Tiger (Schiff, 1959)

Leichter Kreuzer der britischen Royal Navy

HMS Tiger (C20) war einer der letzten konventionellen leichten Kreuzer der britischen Royal Navy, späteres Typenschiff der gleichnamigen Tiger-Klasse und wurde im Jahre 1945 vom Stapel gelassen. Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde der weitere Ausbau vorerst eingestellt und erst nach umfangreichen Änderungen 1959 abgeschlossen. In den frühen 1970er-Jahren wurde sie dann zu einem Lenkwaffen- und Hubschrauberkreuzer umgerüstet und verblieb in dieser Rolle bis 1978. Nach dem anschließenden Dienst in der Reserveflotte wurde sie 1986 endgültig ausgemustert.

HMS Tiger
HMS Tiger vor dem Umbau, 1963
HMS Tiger vor dem Umbau, 1963
Schiffsdaten
Flagge Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich
Schiffstyp Leichter Kreuzer
Klasse Tiger-Klasse
Bauwerft John Brown & Company, Clydebank
Baukosten 12,82 Mio. Pfund[1]
Bestellung 1942
Kiellegung 1. Oktober 1941
Stapellauf 25. Oktober 1945
Indienststellung 18. März 1959
Außerdienststellung 20. April 1978
Verbleib ab Oktober 1986 abgewrackt
Schiffsmaße und Besatzung
Länge 169,3 m (Lüa)
164,0 m (KWL)
Breite 20,0 m
Tiefgang (max.) 6,4 m
Verdrängung Standard: 9.550 tn.l.
maximal: 11.700 tn.l.
Nach dem Umbau:
Standard: 9.975 tn.l.
maximal: 12.080 tn.l.[2]
 
Besatzung 698 Mann
(885 nach dem Umbau)
Maschinenanlage
Maschine 4 Dampfkessel
4 Parsons-Getriebeturbinen
Maschinen­leistung 80.000 PS (58.840 kW)
Höchst­geschwindigkeit 31,5 kn (58 km/h)
Propeller 4
Bewaffnung

Nach dem Umbau:

Panzerung
  • Gürtel: 83–89 mm
  • Panzerquerschotte: 38–51 mm
  • Türme: 25–51 mm
  • Abdeckungen: 51 mm
    (Maschinenraum und Magazine)
Sensoren
  • Radare vom Typ 277Q, 903 (×5), 960, 992Q
  • Sonare vom Typ 174, 176 und 185

Nach dem Umbau:

  • Radare vom Typ 278, 903 (×4), 965M, 992Q
  • Sonare unverändert

Geschichte

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Der Bau der Tiger begann im Jahre 1941 auf der John Brown Werft in Clydebank, anfangs noch unter dem Namen Bellerophon als Teil der Minotaur-Klasse, die mit etwa 8800 Standardtonnen Verdrängung und einer Bewaffnung von 3×3 BL-6-Zoll-Geschützen die Schiffe der Crown Colony class ersetzen sollten. Der Bau stand von Beginn an unter einer niedrigen Priorität aufgrund der Kriegslage und den fehlenden Kapazitäten des Entwurfs zur U-Boot-Bekämpfung. Ebenso waren keine Torpedorohre vorgesehen und die Luftabwehrbewaffnung entsprach nicht mehr der wachsenden Bedrohungslage durch feindliche Flugzeuge. Unvollständig wurde das Schiff dann am 25. Oktober 1945 zu Wasser gelassen und von Lady Stansgate, der Frau des damaligen britischen Luftwaffenministers William Benn und Mutter des Politikers Tony Benn, auf den Namen Tiger getauft. 1946 wurde der weitere Ausbau dann vorläufig eingestellt und das Schiff in Dalmuir aufgelegt.[3]

1951 fällte dann die britische Regierung die Entscheidung, die unvollendeten Schiffe mit einem geänderten Design fertigzustellen. Hauptsächlich wurde die Hauptartillerie auf modernere, automatisiert nachladende QF-6-Zoll-(152-mm)-Geschütze mit Kaliberlänge 50 umgestellt. Diese wurden in zwei Drehtürmen mit je zwei Geschützen angeordnet. Für die Luftabwehr wurden 3×2 schnellfeuernde 76-mm-Maschinenkanonen der Kaliberlänge 70 mit 90–120 Schuss pro Minute verbaut. Zudem erhielt jeder Einzelturm ein MRS3-Feuerleitradar. In dieser Konfiguration wurde die Tiger das Typschiff der gleichnamigen Klasse von drei leichten Kreuzern und hatte eine Reichweite von 12.000 km bei 13 Knoten.[4]

Im März 1959 erfolgte die Übernahme durch die Navy und das Schiff wurde am 18. März 1959 offiziell in Dienst gestellt.[2]

Erste Einsätze

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HMS Tiger im April 1965.

Nach den ersten Erprobungsfahrten erfolgten repräsentative Fahrten nach Gdynia, Stockholm, Kiel und Antwerpen. Zum Ende des Jahres 1959 verlegte die Tiger ins Mittelmeer, um für ein Jahr als Flaggschiff der britischen Mittelmeerflotte zu dienen.

