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Der Fall Essjay handelte von der bis Februar 2007 vorgetäuschten Identität eines Benutzerkonto-Verwalters in der englischsprachigen Wikipedia.

Person und Benutzerkonto

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Essjay war ein Benutzer mit erweiterten Rechten (Administrator (en)) in der englischsprachigen Wikipedia, Mitglied des Arbitration Committee (teilweise vergleichbar dem Schiedsgericht) und zuletzt als Community Manager bei Wikia angestellt. Zu Unrecht gab er sich als promovierter Theologe mit einem Abschluss in kanonischem Recht sowie als Professor einer Privatuniversität im Osten der USA aus. Er hatte zwar 20.000 Edits (Bearbeitungen) aufzuweisen, von denen aber nur etwa 1400 im Artikelnamensraum stattfanden, davon sehr viele Vandalismus-Reverts.

Besondere Aufmerksamkeit war ihm durch einen offenen Brief an eine Professorin zuteil geworden. Diese hatte bei ihren Studenten Wikipedia nicht zur Verwendung als zuverlässige Quelle bei Hausarbeiten zugelassen. In seinem Brief hatte der angebliche Professor seiner „Kollegin“ dargelegt, dass es sich bei dieser Einstellung zur Wikipedia um ein zu überwindendes Vorurteil handele.

Aufdeckung

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Im Sommer 2006 erkundigte sich die US-amerikanische Zeitschrift The New Yorker beim Wikipedia-„Management Team“ nach einem geeigneten Interviewpartner für eine umfangreiche Recherche über Wikipedia. Ihnen wurde der Benutzer „Essjay“ empfohlen. Das Interview erschien im Juli 2006. Als Essjay später, im Januar 2007, auf einer Wikipedia-fremden Seite seine korrekten biografischen Angaben veröffentlichte, führte das zu einer Korrekturnotiz bezüglich des Artikels im New Yorker.[1]

Auf diese Weise wurde bekannt, dass er weder die angegebenen Doktortitel erworben hatte, noch die Lehrtätigkeit an einer Universität ausübte. Essjay entpuppte sich als 24-jähriger Student und Rechtsanwaltsgehilfe, der im Wesentlichen sein Fachwissen aus Erstsemester-Einführungen bzw. aus populärwissenschaftlichen Werken zog. Wenig später stieg der Druck auf den Benutzer so sehr an, dass er sich aus der Wikipedia zurückzog und seine Arbeit bei Wikia aufgab. Er behauptete, die Verschleierung seiner Identität zum Schutz vor Stalkern sei der Grund für seine falschen Angaben gewesen.

Die Aufdeckung der vorgetäuschten Identität durch den New Yorker und das Bekanntwerden des Realnamens des Benutzers führte im Februar 2007 kurzfristig zu Reaktionen in der internationalen Presse. Sie bezeichnete diese Form der Hochstapelei, die sich aufgrund des Schutzes der Anonymität in der Wikipedia bisher prinzipiell nicht ausschließen lasse, als einen „Skandal“, eine „Krise“[2] und einen „Schlag gegen die Glaubwürdigkeit“ der Wikipedia.

Einzelnachweise

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  1. New Yorker-Artikel über Wikipedia vom 31. Juli 2006; Editor's-Note vom Februar 2007 am Ende des Artikels.
  2. Falscher Professor stürzt Wikipedia in die Krise, Die Welt vom 6. März 2007
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