Wildes Stiefmütterchen

Art der Gattung Veilchen (Viola)
(Weitergeleitet von Viola tricolor curtisii)

Das Wilde Stiefmütterchen (Viola tricolor), im Volksmund auch Ackerveilchen, Muttergottesschuh, Mädchenaugen, Schöngesicht oder Liebesgesichtli sowie Christusauge und kurz auch einfach Stiefmütterchen, ist eine Pflanzenart innerhalb der Familie der Veilchengewächse (Violaceae).

Wildes Stiefmütterchen

Wildes Stiefmütterchen (Viola tricolor), Illustration

Systematik
Rosiden
Eurosiden I
Ordnung: Malpighienartige (Malpighiales)
Familie: Veilchengewächse (Violaceae)
Gattung: Veilchen (Viola)
Art: Wildes Stiefmütterchen
Wissenschaftlicher Name
Viola tricolor
L.

Beschreibung und Ökologie

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Habitus und Blüten des Gewöhnlichen Wilden Stiefmütterchen (Viola tricolor subsp. tricolor)

Die Beschreibung folgt der Systematik, wie sie in Floraweb und Rothmaler (2021) vorgenommen wird, wobei die systematische Einordnung der Viola tricolor-Sippen weiterer Untersuchungen bedarf.[1]

Vegetative Merkmale

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Das Wilde Stiefmütterchen ist eine einjährig überwinternde, sommerannuelle, zweijährige oder ausdauernde krautige Pflanze[1], die Wuchshöhen von 10 bis 40 Zentimetern erreicht. Diese Halbrosettenpflanze bildet keine unterirdischen Ausläufer. Die Stängel sind aufsteigend bis aufrecht und meist verzweigt. Die unteren Blätter sind herzförmig bis eiförmig, stumpf und gekerbt. Die abstehenden[1] Nebenblätter sind tief fingerförmig gelappt. Der Endabschnitt ist größer als die anderen. Er ist schmal-lanzettlich bis breit-lanzettlich ausgeprägt und ganzrandig. Mastexemplare können einen nicht ganzrandigen Blattrand aufweisen.[1]

Generative Merkmale

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Die zwittrigen Blüten sind zygomorph und fünfzählig mit doppelter Blütenhülle (Perianth). Die Kronblätter sind stets flach ausgebreitet.[1] Sie sind meist zwei- dreifarbig.[1] Zuweilen sind auch rein (blau-)violettfarbige oder gelbfarbige Exemplare anzutreffen.[1] Bei dreifarbig ausgeprägten sind gewöhnlich die oberen zwei Kronblätter blauviolett, das untere gelb und die beiden seitlichen weiß oder auch blauviolett – also blüht es dreifarbig („tricolor“). Zum Blütenzentrum hin ist eine dunkle, strichförmige Aderung zu sehen, die den Insekten – vor allem Hummeln und Bienen – als Orientierungshilfe bei der Nektarsuche dient. Die verhältnismäßig große Lippe des Narbenkopfes entspricht 1/4 bis 1/6 des Kopfquerschnitts.[1] Die Pollenkörner sind (3-)4(-5)kolporat[1] (Pollenkorn mit Spalten und Poren als Öffnungstyp). Die Blütezeit reicht von Mai bis September. Blütenökologisch handelt es sich um Lippenblumen mit Streukegel vom Viola-Typ. Das Wilde Stiefmütterchen ist selbststeril und die Bestäubung erfolgt durch Insekten. Die Narbengrube ist auch durch eine lippenförmige Klappe gegen hereinfallenden Pollen und damit gegen Selbstbestäubung geschützt.

Die Kapselfrüchte sind höchstens so lang wie der Kelch, kahl und aufspringend. Die Samen sind birnenförmig, gelb, mit kleinem Elaiosom. Die Ausbreitung der Diasporen erfolgt durch Autochorie oder durch Ameisen (Myrmekochorie).

 
Habitus und Blüten des Dünen-Stiefmütterchens (Viola tricolor var. maritima)
 
Dünen-Stiefmütterchen (Viola tricolor var. maritima) an der polnischen Ostsee

Vorkommen

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Das Wilde Stiefmütterchen ist in weiten Teilen Europas verbreitet, es fehlt nur in den südlichsten und nördlichsten Regionen.

Es wächst auf Wiesen, an Wegrändern und auf Brachflächen. Je nach Unterart gedeiht das Wilde Stiefmütterchen am besten auf sandigen, mageren Böden des Nordens (Dünen) und auf saurem Urgestein.

