Sylvesterpunsch
Sylvesterpunsch (in manchen Programminformationen Silvesterpunsch geschrieben) ist die zwölfte Folge der deutschen Sitcom Ein Herz und eine Seele. Sie handelt von den Silvesterfeierlichkeiten der Familie Tetzlaff, während denen das Familienoberhaupt Alfred einen Punsch kochen möchte. Bei der Zubereitung des Getränks kommt es zu einigen Komplikationen, daneben verfällt Alfred in mehrere politischen Tiraden.
Episode 12 der Serie Ein Herz und eine Seele | |
Titel | Sylvesterpunsch |
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Episode 12 aus Staffel 1 | |
Produktionsland | Bundesrepublik Deutschland |
Originalsprache | Deutsch |
Länge | 47 Minuten |
Produktionsunternehmen | Westdeutscher Rundfunk Köln |
Regie | Joachim Preen |
Drehbuch | Wolfgang Menge |
Produktion | Peter Märthesheimer |
Musik | Harald Banter |
Kamera | Kurt Wolfrum |
Schnitt | Dorothea Zschiedrich |
Premiere | 31. Dez. 1973 auf Das Erste |
Besetzung | |
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Die Episode wurde als erste der Serie in Farbe ausgestrahlt. Zudem wechselte Ein Herz und eine Seele ab dieser Folge vom WDR in die ARD. In der Gegenwart gilt Sylvesterpunsch als Klassiker der Serie. Seit Ende der 1990er Jahre ist die Episode aufgrund regelmäßiger Wiederholungen am 31. Dezember ähnlich wie der Sketch Dinner for One ein fester Bestandteil des Silvester-Fernsehprogramms der dritten ARD-Programme.
Handlung
BearbeitenAlfred Tetzlaff kocht an Silvester, als er von Michael, dem Ehemann seiner Tochter Rita, unterbrochen wird. Michael weist ihn darauf hin, dass gleich die Neujahrsansprache des Bundeskanzlers im Fernsehen kommt. Obwohl sich Alfred diese früher jedes Jahr angesehen hat, reagiert er auf den Hinweis verärgert. Er erklärt seiner dazugekommenen Ehefrau Else und Michael, dass es einen Unterschied zwischen „gelernten Staatsmännern“ wie dem vorherigen Kanzler Kiesinger und „Laienpredigern“ wie seinem Nachfolger Brandt gebe. Else sinniert anschließend zum Leidwesen der Männer über Kiesinger, den sie mit Henry Kissinger verwechselt und für einen Juden hält. Zudem glaubt sie, dass die Amtszeit der Bundeskanzler mit deren Tod endet.
Else entdeckt nach ihren Ausführungen, dass Alfred einen Punsch kocht. Sie erzürnt ihren Ehemann, indem sie das Getränk immer wieder als Bowle bezeichnet. Elses Irrtum ist nicht das Einzige, was Alfred während des Kochens aufregt. Er schimpft auch über Brandts häufige Dienstreisen, angeblich fehlende Schulbildung und „Geschenke“ an ausländische Regierungen, beispielsweise die deutschen Ostgebiete. Als Alfred danach den Punsch in die Schüssel gießen will, verschüttet er ihn auf seinem rechten Fuß. Beim Essen im Wohnzimmer nimmt Alfred die auf dem Tisch stehende Kartoffelschüssel, leert sie und kühlt sich mit dem Kartoffelwasser ab. Daraufhin bricht Else kurzzeitig in Tränen aus, während sich Alfred über Michaels und Ritas Freunde, die später zu Gast kommen sollen, beklagt, da sie „Komsomolzen“ und „Hippies“ seien.
