Umsatzsteuer (Deutschland)

Überblick über die Umsatzsteuer in der Bundesrepublik Deutschland

Die Umsatzsteuer (USt) in Deutschland (auch Mehrwertsteuer (MwSt) genannt) ist eine Gemeinschaftsteuer, Verkehrsteuer und indirekte Steuer. Das Grundgesetz sieht die Einfuhrumsatzsteuer als Verbrauchsteuer, die Umsatzsteuer jedoch auch als Verkehrsteuer. Wirtschaftlich ist sie eine Mehrwertsteuer, da sie im Ergebnis nur den Unterschied zwischen dem Entgelt für eine vom Unternehmer erbrachte Leistung (Lieferung oder sonstige Leistung) und den Entgelten für die durch andere Unternehmer erbrachten Vorleistungen besteuert. Dieses Steuersystem wird auch als „Allphasen-Nettosystem mit Vorsteuerabzug“ bezeichnet. Zu welchen Anteilen der leistende Unternehmer oder der Leistungsempfänger mit der Umsatzsteuer belastet wird, hängt von den jeweiligen Preiselastizitäten ab.[1]

Der Regelsteuersatz beträgt 19 Prozent. Bestimmte Leistungen werden gemäß § 12 Abs. 2 UStG mit einem ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent besteuert oder sind nach § 4 UStG steuerbefreit. Der Regelsteuersatz von 19 Prozent gilt seit dem 1. Januar 2007, der ermäßigte Steuersatz von 7 Prozent seit dem 1. Juli 1983.[2] Im Zuge der Coronakrise wurde eine vorübergehende Absenkung der Umsatzsteuer beschlossen. In Ergänzung gibt es in § 24 UStG Durchschnittssätze für land- und forstwirtschaftliche Betriebe, deren Steuersatz 5,5 % bzw. 9,0 % betragen kann.

Rechtsgrundlagen der Umsatzsteuer

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Die Rechtsgrundlagen für die USt finden sich in

  • den Umsatzsteuer-Richtlinien (6., 8., 10., 13. u. 18.) der Europäischen Union[3] und der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie 112/2006/EG,[4]
  • der 1. Durchführungsverordnung zur 6. Richtlinie,[5]
  • der Verordnung (EWG) Nr. 218/92 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der indirekten Besteuerung (MwSt.),[6]
  • dem Umsatzsteuergesetz (UStG),
  • der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV),
  • der Abgabenordnung,
  • der Einfuhrumsatzsteuer-Befreiungsverordnung 1993,
  • der Umsatzsteuererstattungsverordnung – UStErstV,[7]
  • der Umsatzsteuerzuständigkeitsverordnung – UStZustV,[8]
  • dem Abkommen wie dem Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut, dem NATO-Hauptquartier-Ergänzungsabkommen und dem Offshore-Steuerabkommen.

Verwaltungsanweisungen zur Umsatzsteuer enthalten der Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE),[9] in den zahlreiche Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) eingearbeitet wurden,[10] außerdem Schreiben der obersten Finanzbehörden der Länder und der Oberfinanzdirektionen. Zu bestimmten Rechtsgebieten gibt es spezielle Merkblätter des BMF.

Bedeutung der Umsatzsteuer

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Die Umsatzsteuer ist der Höhe nach eine der bedeutendsten Einnahmequellen von Bund, Ländern und Gemeinden. Der Anteil der Umsatzsteuer am Steueraufkommen der Bundesrepublik Deutschland liegt in den einzelnen Haushaltsjahren in der Regel bei etwas über 30 Prozent. Nach der Lohnsteuer ist die Umsatzsteuer die zweitwichtigste staatliche Einnahmequelle.[11] So betrug etwa 2018 laut Bundesministerium der Finanzen (BMF) das Aufkommen der Umsatzsteuer ca. 235 Milliarden Euro, das Lohnsteueraufkommen 251 Milliarden Euro.[12]

Kurzbeschreibung des Umsatzsteuersystems

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Umsatzsteuer fällt immer dann an, wenn im Inland eine Dienstleistung durch ein Unternehmen erbracht oder eine Ware gegen Entgelt geliefert wird. Der Regelsteuersatz beträgt 19 Prozent. Für bestimmte Umsätze gibt es eine Steuerbefreiung (§ 4 UStG) oder einen ermäßigten Steuersatz von zurzeit 7 Prozent. Sonderformen sind Mischsteuersätze, innergemeinschaftlicher Erwerb und die Regelungen nach dem Ursprungslandprinzip.

