Vertraute Gesellschaft
Die Vertraute Gesellschaft e. V. (oft auch nur Die Vertrauten) ist der Name einer Vereinigung Leipziger Kaufleute mit karitativen Zielen. Sie ist seit 1680 ununterbrochen karitativ tätig.
Geschichte
BearbeitenIm Pestjahr 1680 fanden sich in Leipzig einige Handelsleute zur Nachbarschaftshilfe zusammen. Sie blieben auch nach Abklingen der Epidemie als ein Kreis von Freunden beieinander und setzten ihre Hilfswerke fort. Da sie ihre Aktionen in der Stille betrieben und die Öffentlichkeit von ihrem karitativen Wirken wenig erfuhr, nannten sie sich selbst die Vertrauten. Gründungsmitglieder der bald organisierten Vereinigung waren Hieronymus Jacob von Ryssel (1649–1715),[1] und Johann Georg Rösner (1652–1715).[2]
Man gab sich Satzungen, die als Ziel unter anderem die Armenfürsorge durch Unterstützung von Institutionen und Einzelpersonen vorsahen. Zum Beispiel wurden 1701 für den Neubau des Armen- und Waisenhauses (Georgenhaus) 200 Taler gespendet. Ab dem Winter 1800 wurden kostenlose Holzzuteilungen an Arme finanziert. Schließlich eröffnete die Gesellschaft 1834 die erste Kinderbewahranstalt Leipzigs.
Es wurde geregelt, dass die Mitgliederzahl bei 16 oder 17 blieb. Beim Tod eines Mitglieds wurde sein Nachfolger aus den Reihen der Brüder, Söhne, Enkel, Geschäftsteilhaber und Freunden gewählt. Aus ihrer Mitte wählten sie einen Senior der Vertrauten, der die sorgfältig geführte Buchhaltung ihres Wirkens zu verwahren hatte, was über Jahrhunderte geschah.
Die Vertrauten kamen immer aus der wirtschaftlich führenden Kaufmannsschicht. Es waren in vielen Fällen Männer, die das kommunalpolitische und kulturelle Leben Leipzigs, zum Teil unter Einsatz persönlicher Mittel, aktiv mitgestalteten. Sie wirkten unter anderem als Kunstsammler, Stifter und Mäzene. Auch zur Gewandhausstiftung bestanden enge Beziehungen.
Wegen der Streichung aus dem Vereinsregister verlegte die Vertraute Gesellschaft ihren Sitz 1948 auf das Gebiet der späteren Bundesrepublik und half von dort aus mit Paketen und Spenden bedürftigen Leipzigern. Ab 1990 unterstützte sie unter anderem Altersheime und die kirchliche Arbeitsloseninitiative. Im Oktober 1996 wurde die Vertraute Gesellschaft wieder in das Leipziger Vereinsregister eingetragen.[2]
Das Vereinsarchiv der Vertrauten, das nach dem Zweiten Weltkrieg in die damalige Bundesrepublik gerettet wurde und als Dauerleihgabe seit 1981 in der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel lagerte, wurde im März 2007 an das Stadtgeschichtliche Museum Leipzig übergeben.[3]
Bekannte Mitglieder
Bearbeiten- Alfred Gustav Benedictus Ackermann-Teubner
- Wilhelm Ambrosius Barth
- Caspar Bose
- Georg Bose
- Heinrich Brockhaus
- Siegfried Leberecht Crusius
- Johann Heinrich am Ende
- Albert Dufour-Féronce
- Christian Gottlob Frege
- Reinhard Goerdeler
- Edgar Herfurth
- Anton Hiersemann
- Friedrich Jay
- Johann Ernst Kregel von Sternbach
- Carl Lampe
- Albert de Liagre
- Jacob Bernhard Limburger
- Paul Bernhard Limburger
- Eberhard Heinrich Löhr
- Johann Christoph Richter
- Johann Zacharias Richter
- Adolf Heinrich Schletter
- Wilhelm Schomburgk
- Wilhelm Theodor Seyfferth
- Carl Christoph Traugott Tauchnitz
- Christian Bernhard Tauchnitz
- Georg Thieme
- Adolph Christian Wendler
- Gottfried Winckler
Literatur
Bearbeiten- Herbert Helbig: Die Vertrauten 1680–1980. Eine Vereinigung Leipziger Kaufleute. Beiträge zur Sozialfürsorge und zum bürgerlichen Gemeinsinn einer kaufmännischen Führungsschicht. Anton Hiersemann Verlag, Stuttgart 1980, ISBN 3-7772-8025-9
- Katrin Sohl: Die Vertrauten. Vereinigung Leipziger Kaufleute, gegründet im Jahre 1680 in Leipzig. Hrsg. anlässlich des 325. Convents der Vertrauten am 5. November 2005 in Leipzig, Leipzig 2005
- Der Vertrauten Gesellschaft zu Leipzig Historien-Büchlein. Connewitz 1837
- Gustav Wustmann: Die Vertraute Gesellschaft in Leipzig: gestiftet im Herbst des Jahres 1680. Festschrift den Mitgliedern gewidmet vom Senior zum 22. November 1880, Leipzig 1880
Weblinks
Bearbeiten- Website der Vertrauten
- Der vertrauten Gesellschaft zu Leipzig Historien-Büchlein. 1861 digital
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Technische Universität Dresden, Seminar „Sächsische Leichenpredigten in der Frühen Neuzeit“: und Familienbande. Die Leipziger Handelsfamilie von Ryssel in ihren Leichenpredigten. ( vom 10. November 2010 im Internet Archive)
- ↑ a b Horst Riedel: Stadtlexikon Leipzig von A bis Z. PROLEIPZIG, Leipzig 2005, ISBN 3-936508-03-8, S. 617
- ↑ Monatsbericht der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, März 2007