Als Else während ihrer Kritik an Alfreds Tischmanieren eine Bemerkung über Gastarbeiter macht, lästert er über die angebliche Unkultiviertheit der Türken, Vorliebe der Italiener für Spaghetti und Fahrweise der Beduinen. Weiterhin sollten alle Fremdarbeiter in den Norden „zum Stolzenberg“ gehen und die dortigen Städte sowie Inseln unter sich aufteilen. Das Abendessen ist kurz darauf beendet, weswegen Else die Wohnung dekorieren will und Alfred neuen Punsch ansetzt. Nach einer Diskussion über seine Liebe zur deutschen Nationalhymne wird Alfred von den anderen in der Küche allein gelassen, worauf er den Punschtopf fast allein leertrinkt. Während sich Else und Rita umziehen, kommt Michael in die Küche. Er probiert eine Tasse, die Punschqualität bewertet er mit einem heiseren: „Klasse“. Auf seine Frage nach dem Rezept verrät Alfred, dass dies ein altes, geheimes Familienrezept sei und sein Großvater den Rum dafür noch selbst gebrannt habe. Auf Michaels anschließende Frage, was denn außer Rum noch im Punsch sei, weiht Alfred ihn ein: „Nichts, das ist ja das Geheimnis“. Danach trinkt Michael noch eine Tasse und ist ebenso wie sein Schwiegervater betrunken. Die beiden gehen zurück ins Wohnzimmer, wo Alfred sich über Elses Kleid lustig macht. Als die beiden unter sich sind, überredet sie ihn zu einem Tango. Die beiden tanzen gemeinsam fröhlich, anschließend tanzt Alfred allein weiter, bis er hinfällt und die Deckengirlande teilweise herunterreißt.
Produktion
BearbeitenDie Episode war die erste, die in Farbe[1] und in der ARD statt im WDR ausgestrahlt wurde.[2] Wie in der Serie üblich, wurden auch hier Details aus früheren Folgen übernommen. Alfred verwendete in der ersten Episode Das Hähnchen eine Salatschüssel, um ein Fußbad „für die Durchblutung“ zu nehmen.[3] Elses Erwähnung ihres aufgeplatzten Hochzeitskleids und ihre Idee, sich eine Robe von Nachbarin Suhrbier zu leihen, kamen bereits in der siebten Folge Silberne Hochzeit vor.[4] Alfreds Erklärungen über Willy Brandts häufigen kostspieligen Dienstreisen, nicht vorhandene Schulbildung und Gefälligkeiten für andere Staaten sowie Elses falsche Kenntnisse über Brandts Vorgänger stammen aus der achten Episode Urlaubsvorbereitung.[5] Daneben erwähnt Alfred, dass er und Else 1949 geheiratet haben und im nächsten Jahr (also 1974) silberne Hochzeit feiern.[6] Allerdings deckt sich dies nicht mit der vorigen Folge Silberne Hochzeit von April 1973.[7]
Alfreds bekanntes Zitat „Pass doch auf, du Arschloch!“ hat in dieser Folge seinen Ursprung.[8] Er sagte den Spruch danach noch in der Episode Rosenmontagszug[9] und der Farbfilmversion von Urlaubsvorbereitung.[10]
Veröffentlichung
BearbeitenFernsehausstrahlungen
BearbeitenSylvesterpunsch wird seit den 1990er Jahren auf fast allen dritten Programmen der ARD (BR, HR, MDR, NDR, RBB, SWR, WDR sowie auf Tagesschau24) an Silvester und vereinzelt an Neujahr ausgestrahlt. In manchen Programmübersichten wird der Episodentitel orthographisch korrekt mit i statt y geschrieben.[11][12]
Spätestens seit Silvester 2023 wird der Ausstrahlung eine Hinweistafel vorgeschaltet, dass die Sendung Aussagen enthält die nicht mehr zeitgemäß sind.