Umsatzsteuererklärung

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Die Umsatzsteuer wird in jährlichen Umsatzsteuererklärungen (USt) elektronisch beim Finanzamt eingereicht (Abgabefrist: 31.7. des Folgejahres[13]). Zusätzlich werden monatliche oder quartalsweise Umsatzsteuer-Voranmeldungen (UStVA) (Abgabefrist: 10. Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums[14]) abgegeben.

Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs

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Die Umsatzsteuer-Nachschau ist im § 27b UStG geregelt, wonach Amtsträger der Finanzbehörde ohne vorherige Ankündigung Grundstücke und Räume von Personen, die eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausüben, während der Geschäfts- und Arbeitszeiten betreten können, um Sachverhalte festzustellen, die für die Besteuerung im Sinne des Umsatzsteuergesetzes erheblich sein können. Dies soll eine gleichmäßige Festsetzung und Erhebung der Umsatzsteuer sicherstellen. Wohnräume dürfen gegen den Willen des Inhabers nur zur Verhütung dringender Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung betreten werden. Soweit dies zur Feststellung einer steuerlichen Erheblichkeit zweckdienlich ist, haben die von der Umsatzsteuer-Nachschau betroffenen Personen den damit betrauten Amtsträgern auf Verlangen Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere Urkunden über die der Umsatzsteuer-Nachschau unterliegenden Sachverhalte vorzulegen und Auskünfte zu erteilen. Trotz der Bekämpfung unter anderem durch das Verfahren des Reverse-Charge (Umkehrung der Steuerschuldnerschaft) liegt der jährliche Schaden durch den Steuerbetrug vor allem durch Karussellgeschäfte in Europa im mittleren zweistelligen Milliardenbereich.[15]

Entwicklung des Umsatzsteuersatzes

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Entwicklung des Umsatzsteueraufkommens in Deutschland

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Jahr Gesamt-Steueraufkommen in Deutschland[16]
(Mrd. Euro)
USt+EinfUSt
(Mrd. Euro)
Anteil der USt am Gesamt-Steueraufkommen
1999 453 137 30,2 %
2000 467 141 30,2 %
2001 446 139 31,2 %
2002 442 138 31,2 %
2003 442 137 31,0 %
2004 443 137 30,9 %
2005 452 140 31,0 %
2006 488 147 30,1 %
2007 538 170 31,6 %
2008 561 176 31,4 %
2009 524 177 33,8 %
2010 531 180 33,9 %
2011 573 190 33,2 %
2012 600 195 32,5 %
2013 620 197 31,8 %
2014 644 203 31,6 %
2015 673 [00]210[17] 31,2 %
2016 706 [00]217[18] 30,7 %
2017 734 [00]226[19] 30,8 %
2018 776 [00]235[12] 30,2 %
2019 796 [00]243[20] 30,5 %
2020 682 [00]220[21] 32,2 %
2021 761 [00]251[22] 33,0 %
2022 815 [00]285 35,0 %

Eine vom Bundesministerium der Finanzen beauftragte Studie zum Einfluss der demographischen Entwicklung auf die Steuereinnahmen errechnete für Modelle der Bevölkerungsentwicklung, die von einer Abnahme der Gesamtbevölkerung und einer Zunahme des Durchschnittsalters ausgehen, bis 2060 eine deutliche relative Verringerung des Umsatzsteueraufkommens (wie auch des Einkommenssteueraufkommens) gegenüber einem Referenzszenario, das von einer unveränderten Bevölkerungsgröße und -struktur ausging.[23]

