Als Versicherungsfreiheit in der deutschen Sozialversicherung bezeichnet man Ausnahmen von der im Allgemeinen gültigen Sozialversicherungspflicht, die für bestimmte Personengruppen gemacht werden.

Grafik zur Begriffsabgrenzung

Im Sozialversicherungsrecht besteht ein Unterschied zwischen versicherungspflichtigen und nicht versicherungspflichtigen Personen. Lediglich versicherungspflichtige Personen können versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit sein. Bei diesen grundsätzlich der Versicherungspflicht unterliegenden Personen liegen jedoch Tatbestände vor, die zur Versicherungsfreiheit bzw. auf Antrag zur Befreiung von der Versicherungspflicht führen. Nicht versicherungspflichtige Personen erfüllen schon in ihrer Tätigkeit nicht die Voraussetzungen, versicherungspflichtig zu sein.

Der Grundsatz in der deutschen Sozialversicherung ist die Versicherungspflicht. Diese basiert auf dem Solidaritätsprinzip. Demnach sind grundsätzlich alle abhängig Beschäftigten versicherungspflichtig in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie in der Arbeitsförderung (Arbeitslosenversicherung). Von diesem Grundsatz gibt es Ausnahmen. Diese Ausnahmen sind für die verschiedenen Zweige im jeweiligen Buch des Sozialgesetzbuches normiert (bspw. Krankenversicherung § 6 SGB V; Arbeitsförderung §§ 27 f. SGB III; Rentenversicherung § 5 SGB VI).

Demnach sind kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung bestimmte Personenkreise versicherungsfrei. Ein Überblick für verschiedene Personengruppen ergibt sich aus folgender Tabelle:

Berufsgruppe Krankenversicherung Pflegeversicherung Rentenversicherung Arbeitslosenversicherung
Beamte, Richter, Soldaten versicherungsfrei

(§ 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB V)

versicherungsfrei

(§ 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI)

versicherungsfrei

(§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI)

versicherungsfrei

(§ 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB III)

Geistliche der als

öffentlich-rechtliche Körperschaften anerkannten Religionsgesellschaften

versicherungsfrei

(§ 6 Abs. 1 Nr. 4 SGB V)

versicherungsfrei

(§ 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI)

versicherungsfrei

(§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI)

versicherungsfrei

(§ 27 Abs. 1 Nr. 2 SGB III)

kurzfristig Beschäftigte

i.S.d, § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV

versicherungsfrei

(§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB V)

versicherungsfrei

(§ 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI)

versicherungsfrei

(§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI)

versicherungsfrei

(§ 27 Abs. 2 Satz 1 SGB III) 1

geringfügig bezahlte Beschäftigte versicherungsfrei

(§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB V) 1

versicherungsfrei

(§ 20 Abs. 1 S. 1 SGB XI) 1

versicherungspflichtig 2 versicherungsfrei

(§ 27 Abs. 2 Satz 1 SGB III) 1

Vorstände von Aktiengesellschaften versicherungspflichtig 3 versicherungspflichtig 3 nicht versicherungspflichtig

(§ 1 Satz 3 SGB VI)

versicherungsfrei

(§ 27 Abs. 1 Nr. 5 SGB III)

(hauptberuflich) selbständig Erwerbstätige nicht versicherungspflichtig

(§ 5 Abs. 5 SGB V)

nicht versicherungspflichtig

(§ 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI)

versicherungspflichtig

(§ 2 SGB VI) 4

nicht versicherungspflichtig
überschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei

(§ 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V)

versicherungsfrei 9

(§ 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI)

versicherungspflichtig versicherungspflichtig
Pflichtmitglieder einer öffentlich-rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung versicherungspflichtig 3 versicherungspflichtig 3 auf Antrag befreit

