Theodor-Heuss-Ring (Kiel)
Der Theodor-Heuss-Ring ist ein Abschnitt der Bundesstraße 76 in Kiel. Überregionale Aufmerksamkeit erlangte er durch Messungen von hohen Konzentrationen des giftigen Stickstoffdioxid, die den Grenzwert regelmäßig übersteigen.
Theodor-Heuss-Ring | |
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Straße in Kiel | |
Barkauer Kreuz mit Blickrichtung eines Tunnels des Theodor-Heuss-Rings in Richtung des Ostring | |
Basisdaten | |
Ort | Kiel |
Ortsteil | Südfriedhof, Hassee, Gaarden-Süd und Kronsburg |
Hist. Namen | Friesenstraße (Segeberger Straße, Sörensenstraße) |
Verkehrssituation
BearbeitenDie Straße gehört mit der Frequentierung im Jahr 2007 von 97.000 Autos je Tag im südlichen Abschnitt und 90.500 im nördlichen Abschnitt zu einer der meistbefahrenen Verkehrswege Kiels. Sie führt durch mehrere Verkehrsknotenpunkte in nur einem geringen Abstand.[1]
Der Verkehrsentwicklungsplan für Kiel von 2008 bezeichnet den Theodor-Heuss-Ring als „auf ganzer Länge […] eine höchst belastete vierstreifige Hauptverkehrsstraße“.[2] Es wurden Planungen gemacht, um in südlichen Abschnitt die Frequentierung bis 2020 auf 85.000 zu senken. Weitere Verbesserungen würden laut Plan sowohl die Sicherheit und den Verkehrsfluss erleichtern, als auch das nachgeordnete Netz verbessern. Solche Maßnahmen wären mehr Fahrstreifen sowie Tunnel und Brücken.[1]
Mit dem Waldwiesenkreuz liegt ein Unfallschwerpunkt mit im Jahr 2017 acht Unfällen (2015: 11) auf der Strecke.[3]
Geschichte
Bearbeiten1964 wurde die damalige Friesenstraße nach dem ersten Bundespräsidenten und Ehrenbürger der Stadt, Theodor Heuss, in Theodor-Heuss-Ring umbenannt. Gleichzeitig wurde eine Verlängerung so bezeichnet. Die Straße wurde im Folgenden ausgebaut. Die ehemalige Segeberger Straße ging 1973 auch in den Theodor-Heuss-Ring auf, wodurch nun der Straßenverlauf bis zum Ostring so benannt war.[4]
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Blick auf den heutigen Theodor-Heuss-Ring vom Alten Fernmeldeturm (Mai 1963)
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Bau am Barkauer Kreisel 1970 (Überflieger)
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Bau am Barkauer Kreisel 1971
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Bau am Waldwiesenkreisel 1966
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Waldwiesenkreisel 1975
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Auffahrt zur Friesenbrücke
Luftqualität
BearbeitenZwischen dem Barkauer Kreuz und dem Waldwiesenkreuz befindet sich seit dem 18. Mai 2011 eine Messstation, um möglicherweise hohe Luftschadstoffkonzentrationen zu ermitteln.[5] Gemessen wird unter anderem Stickstoffdioxid, das besonders für die Lungen von Kindern und Jugendlichen gefährlich ist und Allergien verstärken kann.[6]
Der EU-Richtwert der mittleren Stickstoffdioxid-Konzentration von 40 µg/m³ wurde hier bis 2019 regelmäßig überschritten.[7][8]
Jahr | 2013 | 2014 | 2015 | 2016 | 2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022[9] |
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Jahresmittelwert in µg/m³ | 67 | 64 | 65 | 65 | 56 | 60 | 49 | 34 | 38 | 36 |
Die Messstation wird durch mehrere Passivsammler ergänzt, die die Messwerte bestätigen. Gleichzeitig zeigen diese, dass die Südfahrbahnseite nicht so stark belastet ist und die Grenzwerte schon in geringer Entfernung von der Fahrbahn eingehalten werden.[10]
In der Nähe befindet sich auch die Messstation Bahnhofsstraße, bei der von 2015 bis 2017 der Grenzwert von 40 µg/m³ knapp überschritten wird, nach vorläufigen Daten wurde er 2018 mit 39 µg/m³ nicht überschritten.[7][8] Vor 2012 lag der Wert über 50 µg/m³.[11]
