Walter Ostwald
Walter Ostwald, eigentlich Walter Karl Wilhelm Ostwald, (* 8. Maijul. / 20. Mai 1886greg.[1] in Riga; † 12. Juli 1958 in Freiburg im Breisgau) war ein deutsch-baltischer Chemiker und Wissenschaftsjournalist.
Leben und Wirken
BearbeitenWalter Ostwald ist ein Sohn des Chemikers und Nobelpreisträgers Wilhelm Ostwald sowie der jüngere Bruder des Chemikers Wolfgang Ostwald. Geboren 1886 in Riga, wuchs Ostwald in Großbothen bei Leipzig auf. Ab 1904 studierte er Chemie in Leipzig sowie ab 1907 bei dem Nobelpreisträger William Ramsay in London. In dieser Zeit übersetzte er Noyes' Kurzes Lehrbuch der organischen Chemie ins Deutsche.
Von 1906 bis 1914 leitete er die Redaktion der Zeitschrift Der Motorfahrer, das Amtsblatt des ADAC.
Am 1. Dezember 1909 erhielt er zusammen mit seinem Bruder Wolfgang ein Patent für ein Imprägnierverfahren zur „Verhinderung oder Verlangsamung des Verderbens von fertigen Gummigegenständen“.[2]
1922 war Ostwald Leiter bei der Hansa-Lloyd in Bremen, später Leiter der wissenschaftlich-technischen Abteilung des Benzol-Verbands. Dem dort 1924 entwickelten Benzin-Benzol-Gemisch, einem Ottokraftstoff mit einem Mischungsverhältnis „von 6 Teilen Benzin und 4 Teilen Benzol“, gab Ostwald im Rahmen eines Preisausschreibens den Namen BV-Aral, da Benzol zur chemischen Gruppe der ARomaten und Benzin zu den ALiphaten gehört.[3]
Walter Ostwald erkannte als einer der ersten Wissenschaftler das Problem der Auspuffgase von Autos und führte – wohl inspiriert durch Ideen seines Vaters – bereits 1909 Pionierarbeiten zur Entgiftung von Auspuffgasen mit Katalysatoren durch.[4] Bereits 1910 publizierte er seine Ideen in der Zeitschrift Autler-Chemie.[5] Ostwald weist in dieser Publikation auch bereits auf mögliche Probleme hin: „[Es] steht zu befürchten, dass [der Katalysator] durch die nitrosen und schwefligsauren Gase, welche unvermeidliche Begleiter der Auspuffgase sind, bald unbrauchbar gemacht wird.“
„Mit dieser Analyse der Verbrennungsprodukte ist der auch sonst auf dem Gebiete der Autochemie verdienstvoll bekannte Name Walter Ostwald eng verbunden: ist er es doch gewesen, der dieselbe auf eine feste wissenschaftliche Grundlage gestellt hat, eine Grundlage, die auch wirtschaftliche und nutzbringende Auswirkung in der Praxis gestattet.“
Im Jahre 1922 patentierte er ein wirtschaftich wichtiges Verfahren zur galvanoplastischen Reparatur abgenutzter Maschinenteile.[7] 1926 plädierte er in einem Leitartikel der Zeitschrift Auto-Technik „Fort mit dem Lack!“ gegen die Hochglanzlackierung von Karosserien und Fahrgestellen.[8]
Ab 1927 arbeitete er als Wissenschaftsjournalist, nebenher war er freier Mitarbeiter bei den I.G. Farben. Er war an der Entwicklung von Motalin, dem von der Deutschen Gasolin AG vertriebenen, durch den Zusatz von Eisenpentacarbonyl zum „kompressionsfesten Betriebsstoff“[9] gemachten Ottokraftstoff beteiligt, ebenso an der von Glysantin.
