Viktoria Luise von Preußen

deutsche Herzogin von Braunschweig-Lüneburg, Prinzessin von Preußen

Viktoria Luise Adelheid Mathilde Charlotte von Preußen, durch Geburt Prinzessin von Preußen, durch Heirat Herzogin zu Braunschweig-Lüneburg, Prinzessin von Hannover, Prinzessin von Großbritannien und Irland (* 13. September 1892 im Marmorpalais zu Potsdam; † 11. Dezember 1980 in Hannover), war siebtes und jüngstes Kind sowie einzige Tochter Kaiserin Auguste Viktorias und Kaiser Wilhelms II. Als Gattin Herzog Ernst Augusts war sie bis zu dessen Abdankung letzte Herzogin von Braunschweig.

Viktoria Luise von Preußen

Den Namen Viktoria bekam sie nach ihrer Großmutter, der Kaiserin Victoria, und ihrer Urgroßmutter Queen Victoria; Luise wurde sie nach Königin Luise von Preußen benannt.

Kindheit und Jugend

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Die vierjährige Prinzessin Viktoria Luise im hellen Kleid neben ihrem Vater Kaiser Wilhelm II., Berlin 1896
 
Viktoria Luise in der Uniform der „Totenkopfhusaren“ des 2. Leib-Husaren-Regiments „Königin Viktoria von Preußen“ Nr. 2 aus Danzig, dessen Regimentschef sie ab 1909 war.
 
Buchsignierung in Kiel 1970

Sie wurde ab 1904 von Elisabeth von Saldern, der späteren Äbtissin des evangelischen Damenstifts Kloster Stift zum Heiligengrabe, erzogen. Am 18. Oktober 1909 wurde sie in der Friedenskirche von Potsdam konfirmiert. Am 22. Oktober 1909, dem Geburtstag ihrer Mutter Kaiserin Auguste Viktoria, wurde sie zum Regimentschef des 2. Leibhusaren-Regiments, Standort Danzig-Langfuhr, ernannt; Regimentschef des 1. Leibhusaren-Regiments war ihr Vater, Wilhelm II.

Viktoria Luise war das Lieblingskind ihres Vaters, der zu all seinen Söhnen hingegen ein kühles Verhältnis hatte.[1]

Verlobung, Ehe und Abdankung

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1912 kam Prinz Ernst August von Hannover, der wohlhabende Erbe des Herzogs von Cumberland, an den Berliner Hof, um Kaiser Wilhelm dafür zu danken, dass Kronprinz Wilhelm und Prinz Eitel Friedrich an der Beerdigung seines Bruders Prinz Georg Wilhelm teilgenommen hatten. In Berlin lernte Ernst August Victoria Luise kennen, und die beiden verliebten sich ineinander.

Die Verlobung mit Prinz Ernst August fand am 11. Februar 1913 in Karlsruhe statt. Die Heirat am 24. Mai 1913 mit dem jüngsten Sohn des Kronprinzen von Hannover und Herzogs von Cumberland Ernst August bedeutete das Ende des seit 1866 bestehenden Konflikts zwischen hannoverschen Welfen und Hohenzollern. Dadurch fiel der Braunschweiger Herzogthron wieder an die Welfen. Die Hochzeit war eines der letzten Großereignisse im gesellschaftlichen Leben des europäischen Hochadels vor dem Ersten Weltkrieg; der Einzug des Paares in Braunschweig 1913 wurde umjubelt. Die Regentschaft war jedoch kurz und endete mit der Abdankung des Ehemanns am 8. November 1918. Damit endete auch die Monarchie im Herzogtum Braunschweig. Bedeutende weitere Stationen nach dem Ersten Weltkrieg waren die Flucht aus Braunschweig, das Exil in Schloss Cumberland nahe dem oberösterreichischen Gmunden sowie die Rückkehr nach Blankenburg im Harz.

Aktivitäten im Nationalsozialismus

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Die amerikanische Journalistin Sigrid Schultz verbrachte die 1930er Jahre in Berlin, bewegte sich dort in den höchsten Nazikreisen und lernte dabei auch Viktoria Luise kennen. Sie berichtete, Viktoria Luise sei „eine fanatische Nazisse“ gewesen,[2] sei auf öffentlichen Empfängen oft auf Hitler zugerannt, um seine Nähe zu suchen. Auf Parteitagen der NSDAP habe sie wichtige britische Personen betreut, ebenso bei der Olympiade 1936. Zusammen mit ihrem Mann habe sie die NSDAP finanziell unterstützt. Auch habe sie sich vom Außenminister Ribbentrop gern für Werbedinners der „Anglo-German Fellowship“ einsetzen lassen. Nicht zuletzt sei der Familienbesitz im österreichischen Gmunden vor der „Übernahme“ Österreichs 1938 für geheime Treffen von Nationalsozialisten zur Verfügung gestellt worden; Schultz spricht von einer „Brutstätte für Naziagenten“.[2][3]