Aufgrund der Überschreitung bei der Messstation am Theodor-Heuss-Ring reichte im Dezember 2017 die Deutsche Umwelthilfe Klage beim Verwaltungsgericht Schleswig ein. Geklagt wurde, weil bislang unzureichend Maßnahmen zur Senkung der Stickstoffdioxid-Konzentration (wie zum Beispiel eine City-Maut, mehr Tempo-30-Zonen und weniger Parkplätze, sowie Fahrverbote) ergriffen wurden.[12] Da das Verwaltungsgericht sich nach einem Jahr für unzuständig erklärte, wurde die Sache an das Oberverwaltungsgericht Schleswig übergeben.[13]
Nachdem seitens der Stadt und des Ministerpräsidenten Daniel Günther[14] zunächst die Emissionen aus den Schornsteinen der Kreuzfahrtschiffe als mitursächlich vermutet wurden, stellte das Umweltschutzamt klar, dass es keinen Zusammenhang gibt.[15]
Der Fraktionschef der CDU im Schleswig-Holsteinischen Landtag Tobias Koch kritisierte den Standort der Messstation, der die rechtlichen Vorgaben nicht einhalten würde. Das Land habe die EU-Vorgaben „übererfüllt“.[16] Überprüfungen der Kieler Nachrichten zufolge erfüllt der Standort die Vorgaben.[17]
Obwohl Oberbürgermeister Ulf Kämpfer im Dezember 2017 Fahrverbote als „unverhältnismäßig“ kritisiert hatte,[12] gab es im Dezember 2018 Pläne der Stadt für ein Rechtsfahrverbot für alte Diesel. Daneben plant die Stadt Umleitung von LKWs und eine Tempo-50-Zone.[18] Die Deutsche Umwelthilfe wies die Planungen als „lächerlich und unseriös“ zurück.[19]
Im Februar 2019 wurde zu Testzwecken für einige Wochen ein Luftreinigungsgerät am Fahrbahnrand aufgestellt. Die Positionierung, 40 m von der Messstation entfernt, führte zu Irritationen und blockierte zudem einen Fahrradweg.[20]
Im März 2019 wurden die Maßnahmen vonseiten der Stadt präzisiert: Es sollen zwischen Anfang der Osterferien bis Ende der Sommerferien unter anderem die Höchstgeschwindigkeit auf 50 Kilometer je Stunde gesenkt werden.[21] Außerdem wurden ab 16. April 2019 mehrere Zu- und Auffahrten (Ratzeburger Straße, Dithmarscher Straße, Krusenrotter Weg, Dorotheenstraße, Lübscher Baum) komplett gesperrt, wobei die Zufahrt an der Bahnhofstraße nur für LKWs gesperrt wird, die insgesamt umgeleitet werden sollen.
Ein mögliches Rechtsfahrverbot wurde bis zur möglichen Aufnahme in den neuen Luftreinhalteplan zurückgestellt. Eine Verbesserung der Sicherheit für Radfahrende ist auch geplant. Daneben werden auch Titanoxyd-Steine verlegt, die Schadstoffe binden sollen. Insgesamt kosten die Maßnahmen knapp über 2 Millionen Euro.[22]
Der Test der Filteranlage sei laut der Betreiberin erfolgreich gewesen. So seien die Messwerte selbst auf ein Fünftel gesenkt worden. Diese Senkung bezieht sich allerdings nur auf Messergebnisse an der Reinigungsanlage selbst. Die Betreiberin geht davon aus, dass mit sechs Stadtluftreinigern dieser Art die Stickstoffdioxid-Belastung auf den fraglichen 190 Metern um etwa zehn Prozent reduziert werden kann.[23]
Am 26. April 2019 kam es in Kiel zu einer Demonstration gegen Autos in der Stadt, bei der mehr als 1600 Teilnehmende für eine Verkehrswende und mehr Lebensqualität in der Stadt protestierten. Dabei kam es zu einer Teilsperrung der nördlichen Fahrbahn des Theodor-Heuss-Ringes, die von mehreren Politikern und vom Automobilclub ADAC kritisiert wurde, der Fahrradclub ADFC unterstützte dagegen die Ziele. Eine Sitzblockade von fast 70 Personen am Rande der Demonstration verzögerte die Aufhebung der Straßensperrung für mehrere Stunden. Die im Vorfeld für das weitere Umland gefürchteten Verkehrsbeeinträchtigungen durch die Demonstration traten nicht ein.[24][25][26][27][28]
Im Jahr 2022 wurde der Grenzwert mit einem Jahresmittelwert von 36 µg/m³ Stickstoffdioxid das dritte Jahr in Folge unterschritten.[9]
Literatur
Bearbeiten- Landeshauptstadt Kiel (Hrsg.): Verkehrsentwicklungsplan für Kiel 2008. 6.5 Fließender Kraftfahrzeug-Verkehr, S. 7 ff. (kiel.de [PDF; abgerufen am 28. Februar 2019]).
