Im 19. Jahrhundert entstanden an vielen deutschsprachigen Universitäten im polnischen Ausland die ersten polnischen Studentenverbindungen (polnisch: korporacja akademicka).

Geschichte

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Gründungsjahre

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Mitglieder der Sarmatia (1910 – noch in St. Petersburg)

Die ersten polnischen Studentenverbindungen wurden in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts an deutschsprachigen Universitäten im außerpolnischen Ausland gegründet, insbesondere im Baltikum und in Preußen. Nach der Wiedergeburt eines unabhängigen polnischen Staates verlegten diese Verbindungen ihren Sitz in das befreite Mutterland und verschrieben sich der Wacht über einen elitären Nationalstaatgedanken. Vor dem Hintergrund ebenfalls national ausgerichteter Studentenverbindungen anderer Völker, kam es daher gerade an ethnisch gemischten Universitäten zu Konflikten zwischen Korporationen. So kam es an der Technischen Universität in der Freien Stadt Danzig wiederholt zu persönlichen Partien zwischen polnischen und deutschen Verbindungsstudenten vor dem Hintergrund der nationalen Spannungen in der Stadt.

Zweiter Weltkrieg

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Vorbereitung eines Paukanten der Korporacja Akademicka Sarmatia für eine Mensur

Die 1939 durch den Zweiten Weltkrieg abgebrochene Tradition, die wegen des Korporationsverbotes unter den Kommunisten nach dem Krieg nicht wieder aufleben konnte, wurde von den Altherrenschaften über die Zeiten des Nationalsozialismus und Sowjetkommunismus gerettet. Seit 1988 gibt es Reaktivierungen und Neugründungen in ganz Polen.

Die polnischen akademischen Korporationen stehen in ihrem Brauchtum den deutschen und den baltischen Verbindungen sehr nahe. Es hat aber nicht die Aufteilung in nationalbewusste Burschenschaften, religiös ausgerichtete CV-Verbindungen, sowie die weder politisch noch religiös ausgerichteten Corps stattgefunden.[1]

Seit 2000

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Gute Beziehungen bestehen auch zu den baltischen Korporationen. Darum fand auch der 48. Gesamtbaltische Völkerkommers vom 13. bis 15. Mai 2011 erstmals in Polen, in Warschau, statt. Hintergrund des für dieses Jahr gewählten Veranstaltungsortes ist, dass es in Polen heute noch drei aktive Korporationen gibt, die in Dorpat bzw. in Riga als Korporationen nach deutschem Vorbild gegründet wurden, nämlich die Konwent Polonia (1828), die Arkonia (1879) und die Welecja (1883). Alle drei Korporationen waren ebenso wie die deutschen, lettischen und estnischen Korporationen Mitglieder des Chargierten-Conventes und somit dessen Comment verpflichtet. Diese Korporationen haben nach dem Ersten Weltkrieg ihren Sitz vom Baltikum nach Polen verlegt und dort ihre alten Traditionen zu einem großen Teil bewahren können.

Aktive Verbindungen

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Wappen der A.V. Salia-Silesia Gleiwitz

Aktive deutsche Verbindungen

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Von polnischen Verbindungen sind diejenigen deutschen Verbindungen zu unterscheiden, die lediglich auf (jetzigem oder schon damaligen) polnischen Territorium gegründet wurden. Zu erwähnen sind:

Aktive polnische Verbindungen

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Es handelt sich um genuin polnische Gründungen, deren älteste noch in einem von deutschen Korporationen mitgeprägten akademischen Umfeld stattfanden.

... gegründet in→verlegt nach ...

Suspendierte und erloschene Verbindungen

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  • Verband der Vereine Deutscher Hochschüler (VVDH)
    • VDH Lemberg, gegründet 1922, Wahlspruch: „Treu dem Volke, treu der Heimat“, farbentragend (Band: blau-rot-gold, schwarze Tuchmütze)
    • VDH Posen, gegründet am 6. März 1925, farbenführend (Zipfel: grün-weiß-gold)
    • VDH Krakau, gegründet am 11. November 1925, Wahlspruch: „Für Volkstum und Heimat“, farbentragend (Band: weiß-grün-gold, keine Mütze)
    • VDH Warschau, gegründet am 23. September 1926, Wahlspruch: „Deutsche Art, treu bewahrt“, an 1928 farbentragend (Band: schwarz-silber-grün, schwarze Mütze), bedingte Satisfaktion
    • „Firmitas“, Landsmannschaft Deutscher Studierender Polens in Danzig, gegründet am 30. November 1922, farbenführend (Zipfel: blau-gold-rot)
    • Verein Deutscher Hochschüler Wilna Gegründet 1930. Der VDH Wilna wurde vom VVDH anerkannt, war aber kein Mitglied des Verbandes.

Siehe auch

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Literatur

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  • Bartlomiej Piotr Wroblewski: Noch ist Polen nicht verloren – die polnischen Studentenverbindungen 1816–2011 [Poland Is Not Yet Lost – Polish Student Fraternities 1816-2011], Januar 2014.
  • Acta Studentica. Österreichische Zeitschrift für Studentengeschichte 2011, Nr. 176, S. 8–15.
  • Sabrina Lausen: Hüter ihrer Nationen: Studentische Verbindungen in Deutschland und Polen im 19. und frühen 20. Jahrhundert [1 ed.] 9783412517793, 9783412517779
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Commons: Studentenverbindungen in Polen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Kurt Englisch: Polnische Farbenstudenten. In: Deutsche Corpszeitung, 42. Jahrgang, Oktober 1925, S. 175–177.
  2. Stitz P., Der CV 1919 - 1938: der hochschulpolitische Weg des Cartellverbandes der katholischen deutschen Studentenverbindungen (CV) vom Ende des 1. Weltkrieges bis zur Vernichtung durch den Nationalsozialismus, Gesellschaft für CV-Geschichte, München, 1970
  3. Schieweck-Mauk S., Lexikon der CV- und ÖCV-Verbindungen, Gemeinschaft für deutsche Studentengeschichte, Würzburg, 1997, ISBN 3-89498-040-0
  4. Gesellschaft für Studentengeschichte und Studentisches Brauchtum e.V. (Hrsg.), CV-Handbuch, 3. Auflage, Regensburg, 2000, ISBN 3-922485-11-1
  5. Mitgliederverzeichnis AV Salia-Silesia zu Gleiwitz im CV, Franz Josef Ziegler (Hrsg.), Stand: 20. September 2007
  6. salia-silesia. Abgerufen am 24. April 2024.
  7. Kilka słów: Korporacja Akademicka Magna-Polonia | Strona główna. Abgerufen am 24. April 2024 (polnisch).