Grenze zwischen Griechenland und der Türkei

Staatsgrenze in Südosteuropa
(Weitergeleitet von Türkisch-griechische Grenze)

Die Grenze zwischen Griechenland und der Türkei (griechisch Σύνορα Ελλάδας–Τουρκίας, türkisch Türkiye–Yunanistan sınırı) ist eine Staatsgrenze. Sie besteht aus einer 192 km langen Landgrenze[1] und aus einer Seegrenze in der Ostägäis. Griechenland ist seit dem 1. Januar 1981 EU-Mitglied; die Türkei ist kein Mitglied der EU.[2] Es handelt sich mithin um eine Außengrenze der EU.

Grün: Griechenland, orange: Türkei
Karte von Griechenland
Karte der Türkei

Der Verlauf der Grenze ist Gegenstand langanhaltender und fortwährender Territorialkonflikte zwischen Griechenland und der Türkei, die auch maßgeblich zur Eskalation im Zypernkonflikt beitrugen.

Ab 2015 passierten große Gruppen von Flüchtlingen diese Grenze in Richtung Griechenland, um via der Balkanroute in Mitteleuropäischen Ländern Schutz und Aufenthalt zu suchen (siehe auch Flüchtlingskrise in Europa, Flüchtlingskrise in Deutschland). Am 18. März 2016 schlossen EU und Türkei deshalb ein Abkommen; die Zahl der Grenzübertritte war deutlich geringer.

 
Genauer Grenzverlauf entlang der Mariza
 
Meeresgrenze bei Kastelorizo

Die Grenze verläuft grob von Nord nach Süd, beginnend am Dreiländereck Bulgarien–Griechenland–Türkei am türkisch-bulgarisch-griechischen Grenzfluss Mariza (türkisch Meriç, griechisch Έβρος Evros).(Karte) Die griechisch-türkische Staatsgrenze meist (mit einer größeren Abweichung bei Edirne) entlang dieses Flusses ist 159 km lang. Auf Höhe Alexandroupoli verläuft die Grenze weiter südlich nur noch im Mittelmeer (Ägäis) und endet bei der Insel Kastelorizo südöstlich von Rhodos. Etwa 90 Prozent der Staatsgrenze verläuft in der Ägäis.

Anrainer (Verwaltungseinheiten)

Bearbeiten

von Nord nach Süd (Landgrenzen, sofern nicht anders bezeichnet)

Griechenland

Bearbeiten

Region Ostmakedonien und Thrakien (Teil Thrakien)

  • Gemeinde (δήμοι = Dimos) Orestiada (Δήμος Ορεστιάδος (Ορεστιάδα))
  • Gemeinde Didymoticho (Δήμος Διδυμοτείχου (Διδυμότειχο))
  • Gemeinde Soufli (Δήμος Σουφλίου (Σουφλί))
  • Gemeinde Alexandroupoli (Δήμος Ἀλεξανδρούπολης (Αλεξανδρούπολη))
  • Gemeinde Samothraki (Δήμος Σαμοθράκης – Seegrenze)

Region Nördliche Ägäis

  • Gemeinde Limnos (Δήμος Λήμνου – Seegrenze)
  • Gemeinde Lesbos (Δήμος Λέσβου – Seegrenze)
  • Gemeinde Chios (Δήμος Χίου – Seegrenze)
  • Gemeinde Samos (Δήμος Σάμου – Seegrenze)

Region Südliche Ägäis

  • Gemeinde Agathonisi (Δήμος Αγαθονησίου (Αγαθονήσι) – Seegrenze)
  • Gemeinde Leros (Δήμος Λέρου (Λέρος) – Seegrenze)
  • Gemeinde Kalymnos (Δήμος Καλυμνίων (Κάλυμνος) – Seegrenze)
  • Gemeinde Kos (Δήμος Κω – Seegrenze)
  • Gemeinde Nisyros (Δήμος Νισύρου (Νίσυρος) – Seegrenze)
  • Gemeinde Symi (Δήμος Σύμης (Σύμη) – Seegrenze)
  • Gemeinde Rhodos (Δήμος Ρόδου (Ρόδος) – Seegrenze)
  • Gemeinde Kastelorizo/Megisti (Δήμος Μεγίστης (Μεγίστη) – Seegrenze)

(Marmararegion)

Provinz Edirne

Provinz Çanakkale (beidseits der Dardanellen)

  • Landkreis Eceabat (Seegrenze)
  • Landkreis Gökçeada, bis 29. Juli 1970 İmroz (griechisch Ίμβρος Ímvros, deutsch auch: Imbros – Seegrenze)
  • Landkreis Bozcaada (griechisch Τένεδος Ténedos) (Seegrenze)
  • Landkreis Ezine (Seegrenze)
  • Landkreis Ayvacık (Seegrenze)