- Hans – G. Hilscher: Kieler Straßenlexikon. Hrsg.: Landeshauptstadt Kiel – Amt für Bauordnung, Vermessung und Geoinformation. August 2018, S. 189 (kiel.de [PDF; abgerufen am 25. Februar 2019] Erstausgabe: 2005).
- Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein (Hrsg.): Luftreinhalteplan Kiel. März 2009 (schleswig-holstein.de [PDF; abgerufen am 1. März 2019]).
Weblinks
Bearbeiten- Thema: Theodor-Heuss-Ring auf der Website der Kieler Nachrichten
- Aktuelle Messwerte an den Stationen in Kiel
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b VEP 2008 – Fließender Kraftfahrzeug-Verkehr, S. 7 ff., S. 22.
- ↑ VEP 2008 – Fließender Kraftfahrzeug-Verkehr, S. 7.
- ↑ Mehr Unfälle in Kiel, weniger Verletzte. 7. April 2017, abgerufen am 28. Februar 2019.
- ↑ Kieler Straßenlexikon, S. 189
- ↑ Martin Schmidt, Landesamt für Landwirtschaft: LLUR richtet erneut eine Luftmessstation am Theodor-Heuss-Ring in Kiel ein. 19. Mai 2011, abgerufen am 1. März 2019.
- ↑ Luftreinhalteplan 2009, S. 13.
- ↑ a b Aktuelle Luftdaten. Umweltbundesamt, abgerufen am 1. März 2019.
- ↑ a b Luftreinhaltung. In: kiel.de. Abgerufen am 1. März 2019.
- ↑ a b Luftreinhaltung: Akut: Luftreinhalteplanung für den Theodor-Heuss-Ring. In: kiel.de. 17. März 2022, abgerufen am 12. September 2023.
- ↑ Michael Kluth: "Meisenkästen" bestätigen Messstation. 8. Februar 2019, abgerufen am 1. März 2019.
- ↑ Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein (Hrsg.): Luftqualität in Schleswig-Holstein. Jahresübersicht 2017. Oktober 2018, S. 18 (schleswig-holstein.de [PDF; abgerufen am 1. März 2019]).
- ↑ a b Kristian Blasel: DUH-Klage gegen Kiel liegt jetzt vor. 5. Dezember 2017, abgerufen am 1. März 2019.
- ↑ Kristian Blasel: In die Diesel-Klage kommt Bewegung. 29. November 2018, abgerufen am 1. März 2019.
- ↑ dpa: Günther bittet Merkel um Hilfe. 29. August 2017, abgerufen am 1. März 2019.
- ↑ Kristian Blasel: Kreuzfahrtdreck verschont Heuss-Ring. 12. September 2018, abgerufen am 1. März 2019.
- ↑ Michael Kluth: CDU-Fraktionschef fordert neuen Standort. 22. November 2018, abgerufen am 1. März 2019.
- ↑ Michael Kluth: Nachgemessen: Der Abstand stimmt. 12. Januar 2019, abgerufen am 1. März 2019.
- ↑ Kristian Blasel: Kiel will eine Spur für Diesel sperren. 18. Dezember 2018, abgerufen am 1. März 2019.
- ↑ Michael Kluth: Umwelthilfe: Kiels Konzept lächerlich. 18. Dezember 2018, abgerufen am 1. März 2019.
- ↑ Michael Kluth: Luftreinigungsgerät in Kiel aufgestellt. 6. Februar 2019, abgerufen am 1. März 2019.
- ↑ kn-online vom 8. April 2019
- ↑ Michael Kluth: Was kommt wann auf die Autofahrer zu? 6. März 2019, abgerufen am 12. März 2019.
- ↑ Michael Kluth: Stadtluftreiniger erfüllt seinen Zweck. 9. April 2019, abgerufen am 27. April 2019.
- ↑ Das müssen Sie über die Sperrung wissen. kn-online, 26. April 2019, abgerufen am 27. April 2019.
- ↑ SSW kritisiert Genehmigung der Demo. kn-online, 25. April 2019, abgerufen am 27. April 2019.
- ↑ Drei Stunden Blockade in Kiel. kn-online, 27. April 2019, abgerufen am 27. April 2019.
- ↑ Theodor-Heuss-Ring: Polizei löst Sitzblockade auf. ndr.de, 26. April 2019, abgerufen am 27. April 2019.
- ↑ Klima-Demo sorgt für Aufregung in Kiel: kein Verkehrschaos, dafür greift die Polizei durch. Abgerufen am 28. April 2019.
Koordinaten: 54° 18′ 14,4″ N, 10° 7′ 22,8″ O