„Das folgende Programm wird, als Bestandteil der Fernsehgeschichte, in seiner ursprünglichen Form gezeigt. Es enthält Passagen, die heute als diskriminierend betrachtet werden.“
Solche Hinweistafeln mit dem Text „Das folgende Programm wird, als Bestandteil der Fernsehgeschichte, in seiner ursprünglichen Form gezeigt. Es enthält Passagen, die heute als diskriminierend betrachtet werden.“ wurden 2023 schon vor Sendungen des WDR Fernsehens wie Schmidteinander mit Harald Schmidt, der Otto-Show mit Otto Waalkes und Schimanski-Tatorten mit Götz George eingeblendet.[13]
Heimkino
BearbeitenDer Rowohlt Verlag veröffentlichte 1974 die Drehbücher von Sylvesterpunsch und der 13. Folge Der Ofen ist aus als Taschenbuch.[14] Sylvesterpunsch erschien daneben mit der elften Episode Der Sittenstrolch als Hörspiel auf CD.[15] Die Folge wurde zudem eigenständig auf VHS[16] und DVD herausgebracht.[17]
Theateraufführungen
BearbeitenVon 2008 bis 2022 wurde Sylvesterpunsch innerhalb von Theateradaptionen einiger Episoden der Serie an Veranstaltungsorten in mehreren Bundesländern aufgeführt. Dazu gehörten Vorstellungen in Münster,[18] Bremen,[19] Unna,[20] Dinkelsbühl,[21] Essen,[22] Leipzig[23] und Eckwarden.[24]
Rezeption
BearbeitenSeitdem Sylvesterpunsch regelmäßig an diesem Tag im Fernsehen gezeigt wird,[25] hat sich das Ansehen der Folge, die als Klassiker der Serie Ein Herz und eine Seele gilt,[26] in Deutschland zu einer Silvestertradition entwickelt.[27] Diese Ausstrahlungen zählen regelmäßig relativ hohe Einschaltquoten. Beispielsweise erreichte die Episode im WDR 2010 2,45 Millionen Zuschauer, was einem Marktanteil von 11,2 Prozent entsprach. Die spätere Ausstrahlung im NDR verfolgten 1,69 Millionen Zuschauer. Der Anteil der werberelevanten Zielgruppe von 14 bis 49 Jahren betrug dabei 8,5 beziehungsweise 7,7 Prozent.[28]
Die Folge wird mitunter mit dem Sketch Dinner for One verglichen, der ebenfalls jährlich an diesem Tag von etlichen Zuschauern gesehen wird.[29] Eine SWR3-Rezension aus dem Jahr 2022 zog in Bezug auf Dinner for einen negativen Vergleich mit Sylvesterpunsch. Im Gegensatz zum erstgenannten Sketch liefere die Folge mit Ekel Alfred gehaltvolle Pointen, die weder stumpfsinnig ausfielen noch eine Diskriminierung von Dementen darstellten.[30] Jens Wiesner schrieb im Stern, dass er Sylvesterpunsch Dinner for One vorziehe, da in der Episode der „anarchischen“ Serie in die „hässliche Fratze“ des „reaktionären Spießertums“ geblickt werde.[31]
Weblinks
Bearbeiten- Silvesterpunsch, ARD Mediathek, 31. Dezember 2023, verfügbar bis 31. Dezember 2025
- Sylvesterpunsch bei IMDb
- Sylvesterpunsch bei Fernsehserien.de
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Joachim Huber: „Ein Herz und eine Seele“: Ein Ekel namens Alfred. In: Der Tagesspiegel. 13. Januar 2023, abgerufen am 26. April 2023.
- ↑ Claudia Löwe: "Ein Herz und eine Seele" am 31.12.2022 im TV: Wann serviert Ekel Alfred seinen "Sylvesterpunsch" heute im TV? In: news.de. 31. Dezember 2022, abgerufen am 26. April 2023.
- ↑ Urlaubsvorbereitung. Ein Herz und eine Seele, Staffel 1, Folge 1, Stelle 30:40–33:10.
- ↑ Silberne Hochzeit. Ein Herz und eine Seele, Staffel 1, Folge 7, Stelle 20:30–21:10.
- ↑ Urlaubsvorbereitung. Ein Herz und eine Seele, Staffel 1, Folge 8, Stelle 11:20 –18:25.
- ↑ Sylvesterpunsch. Ein Herz und eine Seele, Staffel 1, Folge 12, Stelle 19:00.
- ↑ Silberne Hochzeit. Ein Herz und eine Seele, Staffel 1, Folge 7.
- ↑ Sylvesterpunsch. Ein Herz und eine Seele, Staffel 1, Folge 12, Stelle 1:37.
