Länge (Mathematik)

Eigenschaft von Strecken, Wegen und Kurven
(Weitergeleitet von Weglänge)

Die Länge ist in der Mathematik eine Eigenschaft, die Strecken, Wegen und Kurven zugeordnet werden kann. Die Länge einer Kurve wird auch als Bogenlänge bezeichnet.

Längen von Strecken

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Sind   und   zwei Punkte in der (zweidimensionalen) Zeichenebene ( ) mit den jeweiligen kartesischen Koordinaten   und  , so ist die Länge der Strecke   nach dem Satz des Pythagoras gleich

 

Im dreidimensionalen Anschauungsraum ( ) mit den jeweiligen Koordinaten   und   gilt

 

Es gibt im Wesentlichen zwei Sichtweisen, wie man derartige Formeln verallgemeinern kann:

  • Man interpretiert die Länge der Strecke   als die Länge des Vektors   und definiert Längenmaße für Vektoren. Der entsprechende verallgemeinerte Längenbegriff für Vektoren heißt Norm.
  • Noch allgemeiner ist der Ansatz, statt Streckenlängen den Abstand der Endpunkte zu betrachten. Allgemeine Abstandsbegriffe heißen Metriken.

Längen von Wegen

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Ein Weg ist eine stetige Abbildung   von einem Intervall in einen topologischen Raum  . Um Wegen eine Länge zuschreiben zu können, muss dieser Raum jedoch eine Zusatzstruktur aufweisen. Im einfachsten Fall ist   die Ebene   oder der Anschauungsraum   mit dem üblichen Längenbegriff für Strecken; Verallgemeinerungen sind möglich für Riemannsche Mannigfaltigkeiten oder beliebige metrische Räume. Man bezeichnet dann die Länge des Weges   als  .

Wege in der Ebene und im Raum

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Ein Weg in der Ebene bzw. im Raum ist durch zwei bzw. drei Koordinatenfunktionen gegeben:

  bzw.   für  .

Für stückweise stetig differenzierbare Wege ist die Länge des Weges durch das Integral über die Länge des Ableitungsvektors gegeben:

  bzw.  

Motivation

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Der ebene Weg   wird zunächst durch kleine Geradenstücke   approximiert, welche jeweils in zwei Komponenten   und   parallel zu den Koordinatenachsen zerlegt werden. Nach dem Satz des Pythagoras gilt:  . Die Gesamtlänge des Weges wird durch die Summe aller Geradenstücke approximiert:

 

Geht man von der Konvergenz des Sachverhaltes aus und gibt das Ergebnis ohne exakte Grenzwertberechnung an, so ist die Länge   die Summe aller infinitesimal kleinen Geradenstücke, also:

 .

Physikalisch (kinematisch) kann der Integrand auch als Betrag der Momentangeschwindigkeit und die Integrationsvariable als die Zeit aufgefasst werden. Dies motiviert die Definition der Länge eines Weges wohl am besten.

Beispiele

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  • Die Kreislinie mit Radius  
  für  
hat die Länge
 
  • Ein Stück einer Schraubenlinie mit Radius   und Ganghöhe  
 
hat die Länge
 

Spezialfälle

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Länge eines Funktionsgraphen

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Ist eine Funktion   stetig differenzierbar auf  , dann berechnet sich die Länge   des Funktionsgraphen zwischen den Punkten   und   wie folgt:

1.:   sei die differentielle Länge an der Tangente einer Funktion, dann lässt sich aus dem Satz des Pythagoras die Länge des differentiellen Teilstücks berechnen als

 .

2.: Ferner lautet der Differenzenquotient an der Stelle  :

 

Die 2. Gleichung in die erste eingesetzt   und  ausgeklammert  , auf beiden Seiten die Wurzel gezogen   und beide Seiten der Gleichung integriert ergibt die Gleichung für die Bogenlänge:

 

Beispiel: Der Umfang eines Kreises lässt sich mit Hilfe von   berechnen. Ein Kreis mit dem Radius   erfüllt die Gleichung   bzw.   Die Ableitung lautet:  .

Wendet man die Formel   an, so folgt

 .

Polarkoordinaten

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Ist ein ebener Weg in Polarkoordinatendarstellung   gegeben, also

  für  ,

so erhält man aus der Produktregel

 

und

 ,

somit also

 .

Die Länge des Weges in Polarkoordinatendarstellung ist daher

 .

Wege in riemannschen Mannigfaltigkeiten

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Ist allgemein   ein stückweise differenzierbarer Weg in einer riemannschen Mannigfaltigkeit, so ist die Länge von   definiert als

 

Rektifizierbare Wege in beliebigen metrischen Räumen

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Es sei   ein metrischer Raum und   ein Weg in  . Dann heißt   rektifizierbar oder streckbar, wenn das Supremum

 

endlich ist. In diesem Falle nennt man   die Länge des Weges  .[1]

Die Länge eines rektifizierbaren Weges ist also das Supremum der Längen aller Approximationen des Weges durch Streckenzüge. Für die oben betrachteten differenzierbaren Wege stimmen die beiden Definitionen der Länge überein.

