Ute Seeland
Ute Seeland (Geburtsname Markus; geboren 1967 in Berlin) ist eine deutsche Internistin und Gendermedizinerin. Seit März 2024 hat sie an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg die von der Margarete-Ammon-Stiftung finanzierte erste Vollzeitprofessur für Geschlechtersensible Medizin in Deutschland inne, die Forschung, Lehre und Klinik vereint.
Werdegang
BearbeitenUte Seeland wurde in Berlin geboren.[1] Sie studierte von 1989 bis 1995 an der Freien Universität Berlin, der Philipps-Universität Marburg und der Georg-August Universität Göttingen das Fach Humanmedizin.[2][3] Ihre Approbation als Ärztin erfolgte 1997;[3] 1999 folgte die Promotion am Fachbereich Humanmedizin der Philipps-Universität Marburg.[1][4] Mit einem Lise-Meitner-Stipendium des Ministeriums für Schule, Weiterbildung, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen arbeitete sie von März 1999 bis September 2000 als Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität zu Köln.[3] Im Dezember 2000 wechselte sie an die Universität des Saarlandes, wo sie an der Medizinischen Fakultät und am Universitätsklinikum in Homburg/Saar als Wissenschaftliche Mitarbeiterin und Assistenzärztin bis 2007 tätig war.[4] Im August 2007 erlangte sie von der Ärztekammer des Saarlandes die Anerkennung als Fachärztin für Innere Medizin.[3][4]
Im Juli 2009 nahm Ute Seeland eine Stelle als Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Geschlechterforschung in der Medizin (GIM) an der Charité-Universitätsmedizin Berlin an.[3] Dort war sie bis Juni 2020 tätig, ab Mitte 2019 als Stipendiatin des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung e.V. (DZHK).[3] 2011 erwarb sie die Anerkennung als Gendermedizinerin DGesGM durch die Deutsche Gesellschaft für Geschlechtsspezifische Medizin.[3][4] Nach einer Praxisvertretung und Tätigkeit als Studienärztin arbeitete sie ab Anfang 2021 wieder an der Charité-Universitätsmedizin, zunächst an der Medizinischen Klinik für Kardiologie, dann am Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie.[3] Im Sommersemester 2021 übernahm sie die Klara Marie Faßbinder-Gastprofessur für Frauen- und Geschlechterforschung an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.[4][5]
Im November 2021 habilitierte sich Ute Seeland an der Medizinischen Fakultät der Charité-Universitätsmedizin Berlin.[6] Mit der Habilitationsschrift „Bedeutung geschlechtersensibler Forschung zur Pulswellenreflexion für die Diagnostik kardiovaskulärer Erkrankungen und Implementierung in die Lehre“ erwarb sie die deutschlandweit erste Venia Legendi für das Fach Innere Medizin/Geschlechtersensible Medizin.[2][3] Zum 1. März 2024 nahm Ute Seeland den Ruf an die Medizinische Fakultät der Otto-von-Guericke Universität Magdeburg auf die von der Margarete-Ammon-Stiftung geförderte Professur für Geschlechtersensible Medizin an.[1][7] Die Stiftungsprofessur ist die bundesweit erste Professur in Vollzeit und mit klinischer Anbindung für das Fachgebiet Geschlechtersensible Medizin.[1][8]
Fachliche Schwerpunkte
BearbeitenÜber die Schwierigkeit, medizinische Studienergebnisse zu reproduzieren, und die durch die klinische Praxis bestärkte Vermutung, dass dies mit dem Geschlecht der Versuchstiere zusammenhängen könnte, entwickelte Ute Seeland früh Interesse für eine systematische geschlechterspezifische Forschung.[9] Sie machte die kardiovaskuläre Präventions- und Versorgungsforschung, insbesondere die Geschlechterunterschiede bei der arteriellen Gefäßalterung mit Auswirkung auf die Organsysteme, zu einem Schwerpunkt ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit.[2][10] Die Forschung, die biologische ebenso wie soziokulturelle Geschlechterunterschiede erfasst, zielt darauf ab, individuelle Präventionsangebote zu entwickeln und an das biologische Alter angepasste, geschlechtersensible Therapien anzubieten.[2] Im Kontext der Ausrichtung von Diagnose, Therapie und Prävention auf die unterschiedlichen hormonellen Phasen liegt ein spezieller Fokus im Bereich kardiovaskulärer Erkrankungen in der Schwangerschaft.[4]
Weitere Arbeitsschwerpunkte[4] von Ute Seeland sind die Lernforschung, um die Erkenntnisse der geschlechtersensiblen klinischen und Präventionsforschung mit neuen Lernzielen und Lerninhalten im Medizincurriculum zu verankern, sowie die Digitalisierung zur Unterstützung von Forschungsarbeiten und klinischen Anwendungen der Geschlechtersensiblen Medizin.[2] Angesichts der zunehmenden Nutzung Künstlicher Intelligenz (KI) weist sie auf die Problematik des Gender bias hin, da die Daten, mit denen die KIs trainiert wurden, in der Vergangenheit überwiegend an männlichen Probanden gewonnen wurden.[5]