Die Historikerin Brigitte Hamann berichtet in ihrer Biografie über Winifred Wagner von einer Einladung 1935 in Hitlers Wohnung in München, an der u. a. auch Viktoria Luise gemeinsam mit ihrer Tochter Friederike Luise, Joseph Goebbels, Ribbentrop und der englische Faschistenführer Oswald Mosley teilnahmen.[4]

Im Zweitwohnsitz in Braunschweig konnte die Bevölkerung Fotos und Postkarten der Familie in verschiedenen NS-Uniformen kaufen. Viktoria Luises Tochter Friederike wurde in der NS-Presse besonders gelobt, da sie im Arbeitsdienst ihre Pflicht tat „wie eine ganz gewöhnliche Deutsche“.[2]

Daher waren die 2013 unternommenen Bemühungen der Stadt (unter Führung des Oberbürgermeisters Hoffmann) anlässlich der 100. Wiederkehr der Hochzeit ein großes Event zu veranstalten, umstritten. Die Braunschweiger Zeitung vermerkte damals: „Der Adel kehrt zurück ins Schloss“[5] und vermeldete, dass „Viktoria Luises Nachfahren … mit Pomp und Prominenz“ gefeiert hätten.

Ein gutes Jahr später titelte sie dann allerdings „Die skrupellosen Welfen“ (18. August 2014).[6]

Die NDR-Dokumentation Adel ohne Skrupel – Die dunklen Geschäfte der Welfen berichtete, dass ihr Mann Ernst August sich durch „Arisierung“ mehrere jüdische Firmen angeeignet hatte, in denen auch Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge arbeiten mussten und zu Tode kamen.

Nach 1945

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Viktoria Luise und Ernst August erlebten das Ende des Zweiten Weltkriegs auf Schloss Blankenburg. Der Harz wurde zunächst von britischen Truppen besetzt, was ihnen die Flucht vor den sowjetischen Besatzungstruppen ermöglichte. Der Umzug wurde von der britischen Armee durchgeführt. Ca. 30 Lkws räumten die Schlösser in Blankenburg leer. Das Umzugsgut ging größtenteils zum Schloss Marienburg bei Hannover, wo die Welfenfamilie fortan lebte. Am 30. Januar 1953 starb Ernst August auf Schloss Marienburg. Nach dem Tod des Ehemanns kam es 1954 zum Konflikt mit ihrem Sohn Ernst August. Dabei ging es vor allem um die Apanage der früheren Herzogin. Zum anderen wünschte Ernst August, seine Mutter möge sich entsprechend den Gepflogenheiten des Welfenhauses endgültig aus dem öffentlichen Leben zurückziehen und diese Tätigkeit den Kindern überlassen, was seine energische und populäre Mutter nicht wollte. Sie blieb aktiv in vielen karitativen Vereinigungen sowie im Victoria-Luise-Frauenbund, verließ das Schloss im Dezember 1956 und zog in ein ihr vom „Braunschweiger Freundeskreis“ im Braunschweiger Ortsteil Riddagshausen zur Verfügung gestelltes Haus.[7] Mit Rückhalt dieses Kreises war Viktoria Luise bis ins hohe Alter in zahlreichen Initiativen zur heimatlichen Traditionspflege tätig.

Im Herbst 1980 zog sie in das Friederikenstift in Hannover, wo sie am 11. Dezember desselben Jahres starb. Ihr Leichnam wurde unter großer Anteilnahme der Bevölkerung vor dem Welfenmausoleum im Berggarten in Hannover-Herrenhausen an der Seite ihres Mannes beigesetzt.

Veröffentlichungen und umstrittene Autorenschaft der Bücher

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Von 1965 bis 1974 suchte sie mit sieben, von Ghostwritern verfassten Büchern über ihr Leben letztmals das Rampenlicht der Öffentlichkeit, wobei ihre Aktivitäten im Nationalsozialismus nicht thematisiert wurden. Die Memoiren Viktoria Luises wurden als geschichtsverfälschend rezensiert, erreichten aber einen großen Leserkreis. Bis ins Jahr 2000 erreichten sie eine Gesamtauflage von über 1,5 Millionen.[8]

Es ist umstritten, ob Viktoria Luise ihre Bücher tatsächlich selbst verfasst hat, oder ob sie von ihrem Verleger Leonhard Schlüter,[9] einem als rechtsextrem eingestuften Politiker, geschrieben wurden. Ingeborg Borek schreibt dazu:

„Sämtliche Bücher der Herzogin wurden vom Verleger Schlüter selbst verfasst. Er leistete alle Vorarbeiten, sammelte, sichtete und wertete das dokumentarische Material aus. Das Manuskript stammt ebenfalls aus Schlüters Feder. Victoria Luise stellte lediglich ihren Namen zur Verfügung.“[10]

Kinder mit Ernst August:

Zu Viktoria Luises Enkeln zählen Königin Sophia von Spanien, Ex-König Konstantin II. von Griechenland und Ernst August (V.) Prinz von Hannover.