Es gibt stetige Wege, die nicht rektifizierbar sind, beispielsweise die Koch-Kurve oder andere Fraktale, raumfüllende Kurven, sowie fast sicher die Pfade eines Wiener-Prozesses.

Das Wort rektifizieren oder Rektifikation bedeutet gerade machen, das heißt die Kurve (den Faden) an den Enden nehmen und auseinanderziehen, ausstrecken, sodass man eine Strecke erhält, deren Länge man direkt abmessen kann. Heutzutage taucht dieses Wort hauptsächlich noch im Begriff rektifizierbar auf. Der statt rektifizierbar oft in der älteren mathematischen Literatur benutzte Terminus ist streckbar.[2]

Längen von Kurven

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Definition der Länge einer Kurve

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Die zu einem Weg   gehörende Bildmenge   wird als Kurve (auch Spur des Weges  ) bezeichnet. Der Weg   wird auch als Parameterdarstellung oder Parametrisierung der Kurve   bezeichnet; man sagt dann auch, der Weg parametrisiere die Kurve. Zwei verschiedene Wege können dasselbe Bild haben, dieselbe Kurve kann also durch verschiedene Wege parametrisiert werden. Es ist naheliegend, die Länge einer Kurve als die Länge eines dazugehörigen Weges zu definieren; das setzt aber voraus, dass die Länge für jede Parametrisierung denselben Wert liefert. Anschaulich ist das klar, und es lässt sich tatsächlich für injektive Parametrisierungen zeigen. Insbesondere gilt:

Sind   und   zwei injektive Parametrisierungen derselben Kurve  , also  , so gilt  .

Parametrisierung einer Kurve nach der Weglänge

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Wie bereits gesagt, gibt es für eine Kurve verschiedene Parametrisierungen. Eine besondere Parametrisierung ist dabei die Parametrisierung nach der Weglänge (oder Bogenlänge):

Sind   eine rektifizierbare Kurve mit der Parametrisierung

 

und   für   die Teilkurve mit der Parametrisierung  , so bezeichnet man die Funktion

 

als Weglängenfunktion von  . Diese Weglängenfunktion   ist stetig und monoton wachsend, für injektives   sogar streng monoton wachsend und daher selber injektiv mit Bild  . In diesem Fall existiert die Umkehrfunktion  . Die Funktion

 

wird dabei als die Parametrisierung von   mit der Bogenlänge als Parameter bezeichnet.

Ist   stetig differenzierbar und   für alle  , so besteht die Besonderheit der Parametrisierung nach der Bogenlänge darin, dass auch   stetig differenzierbar ist und für alle  

 

gilt.

Siehe auch

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Literatur

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  • Harro Heuser: Lehrbuch der Analysis (= Mathematische Leitfäden. Teil 2). 5., durchgesehene Auflage. Teubner Verlag, Wiesbaden 1990, ISBN 3-519-42222-0.
  • Konrad Knopp: Funktionentheorie I. Grundlagen der allgemeinen Theorie der analytischen Funktionen (= Sammlung Göschen. Band 668). Walter de Gruyter Verlag, Berlin 1965.
  • Hans von Mangoldt, Konrad Knopp: Einführung in die höhere Mathematik. 13. Auflage. 2. Band: Differentialrechnung, unendliche Reihen, Elemente der Differentialgeometrie und der Funktionentheorie. S. Hirzel Verlag, Stuttgart 1968.
  • Hans von Mangoldt, Konrad Knopp: Einführung in die höhere Mathematik. 13. Auflage. 3. Band: Integralrechnung und ihre Anwendungen, Funktionentheorie, Differentialgleichungen. S. Hirzel Verlag, Stuttgart 1967.
  • Wolfgang Ebeling: Vorlesungsskript Analysis II. Universität Hannover, Institut für Algebraische Geometrie

Einzelnachweise und Anmerkungen

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  1. Die nicht rektifizierbaren Kurven kann man also als von unendlicher Länge betrachten; vgl. Hans von Mangoldt, Konrad Knopp: Einführung in die höhere Mathematik. 13. Auflage. S. Hirzel Verlag, Stuttgart, S. 227.
  2. Der Terminus streckbar tritt in der modernen mathematischen Literatur kaum noch auf. Ebenso spricht man heute in Bezug auf Wege und Kurven in der Regel von Rektifizierbarkeit statt von Streckbarkeit. Konrad Knopp: Funktionentheorie I. Grundlagen der allgemeinen Theorie der analytischen Funktionen (= Sammlung Göschen. Band 668). Walter de Gruyter Verlag, Berlin 1965, S. 22. Harro Heuser: Lehrbuch der Analysis (= Mathematische Leitfäden. Teil 2). 5., durchgesehene Auflage. Teubner Verlag, Wiesbaden 1990, ISBN 3-519-42222-0, S. 349.