Ein Stećak [stetɕak] (bosnisch Stećak) (aus der alten serbokroatischen Form stojećak, vom urslawischen Verb stojati = aufrecht stehen), Plural stećci [stetɕtsi], ist ein mittelalterlicher Grabstein einer bestimmten Form, den man hauptsächlich in Bosnien und Herzegowina und zum Teil im angrenzenden Dalmatien und selten in weiter entfernten Regionen Serbiens und Montenegros findet.[1] Mehr als 58.000 sind heute verzeichnet, von denen viele auf das 14. und 15. Jahrhundert datiert werden.

Friedhöfe mit Stećci – mittelalterliche Grabsteine
UNESCO-Welterbe


Stećci auf dem Gräberfeld Radimlja bei Stolac
Vertragsstaat(en): Bosnien und Herzegowina Bosnien und Herzegowina
Kroatien Kroatien
Montenegro Montenegro
Serbien Serbien
Typ: Kultur
Kriterien: iii, vi

Fläche: 49,15 ha
Pufferzone: 321,24 ha
Referenz-Nr.: 1504

UNESCO-Region: Europa und Nordamerika
Geschichte der Einschreibung
Einschreibung: 2016  (Sitzung 40)

In der Herzegowina finden sich bei Stolac (Gräberfeld Radimlja), in der Nähe des Blidinje-Sees sowie in der Gegend von Gacko besonders viele derartige Grabsteine.

Am 15. Juli 2016 wurden 28 Stećci-Stätten aus vier Ländern in die Liste des UNESCO-Welterbes aufgenommen.[2]

Formen, Motive und Inschriften

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Stećci in „Blockform“ in der Nähe des Blidinjsko jezero

Bei den stećci waren zwei Formen gebräuchlich: Platten, wie sie auch in anderen Regionen Europas zu finden sind und aufrecht stehende Blöcke, wie sie vor allem in Bosnien vorkommen.[1]

Fast 6.000 sind mit Flachreliefs verziert, die menschliche Gestalten zeigen.[1] Häufig sind Szenen aus dem Alltag, der Jagd oder von Ritterspielen sowie Symbole wie Kreuze oder Halbmonde auf diesen abgebildet. Manchmal sind sie zudem mit Inschriften wie z. B. „Bitte störe mich nicht, ich war wie du und du wirst wie ich sein.“[3] in der Bosančica (Bosnische Schrift) versehen.

Herkunft

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Da sich das Verbreitungsgebiet der stećci im Wesentlichen mit dem Verbreitungsgebiet der Bosnischen Kirche deckt, und diese Kirche mit der Kirche der Bogomilen gleichgesetzt wurde, sind die stećci lange als bogomilische Grabsteine angesehen worden.[4] Allgemein wird heute jedoch angenommen, dass es sich bei den Steinen nicht um Überbleibsel der mittelalterlichen Religionsgemeinschaft der Bogomilen, sondern um gewöhnliche Grabsteine von Angehörigen der Bosnischen Kirche handelt. Manche stećci zeigen möglicherweise in ihren Motiven Reste örtlicher heidnischer Mythen und Rituale, mit heraldischen Symbolen den Status eines regionalen slawischen Adligen oder die Taten der Menschen, für die sie gesetzt worden sind.[1]

Auch die Möglichkeit, dass die Stećci ein kulturelles Erbe der romanischen Volksgruppe der Maurowalachen seien, wurde/wird in Betracht gezogen.[5][6][7]

 
Stećci nahe Imotski.

Literatur

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  • Alojz Benac: Radimlja (Srednjevjekovni nadgrobni spomenici Bosne i Hercegovine, Sveska I). Izdanje zemaljskog museja, Sarajevo 1950.
  • Alojz Benac: Široki Brijeg (Srednjevjekovni nadgrobni spomenici Bosne i Hercegovine, Sveska III). Izdanje zemaljskog museja, Sarajevo 1952.
  • Marian Wenzel: Bosnian and Herzegovinian thombstones : who made them and why. In: Südost-Forschungen. Nr. 21. München 1962, S. 102–143.
  • O. Bihalji-Merin und A. Benac: Steine der Bogomilen. Wien/München 1964.
  • Marian Wenzel: Ornamental motifs on thombstones from medieval Bosnia and surrounding regions. Verlag „Veselin Masleša“, Sarajevo 1965.
  • Ragib Lubovac Čelebija: Stećci bosanski stil, Izdavač „Šahinpašić“, Sarajevo 2016, ISBN 978-9958-41-667-5.
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Commons: Stećak – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b c d Noel Malcolm: Geschichte Bosniens. S.Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1996, ISBN 3-10-029202-2, S. 48.
  2. Five sites inscribed on World Heritage List. Auf: whc.unesco.org, 15. Juli 2016.
  3. Croatian Fonts for Users of LATEX, Dr. Darko Žubrinić, 2010 (PDF; 295 kB). Abgerufen am 4. Januar 2011.
  4. Johann von Asbóth: Bosnien und die Herzegowina. Hölder, Wien 1888, S. 94–118.
  5. Marian Wenzel: Bosnian and Herzegovinian Tombstobes – Who Made Them and Why? In: Sudost-Forschungen, 21. 1962, S. 102–143.
  6. Alojz Benac: Stećci. Mala istoria umetnosti Jugoslavije. 1967.
  7. Octavian Ciobanu: The emergence of Vlach necropolises with petroglyphs in Western Balkans. In: The journal of ethnology and culturology, 21. 2018, S. 5–10.