Systematik

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Die Erstveröffentlichung von Viola tricolor erfolgte durch Carl von Linné. Die Systematik der Artengruppe Wildes Stiefmütterchen (Viola tricolor agg.) wird kontrovers diskutiert.

Viola tricolor ist eine formenreiche Art. Manche Autoren unterscheiden in Deutschland etwa drei Unterarten und/oder Varietäten:

  • Sand-Stiefmütterchen (Viola tricolor subsp. curtisii (E.Forst.) Syme): Es gedeiht im Violo-Corynephoretum und kommt auch in Gesellschaften des Verbands Koelerion albescentis oder Honkenyo-Elymion vor.[2] Es hat die Chromosomenzahl 2n = 26.[2]
  • Felsen-Stiefmütterchen (Viola tricolor subsp. saxatilis (F.W.Schmidt) Arcang.): Es kommt in Bergfettwiesen vor und ist vielleicht eine Charakterart des Verbands Polygono-Trisetion.[2] Es hat die Chromosomenzahl 2n = 26.[2]
  • Gewöhnliches Wildes Stiefmütterchen (Viola tricolor L. subsp. tricolor): Es kommt vor in mageren Gesellschaften der Ordnungen Arrhenatheretalia oder Corynephoretalia vor. Es hat die Chromosomenzahl 2n = 26.[2]

Es wird manchmal noch in drei Varietäten unterteilt:

    • Dünen-Stiefmütterchen (Viola tricolor var. maritima Schweigg. ex K.G.Hagen)
    • Gebirgswiesen-Stiefmütterchen (Viola tricolor var. polychroma (A.Kern.) Gams)
    • Gewöhnliches Wildes Stiefmütterchen im engeren Sinn (Viola tricolor L. var. tricolor)

Nach der Rothmaler Exkursionsflora Grundband, 2021[1] und Floraweb wird die Art in folgende vier Unterarten gegliedert:

  • Viola tricolor subsp. alpestris (Ging.) Ces. (Syn.: Viola tricolor subsp. saxatilis (F.W.Schmidt) Arcang.) Diese Unterart wächst als ausdauernde Pflanze mit einer Höhe von 20 bis 30 Zentimetern. Die Länge der Krone misst 20 bis 30 Millimeter. Die Kronblätter sind von gelber Farbgebung, selten sind sie im oberen Bereich schwach bläulich überlaufen. Sie kommt in montanen und submontanen Regionen vor, dort insbesondere in frischen Wiesen und auf Schuttfluren. Das Verbreitungsgebiet ist bisher ungenügend erforscht; für Deutschland wurden seltene Vorkommen in den Alpen Ostbayerns, südlichem Baden-Württembergs und im südwestlichen Sachsen belegt.[1]
  • Viola tricolor subsp. ammotropha Wittr. (Syn.: Viola tricolor subsp. curtisii auct.; Viola tricolor var. maritima Schweigg. ex K. G. Hagen; Viola tricolor subsp. stenochila Wittr.; Viola tricolor subsp. coniophila Wittr.) Diese Unterart wächst meist als ausdauernde Pflanze mit einer Höhe von 10 bis 35 Zentimeter. Die Sprossachse ist niederliegend bis aufsteigend, durch Sandverwehungen oft unterirdisch verlaufend. Sie ist reich verzweigt. Eine Behaarung ist nicht oder nur sehr spärlich ausgebildet, wobei die Haare sehr kurz sind. Die Textur der Blätter ist derb bis fleischig ausgeprägt. Die am mittleren Teil der Sprossachse angeordneten Stängelblätter besitzen eine schmal-eilanzettliche bis lanzettliche Spreitenform, die sich allmählich in den Grund verschmälert. Die Spreite der im oberen Bereich angeordneten Blätter ist linealisch-lanzettlich, die im unteren Bereich eiförmig ausgeprägt. Die meist violette Krone misst (10 bis)15 bis 20 Millimeter in der Länge. Diese Unterart besiedelt Grau- und Weißdünen sowie Pionier-Sandtrockenrasen der Küste.und lichte Dünen-Kiefernwälder. Sie meidet kalkhaltige Unterlagen. In Deutschland kommt sie häufig auf den nördlichen Inseln Niedersachsens, selten an der nördlichen Küste Mecklenburg-Vorpommerns und auf den im Osten und Westen gelegenen Inseln Schleswig-Holsteins vor.[1]
  • Viola tricolor subsp. polychroma (A. Kern.) Murr Diese Unterart wächst stets als ausdauernde Pflanze. In der Höhe erreicht sie 10 bis 25 Zentimeter. Die meist rotviolette Krone misst 20 bis 35 Millimeter in der Länge. Supsp.polychroma besiedelt montan bis subalpin gelegene Standorte und kommt dort gewöhnlich in Wiesen mit basenreichen Unterlagen vor. In Deutschland ist sie selten in den Ostalpen Bayerns, und im Südwesten Sachsens anzutreffen.[1]
  • Viola tricolor subsp. tricolor (Syn.: Viola tricolor subsp. vulgaris (Rchb.) Oborny) Diese Unterart kann von der Lebensdauer als einjährig überwinternde, zweijährig bis dreijährige Pflanze vorkommen. Sie erreicht in der Länge 10 bis 25 Zentimeter. Die Krone wird etwa 15 bis 25 (bis 30) Millimeter lang. Die Farbgebung der Krone ist variabel, häufig ist sie dreifarbig ausgeprägt. Die Unterart meidet kalkhaltige Unterlagen. Als Standorte werden von der Ebene bis montane Regionen nährstoffreiche Böschungen und Wegränder, Sandtrockenrasen und extensiv bewirtschaftete Äcker besiedelt. In Deutschland ist sie insbesondere in Bayern, vor allem Nordbayern (Mitte) und Nordosten, in Sachsen im Elbtal, im Osten Thüringens, in Niededersachsen im östlichen Elbtal, in Sachsen-Anhalt im Harz und Elbtal, im Süden und Südosten Baden-Württembergs verbreitet.[1]

