Villa Leipziger Straße 27
Die unter Denkmalschutz stehende Villa Leipziger Straße 27 ist auch als ehemalige Dampfschiffs- und Maschinen-Bauanstalt bekannt. Sie liegt im Dresdner Stadtteil Leipziger Vorstadt (Statistischer Stadtteil Pieschen-Süd) und wurde 1865[1] errichtet.
Geschichte
BearbeitenVor 1945
BearbeitenIn der bis dahin ländlichen Leipziger Vorstadt gab es zum Ende des 19. Jahrhunderts verschiedene Industrieansiedlungen. So zum Beispiel der Neustädter Holzhof, das Dampfsägewerk von Carl Ernst Grumbt und die 1861 gegründete Schiffswerft Schlick. Diese ließ sich an der Leipziger Straße eine repräsentative Villa als Verwaltungsbau erstellen, welche 1865 fertiggestellt wurde. Dort gab es auch Wohnräume verschiedener Ausstattung. Ein Adressbuch von 1895 nennt als wohnhaft einen Generaldirektor, einen Schiffbauergehilfen, einen Werkmeister und einen Klempner.[2] 1910 sind neun Männer unter der Adresse Leipziger Straße 27 zu finden.[3] 1913 findet sich unter den Hausbewohnern erstmals Karl Melkus,[4] Vater des Rennfahrers und späteren Pächters Heinz Melkus. Sein Beruf wird mit Brauereidirektor angegeben.
In der Fabrik wurden zunächst Maschinenteile hergestellt. Das Unternehmen spezialisierte sich bald auf den Schiffsbau und wurde 1872 von der Sächsischen Dampfschiffs- und Maschinenbauanstalt übernommen. 1905 erfolgte die Zusammenlegung mit der Schiffswerft Übigau.
Im Laufe der Jahre siedelten sich verschiedene Industriebetriebe auf dem Grundstück an. So waren auf der Leipziger Straße 27 im Jahr 1920 die Firmen Arthur Haendler GmbH, Oscar Renner GmbH, Augustinerbräu Niederlage GmbH, Hochspannungsapparatebau GmbH und das Autohaus Louis Glück ansässig.[5] 1944 waren die Metallwarenfabrik Wirsing, die Glashandlung Krüger und eine Niederlassung des Biergroßhandels Augustinerbräu eingetragen.[6]
1945 bis 2000
Bearbeiten1955 pachtete der Dresdner Rennfahrer Heinz Melkus das Haus und das umgebende Gelände und gründete eine Fahrschule. Im selben Jahr hatte er die Fahrlehrerprüfung bestanden und war damit jüngster Fahrlehrer der DDR.[7] Als Fahrzeuge standen ihm Motorräder, Pkw und Lkw aus der Vorkriegszeit zur Verfügung. Mit einem Motorrad NSU 500 SS und einer Tennisplatzwalze planierte er den Fahrschulhof.[7] Die Gewerbeerlaubnis wurde 1958 erteilt, was sehr ungewöhnlich war, da es damals grundsätzlich keine Gewerbeerlaubnis für Privatleute gab. Die Fahrschule wurde 1960 in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft mit dem Staat als Kommanditist überführt.
Bereits seit etwa 1956 wurde in der Villa auch eine Kfz-Werkstatt betrieben[8][7], die zuerst der Wartung der vier Fahrschulwagen diente. Parallel dazu konstruierte und baute Melkus dort Renn- und Sportwagen wie den Melkus RS 1000. Diese Fahrzeuge wurden in einem Pavillon auf dem Gelände ausgestellt.
Im Jahr 1980 hatte die Fahrschule 33 Mitarbeiter.[9] Da der Wettbewerb unter den Fahrschulen nach der Wende immer größer wurde, nahm Melkus im Dezember 1989 Kontakt zu BMW auf. 1989 hatte der Fuhrpark zehn Motorräder, vierzig Pkw und einen Lkw. Das Gelände bestand aus der Villa mit dem „Motorkeller“, einem Werkstattgebäude von etwa 60 mal 10 Metern und dem Fahrschul-Fahrhof (300 mal 10 Meter) einschließlich einer alten Tankstelle. Nur ein Drittel der Villa wurde von Melkus genutzt. Die restlichen Räume waren von einer bereits stillgelegten Konservenfabrik belegt.[7]
Im Mai 1990[10][11] eröffneten Heinz Melkus und sein Sohn Peter (noch vor der Währungsunion) in der Villa den ersten BMW-Händler- und Servicebetrieb in der DDR.[7] Die aus dem BMW-Werk für Probefahrten besorgten Dienstwagen waren bereits am ersten Tag verkauft.
Da immer weniger Schüler die Fahrschule besuchten, konzentrierte sich Melkus ab 1992 ganz auf das Autohausgeschäft. Der Pachtvertrag über das Grundstück lief 1994 aus, einen angebotenen Kaufpreis konnte die Familie nicht finanzieren.[12] Das Autohaus zog nach Dresden-Bühlau um.