Ehrungen

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Bereits im Jahr ihrer Einschulung 1899 wurde in Schöneberg (heute in Berlin) der Viktoria-Luise-Platz nach ihr benannt.[11] Braunschweig benannte im Stadtteil Broitzem die „Viktoria-Luise-Straße“ nach der ehemaligen Herzogin, ebenso 1913 Soltau die an die kaiserliche Reitschule grenzende Straße. 1912 wurde der Zeppelin LZ 11 auf ihren Namen getauft. In mehreren Städten, so in Hameln, wurden Schulen nach ihr benannt. Sie war Namensgeberin der Victoria Louise, einem Schulschiff der Kaiserlichen Marine. Das erste Kreuzfahrtschiff der Welt trug den Namen Prinzessin Victoria Luise. In Blankenburg (Harz) trägt das Hotel Victoria Luise ihren Namen. Am Schützenplatz in Hannover wurde 1991 ein Weg nach Viktoria Luise benannt, weil sie als Förderin des Schützenwesens gilt.[12]

Literatur

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  • Gabriele Armenat (Hrsg.): Viktoria Luise, Herzogin von Braunschweig und Lüneburg. In: Frauen aus Braunschweig. Stadtbibliothek, Braunschweig 1991, S. 148–150.
  • Britta Berg: Viktoria Luise, Herzogin zu Braunschweig u. Lüneburg. In: Luitgard Camerer, Manfred Garzmann, Wolf-Dieter Schuegraf (Hrsg.): Braunschweiger Stadtlexikon. Joh. Heinr. Meyer Verlag, Braunschweig 1992, ISBN 3-926701-14-5, S. 236.
  • Gerd Biegel: Braunschweig-Lüneburg, Victoria Luise Adelheid Mathilde Charlotte Herzogin von, Prinzessin von Preußen. In: Horst-Rüdiger Jarck, Günter Scheel (Hrsg.): Braunschweigisches Biographisches Lexikon – 19. und 20. Jahrhundert. Hahnsche Buchhandlung, Hannover 1996, ISBN 3-7752-5838-8, S. 94–95.
  • Gerd Biegel (Hrsg.): Victoria Luise. Kaisertochter, Herzogin und Braunschweiger Bürgerin. Streiflichter aus ihrem Leben. Meyer, Braunschweig 1992, ISBN 3-926701-15-3.
  • Wilhelm Hartwieg: Um Braunschweigs Thron. Ein Beitrag zur Geschichte der Thronbesteigung des Herzogs Ernst August im Jahre 1913. ACO Druck- und Verlagsanstalt Braunschweig, Braunschweig 1964.
  • Herzogin Viktoria Luise in: Internationales Biographisches Archiv 12/1981 vom 9. März 1981, im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
  • Edgar Kalthoff: Herzogin Viktoria Luise: Aus meinem Leben, in: Hannover Archiv. Ergänzungs-Edition, Blatt E-H 41
  • Peter Steckhan: Herzog und Kaisertochter – Ernst August von Hannover und Victoria Luise von Preußen. MatrixMedia Verlag, Göttingen 2019, ISBN 978-3-932313-52-3.
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Commons: Viktoria Luise von Preußen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. John C. G. Röhl: Wilhelm II. Band 3: Der Weg in den Abgrund, 1900–1941. München 2008, ISBN 978-3-406-57779-6, S. 1261–1262
  2. a b c Hohenzollern und Nationalsozialismus, taz vom 31. Januar 2021, zuletzt abgerufen am 23. Oktober 2021.
  3. Dokumentation zu einer Anfrage der grünen Fraktion im Niedersächsischen Landtag im Januar 2020, zuletzt aufgerufen am 23. Oktober 2021
  4. Brigitte Hamann, Winifred Wagner oder Hitlers Bayreuth, München, Piper 2013, ISBN 978-3-492-30188-6, S. 303
  5. Ann Claire Richter: Der Adel kehrt zurück ins Schloss. 24. Mai 2013, abgerufen am 8. November 2021 (deutsch).
  6. Viktoria Luise war eine „fanatische Nazisse“, Braunschweig Spiegel vom 4. Februar 2021, zuletzt abgerufen am 23.10.2021/
  7. Quelle: Herzogin Viktoria Luise in: Internationales Biographisches Archiv 12/1981 vom 9. März 1981, im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar).
  8. Ursula Köhler-Lutterbeck; Monika Siedentopf: Lexikon der 1000 Frauen, Bonn 2000, S. 376. ISBN 3-8012-0276-3
  9. Die Bücher der Herzogin Victoria Luise und ihr Verleger Leonhard Schlüter von Ernst-August Roloff und Uwe Meier – Samstag, den 14. April 2012
  10. Ingeborg Borek: Meine Erinnerungen an die Tochter des Kaisers. Braunschweig 1999, S. 88 f.
  11. Viktoria-Luise-Platz. In: Straßennamenlexikon des Luisenstädtischen Bildungsvereins (beim Kaupert)
  12. Renate Deuter, Bodo Dringenberg: Frauenstraßennamen. In: Hannoversche Geschichtsblätter. N.F. 52. 1998. S. 433