Auf der Welt-Brennstofftagung in London 1928 machte er einen Vorschlag zur Verbesserung der deutschen Außenhandelsbilanz. Er glaubte, dass „in Deutschland synthetisches Benzin in so großen Mengen hergestellt werden kann, daß zusammen mit der deutschen Benzolerzeugung eine vollkommene Freimachung von der Benzineinfuhr möglich ist, vorausgesetzt, daß die Steigerung des Verbrauches nicht die der Erzeugung überholt“.[10]
Walter Ostwald kritisierte außerdem die seiner Meinung nach zu strengen Regelementierungen des Kraftfahrwesens in Deutschland: „Das Erringen eines Führerscheins ist in Deutschland am zeitraubendsten, umständlichsten, schwierigsten und teuersten, desgleichen die Zulassung eines Kraftwagens überhaupt. Nirgend sonst gibt es auch nur annähernd so umfangreiche und komplizierte Gesetze und Vorschriften über das Kraftfahrwesen, die Autosteuer und den Straßenverkehr.“[11] Anfang 1933 plädierte er „eine Aufnahme des Kraftfahrsports in das Programm der Olympischen Spiele“.[12]
Beim Automobil ging es ihm stets um die bestmögliche Ausnützung des Kraftstoffs. Als Fritz Todt Ende der 1930er Jahre Versuchsfahrten auf den Reichsautobahnen veranlasste, erkannte er den Vorteil der Autobahn auch in dieser Hinsicht:
„Bei Verzicht auf Zeitgewinn spart man auf der Reichsautobahn bis zu 40 % Kraftstoff. Bei Verzicht auf Kraftstoffersparnis spart man auf der Reichsautobahn bis zu reichlich einem Drittel an Zeit. Stets spart man auf der Autobahn erheblich an Fahrzeugabnützung. Die Anstrengung des Fahrzeugführers wird durch die Reichsautobahn so stark verringert, daß selbst die doppelte kilometrische Leistung keine größere Nervenbeanspruchung bedeutet.“
Kurz vor seinem Tod 1958 erschien 1956 sein Werk Rudolf Diesel und die motorische Verbrennung.
Schriften
Bearbeiten- als Übersetzer: William A. Noyes: Kurzes Lehrbuch der organischen Chemie. Akad. Verlagsgesellschaft m. b. H., Leipzig 1907.[14]
- Autler-Chemie. Richard Karl Schmidt & Co., Berlin 1910.[15] (Anm.: Autler = Kraftfahrer.)
- Rezeptchemie für Autler. Richard Karl Schmidt & Co, Berlin 1918.[16]
- Motyl und Motalin. Auto-Technik 15, 1926.
- Entwicklung der Treibstoffe in Deutschland von 1923 bis heute. Motor 25, 1937.
- Über die Lenkbarkeit der motorischen Verbrennung. 1937.[17]
- Rudolf Diesel und die motorische Verbrennung. Oldenbourg. München 1956.
Literatur
Bearbeiten- Hans Christoph von Seherr-Thoß: Ostwald, Walter. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 19, Duncker & Humblot, Berlin 1999, ISBN 3-428-00200-8, S. 633 f. (Digitalisat).
- Heribert Offermanns: Der andere Ostwald, Nachrichten aus der Chemie, Band 57, 2009, S. 1201–1202.
Weblinks
Bearbeiten- Literatur von und über Walter Ostwald im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Walter Ostwald (1886-1958) ( vom 21. März 2005 im Internet Archive)
- Baltische Historische Kommission (Hrsg.): Eintrag zu Ostwald, Walter. In: BBLD – Baltisches biografisches Lexikon digital
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Eintrag im Taufregister des Doms zu Riga (lettisch: Rīgas Doms).
- ↑ Neuere Patente und Patentanmeldungen. In: Neueste Erfindungen und Erfahrungen auf den/m Gebiete(n) der praktischen Technik, Elektrotechnik, der Gewerbe, Industrie, Chemie, (der )Land- und Hauswirt(h)schaft, Jahrgang 1912, S. 332 (online bei ANNO).
- ↑ 1924 - Die Marke Aral wird geboren ( vom 27. August 2006 im Internet Archive).
- ↑ Heribert Offermanns: Der andere Ostwald, Nachrichten aus der Chemie 57, 2009, 1201–1202.
- ↑ Walter Ostwald, Autler-Chemie, Autotechnische Bibliothek Band 39, Kapitel 3, Berlin, 1910.
- ↑ Prüfung der Motorbetriebsstoffe. In: Allgemeine Automobil-Zeitung, 28. Dezember 1919, S. 16 (online bei ANNO).
- ↑ Patentberichte aus dem Gebiete der Elektrotechnik und des Maschinenbaues. In: Elektrotechnik und Maschinenbau. Zeitschrift des Elektrotechnischen Vereines in Wien. Organ der Vereinigung Österreichischer und Ungarischer Elektrizitätswerke / Elektrotechnik und Maschinenbau. Zeitschrift des Elektrotechnischen Vereines in Wien( und Organ des Zweigvereines Brünn) / E. u. M. (E und M) Elektrotechnik und Maschinenbau. Zeitschrift des Elektrotechnischen Vereines in Wien / E und M Elektrotechnik und Maschinenbau. Zeitschrift des Elektrotechnischen Vereines in Wien von 1883 bis 1938 / E und M Elektrotechnik und Maschinenbau. Organ/Zeitschrift des Elektrotechnischen Vereines Österreichs, Jahrgang 1922, S. 252 (online bei ANNO).