Provinz Balıkesir

Provinz Izmir

Provinz Aydın

Provinz Muğla

Provinz Antalya

  • Landkreis Kaş (Seegrenze)

Grenzübergänge

Bearbeiten
 
Grenzübergang bei Karaağaç/Kastanies
 
Grenzbrücke: die einzige Bahnstrecke zwischen Griechenland und der Türkei

Große Grenzübergänge sind:

  • Griechenland: Kastanies/Καστανιές, Gemeinde Orestiada ↔ Türkei: Karaağaç, Distrikt Merkez, Provinz Edirne (Nationalstraße 51 (GR) - Ortaköy Cd. (TR))
  • Griechenland: Pythio, Gemeinde Didymoticho ↔ Türkei: Uzunköprü, Provinz Edirne (Nur Eisenbahnübergang)
  • Griechenland: Kipi, Gemeinde Alexandroupoli ↔ Türkei: İbriktepe, Distrikt İpsala, Provinz Edirne (Europastraße 90, Egnatia Autobahn A2 (GR) - Staatsstraße D110 (TR))

Neuere Geschichte

Bearbeiten

Im Jahr 1832 wurde der Vertrag von Konstantinopel unterzeichnet, aufgrund der Balkankrise fand im Juni und Juli 1878 der Berliner Kongress statt. Kreta fiel 1897 während des Türkisch-Griechischen Krieges an Griechenland, und es fanden während des Griechisch-Türkischen Krieges (1919–1922) Landabtretungen von Griechenland an die Türkei statt. Während des letzteren wurde der Vertrag von Neuilly-sur-Seine am 27. November 1919 abgeschlossen, welcher zur Folge hatte, dass Westthrakien der Entente unterstellt wurde und dass Bulgarien den Zugang zur Ägäis an Griechenland verlor. Außerdem wurde der Vertrag von Sèvres am 10. August 1920 unterzeichnet. Am 24. Juli 1923 fiel Westthrakien an Griechenland (Vertrag von Lausanne). Der Vertrag von Sèvres vom 10. August 1920 hatte zur Folge, dass Ostthrakien nach dem Ersten Weltkrieg zuerst an Griechenland, dann an die Türkei fiel. Am 9. August 1954 unterzeichneten die Türkei, Griechenland und Jugoslawien einen Militärpakt, den Balkanpakt.

Gebietsstreitigkeiten

Bearbeiten

(Illegale) Migration

Bearbeiten
 
Auffanglager Fylakio, Griechenland (2010)
 
Flüchtende in Fylakio (Oktober 2010)

Im Jahr 2010 soll eine sechsstellige Zahl illegaler Einwanderer von der Türkei nach Nordostgriechenland migriert sein (geschätzt 34.000 bis Ende Oktober 2010).[3]

Seit dem 1. November 2010 ist auf Bitte Griechenlands an der griechisch-türkischen Grenze der Kräfteansatz durch EU-Polizeien verstärkt worden, d. h., es wurden seitdem Polizeibeamte anderer Staaten durch die Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Europäischen Union (Frontex) eingesetzt, um die dortige illegale Einwanderung in die EU zu verhindern bzw. einzudämmen. Unter einem Frontex-Mandat leisten unter anderem Beamte der deutschen Bundespolizei mit zwei Patrouillenbooten im Grenzgebiet Dienst.[4][5][6][7]

Im Juli 2012 lebten über 43.000 syrische Flüchtende in türkischen Lagern in der Grenzregion, im selben Monat verdreifachte die griechische Regierung angesichts der hohen Zahl von Grenzübertritten die Zahl der eingesetzten Grenzpolizisten von 600 auf 1.800.[8]

Bei der Flüchtlingskrise in Europa 2015 spielte die Grenze eine zentrale Rolle bei der Migrationsbewegung von Syrien nach Europa auf dem See- und Landweg. Laut UNHCR kamen in den ersten beiden Monaten des Jahres 2016 122.637 Migranten von der Türkei nach Griechenland.[9]

Am 1. März 2016[10][11] begann die EU-Operation Sophia[12] zum Aufspüren von Flüchtlingsbooten und Schleppern (Standing NATO Maritime Group 2) in internationalen Gewässern zwischen der Türkei und Griechenland.[10][13]

Im Zug der syrisch-türkischen Auseinandersetzungen in den Syrienkriegen öffnete die türkische Regierung (Kabinett Erdoğan IV) Anfang 2020 zeitweise wieder ihre Seite der Grenze, worauf mehrere tausend Migranten versuchten, nach Griechenland zu gelangen.[14] Griechenland setzte zeitweise das Asylrecht außer Kraft.