Mit großer Wahrscheinlichkeit ist das Wilde Stiefmütterchen (Viola tricolor) neben dem Altai-Stiefmütterchen (Viola altaica) und dem Sudeten-Stiefmütterchen (Viola lutea subsp. sudetica) ein Elternteil des in vielen Varietäten gezüchteten großblütigen Gartenstiefmütterchen (Viola ×wittrockiana).

Inhaltsstoffe

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Das Wilde Stiefmütterchen enthält in etwa 10 Prozent Schleimstoffe bestehend aus Glucose, Galactose, Arabinose und Rhamnose, sowie Gerbstoffe, Salicylsäure und deren Derivate, wie Salicylsäuremethylester. Daneben enthält sie die Droge Phenolcarbonsäuren, wie Kaffee- und Cumarsäure, sowie Flavonoide wie Quercetin, Luteolin und Rutin. Aus der Droge wurden bisher verschiedene Carotinoide isoliert: Violaxanthin, Antheraxanthin, Lutein, Zeaxanthin und Beta-Carotin.[3] Auch konnten Anthocyanidine und Cumarine, wie das Umbelliferon, nachgewiesen werden. Das Wilde Stiefmütterchen enthält entgegen früheren Literaturangaben keine Saponine, sondern hämolytisch aktive Peptide.[4]

Verwendung in der Naturheilkunde

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Als pharmazeutische Drogen dienen die getrockneten oberirdischen Teile der blühenden Pflanze (Stiefmütterchenkraut mit Blüten, Violae tricoloris herba cum flore).

Stiefmütterchenkraut mit Blüten verwendet man innerlich und äußerlich bei leichten seborrhoischen Hauterkrankungen mit Schuppenbildung, Juckreiz, Milchschorf der Kinder, auch Akne. Auf welchen Inhaltsstoffen die Wirkung beruhen könnte, ist bisher nicht bekannt; in der Volksmedizin gilt die Droge allgemein als „blutreinigend“ oder „stoffwechselanregend“. Auch bei rheumatischen Beschwerden, Katarrhen der Atemwege und fieberhafte Erkältungskrankheiten wird die Droge traditionell genutzt. Entzündungshemmende und schleimlösende sowie den Hustenreiz lindernde Wirkungen erscheinen von den Inhaltsstoffen (Salicylsäurederivate, Schleimstoffe) her plausibel. Die antimikrobielle Wirkung konnte für verschiedene Extrakte nachgewiesen werden.[5] Für den wässrigen Extrakt aus Stiefmütterchenkraut konnte in vitro (d. h. außerhalb eines lebenden Organismus) eine immunsuppressive Wirkung[6] festgestellt werden, welche die Frage nach dem möglichen Einsatz bei Erkrankungen, die mit einem überreaktiven Immunsystem einhergehen, stellen lässt. Hierzu gibt es bis dato aber keine weitere Forschung. Für die Tinktur aus Viola tricoloris wurde eine schwach diuretische Wirkung beobachtet.[3] Die Kommission E des ehemaligen Bundesgesundheitsamtes veröffentlichte im März 1986 eine (Positiv-)Monographie über Violae tricoloris herba, Stiefmütterchenkraut.[7] Der Ausschuss für pflanzliche Arzneimittel der europäischen Arzneimittelagentur kam in seiner Beurteilung zur dem Ergebnis, dass es keine Wirksamkeitsnachweise gebe, die einen allgemeinen medizinischen Gebrauch von Stiefmütterchenkraut mit Blüten stützten.[8]