Verteilung des Umsatzsteueraufkommens

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Das Umsatzsteueraufkommen steht nach Art. 106 und 107 des Grundgesetzes teilweise dem Bund, den Ländern und den Kommunen zu. Die Verteilungsmaßstäbe selbst werden im Maßstäbegesetz[24] und Details im Finanzausgleichsgesetz[25] festgelegt. Die Regelungen sind Teil des Länderfinanzausgleichs zwischen den unterschiedlichen Gebietskörperschaften innerhalb Deutschlands und werden häufig angepasst.[26]

Die Anwendung des Gesetzes hat in den Jahren von 2006 bis 2013 zu einer Zuweisung an den Bund zwischen 53 und 54,5 %, an die Länder zwischen 43,9 und 44,5 % sowie an die Kommunen zwischen 2 und 2,1 % geführt.[27]

Siehe auch

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Literatur

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Einzelnachweise

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  1. wiwi.uni-muenster.de (Memento vom 8. Dezember 2015 im Internet Archive; PDF)
  2. Stand 23. Januar 2014.
  3. Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage
  4. Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem
  5. Verordnung (EG) Nr. 1777/2005 des Rates vom 17. Oktober 2005 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 77/388/EWG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem
  6. Verordnung (EWG) Nr. 218/92 des Rates vom 27. Januar 1992 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der indirekten Besteuerung (MWSt.)
  7. Umsatzsteuererstattungsverordnung – UStErstV
  8. Umsatzsteuerzuständigkeitsverordnung – UStZustV
  9. Bundesministerium der Finanzen: Umsatzsteuer-Anwendungserlass.
  10. Umsatzsteuer-Anwendungserlass – Bundesfinanzministerium. Abgerufen am 19. September 2017.
  11. 50 Jahre deutsche Mehrwertsteuer. www.bundesregierung.de, 2. Januar 2018, abgerufen am 4. Oktober 2019.
  12. a b Die Steuereinnahmen des Bundes und der Länder im Haushaltsjahr 2018. www.bundesfinanzministerium.de, abgerufen am 4. Oktober 2019.
  13. Serviceportal des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration Baden-Württemberg. Abgerufen am 3. Januar 2021 (deutsch).
  14. Serviceportal des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration Baden-Württemberg. Abgerufen am 3. Januar 2021 (deutsch).
  15. Karsten Seibel: Die 307-Milliarden-Lücke entlarvt Europas großen Mehrwertsteuerbetrug. In: Welt Online. 8. Januar 2020, abgerufen am 29. Januar 2020.
  16. Steueraufkommen nach Steuergruppen. www.bundesfinanzministerium.de, abgerufen am 4. Oktober 2019.
  17. Die Steuereinnahmen des Bundes und der Länder im Haushaltsjahr 2015. www.bundesfinanzministerium.de, abgerufen am 4. Oktober 2019.
  18. Die Steuereinnahmen des Bundes und der Länder im Haushaltsjahr 2016. www.bundesfinanzministerium.de, abgerufen am 4. Oktober 2019.
  19. Die Steuereinnahmen des Bundes und der Länder im Haushaltsjahr 2017. www.bundesfinanzministerium.de, abgerufen am 4. Oktober 2019.
  20. Die Steuereinnahmen des Bundes und der Länder im Haushaltsjahr 2019. www.bundesfinanzministerium.de, abgerufen am 4. Juli 2020.
  21. Die Steuereinnahmen des Bundes und der Länder im Haushaltsjahr 2020. www.bundesfinanzministerium.de, abgerufen am 11. März 2022.
  22. Die Steuereinnahmen des Bundes und der Länder im Haushaltsjahr 2021. www.bundesfinanzministerium.de, abgerufen am 11. März 2022.
  23. Herausforderungen für das Steuerrecht durch die demografische Entwicklung in Deutschland, Gutachten des Fraunhofer Instituts für Angewandte Informationstechnik FIT im Auftrag des BMF.
  24. Text des Maßstäbegesetzes – MaßstG
  25. Text des Finanzausgleichsgesetzes – FAG
  26. Änderungen des § 1 des Finanzausgleichsgesetzes
  27. Bund/Länder-Finanzbeziehungen auf der Grundlage der Finanzverfassung. Ausgabe 2014. Hrsg. vom Bundesministerium der Finanzen, S. 22.