Der türkische Staatspräsident Erdogan forderte im Juni 2022 die Entmilitarisierung mehrerer griechischer Inseln und drohte indirekt mit Krieg. Kampfjets der türkischen Luftwaffe überflogen häufig griechischen Luftraum und sogar große bewohnte Inseln wie Kos, Rhodos und Samos.[15]

Grenzzaun

Bearbeiten

2012 errichtete Griechenland einen seit Anfang 2011 geplanten[16] 12,5 km langen Sperrzaun zur türkischen Grenze zwischen dem griechischen Orestiada und dem türkischen Edirne, wo der Fluss Evros nicht die natürliche Grenze zwischen den Staaten bildet.[17][18]

Ab der zweiten Jahreshälfte 2020 (nach dem Beginn der weltweiten COBID-19-Pandemie) verstärkte Griechenland diese Grenzanlage und erhöhte sie von 3,50 auf 4,30 Meter; darüber hinaus ergänzte sie ihre über Land verlaufende Grenzlinie zur Türkei an drei bisher weniger gesicherten Bereichen über zusammen ca. 26 Kilometer mit massiven, senkrecht im Boden verankerten fünf Meter hohen Stahlelementen; was im April 2021 fertiggestellt sein sollte.[19]

Ende Mai 2022 gab der griechische Migrationsminster Notis Mitarakis bekannt, dass die bislang vorhandenen 35 Kilometer Grenzzaun nochmals um 80 Kilometer verlängert werden sollen. Bürgerschutzminister Takis Theodorikakos teilte mit, seit Jahresbeginn 2022 seien bereits etwa 40.000 Grenzübertritte verhindert worden.[20]

Im September 2024 verschärfte die griechische Regierung den Grenzschutz, nachdem die Regierung Scholz die Kontrollen an Deutschlands Grenzen ausweitet hatte.[21]

Siehe auch

Bearbeiten
Bearbeiten

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. The World Factbook (Memento des Originals vom 11. April 2020 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.cia.gov, Website der CIA; abgerufen am 31. August 2020.
  2. 1995 wurde eine Zollunion errichtet und 2005 Beitrittsverhandlungen zur Europäischen Union aufgenommen. Seit 2018 sind diese v.a. aufgrund gravierender Rückschritte bei Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten faktisch eingefroren. (7. Mai 2024)
  3. bundestag.de: Aktuelle Berichte zur Situation des griechischen Asylsystems und Konsequenzen der Bundesregierung hieraus. (PDF, 620 kB) Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Raju Sharma, Jens Petermann und der Fraktion DIE LINKE, Drucksache 17/4213 vom 3. Januar 2011; abgerufen am 19. März 2018.
  4. Bundespolizei: Schiffe retten vor Samos über 3400 Menschen. Süddeutsche Zeitung, 1. März 2018, abgerufen am 3. August 2020.
  5. Einsatz der Streifenboote auf Samos wird verlängert. Bundespolizei; abgerufen am 19. März 2018.
  6. Deutsche Polizisten prangern unhaltbare Zustände an griechisch-türkischer Grenze an. Der Spiegel, 11. Dezember 2010.
  7. Sabine am Orde: Einsatz an griechisch-türkischer Grenze. Deutsche Polizei hilft Frontex auch 2011. taz, 29. Dezember 2010
  8. Flüchtlingswelle aus Syrien: Griechen machen Grenze zur Türkei dicht. Spiegel Online, 30. Juli 2012, abgerufen am 19. März 2018.
  9. Tsipras pocht auf Umverteilung von Flüchtlingen. welt.de, 1. März 2016; abgerufen am 19. März 2018.
  10. a b Erste Tage in der Ägäis bundeswehr.de vom 11. März 2016, abgerufen am 19. März 2018.
  11. nato.int. Archiviert vom Original am 13. März 2016; abgerufen am 19. März 2018.
  12. Christoph B. Schiltz: Nato-Verband bricht „ohne Verzögerung“ in die Ägäis auf. welt.de, 11. Februar 2016; abgerufen am 19. März 2018.
  13. Nato für Schlepperbekämpfung in Ägäis einsatzbereit. In: DiePresse.com. 6. März 2016, abgerufen am 14. Januar 2018.
  14. Wieder Tränengaseinsatz an Grenze zu Türkei. ORF online, 2. März 2020.
  15. tagesschau.de vom 14. Juni 2022: "Ich spaße nicht"
  16. Badische Zeitung: Ein Zaun gegen illegale Migranten. Abgerufen am 19. September 2022.
  17. Griechenland will Grenze zur Türkei befestigen. Wikinews, 2. Januar 2011.
  18. Gerd Höhler: Griechenland Flüchtlinge: Der tödliche Zaun. In: Frankfurter Rundschau Online. 8. Mai 2014, archiviert vom Original am 28. November 2015; abgerufen am 20. Oktober 2015.
  19. Badische Zeitung: Griechenland baut massive Grenzzäune zur Türkei - Ausland - Badische Zeitung. Abgerufen am 19. September 2022.
  20. dpa: Griechenland verlängert Grenzzaun zur Türkei um 80 Kilometer
  21. Griechenland verstärkt Grenzschutz 18. September 2024.