Als Zier- und Heilpflanze wird das Wilde Stiefmütterchen seit dem Mittelalter kultiviert und in Großbritannien seit 1810 gezüchtet.

Namensgebung und Symbolik

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Der Name Stiefmütterchen wird im Volksglauben folgendermaßen gedeutet: Die fünf bunten Blütenkronblätter werden von fünf Kelchblättern getragen. Das unterste, große und stark gefärbte Blütenkronblatt sitzt auf zwei Kelchblättern. Das ist die Stiefmutter. Links und rechts von ihr sitzen ihre zwei bunt gefärbten Töchter jeweils auf einem Kelchblatt. Die zwei oberen, meist einfach violettfarbenen Blütenblätter stellen die zwei Stieftöchter dar. Sie müssen sich mit einem Kelchblatt gemeinsam begnügen.[9]

In manchen Regionen ist man sich sicher, in der Blüte auch noch den Vater zu entdecken. Symbolisiert von Griffel und Narbe der Blüte sitzt er nämlich in der Mitte der Blüte von den Frauen seiner Familie eingezwängt. Er kommt erst heraus, wenn Frau und Kinder ausgegangen sind, wenn nämlich die Blume verblüht ist und die Blütenblätter abgefallen sind.[10]

Im 15. und 16. Jahrhundert wurde das Stiefmütterchen freisam[11], freischem krut[12], dreifaltigkeit blümlin[13] oder stiefmuoter[14] genannt. Matthias Lexer deutete in seinem Mittelhochdeutschen Handwörterbuch (Bd. III, Sp. 497) vreise als etwas, das Gefahr und Verderben bringt, grausam und schrecklich ist. Ähnlich interpretierten die Brüder Grimm im Deutschen Wörterbuch die Wörter freissam und freissamkeit. Max Höfler führte unter dem Stichwort frais viele Krankheiten auf, die als gemeinsames Charakteristikum haben, dass sie heftig und hitzig sind.[15]

Das Erscheinungsbild des Wilden Stiefmütterchens hat in Märchen, Sagen und Erzählungen seinen Niederschlag gefunden, so zum Beispiel in Theodor Storms Novelle Viola tricolor. In William Shakespeares Komödie Ein Sommernachtstraum dient es als Liebestrank.

Geschichte

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IIn der römischen Antike wurde sich von den klassischen Schriftstellern zwar auf Veilchenarten bezogen, jedoch blieb unklar, ob und mit welcher das Viola tricola gemeint ist.[16] So erwähnt Dioskurides das Veilchen Ion, das gegen Epilepsie bei Kindern helfen sollte.[17] Die Väter der Botanik konstatierten im 16. Jh., dass es ihnen nicht möglich war, die Pflanze einer der bei den antiken Autoren aufgeführten, zuzuordnen.[18]

Im Jahr 1478 nennt der österreichische Arzt Michael Puff aus Schrick in seinem „Büchlein von Tugenden der ausgebrannten Wässer“ ein Heilwasser, gewonnen aus einer Pflanze namens freבsam. Als Indikationen werden Fieber bei Kindern sowie allgemein Atemnot und Enge angegeben. Diese Pflanze wird in dem Buch weder beschrieben, noch mit einer Zeichnung versehen dargestellt, so dass eine Identifizierung nicht möglich ist[19].[18] Der Begriff ausgebranntes Wasser kann nicht in der heutigen Bedeutung eines Destillats verstanden werden, vielmehr wurden damit zur Extraktion von Wirkstoffen verschiedene Verfahren gefasst, wie Wasserdampfdestillation oder Erwärmung im Backofen und Misthaufen.[18]

