Die Totenmaske des Tutanchamun ist eine goldene Totenmaske des altägyptischen Pharaos Tutanchamun (reg. 1334–1325 v. Chr. in der 18. Dynastie). Nachdem sie über 3000 Jahre lang begraben war, wurde von Howard Carter im Jahr 1925 im Grab KV62 im Tal der Könige entdeckt. Seit 1925 wird sie im Ägyptischen Museum von Kairo ausgestellt. Die Totenmaske ist eines der bekanntesten Kunstwerke der Welt und ein herausragendes Symbol des alten Ägypten.

Maske des Tutanchamun

Sie trägt das Abbild von Osiris, dem ägyptischen Totengott, ist 54 cm groß, wiegt über 10 Kilogramm und ist mit Halbedelsteinen verziert. Auf den Schultern der Maske ist ein alter Zauberspruch aus dem Buch der Toten in Hieroglyphen eingraviert. Die Maske musste 2015 restauriert werden, nachdem ihr 2,5 Kilogramm schwerer geflochtener Bart abgefallen war und von Museumsmitarbeitern hastig wieder angeklebt worden war.

Laut dem Ägyptologen Nicholas Reeves ist die Maske „nicht nur das Inbild aus dem Grab von Tutanchamun, sondern vielleicht das bekannteste Objekt aus dem alten Ägypten selbst“.[1] Seit 2001 haben einige Ägyptologen die These vertreten, dass die Maske ursprünglich für Königin Neferneferu-Aton bestimmt war.[2]

Entdeckung

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Die Grabkammer des Tutanchamun wurde 1922 in der Nekropole von Theben im Tal der Könige gefunden und 1923 geöffnet.[3] Es sollte noch zwei Jahre dauern, bis das Ausgrabungsteam unter der Leitung des englischen Archäologen Howard Carter den schweren Sarkophag mit Tutanchamuns Mumie öffnen konnte. Am 28. Oktober 1925 öffneten sie den innersten von drei Särgen und entdeckten die Goldmaske, die zum ersten Mal seit etwa 3250 Jahren wieder zu sehen war. Carter schrieb in sein Tagebuch:

Die Nägel wurden entfernt und der Deckel angehoben. Es wurde enthüllt – eine sehr ordentlich eingewickelte Mumie des jungen Königs mit einer goldenen Maske von traurigem, aber ruhigem Ausdruck, die Osiris symbolisiert ... die Maske trägt die Attribute dieses Gottes, aber das Abbild ist das von Tutanchamun – friedlich und schön, mit den gleichen Gesichtszügen, die wir auf seinen Statuen und Särgen finden. Die Maske war leicht nach hinten gefallen, sodass ihr Blick direkt zum Himmel gerichtet war.[4]

Im Dezember 1925 wurde die Maske aus dem Grab entfernt, in eine Kiste gelegt und 625 Kilometer weit zum Ägyptischen Museum in Kairo transportiert, wo sie im Mai 2024 öffentlich ausgestellt ist. Die Maske soll in Zukunft in das Große Ägyptische Museum im benachbarten Gizeh gebracht werden, aber ein Datum für den Umzug steht noch nicht fest.

Beschreibung

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Die Maske ist 54 cm hoch, 39,3 cm breit und 49 cm tief. Sie besteht aus zwei Schichten hochkarätigem Gold mit einer Dicke von 1,5 bis 3 mm und einem Gewicht von 10,23 kg.[5] Eine 2007 durchgeführte Röntgenkristallographie ergab, dass die Maske hauptsächlich aus 23-karätigem Gold besteht, das mit Kupfer legiert ist, um die Kaltumformung zu erleichtern, mit der die Maske geformt wurde. Die Oberfläche der Maske ist mit einer sehr dünnen Schicht (ca. 30 Nanometer) aus zwei verschiedenen Goldlegierungen überzogen: eine hellere 18,4-Karat-Schattierung für Gesicht und Hals und 22,5-Karat-Gold für den Rest der Maske.[6]

Das Gesicht stellt das Standardbild des Pharaos dar, und dasselbe Bild wurde von Ausgräbern an anderer Stelle im Grab gefunden, insbesondere in den Wächterstatuen. Er trägt ein Nemes-Kopftuch, das von den königlichen Insignien einer Kobra (Wadjet) und eines Geiers (Nekhbet) gekrönt wird, die Tutanchamuns Herrschaft über Unterägypten bzw. Oberägypten symbolisieren. Die Ohren sind durchbohrt, um Ohrringe zu tragen, ein Merkmal, das in fast allen erhaltenen altägyptischen Kunstwerken anscheinend Königinnen und Kindern vorbehalten war.[7]

