Video) auf lanostrastoria.ch/entries/
- Stabio auf elexikon.ch
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Generalisierte Grenzen 2024. Bei späteren Gemeindefusionen Flächen aufgrund Stand 1. Januar 2024 zusammengefasst. Abruf am 22. August 2024.
- ↑ Generalisierte Grenzen 2024. Bei späteren Gemeindefusionen Flächen aufgrund Stand 1. Januar 2020 zusammengefasst. Abruf am 22. August 2024.
- ↑ Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2023. Bei späteren Gemeindefusionen Einwohnerzahlen aufgrund Stand 2024 zusammengefasst. Abruf am 22. August 2024
- ↑ Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2023. Bei späteren Gemeindefusionen Einwohnerzahlen aufgrund Stand 2024 zusammengefasst. Abruf am 22. August 2024
- ↑ Progetto Stabio - Santa Margherita (Video) auf lanostrastoria.ch/entries/
- ↑ Klimanormwerte Stabio. Normperiode 1991–2020. (PDF) In: meteoschweiz.admin.ch. Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie MeteoSchweiz, archiviert vom am 11. April 2022; abgerufen am 11. April 2022.
- ↑ 38 Hitzetage in Folge — Hitzewelle im Mendrisiotto unterbrochen. In: srf.ch. 14. August 2022, abgerufen am 15. August 2022.
- ↑ Stefania Bianchi: Stabio. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 3. Oktober 2011, abgerufen am 10. Februar 2020.
- ↑ I fatti di Stabio (italienisch) auf lanostrastoria.ch/entries/
- ↑ Scartazzini: Der Stabio-Prozess! Orell Füssli, 1880 (google.com [abgerufen am 19. April 2023]).
- ↑ Guido Codoni, Marco Della Casa: Il Gaggiolo sulla via della salvezza. Stabio durante la seconda guerra mondiale. Testimonianze e documenti. Comune di Stabio, Stabio 2015.
- ↑ Japankäfer in Stabio entdeckt auf swissinfo.ch/ger
- ↑ Patriziato di Stabio (mit Fotos) (italienisch) auf patriziatodistabio.ch
- ↑ Il Patriziato di Stabio (italienisch) auf lanostrastoria.ch/entries/
- ↑ a b c d e f g h Stefania Bianchi: Stabio. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 30. Juni 2022.
- ↑ Stabio. In: www3.ti.ch/DFE/DR/USTAT. Abgerufen am 1. September 2024 (italienisch).
- ↑ Politprominenz weiht Bahnlinie zwischen Mendrisio und Varese ein. In: az Aargauer Zeitung. 22. Dezember 2017 (aargauerzeitung.ch [abgerufen am 22. Dezember 2017]).
- ↑ "Magazzini Generali con Punto Franco SA"
- ↑ Stefania Bianchi: Stabio. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 30. Juni 2022.
- ↑ Rapelli SA, Fleischwarenindustrie auf portal.dnb.de (abgerufen am: 21. September 2016)
- ↑ Progetto Stabio - la Rapelli (Video) auf lanostrastoria.ch/entries/
- ↑ TI-Press, Bildagentur auf portal.dnb.de (abgerufen am: 21. September 2016)
- ↑ Progetto Stabio - Le Filarmoniche / 125° Filarmonica di Stabio (italienisch) auf lanostrastoria.ch/entries/
- ↑ Maribur, Rassegna di Teatro di Figura Otello Sarzi, Stabio/Ligornetto TI auf tls.theaterwissenschaft.ch
- ↑ Ai Bagni: Theater, Musik, Kunst auf back-stage.ch
- ↑ Liste der Ortsbilder von nationaler Bedeutung ( vom 29. Oktober 2020 im Internet Archive), Verzeichnis auf der Website des Bundesamts für Kultur (BAK), abgerufen am 10. Januar 2018.
- ↑ a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t Simona Martinoli und andere: Guida d’arte della Svizzera italiana. Hrsg. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte. Edizioni Casagrande, Bellinzona 2007, ISBN 978-88-7713-482-0, S. 435–436.
- ↑ Museum der bäuerlichen Kultur, GND 1228297-2
- ↑ La Camiceria Realini (mit Fotos) auf lanostrastoria.ch/entries/
- ↑ Martinoli, 2007, S. 437.
- ↑ La Villa Capriccio (mif Fotos) auf lanostrastoria.ch/entries/
- ↑ Christoph Simonett: Tessiner Gräberfelder: Ausgrabungen des archäologisches Arbeitsdienstes in Solduno, Locarno-Muralto, Minusio und Stabio 1936 und 1937. DNB 362747431
- ↑ Football Club Stabio (mit Fotos und Video) (italienisch) auf footballclubstabio.ch
- ↑ Costanza Pastore, Stabio: dispersione di un patrimonio archeologico. (italienisch) auf e-periodica.ch (abgerufen am 15. Januar 2017).