Im Betrieb zeigten sich sowohl bei der Hauptartillerie als auch bei der Flugabwehrbewaffnung Probleme bei längerer Feuerdauer.[5] Daher kam es Ende 1960 zu einem erneuten Werftaufenthalt.

Anschließend nahm das Schiff an der Operation „Far East“ im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen in Indonesien und Malaysia teil.

1965–1966 wurde die Tiger als Teil der Home Fleet zum Flaggschiff von Konteradmiral Michael Pollock. In dieser Zeit ereignete sich ein Unfall mit einem Leichtverletzten, bei dem während Materialtests versehentlich eine Übungsgranate in die Devonport Werft gefeuert wurde.[6] Im Oktober 1966 befand sich das Schiff in der Nähe von Cardiff, als es dort zur Katastrophe von Aberfan kam und die Besatzung wurde zur Unterstützung der Rettungsaktionen eingesetzt.[7]

Vom 2. bis 4. Dezember 1966 diente das Schiff, vor Gibraltar liegend, als Schauplatz der Verhandlungen über die Unabhängigkeit des Staates Rhodesien zwischen dem britischen Premierminister Harold Wilson und dem Führer der rhodesischen Unabhängigkeitsbewegung Ian Smith.[8][9] Anschließend wurde die Tiger am 18. Dezember des gleichen Jahres der Reserveflotte zugeteilt.[10]

Bereits mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde deutlich, dass es aufgrund der technischen Entwicklung in der Luftwaffen- und Raketentechnik keine Verwendung mehr für große, konventionelle Kriegsschiffe mit ausschließlicher Rohrbewaffnung gab. Daher wurde die Tiger nach Devonport verlegt und von 1968 bis 1972 zu einem „Hubschrauber- und Kommandokreuzer“ umgebaut. Dazu entfiel der achtere Geschützturm zu Gunsten eines Landedecks mit Hangars für vier Hubschrauber (anfangs Westland Wessex, später Westland Sea King). Die Schornsteine wurden überarbeitet und deutlich schmaler, ergänzt von neuen Abdeckungen und die Radarausrüstung wurde modernisiert.[2] Ebenso wurden umfangreiche Führungs- und Kommandoeinrichtungen installiert, um das Schiff in Zukunft als Flaggschiff für „Task-Groups“ nutzen zu können.

Um im Bezug auf die Luftabwehr der Zeit gerecht zu werden, wurden zwei Starter mit je vier Raketen vom Typ GWS 22 Seacat installiert.

Insgesamt erhöhte sich durch die Erweiterungen die Besatzung auf 885 Mann (85 Offiziere und 800 Mannschaftsgrade).[4] Sollte der Umbau ursprünglich nur £5 Millionen kosten und 18 Monate dauern, benötigten die Arbeiten letztendlich fast fünf Jahre und kosteten über £13 Millionen.[11]

Am 6. Mai 1972 wurde das Schiff wieder in Dienst gestellt[12] und verblieb lange genug als Teil der aktiven Flotte, um 1977 noch Teil der Flottenparade zu Ehren von Königin Elisabeths II. 25. Thronjubiläum zu werden.[13]

Verbleib

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HMS Tiger außer Dienst in Portsmouth 1980
 
HMS Tiger, identische Situation, Blick von vorn

1978 wurde die Tiger erneut der Reserve zugewiesen, nach Chatham verbracht und am 4. Mai 1979 gemeinsam mit ihrem Schwesterschiff Blake als „Standby Squadron“ stillgelegt.[14]

Als im April 1982 der Falklandkrieg ausbrach, wurden beide Schiffe umgehend überprüft und ein guter Zustand attestiert. Es folgte das Eindocken zur Vorbereitung der Wiederinbetriebnahme.

Entgegen ersten Spekulationen darüber, dass die 6-Zoll-Artillerie nutzvoll für die Bombardierung von Küstenlinien sein könnte, waren es tatsächlich die Flugdecks der Kreuzer, die für die zügige Indienststellung den Ausschlag gaben. Diese waren die drittgrößten der Royal Navy zum damaligen Zeitpunkt (nach den Trägern Hermes und Invincible) und hätten von Senkrechtstartern des Typs Harrier genutzt werden können.

Nach dem Verlust des Zerstörers Sheffield und der Versenkung des argentinischen Kreuzers General Belgrano überwogen jedoch die Zweifel bezüglich der Selbstverteidigungsfähigkeiten des Schiffes. Dies und der hohe Personalbedarf, verbunden mit dem Umstand der geringeren Waffen- und Treibstoffmenge eines ausschließlich senkrecht startenden Harriers, führte dann doch zum Stopp der Wiederherstellungsarbeiten, und das Schiff verblieb sich selbst überlassen bis Mitte 1986 an einer Ankerboje in Portsmouth vertäut.