Im Mainzer Gart der Gesundheit vom Jahre 1485 bildete Erhard Reuwich das Stiefmütterchen unter dem Namen „freyschemkrut“ (Freisamkraut) erstmals naturgetreu ab. Als Synonyme gibt er yacea oder herba clauelata (lat.), marefolon (arabisch) und torqueta (griechisch) an.[16] Die Beschreibung, die im Text von der Pflanze gegeben wird, weicht allerdings deutlich vom Bild ab, insbesondere bezüglich der Blütenfarben sowie der Beschaffenheit und Form der Blätter. Als Anwendung wird ein Brei für Kinder, dem das kleingeschnittene Kraut beigefügt wird, sowie das freyschen-wasser als Getränk beschrieben. Das Kraut wird als heiß-feucht im dritten Grad eingeordnet. Als Indikation werden das freyschem, Hautkrankheiten und Verschleimung angegeben.[18] [16].[20]

Woher die Angaben zur Pflanze und das Synonym J(Y)acea für das Stiefmütterchen übernommen wurde, konnte nicht geklärt werden.[18] Allerdings hatte die breite Rezeption des Gart des Gesundheit zur Folge, dass für das Wilde Stiefmütterchen auch der Name J(Y)(I)acea üblich wurde. So z. B. bei Bock, Matthioli[21] und im Hortus sanitas.[22][18] Hieronymus Brunschwig übernahm 1505 aus dem Gart der Gesundheit für das Freissam krut als Bezeichnungen Yacea oder herba clauellata und fügt als weiteres Synonym die Bezeichnung driualtigkeit blůme (Dreifaltigkeitsblume,-kraut, lat. Herba Trinitatis) hinzu.[23][18]

Brunfels erklärt den Namen Dreifaltigkeitsblümchen in seinem Kreuterbuch (1534) damit, dass an einer Stiefmütterchenblüte dreierlei Farben vorkommen Er gibt als Anwendungsgebiet u.a bei kleinen Kindern ungewöhnliche Hitz an sowie Husten und Brustenge.[24][17][16]

Leonhart Fuchs grenzte im Text seines New Kreütterbuch (1543) erstmals das Stiefmütterchen klar von anderen Veilchenarten ab. Er erwähnt auch, dass es in Gärten kultiviert wird, wobei er zwischen einem wilden, das auf Äckern (tricolor) wächst und zahmen in Gärten unterschied. Den Namen Freyschamkraut führt er darauf zurück, dass es bei Kindern gegen die Freysch (Epilepsie) helfe.[25][26][27]

J.J. Becher fasste 1662 in seiner Parnassus Medicinalis illustratus alle bis dato bekannten Eigenschaften des Stiefmütterchen zusammen: Er beschreibt es als warm, von trockener Qualität, wundheilend, von bitterer Kraft, wirksam gegen zähen Schleim in der Lunge, und bei Hautausschlägen gut geeignet.[16]

Bis ins 20. Jahrhundert wurde das Wilde Stiefmütterchen in pharmakologischen Werken als Freisamkraut zur Behandlung von Hauterkrankungen empfohlen:17. – 18. Jahrhundert:[28][29] 19. Jahrhundert:[30][31][32][33][34][35][36][37][38][39][40] 20. Jahrhundert:[41][42]

Seit der Mitte des 18. Jahrhunderts behandelte der Mainzer Arzt Karl Strack den Milchschorf der Kinder durch innere Gabe des Pulvers vom Kraut des Wilden Stiefmütterchens. Als „blutreinigendes Mittel“ (Antidyskraticum) wurde das Stiefmütterchen bei Hauterkrankungen bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts verwendet.[43]

Aus pharmakologischer Sicht schrieb dazu Theodor Husemann:

„Antidyskratische Mittel, Antidyskratica. … Herba Violae tricoloris, Herba Jaceae; Stiefmütterchen, Freisamkraut … Das Freisamkraut schmeckt schleimig, schwach bitter, kaum kratzend und enthält außer etwas Violin nach den Untersuchungen von Mandein Salicylsäure. Es ist im vorigen Jahrhundert von Strack gegen [[Impetigo contagiosa |Impetigo faciei]] empfohlen und wird auch jetzt bei Ekzem u. a. Hautaffektionen im kindlichen Lebensalter besonders im Volke angewendet. Man kann es zu 1,0-5,0 mehrmals täglich in Pulvern, oder zweckmäßiger in Abkochung mit Milch oder Wasser (1:10) anwenden. Auch äußerlich hat ein daraus bereitetes Extrakt in Salbenform bei chronischen Hautleiden Empfehlung gefunden. Piffard (1882) empfiehlt ein Fluid Extract zu 5-10 Tropfen beim Erwachsenen und 1-5 Tropfen bei Kindern. Anhaltender Gebrauch von Stiefmütterchentee soll dem Urin einen widrigen Geruch nach Katzenharn geben.“

