Syrinx (Debussy)
Syrinx, L. 129, ist eine impressionistische Komposition für Querflöte solo von Claude Debussy.
Entstehung und Hintergrund
BearbeitenDebussy komponierte Syrinx im Jahr 1913 explizit für die metallische Böhm-Flöte. Ursprünglich war das Stück unter dem Titel „La Flûte de Pan“ als Schauspielmusik zu Psyché, einem dramatischen Gedicht in drei Akten von Gabriel Mourey, vorgesehen. Die Uraufführung fand am 1. Dezember 1913 im Pariser Theater Louis Mors statt[1] (nach anderen Angaben am 13. Dezember 1913[2]). Solist mit exklusivem Aufführungsrecht war der Flötist und Musikpublizist Louis Fleury, der – gemäß Regieanweisung – auch bei späteren Gelegenheiten fürs Publikum unsichtbar hinter einem Paravent spielte.
Der Titel des Werks bezieht sich auf den in Ovids Metamorphosen überlieferten antiken Verwandlungsmythos der Nymphe Syrinx. Auf der Flucht vor dem sie begehrenden Hirtengott Pan ließ sich Syrinx am Ufer des Flusses Ladon in Arkadien von der Jagdgöttin Diana in Schilfrohr verwandeln. Daraus setzte der um sie trauernde Pan dann eine siebentönige Flöte (die sprichwörtliche „Panflöte“, frz. syrinx) zusammen, auf der er seine Sehnsucht nach ihr beschwor und das Instrument später den Hirten schenkte.[3]
Zur Musik
BearbeitenDas Werk umfasst 35 Takte und besitzt eine Spieldauer von circa 3 Minuten. Der Tonumfang erstreckt sich von des’ bis fes’’’ und spart somit die hohen Lagen der modernen Querflöte weitgehend aus. Das dynamische Spektrum reicht von mezzoforte bis pianissimo und bedient sich insbesondere der Schwelldynamik (crescendo / diminuendo).
Harmonisch pendelt Debussy zwischen b-Moll und Des-Dur, jedoch ist die Tonart durch das Fehlen von dur-moll-tonalen Kadenzen verschleiert. Melodisch finden sich mehrheitlich exotische Skalen wie z. B. Pentatonik, Chromatik und Ganztonleiter sowie verschiedene Verzierungen und Triller. So endet die Komposition mit einer absteigenden Ganztonleiter zum Grundton.
Strukturell handelt es sich um eine dreiteilige Form A-B-A‘ mit Coda.
- Teil A: Takte 1–8: Très modéré (Exposition)
- Teil B: T. 9–25 Un peu mouvementé (Mittelteil, quasi Durchführung)
- Teil A‘: T. 25–30 au Movement, très modéré (variierte Reprise)
- Coda: T. 31–35 En retenant jusqu'à la fin
Das poetische Solostück Syrinx hat sich zu einem der zentralen Standardrepertoirestücke für Flöte solo entwickelt und liegt dementsprechend in zahlreichen Einspielungen vor.
Quellensituation
BearbeitenDas Autograph ist verschollen. Erst 1927 erschien das Werk beim Pariser Verlag Jobert mit Widmung an Louis Fleury postum im Druck. Der Verleger hatte den Titel eigenmächtig auf „Syrinx“ geändert, vielleicht, um Verwechslungen mit dem gleichfalls bei Jobert verlegten Lied „La Flûte de Pan“ (aus Debussys Chansons de Bilitis) zu vermeiden. Auf dieser Ausgabe basieren auch spätere Editionen bis 1991. Im selben Jahr wurde in der Sammlung von Mme. Paul Hollanders de Ouderaen (Brüssel) ein frühes Manuskript entdeckt, das aus dem Debussy-Fleury-Umfeld stammt, möglicherweise von Louis Fleury selbst. Die dortigen Vortragsangaben weichen jedoch an mehreren Stellen von denjenigen der Erstausgabe ab.
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Gunther Pohl: Notenausgaben im Vergleich: Claude Debussys „Syrinx“ für Flöte solo. Flöte aktuell 4/2009, S. 44 ( vom 4. September 2013 im Internet Archive) (PDF; 314 kB)
- ↑ Cambridge Companion to Debussy, 2003, Cambridge University Press, ISBN 9780521654784, S. 126
- ↑ Claude Debussy – Syrinx. La Flûte de Pan. In: Kammermusikführer. Abgerufen am 18. Oktober 2024.
Literatur
Bearbeiten- Siglind Bruhn: Syrinx (1913). In: Debussys Instrumentalmusik im kulturellen Kontext. Edition Gorz, Waldkirch 2019, ISBN 978-3-938095-25-6, S. 235–246.
- Gustav Scheck: Die Flöte und ihre Musik. B. Schott’s Söhne, Mainz 1975, ISBN 3-7957-2765-0, S. 231–233.
- Gunther Pohl: Notenausgaben im Vergleich: Claude Debussys „Syrinx“ für Flöte solo. Flöte aktuell 4/2009, S. 44 ( vom 4. September 2013 im Internet Archive) (PDF; 314 kB)
Weblinks
Bearbeiten- Syrinx: Noten und Audiodateien im International Music Score Library Project
- Werkeinführung von Jochen Scheytt