Gewöhnlicher Andorn

Art der Gattung Marrubium
(Weitergeleitet von Weißer Dorant)

Der Gewöhnliche Andorn (Marrubium vulgare), auch Weißer Andorn, Gemeiner Andorn, kurz Andorn, Helfkraut, Weißer Dorant, Mariennessel oder Berghopfen genannt,[1] ist eine Pflanzenart aus der Gattung Andorn (Marrubium) in der Familie der Lippenblütler (Lamiaceae). Die Art wurde früher häufig als Heilpflanze kultiviert. Von Wissenschaftlern der Universität Würzburg wurde Andorn zur Arzneipflanze des Jahres 2018 ausgerufen.[2]

Gewöhnlicher Andorn

Gewöhnlicher Andorn (Marrubium vulgare)

Systematik
Euasteriden I
Ordnung: Lippenblütlerartige (Lamiales)
Familie: Lippenblütler (Lamiaceae)
Unterfamilie: Lamioideae
Gattung: Marrubium
Art: Gewöhnlicher Andorn
Wissenschaftlicher Name
Marrubium vulgare
L.

Beschreibung

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Der Gewöhnliche Andorn ist eine ausdauernde bis halbstrauchige krautige Pflanze, die Wuchshöhen von 30 bis 80 cm erreicht. Die Stängel sind aufrecht und vor allem in dem unteren Teil weißfilzig behaart.[3]

Der Blattstiel ist auch bei den unteren Blättern kürzer als die Blattspreite. Die Blätter sind breit eiförmig bis kreisförmig, der Grund gerundet bis fast herzförmig, der Rand tief und unregelmäßig gezähnt. Die Blätter sind mit Sternhaaren bedeckt; sie sind auf der Unterseite dichter filzig behaart als auf der verkahlenden Oberseite. Das Nervennetz ist in die Blattoberseite tief eingesenkt.[4]

 
Scheinquirl des Gewöhnlichen Andorns (Marrubium vulgare)
 
Blüte
 
Früchte

Die Scheinquirle stehen voneinander entfernt und sind vielblütig und kugelig. Die Vorblätter sind mindestens so lang wie die Kelchröhre, pfriemlich und zottig-federig behaart. Die Kelchröhre ist 3 bis 4 mm lang, undeutlich 10-nervig und zottig-weichhaarig; die die Art kennzeichnenden Kelchzähne sind meist zu zehnt, fast gleich, abstehend, zur Fruchtzeit hakig gekrümmt. Die Krone überragt mit 6 bis 7 mm den Kelch; sie ist weiß und außen dicht sternhaarig.[3] Die Klausen sind 1,5 bis 2 mm lang und haben eine glatte, grau- bis hellbraune Oberfläche.[4]

Die Blütezeit reicht von Mai bis August.

Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 34.[5]

Verbreitung

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Der Gewöhnliche Andorn (griechisch-lateinisch früher prassium[6][7] und marrubium[8] genannt) ist im Mittelmeergebiet weit verbreitet und in weite Teile Nord- und Südamerikas sowie Australiens[9] verschleppt worden.[4][10] In Mitteleuropa ist die Art ein Archäophyt, der aus dem früher verbreiteten Heilpflanzen-Anbau verwilderte und sich in wärmeren Gegenden auch einbürgerte. Solche stabilen Vorkommen reichen bis nach Südschweden und ins südliche Schottland. Älteste archäologische Nachweise in Mitteleuropa stammen aus der Jungsteinzeit (4000 v. Chr.).[3]

Der Gewöhnliche Andorn kommt in Mitteleuropa meist in der Umgebung von Dörfern vor und besiedelt dort wie auch im Mittelmeergebiet Ruderalstandorte und Weiden auf trockenen Ton- und Lehmböden. Er ist in Mitteleuropa eine Charakterart des Verbands Onopordion acanthii, kommt aber auch im Arction lappae-Verband vor.[5] Er steigt in Graubünden im Schams bis 1020 Meter, im Kanton Wallis vereinzelt bis 1450 Meter Meereshöhe auf.[4]

Die ökologischen Zeigerwerte nach Landolt et al. 2010 sind in der Schweiz: Feuchtezahl F = 2 (mäßig trocken), Lichtzahl L = 4 (hell), Reaktionszahl R = 4 (neutral bis basisch), Temperaturzahl T = 4+ (warm-kollin), Nährstoffzahl N = 5 (sehr nährstoffreich oder überdüngt), Kontinentalitätszahl K = 4 (subkontinental).[11]

Taxonomie

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Der wissenschaftliche Name Marrubium vulgare wurde 1753 von Carl von Linné in Species Plantarum erstveröffentlicht.[12]

 
Gewöhnlicher Andorn (Marrubium vulgare)

Verwendung in der Medizin

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Der Andorn enthält den Bitterstoff Marrubiin, ein Furanolabdan-Diterpen sowie ätherische Öle, Schleim, Harze, Wachse und Gerbstoffe.

