Als Ungefährwerk (mhd. âne gevær(e), „ohne Hinterlist“, „ohne böse Absicht“)[1] wurde im germanischen Strafrecht ein vom Täter nicht gewollter Erfolg bezeichnet (ungewollter Unrechtserfolg),[2] z. B. wenn beim Baumfällen ein Mensch erschlagen wurde.[3] Damit zählte auch die fahrlässige Tötung zum Ungefährwerk und die Körperverletzung mit Todesfolge, während versuchte Tötung mit Verletzungserfolg als Körperverletzung angesehen wurde.[4]

Das Ungefährwerk war das Gegenstück des „Willenswerkes“ (vare) als eines von einem absolut bestimmten Vorsatz (dolus malus) getragenen Erfolgs.[5] Aus dem Ungefährwerk entwickelte sich rechtshistorisch der moderne Fahrlässigkeitsbegriff.[6][7]

Um sich vor Gericht auf Ungefährwerk zu berufen, war es in zweifelhaften Fällen erforderlich, dies durch den sogenannten Gefährdeeid zu beschwören.[8] Nach einem Schuldspruch auf einer solchen Grundlage war ein Wergeld zu leisten und dem Angeklagten konnte das Erbrecht abgesprochen werden.[5]

Die Haftung für Ungefährwerk spielte auch eine Rolle bei der Regulierung von Unfallschäden.[9][10][11]

Einzelnachweise

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  1. DWDS – Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache. Abgerufen am 16. Oktober 2020.
  2. Ungefährwerk - Bedeutung - Enzyklo. Abgerufen am 16. Oktober 2020.
  3. Lotte Kéry: Gottesfurcht und irdische Strafe. Der Beitrag des mittelalterlichen Kirchenrechts zur Entstehung des öffentlichen Strafrechts. Böhlau-Verlag 2006, S. 98. google.books.
  4. Robert von Hippel: Deutsches Strafrecht. Erster Band. Allgemeine Grundlagen. Berlin 1925, S. 115.
  5. a b Wille. Abgerufen am 16. Oktober 2020.
  6. Georg W. Oesterdiekhoff: Traditionelles Denken und Modernisierung. Jean Piaget und die Theorie der sozialen Evolution. Westdeutscher Verlag 1992, S. 400. google.books.
  7. Peter Dyrchs: Die Schuldform des Vorsatzes 25. November 2019.
  8. Eberhard Schmidt: Einführung in die Geschichte der deutschen Strafrechtspflege. Göttingen 1995, S. 33. google.books.
  9. Richard Bohrend: Das Ungefährwerk in der Geschichte des Seerechts., in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte (Germanistische Abteilung) 1898, S. 52–75.
  10. Delikt und Schadensersatz. Objektive Erfolgsverursachung und Ungefährwerke. In: Steffen Schlinker, Hannes Ludyga, Andreas Bergmann: Privatrechtsgeschichte. München 2019, ISBN 978-3-406-73124-2, S. 168–201.
  11. Heinrich Brunner: Missethaten der Knechte, Haftung für Haustiere und leblose Gegenstände. In: Deutsche Rechtsgeschichte, Leipzig 1892, S. 551 ff. Deutsches Textarchiv, abgerufen am 17. Oktober 2020.