Tosefta
Die Tosefta (aramäisch תוספתא), „Hinzufügen“, „Ergänzen“, ist ein Sammelwerk mündlicher Überlieferungen und Traditionen des Judentums aus rabbinischer Zeit (ursprünglich der halachischen Zeit). Sie stellt in vielen Fällen eine Ergänzung der Mischna, der Hauptsammlung, dar und entstand neben bzw. kurz nach dieser. Später wurde sie auch Gegenstand der Baraita.
Das Substantiv tosefta stammt vom Verb jasaf / יסף (Kausativstamm „hinzufügen, ergänzen“) und bedeutet so viel wie Ergänzung, Hinzufügung.
Verfasser
BearbeitenAls eigentlichen Verfasser bezeichnet Scherira Gaon (ISG L. 34) R. Chija bar Abba I., einen Freund und Schüler Rabbis (Jehuda ha-Nasi). Dieselbe Meinung vertreten Raschi (bBM 85b) und Maimonides (im Vorwort zu Mischne Tora und Qāfiḥ 33 f).
Aufbau
BearbeitenDie Tosefta entspricht im Aufbau den 6 Ordnungen der Mischna. Nur die Traktate Avot, Tamid, Middot und Qinnim haben keine Entsprechung und der Traktat Kelim ist in drei „Pforten“ unterteilt. Im Umfang ist die Tosefta etwa sechzig Prozent umfangreicher als die Mischna.
Handschriften
Bearbeiten- Handschrift Erfurt (älteste Handschrift, unvollständig, nur die ersten vier Ordnungen, 222 Blatt aus dem 12. Jahrhundert)
- Handschrift Wien im Katalog Schwarz Nr. 46 (einzige fast vollständige Handschrift, es fehlen nur wenige Blätter)
- Handschrift London (nur Seder Mo'ed und Traktat Chullin)
Textausgaben
Bearbeiten- Erstdruck: Venedig 1521f.
- Mose Samuel Zuckermandel: Tosefta, Mischna und Boraitha (kritische Tosefta-Ausgabe), Pasewalk 1880; Nachdrucke Jerusalem 1937 und 1970.
- ders., Supplement mit Übersicht, Register und Glossar, Trier 1882.
- Saul Lieberman: Tosefet Rishonim, 4 Bände, Jerusalem 1937–1939 [Sammlung von Textzeugen mittelalterlicher Autoren, der wegen der schlechten handschriftlichen Überlieferung der Tosefta eine besondere Bedeutung zukommt].
- Saul Lieberman: The Tosefta, according to cod. Vienna, with variants from cod. Erfurt, Genizah mss and ed. princeps (Venice 1521). New York 1955–1973 (4 Bände) / Tosefta Ki-Fshutah. A Comprehensive Commentary on the Tosefta, 8 Bände und Ergänzungsband zu Moed, New York 1955–1973 (hebräisch) [der bis heute wichtigste Tosefta-Kommentar].
- Jacob Neusner: The Tosefta. Translated from the Hebrew, 6 Bände, New York 1977–1981.
- Karl Heinrich Rengstorf (Hg.): Rabbinische Texte. Erste Reihe: Die Tosefta. Stuttgart 1953ff.
Literatur
Bearbeiten- M. S. Zuckermandel: Tosefta, Mischna und Boraitha in ihrem Verhältnis zueinander. Band 1–2. J. Kauffmann, Frankfurt am Main 1908–1909, (Supplement 1910).
- Arthur Spanier: Die Toseftaperiode in der tannaitischen Literatur. Schwetschke, Berlin 1922, (Veröffentlichungen der Akademie für Wissenschaft des Judentums – Talmudische Sektion 1, ZDB-ID 2033660-3).
- Samuel Rosenblatt: The Interpretation of the Bible in the Tosefta. Dropsie University, Philadelphia PA 1974, (The Jewish quarterly review 4, ISSN 0021-6682).
- Günter Stemberger: Einleitung in Talmud und Midrasch. 8. neubearbeitete Auflage. Beck, München 1992, ISBN 3-406-36695-3, (Beck-Studium), S. 153–166.
- Michael Tilly: Art. Tosefta, in: Theologische Realenzyklopädie. Bd. 33 Technik – Transzendenz, Berlin, New York 2002, ISBN 3-11-017132-5, S. 680–683.
- Robert Brody: Mishnah and Tosefta Studies. Magness Press, Jerusalem 2014. ISBN 978-965-493-768-9
- Lutz Doering, Daniel Schumann (Hrsg.): »Tosefta Studies: Manuscripts, Traditions, and Topics« (= Münsteraner Judaistische Studien. Band 27), Lit Verlag, Münster 2021, ISBN 978-3-643-91370-8.