Als Droge dient das sogenannte Andornkraut; das sind die getrockneten Blätter und oberen Stängelteile (Marrubii herba). Andornextrakte wirken leicht schleimlösend und fördern den Auswurf von Sekret aus den Bronchien. Daher kommt Andorn traditionell bei Atemwegserkrankungen zum Einsatz. Die Substanz Marrubiin bewirkt zudem, dass vermehrt Gallensäfte ausgeschüttet werden, sie regt die Magensäurebildung an und kurbelt die Magen-Darm-Tätigkeit an. Deshalb kann Andorn als pflanzliches Mittel bei Gallenbeschwerden helfen, aber auch Blähungen, Völlegefühl und Appetitlosigkeit lindern.

Avril Rodway schreibt: in einem Kräuterbuch aus dem Jahre 1692 heißt es: Sirup aus den frischen grünen Blättern von Andorn und Zucker ist eine unübertreffliche Medizin gegen Husten und Lungenpfeifen. Außerdem wurde es als Mittel gegen Würmer und Vergiftungen geschätzt. Als Abführmittel ist es ebenfalls wirksam.

Aufgrund seiner herausragenden historischen Bedeutung sowie der umfangreichen Dokumentation seiner Wirkungen wurde der Andorn von Wissenschaftlern der Universität Würzburg („Studienkreis Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde“) zur „Arzneipflanze des Jahres 2018“ gewählt. Der Einsatz der krautigen Pflanze bei Katarrhen der Atemwege, insbesondere Bronchitis, sowie bei Verdauungsbeschwerden ist bereits seit über 2000 Jahren dokumentiert.[2] Heute wird Andornkraut in Deutschland zur Schleimlösung bei Husten im Rahmen von Erkältungen angewendet. Als Fertigarzneimittel stehen ein Extrakt in Form von Bronchialtropfen und Frischpflanzenpresssäfte zur Verfügung. Andorn wirkt schleimlösend[13] bei festsitzendem Schleim, antientzündlich[14][15] und krampflösend.[16][17]

Literatur

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  • J. Cullen: Marrubium L. In: T. G. Tutin, V. H. Heywood, N. A. Burges, D. M. Moore, D. H. Valentine, S. M. Walters, D. A. Webb (Hrsg.): Flora Europaea. Volume 3: Diapensiaceae to Myoporaceae. Cambridge University Press, Cambridge 1972, ISBN 0-521-08489-X, S. 138 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  • Manfred A. Fischer, Wolfgang Adler, Karl Oswald: Exkursionsflora für Österreich, Liechtenstein und Südtirol. 2., verbesserte und erweiterte Auflage. Land Oberösterreich, Biologiezentrum der Oberösterreichischen Landesmuseen, Linz 2005, ISBN 3-85474-140-5.
  • Mannfried Pahlow: Das Große Buch der Heilkräuter. Bechtermünz, Augsburg 2002, ISBN 3-8289-1839-5.
  • Eckehart J. Jäger, Klaus Werner (Hrsg.): Exkursionsflora von Deutschland. Begründet von Werner Rothmaler. 10., bearbeitete Auflage. Band 4: Gefäßpflanzen: Kritischer Band. Elsevier, Spektrum Akademischer Verlag, München/Heidelberg 2005, ISBN 3-8274-1496-2.
  • Jürke Grau, Reinhard Jung, Bertram Münker: Beeren, Wildgemüse, Heilkräuter (= Steinbachs Naturführer). Mosaik, München 1996, ISBN 3-576-10696-0.
  • Hans-Dieter Stoffler: Der Hortulus des Walafrid Strabo. Aus dem Kräutergarten des Klosters Reichenau. Thorbecke, Stuttgart 2000, ISBN 3-7995-3506-3.
  • Walter Wurzer: Die große Enzyklopädie der Heilpflanzen. Ihre Anwendung und Ihre natürliche Heilkraft. Kaiser, Klagenfurt 1994, ISBN 3-7043-9002-X.
  • Ingrid Schönfelder, Peter Schönfelder: Das neue Handbuch der Heilpflanzen. Franckh-Kosmos, Stuttgart 2004, ISBN 3-440-09387-5.
  • Karl Hiller, Matthias F. Melzig: Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen. 2. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2010, ISBN 978-3-8274-2053-4.
  • Avril Rodway: Kräuter und Gewürze. Die nützlichsten Pflanzen der Natur – Kultur und Verwendung. Tessloff, Hamburg 1980, ISBN 3-7886-9910-8.
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Wiktionary: Andorn – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Gewöhnlicher Andorn – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Marrubium. In: Meyers Großes Konversations-Lexikon. Band 13, Leipzig 1908, S. 346.
  2. a b Arzneipflanze des Jahres 2018: Andorn - Marrubium vulgare. Welterbe Klostermedizin, 21. September 2017.
  3. a b c Andreas Kleinsteuber: Lamiaceae, Labiatae. In: Oskar Sebald, Siegmund Seybold, Georg Philippi, Arno Wörz (Hrsg.): Die Farn- und Blütenpflanzen Baden-Württembergs. Band 5: Spezieller Teil (Spermatophyta, Unterklasse Asteridae): Buddlejaceae bis Caprifoliaceae. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 1996, ISBN 3-8001-3342-3, S. 153–154.
  4. a b c d Gustav Hegi: Illustrierte Flora von Mitteleuropa. Pteridophyta, Spermatophyta. 2. Auflage. Band V. Teil 4: Angiospermae: Dicotyledones 3 (4) (Labiatae – Solanaceae). Carl Hanser bzw. Paul Parey, München bzw. Berlin/Hamburg 1964, ISBN 3-489-78021-3, S. 2393–2399 (unveränderter Nachdruck von 1927 mit Nachtrag).
  5. a b Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora. Unter Mitarbeit von Theo Müller. 6., überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 1990, ISBN 3-8001-3454-3.
  6. Wouter S. van den Berg (Hrsg.): Eene Middelnederlandsche vertaling van het Antidotarium Nicolaï (Ms. 15624–15641, Kon. Bibl. te Brussel) met den latijnschen tekst der eerste gedrukte uitgave van het Antidotarium Nicolaï. Hrsg. von Sophie J. van den Berg, N. V. Boekhandel en Drukkerij E. J. Brill, Leiden 1917, S. 255.
  7. Otto Zekert (Hrsg.): Dispensatorium pro pharmacopoeis Viennensibus in Austria 1570. Hrsg. vom österreichischen Apothekerverein und der Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie. Deutscher Apotheker-Verlag Hans Hösel, Berlin 1938, S. 152.
  8. Otto Zekert (Hrsg.): Dispensatorium pro pharmacopoeis Viennensibus in Austria 1570. Hrsg. vom österreichischen Apothekerverein und der Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie. Deutscher Apotheker-Verlag Hans Hösel, Berlin 1938, S. 146.
  9. Amanda Spooner: Marrubium vulgare. In: Western Australian Herbarium (Hrsg.): FloraBase. The Western Australian Flora. Department of Environment and Conservation 2007, online. (Memento des Originals vom 20. März 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/florabase.calm.wa.gov.au
  10. Marrubium vulgare. In: POWO = Plants of the World Online von Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew: Kew Science, abgerufen am 11. September 2019.
  11. Marrubium vulgare L. In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora. Abgerufen am 18. Januar 2023.
  12. Carl von Linné: Species Plantarum. Band 2, Lars Salvius, Stockholm 1753, S. 583 (Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3Dhttp%3A%2F%2Fwww.biodiversitylibrary.org%2Fopenurl%3Fpid%3Dtitle%3A669%26volume%3D2%26issue%3D%26spage%3D583%26date%3D1753~GB%3D~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3D~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D).
  13. Ausschuss für pflanzliche Arzneimittel: Community herbal monograph and assessment report on Marrubium vulgare L., herba. European Medicines Agency (EMA) 604273/2012 (2012)
  14. Yousefi, K. et al.: Marrubium vulgare L. methanolic extract inhibits inflammatory response and prevents cardiomyocyte fibrosis in isoproterenol-induced acute myocardial infarction in rats. In: BioImpacts: BI 4.1 (2014)
  15. Kanyonga, PM. et al.: Assessment of methanolic extract of Marrubium vulgare for antiinflammatory, analgesic and anti-microbiologic activities. In: J Chem Pharm Res 3 (1): 199-204 (2011)
  16. Jorge, VG. et al.: Vasorelaxant effect of ethanolic extracts from M. vulgare: Mexican medicinal plant as potential source for bioactive molecules isolation. In: Indo Global Journal of Pharmaceutical Sciences (2013)
  17. Schlemper, V. et al.: Antispasmodic effects of hydroalcoolic extract of Marrubium vulgare on isolated tissues. In: Phytomedicine 3 (2): 211–216 (1996)