Synagoge Kobersdorf

Denkmalgeschütztes Objekt in Kobersdorf (50036)

Die Synagoge Kobersdorf ist ein neuromanisches Gebäude in der Marktgemeinde Kobersdorf im Burgenland. Die ehemalige Synagoge bis 1938 wird heute als Kulturzentrum genutzt und steht unter Denkmalschutz.[1]

Die ehemalige Synagoge nach der Sanierung im April 2023.

Geschichte

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Geschichte (Straßenaushang, Tourismusverband Kobersdorf)

Da der Ort Kobersdorf zu den Siebengemeinden zählte, wurde hier das Judentum schon vor dem Toleranzpatent geduldet.[2] Die Jüdische Gemeinde Kobersdorf errichtete 1860 ihre Synagoge, die am 11. April 1860 zum Pessachfest eingeweiht wurde.[3] 1938, im Zuge vom Anschluss Österreichs an Hitler-Deutschland, wurden die jüdischen Bewohner vertrieben und vernichtet und die Synagoge geplündert. Von der geplanten Sprengung wurde abgesehen und das Gebäude bis 1945 als Turnhalle und Heim der SA genutzt.[Anm. 1] Nach dem Krieg war die ehemalige Synagoge über Jahrzehnte dem Verfall preisgegeben. Mit einer Restaurierung wurde im Jahre 1976 begonnen. 1995 kaufte ein Verein die Synagoge der Israelitischen Kultusgemeinde Wien ab, um das Gebäude als Kulturzentrum zu nutzen und als Baudenkmal zu erhalten.[1] Eine Rückabwicklungsklage der IKG Wien wurde 2011 abgewiesen.[4]

Im Jahre 2017 wurde in unmittelbarer Nähe der Synagoge ein Mahnmal zum Gedenken an die 219 vertriebenen und ermordeten Kobersdorfer Juden errichtet.[5]

 
Mahnmal zur Erinnerung an die vertriebene und ermordete jüdische Bevölkerung in Kobersdorf

Im Jahr 2019 kaufte das Land Burgenland die Synagoge und begann nach einer einjährigen Planungsphase im Herbst 2020 mit der Generalsanierung, um die Synagoge als Veranstaltungsstätte und Mahnmal nutzen zu können.[3] Sanierungsziel war die Herstellung des ursprünglichen Zustandes zum Eröffnungszeitpunkt im Jahr 1860. Dazu wurde das Gebäude bautechnisch intensiv untersucht und die zerstörten Luster anhand alter Fotografien rekonstruiert; die Wandfarben und die Fassade entsprechen dem historischen Original. Für den Betrieb als jüdisches Kultur- und Bildungszentrum war der Bau zusätzlicher Nebengebäude notwendig. Am 26. April 2022 wurde die renovierte Synagoge Kobersdorf wiedereröffnet.[6]

Nach der Wiedereröffnung lag die thematische Ausrichtung der Veranstaltungen auf jüdischem Alltagsleben, wie Festen und Essgewohnheiten. Auch die heutige Nutzung von Synagogen als materielles sowie immatierelles Kulturgut wurde beleuchtet. Das Programm bietet auch historische Wanderungen durch das jüdische Kobersdorf an und ist Begegnungs- und Erinnerungsort für Überlebende der Shoa und deren Angehörige. Im Jahr 2022 besuchten die diversen Veranstaltungen fast 5.000 Besucher.[7]

Der Schwerpunkt für das Jahr 2023 lag anlässlich 85 Jahre nach dem Anschluss Österreichs auf der Vertreibung und Ausgrenzung von Juden. Die burgenländische Landesregierung veranstaltete diesbezüglich Workshops für Schulklassen, welche die Synagoge besuchen konnten.[8]

Im Sommer 2023 fand unter dem Titel „Für das Kind“ eine Ausstellung über die Rettung von jüdischen Kindern von Wien nach Großbritannien während den Jahren 1938/1939 statt.[9]

Architektur

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Es handelt sich um ein rechteckiges Gebäude in neoromanischen Rundbogenformen mit Giebeldach. Der dreijochige Hauptraum wird durch vier schwere Eckpfeiler gehalten und ist mit sphärischen Gewölbe überwölbt. Der Thoraschrein war ostseitig eingelassen. Die Frauenempore umläuft hufeisenförmig den Hauptraum an drei Seiten und überdeckt westlich auch die Vorräume.[1] Insgesamt ist der Innenraum etwa 200 m² groß und bietet maximal 140 Personen Platz.

 
Kobersdorfer Synagoge (oben: 2006, unten: 2016)
 
Lage im Bezug zu Schloss Kobersdorf. Die Synagoge liegt am linken Bildrand

Literatur

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  • Erwin J. Hausensteiner: Die ehemalige jüdische Gemeinde Kobersdorf : ein Buch der Erinnerung. 2. erweiterte Auflage. edition lex liszt 12, Oberwart 2022, ISBN 978-3-99016-201-9.
  • Erwin Hausensteiner: Die ehemalige jüdische Gemeinde Kobersdorf. Geschichte der ehemaligen jüdischen Bewohner von Kobersdorf von den Anfängen im 16. Jahrhundert bis zur Vertreibung 1938. Buch mit etwa 240 Seiten, Kobersdorf 2008, OCLC 642719750.
  • Josef Tiefenbach: Erhaltung und Verwaltung des kulturellen Erbes am Beispiel der Synagoge Kobersdorf oder wie man diese Aufgabe auch verstehen kann. In: Jakob Perschy (Hrsg.), Karin Sperl (Hrsg.): Fokus Burgenland – Spektrum Landeskunde. Festschrift für Roland Widder. Amt der Burgenländischen Landesregierung (Abteilung 7), Eisenstadt 2015, ISBN 978-3-901517-81-5, S. 491–498.
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Commons: Synagoge Kobersdorf – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b c 150 Jahre Synagoge Kobersdorf. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 29. Dezember 2014; abgerufen am 30. April 2015.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.davidkultur.at
  2. Kobersdorf. Abgerufen am 30. April 2015.
  3. a b Land kauft Synagoge Kobersdorf. In: burgenland.orf.at. 6. Juni 2019, abgerufen am 6. Juni 2019.
  4. Rechtsstreit um Synagoge Kobersdorf beendet. Abgerufen am 30. April 2015.
  5. Hausensteiner, Erwin: Die Entstehungsgeschichte des Mahnmales in Kobersdorf, 2017.
  6. Restauriertes Synagogengebäude erstrahlt in neuem Glanz. In: meinbezirk.at. 27. April 2022, abgerufen am 27. April 2022.
  7. Redaktion Oberpullendorf: Veranstaltungsprogramm für die Synagoge Kobersdorf wurde präsentiert. 21. März 2023, abgerufen am 24. September 2023.
  8. burgenland ORF at red: Ehemalige Synagoge als Ort des Lernens. 8. Mai 2023, abgerufen am 24. September 2023.
  9. religion ORF at red: Synagoge zeigt Ausstellung zu Kindertransporten 1938/1939. 22. Juni 2023, abgerufen am 24. September 2023.

Anmerkungen

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  1. Der Presse war es 1941 hervorhebenswert, dass in Kobersdorf der aufklärende Dokumentarfilm Der ewige Jude in mehreren Vorstellungen gezeigt wurde. – Siehe: … und was sagst Du? (…) Die Gaufilmstelle besucht Grenzorte in Niederdonau. In: Das kleine Volksblatt, Nr. 92/1941, 2. April 1941, S. 6, Mitte rechts. (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/dkv

Koordinaten: 47° 35′ 53,4″ N, 16° 23′ 29,9″ O