Varahamihira, auch Varaha Mihira (6. Jahrhundert n. Chr.), war ein indischer Astronom, Mathematiker und Astrologe.

Varahamihira war der Sohn von Adityadasa und ein Brahmane der Maga-Sekte (die von den iranischen Zoroastern abstammen). Er stammt aus der Region Avanti[1] in Westindien.[2] Er soll nach einem seiner Werke in Kapitthaka gewohnt haben, allerdings weiß man nicht genau, wo das lag.[3] Er erwähnt das astronomische Zentrum in Ujjain in einem seiner Werke, wo später auch Brahmagupta wirkte, es gibt aber keinen expliziten Nachweis, dass er dort wirkte,[4] wohl aber unsichere Überlieferungen und Legenden sowohl im Hinduismus als auch im Jainismus. So soll er am Hof des Herrschers Chandragupta II. Vikramaditya gewirkt haben, dem widersprechen aber die bekannten Lebensdaten. Seine Lebensdaten sind nicht genau bekannt. Einige astronomische Daten in seinem astronomischen Hauptwerk sind 505 n. Chr. datiert.[5] Da ihn außerdem Brahmagupta 628 erwähnt lebte er im 6. Jahrhundert.[6]

Er ist für das Pancha-Siddhantika bekannt (Kanon der fünf Bücher), einem Buch über Astronomie aus der Zeit um 575. Es gibt Hinweise auf ältere, jetzt verlorene astronomische Werke und fasst den Inhalt von fünf Abhandlungen zusammen (Surya, Romaka, Paulisa, Vasistha, Paitamaha). Einige (Romaka Siddhanta – Lehre der Römer) geben die griechische Epizykel-Theorie der Planeten und der Bewegung von Sonne und Mond aus dem 1. Jahrhundert nach Christus wieder (samt Ptolemäischen Tafeln). Varahamihira korrigiert die Beobachtungswerte entsprechend der inzwischen erfolgten Präzession. Der Einfluss antiker westlicher griechisch-römischer und babylonischer Wissenschaft auf sein Werk wird aber kontrovers diskutiert. Die Paulisa Siddhanta gibt ebenfalls griechisches Wissen wieder, unter anderem über die Berechnung von Mondphasen und Finsternissen. Der Name verweist auf einen nicht näher bekannten Griechen Paulus.[7] Die Surya Siddhanta gibt das älteste bekannte Wissen der Inder über Astronomie wieder und sie war auch Aryabhata I. bekannt. Die Vasistha Siddhanta soll auf den sagenhaften Weisen gleichen Namens zurückgehen.

Das Werk enthält auch Interessantes zur Geschichte der Mathematik. So gibt es in seinem Kanon viele Hinweise auf ein Stellenwertsystem für Zahlen und er entdeckte einige trigonometrische Identitäten:

 
 
 

Er verbesserte die Sinustafeln von Aryabhata I. Ihm gelangen Entdeckungen über Magische Quadrate[8] und bei ihm findet sich eine Version des Pascalschen Dreiecks zur Berechnung von Binomialkoeffizienten.[9]

Er ist auch als bedeutender Astrologe bekannt mit mehreren weit verbreiteten (bis heute populären) Abhandlungen wie dem Brihat-Jataka (Große Geburt bzw. Großes Horoskop, auch Horasastra – Wissenschaft der Stunden – genannt, 400 Verse in 25 Kapiteln), Laghu-Jataka (Kleine Geburt, eine gekürzte Ausgabe der Brihat-Jakata) über Horoskope (mit deutlichen Einflüssen griechischer Astrologie), Brihat Yogayatra (über günstige Vorzeichen für Feldzüge und Reisen, davon gibt es ebenfalls eine gekürzte Version) und Brhadvivaha-patala (über den richtigen Zeitpunkt der Ehe). Er schrieb eine Enzyklopädie Brihatsamhita (Große Sammlung) mit Einträgen über die unterschiedlichsten Themen wie Astrologie, Meteorologie, Landwirtschaft, Architektur, Edelsteine und Parfüm, Rituale und Ehe, Geographie, Kalender, Pflanzen, Politik, Wirtschaft, Tiere, Astronomie (Planetenbewegung, Finsternisse). Auch von diesem letzten Werk, seinem Hauptwerk zur natürlichen Astrologie, gibt es kürzere Versionen, die aber nur durch Zitate bekannt sind.

