Tetranatriumiminodisuccinat

organische Verbindung, Komplexierungsmittel

Tetranatriumiminodisuccinat (auch: Iminodisuccinat-Tetranatriumsalz) ist ein Natriumsalz der Iminodibernsteinsäure, die auch als N-(1,2-Dicarboxyethyl)asparaginsäure bezeichnet wird. Die Salze werden Iminodisuccinate (IDS bzw. IDHA[1]) genannt.

Strukturformel
Struktur von Tetranatriumiminodisuccinat
Allgemeines
Name Tetranatriumiminodisuccinat
Andere Namen
  • Iminodisuccinat-Tetranatriumsalz
  • Iminodibernsteinsäure-Tetranatriumsalz
  • N-(1,2-Dicarboxyethyl)-DL-asparaginsäure-Tetranatriumsalz
  • IDS-Natriumsalz
  • IDHA-Na4-Salz[1]
Summenformel C8H7NNa4O8
Kurzbeschreibung

weißer Feststoff[2]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 144538-83-0
EG-Nummer (Listennummer) 604-420-0
ECHA-InfoCard 100.117.797
PubChem 44151639
Wikidata Q2406759
Eigenschaften
Molare Masse 337,10 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte
  • 1,35 g·cm−3[3] als 34%ige Lösung in Wasser bei 20 °C
  • 0,740 g·cm−3[4] als Feststoff
pKS-Wert
Löslichkeit

564 g·cm−3[4] bei 25 °C und pH 13,1

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[6]
keine GHS-Piktogramme

H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze
Toxikologische Daten

2000 mg·kg−1 (LD50Ratteoral)[7]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Gewinnung und Darstellung

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Iminodibernsteinsäure kann durch Reaktion von Maleinsäureanhydrid mit Ammoniak und Natriumhydroxid dargestellt werden.[8]

 

Bei der Umsetzung von Maleinsäureanhydrid mit Natriumhydroxid in Wasser bei erhöhter Temperatur entsteht eine konzentrierte Dinatriummaleat-Lösung, zu der Ammoniak zudosiert wird.[9] Das Reaktionsgemisch wird auf Temperaturen von 90 bis 145 °C erhitzt, überschüssiges Wasser und Ammoniak abdestilliert und mit Ausbeuten bis 98 % d. Th. eine wässrige Lösung mit ca. 34 % IDS-Na4-Salz erhalten.[10] Durch Sprühtrocknung lässt sich daraus ein Feststoffgemisch gewinnen, bestehend im Mittel aus >65 % IDS-Na-Salzen (im Wesentlichen IDS-Na4-Salz), <2 % Maleinsäure-Na-Salze, <8 % Fumarsäure-Na-Salze, <2 % Äpfelsäure-Na-salze und <15 % Asparaginsäure-Na-Salze, sowie >15 % Wasser. Die Nebenprodukte der Reaktion beeinflussen weder die Komplexierungskapazität, noch die Bioabbaubarkeit des IDS.

Zusammensetzung handelsüblicher Produkte in Gew.%
Produkt IDS-Na4-Salz Na2-Fumarat Na2-Aspartat Na2-Malat Na2-Maleat Wasser
Industrieller Reiniger[4] 72,1 5,6 10,6 - - 8,9
Baypure CX 100/34 %[10] > 33,0 < 2,5 < 7,0 < 0,5 < 0,3 < 59,0
Baypure CX 100 solid[10] > 65,0 < 8,0 < 15,0 < 2,0 < 2,0 < 15,0
Baypure CX 100 solid G[10] > 78,0 < 5,0 < 15,0 < 0,7 < 0,5 < 4,0

Eigenschaften

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Das nach Sprühtrocknung der wässrigen Lösung als weißes Pulver anfallende Feststoffgemisch ist neben einem Granulat mit >78 % IDS-Na4-Salzanteil handelsübliches Produkt (Baypure® CX 100). IDHA ist ein Chelat-Komplexbildner mittlerer Komplexstabilität (10−16), der als fünfzähniger Ligand Erdalkali- und mehrwertige Schwermetallionen mit einem Molekül Wasser in einer oktaedrischen Struktur einschließt.[11] In 0,25%iger wässriger Lösung stellt sich ein pH-Wert von 11,5 für das IDS-Na4-Salz ein. Das Salz ist in schwach saurer Lösung (pH>4–7) auch bei 100 °C mehrere Stunden und in stark alkalischer Lösung auch bei erhöhter Temperatur (50 °C) über Wochen stabil. Das IDS-Na4-Salz ist nach den OECD-Methoden OECD 302 B (100 % nach 28 Tagen) und OECD 301 E (78 % nach 28 Tagen) als leicht biologisch abbaubar klassifiziert.[10] Aus der Klasse der weitverbreiteten Chelatbildner sind lediglich die jedoch als krebserzeugend verdächtigte Nitrilotriessigsäure (NTA), sowie die chelatisierend wirksamen Aminosäurederivate β-Alanindiessigsäure und Methylglycindiessigsäure (Trilon M®) unter bestimmten Bedingungen hinreichend bioabbaubar.

