Władysław Tarnowski

polnischer Komponist und Schriftsteller

Władysław Tarnowski (* 4. Juli 1836 auf Gut Wróblewice bei Drohobytsch, heute Ukraine; † 19. April 1878 bei San Francisco, Vereinigte Staaten) war ein polnischer Komponist, Pianist, Schriftsteller und Übersetzer. Er war auch unter dem Pseudonym Ernest Buława bekannt.

Władysław Tarnowski in jungen Jahren

Władysław Tarnowski wurde als Sohn des polnisch-österreichischen Grafen Walerian Tarnowski (1811–1861) und der Gräfin Ernestyna Tarnowska (1808–1840) im österreichischen Kronland Königreich Galizien und Lodomerien geboren. Władysław war Bruder des Landschaftsmalers Stanisław. Seine Mutter starb, als er vier Jahre alt war. Schon in jungen Jahren zeigte sich seine musikalische Begabung. Sein Vater veranlasste, dass er Frédéric Chopin vorgestellt wurde. Władysław Tarnowski besuchte das Gymnasium zunächst in Lemberg, dann in Krakau. Doch noch konnte er sich nicht ganz der Musik zuwenden. Denn der Vater bestand darauf, dass sein Sohn – vor einer Existenz als Künstler – sich zumindest die Grundlagen für eine spätere Laufbahn im k.k. Staatsdienst schaffen müsse.[1] Auf Geheiß seines Vaters studierte er nach der Matura also Jura und Philosophie an der Jagiellonen-Universität in Krakau. 1857 schloss er seine Studien ab und war damit frei, ans Pariser Konservatorium zu gehen, wo er bei Daniel Auber studierte.[2] Beim Ausbruch des Januaraufstandes 1864 eilte er in die Heimat und schrieb das Lied Jak to na wojence ładnie (sinngemäß: Wie nett der Krieg doch ist – ein ironischer Titel), das als Ausdruck der Sehnsucht nach nationaler Freiheit in Polen bis heute gesungen wird. Nachdem sich alle Hoffnungen zerschlagen hatten und die Kaiserlich Russische Armee den Aufstand niedergeschlagen hatte, setzte Tarnowski sein Studium am Leipziger Konservatorium (bei Ernst Friedrich Richter und bei Ignaz Moscheles) sowie bei Franz Liszt fort.[3]

Tarnowski gab in den 1860er und in den frühen 1870er Jahren von der Musikkritik gefeierte Klavierkonzerte (u. a. in Breslau, Lemberg, Wien, Venedig, Florenz und Paris). In seiner Meisterschaft als Solist stellten Zeitgenossen ihn mit Anton Grigorjewitsch Rubinstein und Hans von Bülow auf eine Stufe. Seit den späten 1860er Jahren wandte sich Tarnowski mehr und mehr dem Komponieren zu. Seine Lieder und seine kammermusikalischen Kompositionen wurden vor allem in Salons und – besonders in Österreich-Ungarn und in Deutschland – als Hausmusik aufgeführt. Deshalb waren es durchweg österreichische und deutsche Musikverlage, die seine Werke verlegten.

Władysław Tarnowski unternahm zahlreiche und weite Reisen, u. a. in den Orient. Er starb – nur 41 Jahre alt – während einer Reise in die USA an einem Herzinfarkt.

Werke (Auswahl)

Bearbeiten

Klavierstücke

Bearbeiten
Ave Maria
Andantino pensieroso

Gesänge

Bearbeiten
  • Zwei Gesänge mit Begleitung des Pianoforte. Frau Melanie Foglar-Deinhardstein gewidmet. Text von Ludwig Foglár. (Wien o. J., Verlag V. Kratochwill):[10]
    • Du Buch mit sieben Siegeln.
Du buch mit sieben siegeln – Musik anstatt Stimme
    • Ob du nun ruhst.
Ob du nun ruhst – Musik anstatt Stimme
  • Neig, o schöne Knospe Lied von Mirza Schaffy, componirt für eine Singstimme mit Begleitung des Pianoforte. Fräulein L. Ramann gewidmet. (Wien o. J., Verlag J. Gutmann).[11]
Neig o schone Knospe – Musik anstatt Stimme
  • Kennst du die Rosen. Lied für eine Singstimme mit Begleitung des Pianoforte gedichtet und componirt und seinem Freunde Professor Angelo von Gubernatis zugeeignet. (Wien o. J., Verlag J. Gutmann).[12]
Kennst du die Rosen – Musik anstatt Stimme
Ich sank verweint in sanften schlummer – Musik anstatt Stimme
Still klingt das Glocklein durch Felder – Begleitung

Bühnenstücke

Bearbeiten
  • Karlińscy (Drama mit Musik, 1874).
  • Achmed oder der Pilger der Liebe (Oper, ~1875).[13]
 
Libretto Achmed oder der Pilger der Liebe – Manuskript

Literarische Werke

Bearbeiten
  • Szkice Helveckie i Talia, Paul Rhode, Leipzig, 1868; deutsche Übersetzung von Albert Weiss: Schweizer-Skizzen.