- ↑ Rosenmontagszug. Ein Herz und eine Seele, Staffel 1, Folge 14, Stelle 41:40.
- ↑ Urlaubsvorbereitung (Farbversion). Ein Herz und eine Seele, Staffel 1, Folge 18, Stelle 34:50.
- ↑ Sylvesterpunsch. In: Fernsehserien.de. Abgerufen am 27. April 2023.
- ↑ Hörzu, TV-Programm zum 31. Dezember 1996
- ↑ Joachim Huber: Update Anti-Diskriminierungspraxis in WDR und RBB: Keine Ausstrahlung, Ausstrahlung mit Hinweis, Ausstrahlung. In: tagesspiegel.de. 26. August 2023, abgerufen am 1. Januar 2024.
- ↑ Wolfgang Menge: Ein Herz und eine Seele. Silvesterpunsch / Der Ofen ist aus. Rowohlt Verlag, Hamburg 1974, ISBN 3-499-11774-6.
- ↑ CDs. In: Fernsehserien.de. Abgerufen am 26. April 2023.
- ↑ Ein Herz & eine Seele ... Folge 10 ... Sylvesterpunch ... VHS (Videokassetten-VHS, deutsch ). In: Filmundo. Abgerufen am 26. April 2023.
- ↑ Ein Herz und eine Seele. In: TV Wunschliste. Abgerufen am 26. April 2023.
- ↑ Martin Kalitschke: Ekel Alfred ist zurück. In: Westfälische Nachrichten. 13. März 2008, abgerufen am 27. April 2023.
- ↑ Verbale Schwerstarbeit. In: Kreiszeitung. 8. Oktober 2011, abgerufen am 27. April 2023.
- ↑ Ekel Alfreds Ansichten terrorisieren die Familie: „Ein Herz und eine Seele“ wird am 18. April in der Stadthalle Unna aufgeführt. In: Lokalkompass. 12. April 2012, abgerufen am 26. April 2023.
- ↑ Vergnüglicher Blick zurück auf „Ein Herz und eine Seele “. In: Der Teckbote. 6. Februar 2014, abgerufen am 26. April 2023.
- ↑ Gordon K. Strahl: Theater Courage holt Ekel Alfred zurück nach Essen. In: Westdeutsche Allgemeine Zeitung. 25. Februar 2014, abgerufen am 26. April 2023.
- ↑ Sittenstrolch – Ein Herz und eine Seele. In: Kabarett Leipzig. Abgerufen am 26. April 2023.
- ↑ Gabriele Ittmann: „Ein Herz und eine Seele“. In: Nordwest-Zeitung. 21. Oktober 2019, abgerufen am 26. April 2023.
- ↑ Lukas Schierlinger: Silvester 2017 im TV: Programm und Highlights zum Jahreswechsel. In: Münchner Merkur. 28. Dezember 2017, abgerufen am 27. April 2023.
- ↑ Marvin K. Hoffmann: „Ein Herz und eine Seele“ 2022: TV-Sendetermine von Silvesterpunsch. In: Westfälischer Anzeiger. 31. Dezember 2022, abgerufen am 27. April 2023.
- ↑ Lisa Schwesig: Zehn Tipps für ein traditionelles Silvester ohne Knall. In: rbb24. 30. Dezember 2020, abgerufen am 27. April 2023.
- ↑ Alexander Krei: "Dinner for One": Traum-Quoten für die Dritten. In: DWDL.de. 1. Januar 2011, abgerufen am 27. April 2023.
- ↑ Wie die Serie „Ein Herz und eine Seele“ Tabus brach. In: Weserkurier. 28. Dezember 2022, abgerufen am 27. April 2023.
- ↑ Dominic Konrad, Franziska Kiedaisch, Samira Straub: „Dinner for One“ an Silvester: Pflichtprogramm oder längst überholt? In: SWR3. 31. Dezember 2022, abgerufen am 27. April 2023.
- ↑ Jens Wiesner: Und ewig grüßt das Ekel. In: Stern. 31. Dezember 2013, abgerufen am 27. April 2023.