Seine Werke haben auch literarische Qualität und Stellen aus seinen Werken wurden deshalb von späteren Schriftstellern als vorbildliche Beispiele zitiert.[10]

Literatur

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  • G. Abraham Theories for the motion of the Sun in the Pancasiddhantika, Arch. Hist. Exact Sci., Band 34, 1985, S. 221–230.
  • K. S. Shukla The Panca-siddhantika of Varahamihira, Teil 1, Proc. Symp. Copernicus and Astronomy, New Delhi 1973, Indian J. History Sci., Band 9, 1974, S. 62–76, 141, Ganita, Band 24, 1973, S. 58–73, Teil 2, Ganita, Band 28, 1977, S. 99–116.
  • David Pingree Census of the Exact Sciences in Sanskrit, Serie A, Band 5, Philadelphia, American Philosophical Society 1970, S. 563–595.
  • David Pingree History of Mathematical Astronomy in India, Dictionary of Scientific Biography
  • Sudhakara Dvivedi Ganaka Tarangini or Lives of Hindu Astronomers, Benares, Jyotish Prakash Press 1933 (Herausgeber Padmakara Dvivedi)
  • Ajay Mitra Shastri Varahamihira and his times, Jodhpur: Kusumanjali Prakashan 1991
  • Ajay Mitra Shastri India as seen in the Brhat-samhita of Varahamihira, Delhi: Motilal Banarsidass 1969
  • Srinivas Madabhushi, P. Srirama Murty Seismological Zones of Varahamihira, Indian J. History of Science, 33, 1998, 111–117
  • J. F. Fleet The topographical list of Brhat-samhita, Calcutta: Semushi 1973 (Herausgeber Kalyan Kumar Dasgupta)
  • K. V. Sarma, Artikel in Helaine Selin (Herausgeber) Encyclopedia of the History of Science, Technology and Medicine in non-western Cultures, Kluwer 1997

Schriften

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Ausgaben seiner Werke

  • Otto Neugebauer, David Pingree The Pancasiddhantika of Varahamihira, Teil 1,2, Hist.-Filos. Skr. Danske Vid. Selskab, Band 6, 1970, Heft 1,2, Kopenhagen: Munksgaard 1970/71
  • George Thibaut, Sudhakara Dvivedi (Hrsg.): The Panchasiddhantika of Varaha Mihira, Chowkhamba Sanskrit Studies 68, Varanasi, 2. Auflage 1968
  • K. V. Sarma (Herausgeber), T. S. Kupanna Sastry (Übersetzer): The Pancasiddhantika of Varahamihira. Madras: PPST Foundation 1993
  • David Pingree (Herausgeber) Brhad-yatra of Varahamihira, Madras, Governmental Oriental Manuscript Library 1972
  • M. Ramakrishna Bhat (Herausgeber und Übersetzer): Brhat-samhita of Varahamihira. 2 Teile, Delhi, Motilal Banarsidass 1982
  • V. Subrahmanya Sastri (Herausgeber und Übersetzer): Brhajjatakam of Varahamihira. 2. Auflage. Bangalore: K. R. Krishnamurty 1971
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Einzelnachweise

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  1. Eine veraltete Bezeichnung für die Region, in der auch Ujjain liegt
  2. Kim Plofker Mathematics in India, Princeton University Press 2009, S. 326.
  3. D. G. Dhavale The Kapitthaka of Varahamihira, in Proceedings of the Symposium on Copernicus and Astronomy, New Delhi, 1973, Indian J. History Sci. 9, 1974, 77-78. K. V. Sarma in Selin (siehe Literatur) hält das heutige Kapitha in Uttar Pradesh für wahrscheinlich und verweist auf die Erwähnung beim chinesischen Pilger Yuan-Chwang.
  4. K. V. Sarma (in Selin, siehe Literatur) hält ein Wirken am Hof von König Maharajadhiraja Dravyavardhana in Ujjain Mitte des 6. Jahrhunderts für nachgewiesen.
  5. Sowohl in der Romaka, Paulisa als auch der Surya seines astronomischen Hauptwerks. Genauer ist dort die Epochen-Datierung 21. März 505
  6. Kim Plofker, loc. cit.
  7. So al-Bīrūnī in einem seiner Werke. Al-Bīrūnī bereiste im 11. Jahrhundert Indien
  8. T. Hayashi, Historia Mathematica, Band 14, 1987, S. 159–166.
  9. R. C. Gupta, Ganita, Band 14, 1992, S. 45–49.
  10. Sarma, loc. cit.