Verwendung

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Iminodibernsteinsäure wird seit 1998 von Lanxess unter dem Handelsnamen Baypure CX 100 als Komplexierungsmittel angeboten.[8] Es reagiert mit den Calcium- und Magnesiumionen (Härtebildner) im Wasser und bildet Chelatkomplexe im mittleren Stabilitätsbereich[10]. Diese verhindern das Entstehen unlöslicher Salze (Ablagerungen) und Seifen (Kalkseifen) und verbessern so die Wirkung von Wasch- und Geschirrspülmitteln, Handseifen und Haarwaschmitteln. Dadurch kann auch die Menge herkömmlicher Builder in festen Waschmitteln (Carbonate, Silikate, Phosphate, Citrate, Zeolithe) reduziert oder ersetzt werden. Die Calciumbindungskapazität für IDS-Na4-Salz beträgt ca. 230 mg CaCO3/g Na-Salz und liegt zwischen der Kapazität von DTPA-Na5-Salz (210 mg CaCO3/g Na-Salz) und EDTA-Na4-Salz (280 mg CaCO3/g Na-Salz).

Auf der Komplexierung von Erdalkali- und Schwermetallionen beruhen auch die meisten anderen Anwendungen von IDS-Na-Salz, z. B. in industriellen Reinigern zur Entfernung von Biofilmen und Kalkablagerungen, Kosmetika, in der Galvanik, im Bau (Abbindeverzögerer), Textil (Schutz gegen Vergrauung) und Papier. Der Zusatz von IDS-Na-Salz anstatt der gängigen Phosphonate zu festen Waschmittelformulierungen inhibiert in bleichmittelhaltigen Waschlaugen die von Schwermetallen katalysierte Zersetzung von Wasserstoffperoxid.

Komplexe mit Fe3+-, Cu2+-, Zn2+- und Mn2+-Ionen finden Einsatz als Mikronährstoffe, die für Pflanzen wichtige Spurenelemente in gut resorbierbarer Form bereitstellen; sowohl granuliert als Bodendünger als auch gelöst als Blattspray. Die in Pflanzenschutzanwendungen weitverbreiteten gängigen Komplexbildner für Spurenelemente, wie z. B. EDTA, DTPA (Diethylentriamin-pentaessigsäure), EDDHA (Ethylendiamin-dihydroxyphenylessigsäure) oder HBED (N,N‘-di(2-Hydroxybenzyl)-ethylendiamin-N,N‘-diessigsäure) sind ausnahmslos schwer- bis praktisch nicht-bioabbaubar. IDHA-Spurenelementkomplexe bieten dagegen eine interessante Alternative.[11]

Stereoisomerie

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Der Herstellprozess aus den achiralen Ausgangsstoffen liefert eine Mischung aus drei Epimeren[12]: (R,R)-iminodisuccinat, (R,S)-iminodisuccinat, and (S,S)-iminodisuccinat. Die beiden meso-Verbindungen [R,S] und [S,R] sind identisch. Der enzymatische Abbau liefert in den beiden ersten Fällen D-Asparaginsäure und Fumarsäure, bei letzterem L-Asparaginsäure und Fumarsäure, die weiter verstoffwechselt werden.

Einzelnachweise

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  1. a b Van Iperen International: IDHA-chelates
  2. Datenblatt Iminodisuccinat Tetranatriumsalz (PDF) bei Carl Roth, abgerufen am 11. September 2024.
  3. Lanxess: Baypure CX 100/34% (Memento vom 10. Dezember 2014 im Internet Archive), Safety Data Sheet.
  4. a b c nicnas.gov.au: Aspartic acid, N-(1,2-dicarboxyethyl)-, tetrasodium salt (Memento vom 12. Februar 2014 im Internet Archive), August 2002.
  5. a b c d D. Kołodyńska, H. Hubicka, Z. Hubicki: Studies of application of monodisperse anion exchangers in sorption of heavy metal complexes with IDS. In: Desalination. Band 239, Nr. 1–3, S. 216–228, doi:10.1016/j.desal.2008.02.024.
  6. Vorlage:CL Inventory/nicht harmonisiertFür diesen Stoff liegt noch keine harmonisierte Einstufung vor. Wiedergegeben ist eine von einer Selbsteinstufung durch Inverkehrbringer abgeleitete Kennzeichnung von tetrasodium;2-(1,2-dicarboxylatoethylamino)butanedioate im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 28. Juli 2019.
  7. National Industrial Chemicals Notification and Assessment Scheme: STD1018 Public Report PDF.pdf, abgerufen am 11. September 2024
  8. a b Dorota Kołodyńska: Chelating Agents of a New Generation as an Alternative to Conventional Chelators for Heavy Metal Ions Removal from Different Waste Waters. In: Robert Y. Ning (Hrsg.): Expanding Issues in Desalination. InTech, 2011, ISBN 978-953-307-624-9, S. 339–370, doi:10.5772/21180 (Hier: S. 344).
  9. Patent US6107518: Preparation and use of iminodisuccinic acid salts. Veröffentlicht am 22. August 2000, Anmelder: Bayer AG, Erfinder: Torsten Groth, Winfried Joentgen, Paul Wagner, Frank Dobert, Eckhard Wenderoth, Thomas Roick.
  10. a b c d e f Lanxess AG, General Product Information: Baypure
  11. a b ADOB: Biodegradable chelates (Memento vom 12. Mai 2014 im Internet Archive)
  12. E. Sanchez et al.: Iminodisuccinate Pathway Map, Manchester College, April 17, 2013