Ein weiteres Arbeitsfeld von Ute Seeland ist der Umgang mit Geschlechterunterschieden im Sanitätsdienst der Bundeswehr. Im Rahmen einer gesundheitsökonomischen Studie zum betrieblichen Management bei der Bundeswehr begleitet sie die Thematik wissenschaftlich.[2]
Funktionen und Ämter
BearbeitenUte Seeland ist seit 2021 als Nachfolgerin von Vera Regitz-Zagrosek Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Geschlechtsspezifische Medizin e.V. (DGesGM).[4][7] Sie ist Vorsitzende des von ihr gemeinsam mit Rosa Maria Bruno gegründeten und aus EU-Mitteln geförderten Netzwerks Sex and Gender VascAge Net Expert Group,[4][11] und sie war Sprecherin der AG28 Gendermedizin in der Kardiologie der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK).[4]
Ute Seeland ist Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation von Herz-Kreislauferkrankungen e. V. (DGPR), der Deutschen Hochdruckliga e.V. (DHL) und der European Society of Cardiology (ESC).[4]
Auszeichnungen
Bearbeiten2019 wurde Ute Seeland der Wissenschaftspreis des Deutschen Ärztinnenbundes verliehen.[12] Von der European Society of Cardiology wurde sie für ihre Arbeit an den Leitlinien zu kardiovaskulären Erkrankungen in der Schwangerschaft ausgezeichnet.[1]
Veröffentlichungen
BearbeitenUte Seeland legte über 100 Publikationen im Bereich der geschlechtersensiblen Medizin vor, die auf retrospektiven Datenanalysen und prospektiven klinischen Studien basieren sowie im Kontext der Erstellung der ESC-Leitlinien für kardiovaskuläre Erkrankungen in der Schwangerschaft (ESC Task Force) entstanden sind.[2] Die Publikationen können in PubMed abgerufen werden.[13] Eine aktuelle Auswahl findet sich auf der Internetseite der Sektion Geschlechtersensible Medizin und Prävention der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg.[4]
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b c d e Geschlechtersensible Medizin - ein wichtiger Baustein des Gesundheitssystems. In: Stiftungsprofessur. Margarete-Ammon-Stiftung, 2024, abgerufen am 9. Januar 2025.
- ↑ a b c d e f g Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Geschlechtsspezifische Medizin e.V. (DGesGM®). In: Curriculum Vitae der Univ.-Prof. Dr. med. Ute Seeland. Deutsche Gesellschaft für Geschlechtsspezifische Medizin e.V. (DGesGM e.V.), 2024, abgerufen am 9. Januar 2025.
- ↑ a b c d e f g h i Lebenslauf Prof. Dr. med. Ute Seeland. In: Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie. Charité-Universitätsmedizin Berlin, 2025, abgerufen am 9. Januar 2025.
- ↑ a b c d e f g h i j k l Univ.-Prof. Dr. med. Ute Seeland. In: Sektion Geschlechtersensible Medizin und Prävention mit Hochschulambulanz. Universitätsklinikum Magdeburg A. ö. R. / Medizinische Fakultät der Otto-von-Guericke Universität Magdeburg, 15. November 2024, abgerufen am 9. Januar 2025.
- ↑ a b Die Zukunft der Medizin ist divers. In: Frauen- und Gleichstellungsbüro. Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, 2025, abgerufen am 9. Januar 2025.
- ↑ Humanmedizin. In: Habilitationen und Berufungen Januar 2022. Forschung & Lehre, 2022, abgerufen am 9. Januar 2025.
- ↑ a b Zur Person. In: Paradigmenwechsel in der Medizin: Frauen und Männer erkranken anders. Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, 1. März 2024, abgerufen am 9. Januar 2025.
- ↑ Warum es auf das Geschlecht (und Gender) ankommt. In: Deutschlandfunk. Deutschlandradio, 2025, abgerufen am 9. Januar 2025.
- ↑ Friederike Invernizzi: "Mein Leben reicht nicht aus, um das Gender-Data-Gap zu füllen". In: Forschung. Forschung & Lehre, 28. August 2924, abgerufen am 9. Januar 2025.
- ↑ Geschlechtersensible personalisierte Medizin. In: Dr’in Ute Seeland. Plattform #InnovativeFrauen, 2022, abgerufen am 9. Januar 2025.
- ↑ Christopher Mayer: Launch of the Sex and Gender in Vascular Ageing Expert Group. CA18216 VascAgeNet, 25. September 2020, abgerufen am 9. Januar 2025 (englisch).
- ↑ Zehnter DÄB-Wissenschaftspreis an Dr. Ute Seeland vergeben. In: Wissenschaftspreis. Deutscher Ärztinnenbund (DÄB), 2019, abgerufen am 9. Januar 2025.
- ↑ Ute Seeland pubmed.ncbi.nlm.nih.gov.
Personendaten | |
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NAME | Seeland, Ute |
KURZBESCHREIBUNG | deutsche Internistin und Gendermedizinerin |
GEBURTSDATUM | 20. Jahrhundert |