Das Treuhandgesetz ist ein von der Volkskammer erlassenes Gesetz, um volkseigenes Vermögen zu privatisieren.

Basisdaten
Titel: Gesetz zur Privatisierung und Reorganisation des volkseigenen Vermögens
Kurztitel: Treuhandgesetz
Abkürzung: TreuhG
Art: Gesetz der DDR
Geltungsbereich: Deutsche Demokratische Republik; Bundesrepublik Deutschland (seit 3. Oktober 1990)
Rechtsmaterie: Wirtschaftsrecht
Fundstellennachweis: IV-0
Erlassen am: 17. Juni 1990
(Gesetzbl. der DDR 1990 Teil I S. 300)
Inkrafttreten am: 1. Juli 1990
Letzte Änderung durch: Art. 590 VO vom 31. August 2015
(BGBl. I S. 1474, 1559)
Inkrafttreten der
letzten Änderung:
8. September 2015
(Art. 627 VO vom 31. August 2015)
Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten.

Mit Inkrafttreten der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion am 1. Juli 1990 erhielt die Treuhandanstalt die Aufgabe, volkseigenes Vermögen nach den Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft zu privatisieren und zu verwerten.

Die Ziele des Gesetzes sind in der Präambel zusammengefasst:[1]

  • Möglichst schnelle und weite Reduktion der unternehmerischen Tätigkeit des Staates
  • Herstellung der Wettbewerbsfähigkeit möglichst vieler Unternehmen bei gleichzeitiger Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen
  • Bereitstellung von Grund und Boden für wirtschaftliche Zwecke
  • Nutzung des volkseigenen Vermögens für wirtschaftliche Strukturanpassungen und Sanierung des Staatshaushalts
  • Einräumung eines Anteilsrechts am eventuell verbleibenden volkseigenen Vermögen für Bürgerinnen und Bürger der DDR nach Abzug der Anpassungs- und Sanierungskosten.

Geschichte

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Mit dem Treuhandgesetz regelte die aus der Volkskammerwahl am 18. März 1990 hervorgegangene Regierung de Maizière die Überführung der Volkseigenen Betriebe der DDR in Privateigentum durch die Treuhandanstalt. Die „Anstalt zur treuhänderischen Verwaltung des Volkseigentums“ war bereits am 1. März 1990 von der damaligen Regierung Modrow errichtet worden.[2] Sie sollte das Volkseigentum wahren und treuhänderisch verwalten.[1]

Die neue Anstalt öffentlichen Rechts nach dem Treuhandgesetz konstituierte sich am 16. Juli 1990 und übernahm von der „Anstalt zur treuhänderischen Verwaltung des Volkseigentums“ als neuer Eigentümer zum Stichtag 1. Juli 1990 die etwa 8.500 ehemals volkseigenen Betriebe des Registers der volkseigenen Wirtschaft, die aufgrund des Statuts vom 1. März 1990 in Treuhandverwaltung überführt worden waren.[2]

Das Treuhandgesetz hob das alte Statut auf, das die Anstalt noch der Volkskammer unterstellte und nicht zu Eingriffen in die Geschäftsführung ermächtigte. Es unterstellte auf der Grundlage des am 18. Mai 1990 von der neuen Regierung geschlossenen Staatsvertrages zur Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion die neue Anstalt zunächst dem Ministerrat der DDR und mit dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland am 3. Oktober 1990 dem Bundesfinanzministerium. Es ermächtigte nun auch zu weitgehenden Eingriffen in die Geschäftsführung der Unternehmen.[2]

Gem. Art. 25 des Einigungsvertrags von 1990 gilt es als Bundesrecht fort. Durch das Vermögenszuordnungsgesetz von März 1991 wurde es modifiziert.

