Wikipedia und Barrierefreiheit

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Aspekte der Minimierung der Unmöglichkeit

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Eine Rampe nur weil man barrierefrei bauen muss

Redet man von Barrieren oder Behinderungen, so denken die meisten erstmal an Rampen für Rollstuhlfahrer oder Ampelschalter für Blinde. Ebenso falsch ist die Annahme, Barrieren bestehen nur für „behinderte“ (also kranke?) Menschen, dem ist nicht so. Jeder von uns hat mit Barrieren zu kämpfen, sie sind sehr verschieden. Kinder verstehen oft die Gespräche der Erwachsenen nicht, dabei sind sie doch so neugierig und möchten alles wissen. Andersherum verstehen Großeltern die Sprache ihrer Enkel oft auch nicht. Viele sehen es als Behinderung an, Formulare des Finanzamtes oder anderer Behörden nicht fehlerfrei auszufüllen zu können. Für das Verständnis ist es wichtig zu wissen: man ist nicht behindert sondern man wird behindert.

Was hat das mit Internet zu tun und was mit Wikipedia? Diese Frage erschließt sich nicht sofort. Die Barrieren im Internet ähneln denen im realen Leben, es gibt aber auch Unterschiede. Für einen Blinden ist es primär keine Behinderung, keine Bilder zu sehen. Vielmehr empfindet er es als störend, wenn der Dateiname und die Bildbeschreibung nichtssagend oder falsch sind.

Als die Wikipedia entstand, war es noch üblich, Internetseiten für Sehende und solche für Blinde zu trennen, den Blinden also eine spezielle Version ohne Bilder, ohne Formatierungen und Gestaltung anzubieten. Nur langsam hat sich die Einsicht durchgesetzt, dass dies der falsche Weg ist. Unter diesem Gesichtspunkt wäre ja die stark textlastige Wikipedia nahezu ideal für Blinde? Also barrierefrei? Dem ist nicht so.

Im Jahr 2003 fand der erste Wettbewerb deutscher Homepages um Preise für Barrierefreiheit (BIENE) statt. Man ging in den ersten Jahren noch davon aus, Barrierefreiheit irgendwie erreichen zu können. Mittlerweile hat sich herausgestellt, dass man Barrieren zwar verringern, nicht aber abschaffen kann. Ich habe mit diversen Homepages von Anfang an bei BIENE teilgenommen und wollte dann 2006 auch mal versuchen, mit der Wikipedia einen Schritt in diese Richtung zu gehen. Also habe ich im Sommer 2006 die Wikipedia zum Wettbewerb angemeldet. Mir war völlig klar, dass wir keinen Preis erhalten werden, ich habe nur die sehr detaillierte Auswertung als Arbeitsgrundlage für Verbesserungen erhofft. Bei der Preisverleihung wurde die Wikipedia dann auch nicht erwähnt, die erhoffte Auswertung ist nie irgendwo aufgetaucht, schade. Durch Jurymitglieder habe ich die Hauptkritikpunkte erfahren: Zu komplizierte und zu lange Texte, keine allgemeinverständlichen Einleitungen und keine ausreichende Typographie. Blinde haben an Wikipedia kaum etwas auszusetzen. Taubstumme, Lernbehinderte und Menschen mit kognitiven Störungen jedoch haben große Probleme, so die Auskunft aus mehreren Quellen.

An dieser Stelle habe ich dann kapituliert, denn das wird man in der Wikipedia niemals durchsetzen können. Artikel werden immer länger und komplizierter, Typographie oder gar Textgestaltung ist unerwünscht. Über die Gründe lässt sich wohl nur spekulieren. Ist es die überwiegende Mehrheit der Informatiker, die aus Prinzip gegen Gestaltung sind? Es hat sich der herablassende Begriff „Klickibunti“ etabliert, er steht für alles, was von Textwüsten abweicht. Wikipedia wird nicht mehr leicht lesbar, Wikipedia wird nicht übersichtlicher. Wikipedia wird nicht barriererefrei oder barrierearm, das haben wir verpasst. Es bleibt unterm Strich die Frage einer Blinden im Raum stehen: „Warum habt ihr in der Wikipedia eigentlich keine Zeilenumbrüche? Schreibt ihr das alles nur maschinenlesbar?“ Wenn es sogar Blinde bemerken..... aber was rede ich...