Ab 2000
BearbeitenNach dem Auszug gab es noch verschiedene Mieter. Anschließend stand das Gebäude viele Jahre leer. Im Jahr 2016 begann der Bauträger USD mit einer Sanierung für einen geplanten Betrag von 2,8 Millionen Euro.[13] Hierbei sollten markante architektonische Elemente erhalten bleiben, das Innere aber modern ausgebaut werden. Es entstanden zehn Wohnungen mit Grundflächen zwischen 39 und 126 Quadratmetern.[14]
Beschreibung
BearbeitenAußen
BearbeitenDer Bau ist zweigeschossig, durch neun zu drei symmetrische Fensterachsen gegliedert und hat ein Walmdach. Das Dach ist ausgebaut und mit zwei Gaupen an der Ost-, einer Gaupe an der Süd- und fünf Gaupen an der Westseite versehen. An der nördlichen Seite befindet sich ein eingeschossiger Anbau. Das Haus hat je einen Eingang von Süden und von Westen.
Innen
BearbeitenDie gesamte Länge des Hauses durchzieht auf allen Etagen mittig ein Flur. Auf der östlichen Seite befindet sich, ebenfalls mittig, das Treppenhaus. Zwischen dem kurzen Ost-West-Flur und dem langen Nord-Süd-Flur ist auf jedem Geschoss eine Innentür.
Durch den langen Leerstand war der Zustand des Hauses Anfang 2016 sehr schlecht. An zahlreichen Stellen ist Feuchtigkeit eingedrungen, einige Zwischendecken sind eingebrochen. Die ursprüngliche Wandbemalung lässt sich nur noch an wenigen Stellen, vor allem im Treppenhaus, erkennen. Auch in den mit Parkett und Stuckdecken repräsentativ ausgestatteten Räumen liegt größtenteils ein Totalverlust vor.
Galerie
Bearbeiten-
Ausgebautes Dach, Ostseite
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Durchgang zum 1. OG
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Reste der alten Wandbemalung
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Flur im 1. OG
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Anbau
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Peter Hilbert: Bauauftakt an der Hafencity. In: Sächsische Zeitung. 9. Dezember 2015 (saechsische.de [abgerufen am 13. April 2020]).
- ↑ Buchdruckerei von Arthur Schönfeld (Hrsg.): Adreßbuch. Wohnungs- und Geschäftshandbuch der Königlichen Residenz- und Hauptstadt Dresden. Nr. 41. Buchdruckerei von Arthur Schönfeld, Dresden 1895, S. 1163, Sp. 3 (online [abgerufen am 22. Februar 2016]).
- ↑ Buchdruckerei von Arthur Schönfeld (Hrsg.): Adreßbuch für Dresden und seine Vororte. Buchdruckerei von Arthur Schönfeld, Dresden 1910, S. 369, Sp. 2 (online [abgerufen am 22. Februar 2016]).
- ↑ Buchdruckerei von Arthur Schönfeld (Hrsg.): Adreßbuch für Dresden und seine Vororte. Buchdruckerei von Arthur Schönfeld, Dresden 1913, S. 384, Sp. 3 (online [abgerufen am 22. Februar 2016]).
- ↑ Buchdruckerei der Gützschen Stiftung (Hrsg.): Adreßbuch für Dresden und Vororte. Buchdruckerei der Gützschen Stiftung, Dresden 1920, S. 341, Sp. 3 (online [abgerufen am 22. Februar 2016]).
- ↑ Leipziger Straße bei dresdner-stadtteile.de ( vom 22. September 2022 im Internet Archive)
- ↑ a b c d e Wolfgang Melnek, Mike Jordan: Rennsportlegende Heinz Melkus. Schneider Text, 2008.
- ↑ Ralf Hübner: Was macht eigentlich? – Heinz Melkus. In: Neue Zeit. 8. Mai 1993 (online nach Anmeldung [abgerufen am 22. Februar 2016]).
- ↑ Firmenhistorie: 1951 bis heute. Autohaus Melkus GmbH Dresden, abgerufen am 22. Februar 2016.
- ↑ Erster BMW-Händler- und Servicebetrieb in Dresden. In: Berliner Zeitung. 10. April 1990 (online nach Anmeldung [abgerufen am 22. Februar 2016]).
- ↑ Weiß-blaue Qualität. In: Neue Zeit. 4. Mai 1990 (online nach Anmeldung [abgerufen am 22. Februar 2016]).
- ↑ Sind Rennfahrer lebensmüde, Herr Melkus? In: Neue Zeit. 19. Mai 1994 (online nach Anmeldung [abgerufen am 22. Februar 2016]).
- ↑ Ronja Münch: Altbau-Charme in der Melkus-Villa. In: Sächsische Zeitung. 15. November 2016 (saechsische.de [abgerufen am 13. April 2020]).
- ↑ NEU - Melkus Villa - Leipziger Straße 27. viarealis.de, archiviert vom am 2. März 2016; abgerufen am 22. Februar 2016. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
Koordinaten: 51° 4′ 4,2″ N, 13° 43′ 53,2″ O