Entwürfe zur Reform des TreuhG der Gruppe PDS/Linke Liste[3] und der Gruppe Bündnis 90/Die Grünen[4] von Mai und Juni 1991 lehnte der Deutsche Bundestag ab.[5][6]

Nachdem der Privatisierungsauftrag weitgehend erfüllt worden war, wurde die Organisations- und Finanzierungsstruktur der Treuhand im Gesetz zur abschließenden Erfüllung der verbliebenen Aufgaben der Treuhandanstalt vom 9. August 1994 entsprechend angepasst und die Treuhandanstalt in Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) umbenannt.[7]

Als auch die BvS ihren Privatisierungsauftrag erledigt hatte, wurde die Anstalt auf ein Abwicklungsvermögen reduziert.[8] Mit Wirkung vom 1. Juli 2008 wurde die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben in Bonn zur Abwicklerin der BvS bestellt.[9]

Durchführungsverordnungen zum Treuhandgesetz

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Der Ministerrat der DDR erließ innerhalb weniger Wochen fünf Durchführungsverordnungen zum Treuhandgesetz vom 17. Juni 1990:

TreuhGDV Fundstelle Regelungsbereich
Erste DVO vom 15. August 1990 GBl. DDR 1990 I S. 1076 Treuhand-Aktiengesellschaften
Zweite DVO vom 22. August 1990 GBl. DDR 1990 I S. 1260 Privatisierung ausgesonderten Militärvermögens
Dritte DVO vom 29. August 1990 GBl. DDR 1990 I S. 1333 Volkseigenes Vermögen der Land- und Forstwirtschaft
Vierte DVO vom 12. September 1990 GBl. DDR 1990 I S. 1465 MfS-Vermögen (Ministerium für Staatssicherheit)
Fünfte DVO vom 12. September 1990 GBl. DDR 1990 I S. 1466 Von Wirtschaftseinheiten genutzte Grundstücke

Literatur

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  • Robert Weimar: Treuhandgesetz. Kommentar. Kohlhammer, Stuttgart 1993.
  • Angelika Paarsch: Die Restrukturierung der nach dem Treuhandgesetz vom 17. Juni 1990 in den fünf neuen Bundesländern neu geschaffenen Kapitalgesellschaften. Eine kritische Analyse anhand vergleichbarer Gründungsvorgänge in den alten Bundesländern. Verlag Josef Eul, Bergisch Gladbach-Köln, 1993.
  • Gunther Piefke: Umwandlung und Vermögensübergang nach Umwandlungsverordnung, Treuhandgesetz und Unternehmensgesetz. Peter Lang Verlag, Frankfurt/M., Berlin, Bern, Brüssel, New York, Oxford, Wien, 2002.
  • Claudia Danker: Privatisierung versus Rekommunalisierung: die Treuhandanstalt/BvS im Pflichtenkonflikt bei der Vermögensaufteilung ehemals volkseigener Wirtschaftsbetriebe. Berlin: Duncker und Humblot, 2002. Zugl.: Halle, Univ., Diss., 2000. ISBN 3-428-10279-7.
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Einzelnachweise

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  1. a b Treuhandgesetz und Treuhandanstalt. Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, abgerufen am 29. Mai 2024.
  2. a b c Die Aufgaben der Treuhandanstalt: Von der Planwirtschaft zur Marktwirtschaft. Deutsches Rundfunkarchiv, 23. Juni 2009, abgerufen am 10. Oktober 2013.
  3. BT-Drs. 12/552
  4. BT-Drs. 12/735
  5. Gesetz zur Reorganisation und Verwertung des ehemaligen volkseigenen Vermögens (Treuhandgesetz). DIP, abgerufen am 29. Mai 2024.
  6. Gesetz zur Förderung der Sanierung und Reorganisation des Treuhandvermögens (Treuhandgesetz). DIP, abgerufen am 29. Mai 2024.
  7. BGBl. I S. 2062
  8. Gesetz zur Abwicklung der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben vom 28. Oktober 2002, BGBl. I S. 2081
  9. Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS). Website, abgerufen am 29. Mai 2024.