Die Maske ist mit farbigem Glas und Edelsteinen verziert, darunter Lapislazuli (Augenumrandung und Augenbrauen), Quarz (Augen), Obsidian (Pupillen), Karneol, Amazonit, Türkis und Fayence.[8][6]

Als das Grab 1925 entdeckt wurde, war der 2,5 kg schwere[9] schmale Goldbart mit blauem Glas eingelegt.[6][10]

Im August 2014 fiel der Bart im Ägyptischen Museum ab, als die Maske zum Reinigen aus der Vitrine genommen wurde. Die verantwortlichen Mitarbeiter des Museums versuchten, den Bart mit schnell trocknendem Epoxidharz zu reparieren, wodurch er nicht mehr mittig saß. Der Schaden wurde im Januar 2015 bemerkt und von einem deutsch-ägyptischen Team repariert, das ihn mit Bienenwachs, einem natürlichen Material, das von den alten Ägyptern verwendet wurde, wieder anbrachte.[11]

Im Januar 2016 wurde bekannt, dass acht Mitarbeiter des Ägyptischen Museums mit einer Geldstrafe belegt und disziplinarisch belangt wurden, weil sie angeblich wissenschaftliche und professionelle Restaurierungsmethoden ignoriert und die Maske dauerhaft beschädigt haben. Ein ehemaliger Direktor des Museums und ein ehemaliger Restaurierungsleiter waren unter denjenigen, die sanktioniert wurden.[12]

Inschrift

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Rücken der Maske

Auf dem Rücken und den Schultern ist ein Schutzzauberspruch mit ägyptischen Hieroglyphen in zehn vertikalen und zwei horizontalen Linien eingraviert.[13] Der Zauberspruch tauchte erstmals 500 Jahre vor Tutanchamun auf Masken im Mittleren Reich auf und wurde in Kapitel 151 des Buches der Toten verwendet. Er nimmt auf Osiris und weitere altägyptische Gottheiten Bezug.[14]

Osiris war der ägyptische Gott des Jenseits. Die alten Ägypter glaubten, dass Könige, die in der Gestalt von Osiris erhalten blieben, das Reich der Toten regieren würden. Dieser Glaube ersetzte den älteren Sonnenkult, in dem tote Könige als der Sonnengott Re wiederbelebt wurden, dessen Körper aus Gold und Lapislazuli bestand, nie vollständig. Diese Verschmelzung alter und neuer Glaubensvorstellungen führte zu einer Mischung aus Emblemen in Tutanchamuns Sarkophag und Grab.[15]

Perlenkette

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Obwohl sie normalerweise abgenommen wird, wenn die Maske ausgestellt wird, gehört zu ihr eine dreifache Kette aus goldenen und blauen Fayence-Scheibenperlen mit Lotusblüten-Endstücken und Uräus-Verschlüssen.[16]

Theorien über die Verwendung der Maske

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Es wurde angenommen, dass mehrere der Gegenstände in Tutanchamuns Grab für ihn angepasst wurden, nachdem sie ursprünglich für einen von zwei Pharaonen angefertigt worden waren, deren kurze Regierungszeiten seiner vorausgingen: Neferneferu-Aton, bei der es sich wahrscheinlich um Nofretete handelte, und Smenkhkare. Der Ägyptologe Nicholas Reeves argumentiert, dass die Maske eines dieser Objekte war. Er sagt, dass die durchstochenen Ohren darauf hindeuten, dass die Maske für eine Pharaonin bestimmt war, welche Neferneferu-Aton gewesen sein soll; dass die leicht unterschiedliche Zusammensetzung der darunter liegenden Legierung des Gesichts (23,2 Karat) darauf hindeutet, dass sie unabhängig vom Rest der Maske (Legierung mit 23,5 Karat) hergestellt wurde; und dass die Kartuschen auf der Maske Anzeichen dafür aufweisen, dass der Name von Neferneferu-Aton in den von Tutanchamun geändert wurde. Reeves argumentiert, dass das Nemes-Kopftuch, der Kragen und die Ohren der Maske für Neferneferu-Aton angefertigt wurden, das Gesicht jedoch, das als separates Metallstück gefertigt wurde und mit anderen Darstellungen von Tutanchamun übereinstimmt, später hinzugefügt wurde und ein ursprüngliches Gesicht ersetzte, das Neferneferu-Aton darstellte.[17] Christian Eckmann, ein Experte für Metallkonservierung, der die Restaurierung im Jahr 2015 durchführte, sagte jedoch, dass es keine Anzeichen dafür gibt, dass das Gesicht aus einem anderen Gold besteht als der Rest der Maske oder dass die Kartuschen verändert wurden.[18]

Weitere pharaonische Totenmasken

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Die Totenmaske des Tutanchamun ist zwar die berühmteste Totenmaske des alten Ägypten, aber es wurden auch einige andere Totenmasken gefunden, die nicht von Grabräubern zerstört wurden. Die Totenmasken von Den, Hor Awibre, Psusennes I, Amenemope und Schoschenq II wurden unversehrt gefunden. Außerdem wurde die Gipsform der Totenmaske von Teti in seiner geplünderten Pyramide gefunden.