Theodor Husemann: Handbuch der gesamten Arzneimittellehre. 2. Aufl. Berlin 1883, S. 837.[44]

Historische Abbildungen

Literatur

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Zeitgenössische Quellen

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Einzelnachweise

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  1. a b c d e f g h i j k l m n Frank Müller, Christiane M. Ritz, Erik Welk, Karsten Wesche (Hrsg.): Exkursionsflora von Deutschland. Begründet von Werner Rothmaler. 22. Auflage. Gefäßpflanzen: Grundband. Springer Spektrum, Berlin 2021, ISBN 978-3-662-61010-7, S. 468 f.
  2. a b c d e Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. Unter Mitarbeit von Angelika Schwabe und Theo Müller. 8., stark überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2001, ISBN 3-8001-3131-5, S. 673–674.
  3. a b A. Toiu, E. Muntean, I. Oniga, O. Voştinaru, M. Tămaş: Pharmacognostic research on Viola tricolor L. (Violaceae). In: Rev Med Chir Soc Med Nat Iasi. Band 113, Nummer 1, 2009 Jan-Mar, ISSN 0048-7848, S. 264–267, PMID 21491816.
  4. Th. Schöpke und Mitarbeiter. In Sci. Pharm., Nr. 61, 1993, S. 145–153
  5. E. Witkowska-Banaszczak, W. Bylka, I. Matławska, O. Goślińska, Z. Muszyński: Antimicrobial activity of Viola tricolor herb. In: Fitoterapia. Band 76, Nummer 5, Juli 2005, ISSN 0367-326X, S. 458–461, doi:10.1016/j.fitote.2005.03.005, PMID 15893888.
  6. R. Hellinger, J. Koehbach, H. Fedchuk, B. Sauer, R. Huber, C. W. Gruber, C. Gründemann: Immunosuppressive activity of an aqueous Viola tricolor herbal extract. In: Journal of ethnopharmacology. Band 151, Nummer 1, 2014, ISSN 1872-7573, S. 299–306, doi:10.1016/j.jep.2013.10.044, PMID 24216163, PMC 3918579 (freier Volltext).
  7. Monographie der Kommission E Digitalisat
  8. Monografie und Beurteilung des Ausschusses für pflanzliche Arzneimittel zu: Violae herba cum flore, November 2010.
  9. Heinrich Marzell. Stiefmütterchen. In: Hanns Bächtold-Stäubli und Eduard Hoffmann-Krayer (Hrsg.). Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Berlin : W. de Gruyter 1937, Band 8, Sp. 480–481
  10. Vagn Jørgensen Brøndegaard: Das „Menschlein“ in der Blüte. Zur Genese eines Pflanzennamens: Stiefmütterchen. In: Sudhoffs Archiv, Band 79, Heft 2 (1995), S. 227–230
  11. Puff-Handschriften: Heidelberg, cpg 558, Nordbayern 1470-1485, Blatt 24r. - Heidelberg, cpg 545, Nürnberg 1474, Blatt 111r.
  12. Gart der Gesundheit. Mainz 1485, Cap. 432.
  13. Hieronymus Brunschwig: Kleines Destillierbuch. 1500, Blatt 49r-v: „… drivaltigkeit blůmen genant / vmb dryerley farb ſiner blůmen / gelb / blow vnd wyß […]“.
  14. Jürgen Martin: Die ‚Ulmer Wundarznei‘. Einleitung – Text – Glossar zu einem Denkmal deutscher Fachprosa des 15. Jahrhunderts. Königshausen & Neumann, Würzburg 1991 (= Würzburger medizinhistorische Forschungen. Band 52), ISBN 3-88479-801-4 (zugleich Medizinische Dissertation Würzburg 1990), S. 175.
  15. Max Höfler: Deutsches Krankheitsnamen-Buch. München 1899, S. 165–166.
  16. a b c d e Heinrich Marzell: Geschichte und Volkskunde der deutschen Heilpflanzen. Neudruck der Ausgabe von 1938 vermehrt um ein Register. Reichl Verlag St. Goar, 2002, ISBN 3-87667-234-1, S. 137 ff.
