Die Turm-und-Palisaden-Siedlung (hebräisch חומה ומגדל Chomá uMigdál, ‚Mauer und Turm‘; oder englisch Stockade and Tower) war eine befestigte Stellung mit Wachturm der Hagana in Palästina in der Zeit des Arabischen Aufstandes Ende der 1930er Jahre. Als Erfinder des Konzepts gilt Schlomo Gur,[1] der Architekt Yohanan Ratner[1] entwickelte es weiter, der politische Verantwortliche war Mosche Scharet.[2] Zwischen 1936 und 1939 entstanden 57[1] solche Anlagen. Laut dem Historiker Tom Segev wurden sie unter Nutzung eines gesetzlichen Schlupflochs aus osmanischer Zeit „semilegal“[2] errichtet. Die Anlagen wurden später zu Kibbuzim oder Moschavim und zu israelischen Gemeinden. Die Wahl der Stellungen bestimmte häufig die Grüne Linie von 1948.[1]

Die Turm-und-Palisadensiedlung Negba (2005)

Geschichtlicher Kontext

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Chanita (1938)

In den 1930er Jahren kam es in Palästina während des britischen Mandats zunehmend zu Spannungen zwischen den einheimischen Arabern und der jüdischen Bevölkerung, die durch die Einwanderung kontinuierlich anwuchs. Diese Situation verschärfte sich vor allem seit der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland 1933. Die arabische Bevölkerung wehrte sich gegen die Zuwanderung und weitere jüdische Besiedlung des Landes. Verhindert werden sollte auch, dass auf bereits vom Jüdischen Nationalfonds[1] gekauften Land weitere jüdische Siedlungen entstehen.

Aus einem Generalstreik im Jahr 1936 entwickelte sich in dieser angespannten Stimmung der Arabische Aufstand. Es kam zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Bevölkerungsgruppen und zwischen den Briten und arabischen Aufständischen, alle Seiten hatten Verletzte und Tote zu beklagen. Auch Überfälle bewaffneter arabischer Einheiten auf isolierte landwirtschaftliche Siedlungen kamen vor. Um einerseits die Zahl der Siedler in von Juden dünn besiedelten Gegenden zu erhöhen und zum anderen den Verlust grenznaher und umstrittener Gebiete zu verhindern, beschlossen die jüdischen Organisationen die Gründung weiterer Stellungen in durchgehender[1] Positionierung auf topografisch übersichtlichem Gelände.

Die erste Turm-und-Palisaden-Siedlung war Kfar Chittim, die zweite (3 Tage später) Tel Amal (heute: Nir David[1]), das am 10. Dezember 1936 wenige Kilometer westlich von Bet Sche’an entstand. Die letzte Turm-und-Palisaden-Siedlung dieser Periode war Amir in der Huleebene, das im Oktober 1939 gegründet wurde. Bis zur Staatsgründung Israels entstanden nach einem ähnlichen Prinzip weitere solche Orte. Sie wurden verschiedentlich das Ziel abgewehrter Angriffe.

Eine Rekonstruktion der Siedlung Tel Amal ist im Nationalpark Gan haSchloscha zu besichtigen.

Bauweise

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Tel Amal bzw. Nir David (1945)

Bei einer Siedlungsgründung mussten die Siedler von Beginn an mit arabischen Angriffen rechnen. Daher mussten die Siedlungen schnell zu bauen und von Anfang an gut zu verteidigen sein. Alle benötigten Teile des neuen Ortes wurden deshalb aus Holz vorgefertigt.[1] Am Bestimmungsort wurden die Teile von den Siedlern innerhalb weniger Stunden zusammengefügt und mit Stacheldraht umgeben. 40[1] Personen fanden darin Platz. Innerhalb eines Tages konnten so eine doppelwandige Holzpalisade mit Kiesfüllung und einige Hütten aufgebaut sowie ein vorgefertigter Wachturm aufgestellt werden. Die umbaute Fläche umfasste über 1 Dunam (=1000 Quadratmeter). Ab der ersten Nacht ließ sich die neue Siedlung gut verteidigen.

Verbreitung

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Auffällig ist eine deutliche Häufung von Turm-und-Palisaden-Siedlungen in zwei Nord-Süd-Streifen. Über 90 % der Siedlungen befinden sich in einem 15 Kilometer breiten Streifen entlang der Mittelmeerküste oder im Bereich des Jordangrabens. Allein 10 Siedlungen befinden sich in der Gegend um Bet Sche’an; Ende der 1930er Jahre bestand noch eine große Wahrscheinlichkeit, dass dieses Gebiet der arabischen Seite zugeschlagen werden würde.

Name Gründung Bemerkung
Kfar Hittim 7. Dezember 1936
Tel Amal 10. Dezember 1936 Heißt jetzt Nir David
Sde Nahum 5. Januar 1937
Sha’ar HaGolan 31. Januar 1937
Masada 31. Januar 1937
Ginnossar 25. Februar 1937
Bejit Josef 9. April 1937
Mishmar HaShlosha 13. April 1937
Tirat Tzvi 30. Juni 1937
Bnei Brit 4. Juli 1937 Heißt jetzt Moledet
En haSchofet 5. Juli 1937
Ein Gev 6. Juli 1937
Maoz Haim 6. Juli 1937
Kfar Menachem 27. Juli 1937
Chafetz Chaim 15. August 1937
Tzur Moshe 13. September 1937
Usha 7. November 1937
Chanita 21. März 1938
Shavei Tzion 13. April 1938
Sde Warburg 17. Mai 1938
Ramat Hadar 26. Mai 1938
Alonim 26. Juni 1938
Ma’ale HaHamisha 17. Juli 1938
Tel Yitzhak 25. Juli 1938
Beit Yehoshua 17. August 1938
Ein HaMifratz 25. August 1938
Ma’ayan Tzvi 30. August 1938
Sharona 16. November 1938
Geulim 17. November 1938
Eilon 24. November 1938
Neve Eitan 25. November 1938
Kfar Ruppin 25. November 1938
Kfar Masaryk 29. November 1938
Mesilot 22. Dezember 1938
Dalja 2. Mai 1939
Dafna 3. Mai 1939
Dan 4. Mai 1939
Sde Eliyahu 8. Mai 1939
Mahanayim 23. Mai 1939
Shadmot Dvora 23. Mai 1939
Shorashim 23. Mai 1939
Hazore’im 23. Mai 1939
Tel Tzur 23. Mai 1939
Kfar Glikson 23. Mai 1939
Ma’apilim 23. Mai 1939
Mishmar HaYam 28. Mai 1939 Heißt jetzt Afek
Hamadiyah 23. Juni 1939
Kfar Netter 26. Juni 1939
Negba 12. Juli 1939
Gescher 13. August 1939
Beit Oren 1. Oktober 1939
Amir 29. Oktober 1939
Kfar Szold 13. November 1942
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Commons: Turm-und-Palisaden-Siedlung – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b c d e f g h i Sharon Rotbard: White City Black City – Architecture and War in Tel Aviv and Jaffa. Pluto Press, London 2015, ISBN 978-0-7453-3511-7, S. 93 (hebräischsprachige Originalausgabe bei Babel, Tel Aviv 2005; übersetzt von Orit Gat).
  2. a b Tom Segev: David Ben Gurion – Ein Staat um jeden Preis. Siedler Verlag (Random House), München 2018, ISBN 978-3-8275-0020-5, S. 285 (übersetzt von Ruth Achlama).