- ↑ „Fort mit dem Lack!“. In: Österreichische Auto-Rundschau. Wiener Kraftfahrer-Zeitung / Österreichisches Auto. Motorrad-Zeitung / Oesterreichisches Auto und Motorrad-Zeitung / Der Motorfahrer / Automobil- und Motorrad-Zeitung. Der Motorfahrer, 8. Februar 1926, S. 11 (online bei ANNO).
- ↑ Straßenatlas mit Motalinwerbung, ca. 1932.
- ↑ Welt-Brennstofftagung in London. In: Neues Wiener Tagblatt. Demokratisches Organ / Neues Wiener Abendblatt. Abend-Ausgabe des („)Neuen Wiener Tagblatt(“) / Neues Wiener Tagblatt. Abend-Ausgabe des Neuen Wiener Tagblattes / Wiener Mittagsausgabe mit Sportblatt / 6-Uhr-Abendblatt / Neues Wiener Tagblatt. Neue Freie Presse – Neues Wiener Journal / Neues Wiener Tagblatt, 27. November 1928, S. 18 (online bei ANNO).
- ↑ Von der Tagung des Reichsbundes der höheren technischen Beamten in Königsberg. In: Illustrierte Technik für jedermann / Illustrierte Technik für jedermann, vereinigt mit „Das Industrieblatt“ und „Illustrierte Motor-Zeitung“ Stuttgart. Die grosse Illustrierte der deutschen Arbeit, Technik und Intelligenz / Illustrierte Technik, vereinigt mit „Das Industrieblatt“ und „Technik voran!“ Stuttgart(-)Berlin. Die grosse Illustrierte der deutschen Arbeit, Technik und Intelligenz / Illustrierte Technik. Aktuelle Wochenschrift für Technik, Wirtschaft und Betrieb. Vereinigt mit: „Industrieblatt“ und „Illustrierte Motorzeitung“, Heft 36/1929, S. XI (online bei ANNO).
- ↑ Die Gesamtsportversammlung des A. D. A. C.. In: Neues Wiener Tagblatt. Demokratisches Organ / Neues Wiener Abendblatt. Abend-Ausgabe des („)Neuen Wiener Tagblatt(“) / Neues Wiener Tagblatt. Abend-Ausgabe des Neuen Wiener Tagblattes / Wiener Mittagsausgabe mit Sportblatt / 6-Uhr-Abendblatt / Neues Wiener Tagblatt. Neue Freie Presse – Neues Wiener Journal / Neues Wiener Tagblatt, 19. Jänner 1933, S. 11 (online bei ANNO).
- ↑ Verbrauchssenkung durch Fahrdisziplin. In: Österreichische Auto-Rundschau. Wiener Kraftfahrer-Zeitung / Österreichisches Auto. Motorrad-Zeitung / Oesterreichisches Auto und Motorrad-Zeitung / Der Motorfahrer / Automobil- und Motorrad-Zeitung. Der Motorfahrer, 19. Mai 1939, S. 18 (online bei ANNO).
- ↑ Vom Büchermarkte. In: Neueste Erfindungen und Erfahrungen auf den/m Gebiete(n) der praktischen Technik, Elektrotechnik, der Gewerbe, Industrie, Chemie, (der )Land- und Hauswirt(h)schaft, Jahrgang 1908, S. 185 (online bei ANNO).
- ↑ Notizen. In: Allgemeine Sport-Zeitung, Jahrgang 1910, S. 157 (online bei ANNO).
- ↑ Autowesen. In: Allgemeine Sport-Zeitung, Jahrgang 1918, S. 703 (online bei ANNO).
- ↑ Walter Vogl: Technische Möglichkeiten der Treibstoffwirtschaft. In: Zeitschrift für Nahrungsmittel-Untersuchung und Hygiene / Zeitschrift für Nahrungsmittel-Untersuchung, Hygiene und Waarenkunde / Oesterreichische Chemiker-Zeitung, Heft 8/1937, S. 182 (online bei ANNO).
Personendaten | |
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NAME | Ostwald, Walter |
ALTERNATIVNAMEN | Ostwald, Walter Karl Wilhelm (wirklicher Name) |
KURZBESCHREIBUNG | deutsch-baltischer Chemiker und Wissenschaftsjournalist |
GEBURTSDATUM | 20. Mai 1886 |
GEBURTSORT | Riga |
STERBEDATUM | 12. Juli 1958 |
STERBEORT | Freiburg im Breisgau |