Siehe auch

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Literatur

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  • Nicholas Reeves: Tutankhamun's Mask Reconsidered. In: Adela Oppenheim, Ogden Goelet (Hrsg.): Bulletin of the Egyptological Seminar. Band 19. Egyptological Seminar of New York, New York (NY) 2015, ISBN 978-0-9816120-2-7 (englisch, academia.edu).
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Einzelnachweise

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  1. N. Reeves: Tutankhamun's Mask Reconsidered. New York (NY) 2015, S. 522.
  2. Marianne Eaton-Krauss: The Unknown Tutankhamun. Bloomsbury Academic, London 2015, ISBN 978-1-4725-7561-6, S. 111 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. Wie der Fund im Tal der Könige einen Fotopionier zur Legende machte. 1. Oktober 2020, abgerufen am 27. September 2024.
  4. Howard Carter's excavation diaries (transcripts and scans). In: The Griffith Institute. University of Oxford, archiviert vom Original am 14. Oktober 2016; abgerufen am 10. April 2016 (englisch).
  5. N. Reeves: Tutankhamun's Mask Reconsidered. New York (NY) 2015, S. 51.
  6. a b c M. Uda, A. Ishizaki, M. Baba: Quest for the Dreams of the Pharaohs: Studies in Honour of Sakuji Yoshimura. Hrsg.: Ministry of State for Antiquities. Kondo, Cairo 2014, Tutankhamun's Golden Mask and Throne, S. 149–177 (englisch, academia.edu [abgerufen am 12. Oktober 2021]).
  7. Jamie Seidel: Tutankhamun’s mask: Evidence of an erased name points to the fate of heretic queen Nefertiti. In: news.com.aus. Abgerufen im September 2024 (englisch).
  8. Alessandro Bongioanni, Maria Sole Croce: The Treasures of Ancient Egypt from the Egyptian Museum in Cairo. Rizzoli, New York 2003, ISBN 0-7893-0986-6, S. 310 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  9. Nevine El-Aref: Interview with German conservator Christian Eckmann. Ahram Online, 22. Oktober 2015, archiviert vom Original am 22. Dezember 2015; abgerufen am 18. Dezember 2015 (englisch).
  10. Does King Tut have a new barber? In: Dr Zahi Hawass. Laboratoriorosso, 22. Februar 2015, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 7. Oktober 2016; abgerufen am 18. Dezember 2015.
  11. Liam Stack: Repaired King Tut mask back on display in Egypt. The New York Times, 16. Dezember 2015, archiviert vom Original am 18. Dezember 2015; abgerufen am 16. Dezember 2015.
  12. 8 employees referred to trial over damage to Tutankhamun mask. Daily News Egypt, 23. Januar 2016, archiviert vom Original am 24. Januar 2016; abgerufen am 24. Januar 2016.
  13. N. Reeves: Tutankhamun's Mask Reconsidered New York (NY) 2015, S. 513.
  14. Tut exhibit: Gold death mask of Tutankhamun. Tour Egypt, archiviert vom Original am 16. Oktober 2021; abgerufen am 19. Dezember 2015.
  15. Trustees of the British Museum (Hrsg.): Treasures of Tutankhamun. Thames & Hudson, London 1972, ISBN 0-7230-0070-0, S. 154–156 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  16. N. Reeves: Tutankhamun's Mask Reconsidered. New York (NY) 2015, S. 514.
  17. James Seidel: Tutankhamun's mask: Evidence of an erased name points to the fate of heretic Queen Nefertiti. In: News.com.au. News Corp Australia, 26. November 2015, archiviert vom Original am 22. Juni 2019; abgerufen am 28. November 2015.
  18. Dennis C. Forbes: Tombs. Treasures. Mummies : seven great discoveries of Egyptian archaeology in five volumes. Band 4: The tomb of Tutankhamen (KV62). Revised & updated edition, KMT Communications / LLC, Weaverville (North Carolina) 2018, ISBN 978-1-9814-2338-5, S. 363.