Nachdem in den folgenden Jahren auch ein möglicher Verkauf an Chile nicht über das Verhandlungsstadium hinauskam, wurde die Tiger schließlich im Oktober 1986 nach Spanien geschleppt und verschrottet.[15]

Kommandanten

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Von Bis Kapitän[16]
März 1959 Juli 1959 Captain Richard E Washbourn DSO OBE RN
Juli 1959 April 1961 Captain Ronald E Hutchins RN
April 1961 März 1963 Captain William Wilberforce Graham RN
März 1963 März 1965 Captain Hardress L Lloyd DSC RN
März 1965 Dezember 1967 Captain Geoffrey J Kirkby RN
1968 1972 Umbau
August 1971 April 1973 Captain Dudley T Goodhugh RN
April 1973 August 1975 Captain Michael L Stacey RN
1975 1976 In Reserve
April 1976 Januar 1978 Captain Simon Cassels CBE RN
Januar 1978 Juni 1978 Captain George M K Brewer RN

Schwesterschiffe

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  • Blake, ehem. Tiger, Kiellegung 1942, Indienststellung 1961, Außerdienststellung 1979, Umbau analog der HMS 'Tiger'[17]
  • Lion, ehem. Defence, Kiellegung 1942, Indienststellung 1960, Außerdienststellung 1972, Kein Umbau, Ersatzteillager für Blake und Tiger[17]

Literatur

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  • J. J. Colledge, Ben Warlow: Ships of the Royal Navy. The Complete Record of all Fighting Ships of the Royal Navy. (Rev. ed.), Chatham Publishing, London 1969, 2006.
  • Robert Gardiner (Hrsg.): Conway’s All the World’s Fighting Ships 1922–1946. Conway Maritime Press, London 1980.
  • Robert Gardiner (Hrsg.): Conway’s All the World’s Fighting Ships 1947–1982. Conway Maritime Press, London 1983.
  • Jane’s Fighting Ships 1950–51. Janes Publishing, London 1950.
  • Alan Raven, John Roberts: British Cruisers of World War II. Arms and Armour Press, London 1980.
  • M. J. Whitley: Cruisers of World War Two: An Illustrated Encyclopedia. Arms and Armour Press, London 1995.
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Commons: HMS Tiger (C20) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Fußnoten

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  1. Navy Estimates, 1959–60. S. 230-1, List and particulars of new ships which have been accepted or are expected to be accepted into HM service during the Financial Year ended 31st March 1959.
  2. a b c Robert Gardiner (Hrsg.): Conway's All the World's Fighting Ships 1947–1995. Conway Maritime Press, 1995, ISBN 0-85177-605-1, S. 504.
  3. J. J. Colledge, Ben Warlow: Ships of the Royal Navy: The Complete Record of all Fighting Ships of the Royal Navy (Rev. ed.). (2006) [1969]. London: Chatham Publishing, ISBN 978-1-86176-281-8.
  4. a b John E. Moore: Jane's Fighting Ships 1975–76, Seite 349. Macdonald and Jane's & Co, 1975, ISBN 0-354-00519-7.
  5. House of Commons Debates, H.M.S. "Lion" and "Tiger" (Gun-Turrets and Control Gear). Oktober 1960, volume 627 para. 278-9W. Hansard, abgerufen am 31. Mai 2017.
  6. House of Commons Debates, H.M.S. "Tiger" (Firing Accident). volume 733 para. 2011-2. Hansard, 12. August 1966, abgerufen am 31. Mai 2017.
  7. David Jenkins: Shipping at Cardiff: Photographs from the Hansen Collection. University of Wales Press, Cardiff, ISBN 978-1-78316-322-9 (google.co.uk).
  8. Obituary, Ian Smith, Prime Minister of Rhodesia. Zimbabwe Today, 6. April 2017, abgerufen am 31. Mai 2017.
  9. Ian Smith: The Great Betrayal. Blake Publishing, 1997, ISBN 1-85782-176-9, S. 127–131.
  10. Last Log ADM 53/166530. National Archives catalogue, abgerufen am 9. März 2020.
  11. House of Commons debates, Public Accounts Committee (Reports), volume 847 para. 1735–1737. Hansard, abgerufen am 10. März 2020.
  12. Out of routine at HM Dockyard, Devonport. National Archives catalogue, abgerufen am 9. März 2020.
  13. Official Souvenir Programme, 1977. Silver Jubilee Fleet Review, HMSO
  14. House of Commons Debates, HMS Tiger, vom 12 November 1997, volume 300 para. 581-2W. Hansard, abgerufen am 10. März 2020.
  15. House of Commons Debates, HMS Tiger, vom 30. Juni 1986, volume 100 para. 441W. Hansard, abgerufen am 11. März 2020.
  16. British Armed Forces (1860–), Royal Navy – Captains Commanding Warships. Abgerufen am 9. März 2020.
  17. a b Robert Conway: All the World's Fighting Ships 1947–1995, Seite 504. Conway Maritime Press, 1995, ISBN 0-85177-605-1.