(§ 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI)

versicherungspflichtig
Rentner versicherungspflichtig

(§ 5 Abs. 1 Nr. 11-12 SGBV)

versicherungspflichtig

(§ 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI)

versicherungsfrei

(§ 5 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI) 5

versicherungsfrei

(§ 28 Abs. 1 Nr. 1 SGB III) 6

Ruhegeldbezieher versicherungsfrei

(§ 6 Abs. 1 Nr. 6 SGB V) 7

versicherungsfrei

(§ 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI)

versicherungsfrei

(§ 5 Abs. 4 Nr. 2 SGB VI)

versicherungsfrei

(§ 28 Abs. 1 Nr. 1 SGB III) 6

Studierende

(in einer Beschäftigung)

versicherungsfrei

(§ 6 Abs. 1 Nr. 3 SGB V)

versicherungsfrei

(§ 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI)

versicherungsfrei

(§ 5 Abs. 3 SGB VI) 8

versicherungsfrei

(§ 27 (4) S. 1 Nr. 2 SGB III)

1 
Dies gilt nicht für Personen in der Berufsausbildung oder in einem Freiwilligendienst
2 
Es besteht jedoch die Möglichkeit, sich von der Versicherungspflicht befreien zu lassen (§ 6 Abs. 1b SGB VI).
3 
Da der Verdienst jedoch in der Regel über der Jahresarbeitsentgeltgrenze liegt, können sie nach dieser Regelung versicherungsfrei werden.
4 
Dies gilt insbesondere für besondere Berufsgruppen und Soloselbständige
5 
Dies gilt für Altersvollrentner, die die Regelaltersgrenze erreicht haben
6 
Ab dem Zeitpunkt, ab dem sie das Lebensalter zum Bezug einer Regelaltersrente erreicht haben.
7 
Voraussetzung ist, dass sie einen Anspruch auf Beihilfe nach beamtenrechtlichen Vorschriften haben.
8 
Bei Ableistung eines in der Studienordnung vorgeschriebenen Praktikums. Alle anderen Beschäftigungen führen zur Versicherungspflicht.
9 
Aber: „Freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung sind versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung.“ (§ 20 Abs. 3 SGB XI)

Einkommen über der Versicherungspflichtgrenze

Abhängig Beschäftigte sind in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung versicherungsfrei, wenn ihr regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die Versicherungspflichtgrenze mindestens ein Jahr lang übersteigt und perspektivisch im Folgejahr ebenfalls überschreiten wird. In der Renten- und Arbeitslosenversicherung ist das nicht der Fall; hier wird lediglich die Beitragsbemessung auf einen Höchstwert der beitragspflichtigen Einnahmen begrenzt. Wer freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung bleibt, ist dann weiterhin versicherungspflichtig in der gesetzlichen Pflegeversicherung (§ 20 Abs. 3 SGB XI).

Wer erstmals in Deutschland eine Beschäftigung aufnimmt und in dieser Beschäftigung sofort ein Gehalt oberhalb der Versicherungspflichtgrenze erzielt, ist unmittelbar versicherungsfrei, kann sich aber in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig versichern, selbst wenn zuvor eine private Krankenversicherung bestand.[1]

Arbeitnehmer, die wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei waren, aber wegen der regelmäßig erfolgenden Erhöhung dieser Grenze versicherungspflichtig werden würden, können sich auf Antrag befreien lassen. Dieser Antrag ist innerhalb von drei Monaten zu stellen.

Geringfügig Beschäftigte

Bezieher geringer Einkommen sind teilweise nicht versicherungspflichtig: Geringfügig Beschäftigte sind in der Kranken- (§ 7 Abs. 1 SGB V), Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung versicherungsfrei. In der Rentenversicherung können sich Arbeitnehmer von der Versicherungspflicht befreien lassen (§ 6 Abs. 1b SGB VI).

Einzelnachweise

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  1. Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung. In: Online-Ratgeber Krankenversicherung, www.bundesgesundheitsministerium.de. Bundesministerium für Gesundheit, 24. Januar 2018, abgerufen am 12. Juli 2019.