  17. a b Manfred Bocksch: Das praktische Buch der Heilpflanzen. BLV, München 1996, ISBN 3-405-14937-1, S. 71.
  18. a b c d e f g Ute Holtzegel: Viola jacea. Zur botanischen Fachsprache in der Renaissance. Buch: dat ih dir it nu bi huldi gibu - Linguistische, germanistische und indogermanistische Studien Rosemarie Lühr gewidmet. Hrsg.: Neri, Sergio; Schuhmann, Roland; Zeilfelder, Susanne. Reichert, 2016, ISBN 978-3-95490-169-2, S. 180 ff.
  19. Michael Puff: Büchlein von den ausgebrannten Wässern. 15. Jh. Druck Augsburg (Johannes Bämler) 1478: Freysam (Digitalisat)
  20. Gart der Gesundheit. Mainz 1485, Kap. 432: „…drybet vß die böse füchtung vnd benympt daz freyschem in dem lybe vnd drybet das vß mechtiglich …“ (Digitalisat)
  21. Pietro Andrea Mattioli: Commentarii, in libros sex Pedacii Dioscoridis Anazarbei, de medica materia. Übersetzung durch Georg Handsch, bearbeitet durch Joachim Camerarius den Jüngeren, Johan Feyerabend, Franckfurt am Mayn 1586, Blatt 413r–414r: Freisamkraut. Dreyfaltigkeitblumen (Digitalisat)
  22. Hortus sanitatis 1491, Mainz 1491, Teil I, Kapitel 511: Jacea (Digitalisat)
  23. Hieronymus Brunschwig: Medicinarius: Das buch der Gesuntheit Liber de arte distillandi Simplicia et Composita. Das nüv buch d[er] rechte[n] kunst zu distilliere[n]. Ouch vo[n] Marsilio ficino vn[d] anderer hochberöpmter Artzte natürliche vn[d] gute künst zu behalte[n] den gesunde[n] leib vnd zuuertryben die kranckheit mit erlengeru[n]g des lebens. Grüninger, 1505 (google.com [abgerufen am 30. Mai 2024]).
  24. Otto Brunfels: Contrafayt Kreüterbůch. Johann Schott, Straßburg 1532, S. 130: Dreyfaltigkeit Blumen. Freysam- oder Nagelkraut (Digitalisat)
  25. Flora Emslandia, Gattung Viola, Veilchen, Stiefmütterchen. Abgerufen am 30. Mai 2024.
  26. Leonhart Fuchs: New Kreütterbuch … Michael Isingrin, Basel 1543, Kapitel 313: Freyschamkraut (Digitalisat)
  27. Johannes Gottfried Mayer, Bernhard Uehlke, Kilian Saum: Handbuch der Klosterheilkunde. 7. Auflage. Zabert Sandmann, München 2003, ISBN 3-89883-016-0, S. 175.
  28. Nicolas Lémery : Dictionnaire universel des drogues simples. Paris 1699, S. 353 : Herba trinitatis (Digitalisat); Übersetzung. Vollständiges Materialien-Lexicon. Zu erst in Frantzösischer Sprache entworffen, nunmehro aber nach der dritten, um ein grosses vermehreten Edition […] ins Hochteutsche übersetzt / Von Christoph Friedrich Richtern, […]. Leipzig: Johann Friedrich Braun, 1721, Sp. 529–530: Herba trinitatis (Digitalisat)
  29. Albrecht von Haller (Herausgeber): Onomatologia medica completa oder Medicinisches Lexicon das alle Benennungen und Kunstwörter welche der Arzneywissenschaft und Apoteckerkunst eigen sind deutlich und vollständig erkläret […]. Gaumische Handlung, Ulm/ Frankfurt am Main/ Leipzig 1755, Sp. 809–810: Jacea tricolor (Digitalisat)
  30. Jean-Louis Alibert: Nouveaux éléments de thérapeutique et de matière médicale. Crapart, Paris Band I 1803, S. 250–252: Herba Violae tricoloris (Digitalisat)
  31. Carl Wilhelm Juch: Pharmacopoea Borussica oder Preußische Pharmakopoe. Aus dem Lateinischen übersetzt, und mit Anmerkungen und Zusätzen begleitet von Dr. Carl Wilhelm Juch. Stein, Nürnberg 1805, S. 81: Herba Violae tricoloris s. Jaceae. Dreyfaltigkeitsblume. Freisamkraut (Digitalisat)