Literatur

Bearbeiten
 
Władysław Tarnowski, Gravur von Aleksander Tadeusz Regulski nach einem Porträt von Franciszek Tegazzo, 1870er Jahre
  • Franz Stieger: Opernlexikon. Teil II: Komponisten, Band 3: N–Z. Hans Schneider, Tutzing 1978. ISBN 3-7952-0259-0. S. 1097.
  • Franz Stieger: Opernlexikon. Teil III: Librettisten, Band 3: Q–Z. Hans Schneider, Tutzing 1981. ISBN 3-7952-0319-8. S. 936.
  • Adolf Hofmeister (Hg.): Handbuch der musikalischen Litteratur, oder Verzeichnis der im Deutschen Reiche, in den Ländern des deutschen Sprachgebietes sowie der für den Vertrieb im Deutschen Reiche wichtigen, im Auslande erschienenen Musikalien, auch musikalischen Schriften, Abbildungen und plastischen Darstellungen mit Anzeige der Verleger und Preise, Bd. 6 (= Ergänzung-Band 3): 1860–1867. Verlag Adolf und Friedrich Hofmeister, Leipzig 1868, S. 260.
  • Eintrag Tarnowski, Ladislas. In: Franz Pazdírek (Hg.): Universal-Handbuch der Musikliteratur aller Zeiten und Völker als Nachschlagewerk und Studienquelle der Welt-Musikliteratur, Bd. 30: Swain–Troppmann. Verlag des „Universal-Handbuch der Musikliteratur“, Wien 1909, S. 35–36.
  • Stanley Sadie (Hg.): The New Grove Dictionary of Music and Musicians. Bd. 25: Taiwan to Twelwe Apostles. Macmillan, London 2001. ISBN 0-333-60800-3. S. 103–104.
  • Pieśni niemieckie Władysława Tarnowskiego, M.T., OSDW AZYMUT Sp. z o. o., Warschau-Lodz, 2017.
  • Ewa Róża Janion: Legends of Suli in Poland: some remarks on Władysław Tarnowski. In: Ewa Róża Janion: Imaging Suli : Interactions between Philhellenic Ideas and Greek Identity Discourse (Dissertation). Peter Lang GmbH, Frankfurt 2015, S. 46–49.
  • „Utwory instrumentalne Władysława Tarnowskiego“, M.T., OSDW AZYMUT Sp. z o.o., Warschau-Lodz, 2018.
  • Władysław Tarnowski „Artysta i cierpienie“, Band I., M.T., OSDW AZYMUT Sp. z o.o., Warschau-Lodz, 2020.
Bearbeiten
Commons: Bücher von Władysław Tarnowski – Sammlung von Bildern
Wikisource: Władysław Tarnowski – Quellen und Volltexte
  • „Neue Zeitschrift für Music.“, Leipzig – Rezensionen der Musikstücke und deren Erwähnung:
    • Band 68, Nr. 42, 11. October 1872, S. 414: Cypressen (Erwähnung)
    • Band 69, Nr. 4, 17. Januar 1873, S. 32: Drei Mazurkas (Erwähnung)
    • Band 70, Nr. 9, 27. Februar 1874, S. 89a–89b: Kennst du die Rosen, Neig, o schöne Knospe, Du Buch mit sieben Siegeln, Ob du nun ruhst, sowie Nr. 33, 14. August 1874, S. 328–329: Quartuor für zwei Violinen, Viola und Violoncello, Fantasie quasi Sonate, Sonate pour Piano, Nocturne pour Piano, Polonaise, Etude VII par Chopin, transcrite pour Violoncello, Lied „Still klingt das Glöcklein durch Felder“ (Rezensionen)
    • Band 71, Nr. 40, 1. Oktober 1875, S. 386–388: Ladislaus Tarnowski, Joanna Gray. Symphonisches Tongemälde zu des Autors gleichnamiger Tragödie (Rezension).

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Agaton Giller: O Władysławie hr. Tarnowskim. In: Ruch Literacki (Lwow), Jg. 1878, Nr. 21–25, S. 331f., 348f., 362f., 380f. und 395f. (polnisch).
  2. Franz Stieger: Opernlexikon. Teil II: Komponisten, Band 3: N–Z. Hans Schneider, Tutzing 1978. S. 1097.
  3. Stanley Sadie (Hg.): The New Grove Dictionary of Music and Musicians. Bd. 25: Taiwan to Twelwe Apostles. Macmillan, London 2001. S. 103–104.
  4. IMSLP/Petrucci Music Library
  5. Österreichische Nationalbibliothek, MS4346-4°. 43,2 Mus.
  6. Österreichische Nationalbibliothek, MS4346-4°. 43,4 Mus.
  7. Österreichische Nationalbibliothek, MS4346-4°. 43,3 Mus.
  8. a b Adolf Hofmeister (Hg.): Handbuch der musikalischen Litteratur, Bd. 6 (= Ergänzung-Band 3): 1860–1867. Verlag Adolf und Friedrich Hofmeister, Leipzig 1868, S. 260.
  9. Andantino pensieroso udostępnione jest w CBN Polona.
  10. Österreichische Nationalbibliothek, MS4339-4°. 17,25 Mus.
  11. Österreichische Nationalbibliothek, MS4339-4°. 17,26 Mus.
  12. Österreichische Nationalbibliothek, MS4339-4°. 17,27 Mus.
  13. Österreichische Nationalbibliothek, OA.2289. Mus.
  14. Hermann Zopff: Werke für Orchester (Sammelrezension), darin u. a.: Ladislaus Tarnowski, Joanna Gray. Symphonisches Tongemälde zu des Autors gleichnamiger Tragödie. In: Neue Zeitschrift für Musik, Bd. 71 (1875), Nr. 39 vom 24. September 1875, S. 377–378.