  32. August Friedrich Hecker’s practische Arzneimittellehre. Revidiert und mit neuesten Entdeckungen bereichert von einem practischen Arzte. Camesius, Wien, Band I 1814, S. 231: Herba Jaceae. Fraisamkraut. Dreifaltigkeitsblume. Stiefmütterchen (Digitalisat)
  33. Philipp Lorenz Geiger: Handbuch der Pharmacie zum Gebrauche bei Vorlesungen & zum Selbstunterrichte für Ärzte, Apotheker & Droguisten. Wolters, Stuttgart, 2. Band, 1. Hälfte 1830, S. 541–543: Viola tricolor (Digitalisat)
  34. Jonathan Pereira’s Handbuch der Heilmittellehre. Nach dem Standpunkte der deutschen Medicin bearbeitet von Rudolf Buchheim. Leopold Voß, Leipzig 1846–48, Band II 1848, S. 733: (Digitalisat)
  35. Alexander Willem Michiel van Hasselt. J. B. Henkel (Übersetzer): Handbuch der Giftlehre für Chemiker, Ärzte, Apotheker und Gerichtspersonen. Vieweg, Braunschweig 1862, S. 485: Violin (Digitalisat)
  36. Friedrich Mohr: Commentar zur Preussischen Pharmakopoe : nebst Übersetzung des Textes … Friedrich Vieweg, Braunschweig 1865. Nach der siebten Auflage der Pharmakcopoea borussica. Dritte Auflage in einem Band, S. 324–325: Herba Violae tricoloris. Freisamkraut. Stiefmütterchenkraut (Digitalisat)
  37. August Husemann / Theodor Husemann: Die Pflanzenstoffe in chemischer, physiologischer, pharmakologischer und toxikologischer Hinsicht. Für Aerzte, Apotheker, Chemiker und Pharmakologen. Springer, Berlin 1871, S. 105–106: Violin (Digitalisat)
  38. Hermann Hager Commentar zur Pharmacopoea GermanicaJulius Springer Berlin, Band II (1874), S. 145–145: Herba Violae tricoloris (Digitalisat)
  39. Henry Granger Piffard: A treatise on the materia medica and the therapeutics of the skin. William Wood & Company, New York 1881, S. 113–116 (Digitalisat)
  40. Theodor Husemann: Handbuch der gesammten Arzneimittellehre. Springer, Berlin 2. Aufl. 1883, S. 837–838: (Digitalisat)
  41. Hugo Schulz: Vorlesungen über Wirkung und Anwendung der deutschen Arzneipflanzen. Thieme, Leipzig 1929, 2. Aufl., S. 115–117.
  42. Wolfgang Schneider: Lexikon zur Arzneimittelgeschichte. Sachwörterbuch zur Geschichte der pharmazeutischen Botanik, Chemie, Mineralogie, Pharmakologie, Zoologie. Govi-Verlag, Frankfurt a. M., Band IV (1969): Geheimmittel und Spezialitäten (Digitalisat), S. 48 (E 114) Epilepsiemittel, S. 58 (E 238) Krankenheil, S. 106 (G 273) Blutreinigungspulver von Dr. J. U. Hohl, S. 144 (G 818) Dr. Hohls Blutreinigungspulver, Dr. Hohls Eisenpulver; Band V/3 (1974), S. 400–403: Viola (Digitalisat)
  43. Caroli Strack: De crusta lactea infantum ejuisdem specifico remedio. Frankfurt / Main 1779. (Digitalisat) --- Carl Strack: Von dem Milchschorf der Kinder und einem specifischen Mittel darwider. Weimar 1788 (1. Aufl. 1779). (Digitalisat) --- C. Strack de crusta lactea infantum … Besprechung in: Allgemeine Deutsche Bibliothek. 46. Band, 1. Stück, Nicolai, Berlin und Stettin 1781, S. 161–164 (Digitalisat)
  44. Theodor Husemann. Handbuch der gesammten Arzneimittellehre. 2. Aufl., Band II, Springer, Berlin 1883, S. 837, (Digitalisat)
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Commons: Wildes Stiefmütterchen (Viola tricolor) – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien