Wilhelm Dreimann
Wilhelm „Willi“ Dreimann (* 18. März 1904 in Osdorf bei Hamburg; † 8. Oktober 1946 in Hameln) war ein deutscher SS-Unterscharführer und als Rapportführer im KZ Neuengamme eingesetzt. Von Häftlingen wurde er „Henker von Neuengamme“ genannt.[1]
Leben
BearbeitenDreimann, aus armen Verhältnissen stammend, war als Holzschnitzer in Detmold tätig. Er heiratete 1935; 1936 brachte seine Frau Elisabeth („Lisbeth“) eine Tochter zur Welt.[2] Aufgrund besserer Verdienstmöglichkeiten war er ab 1940 kurzzeitig bei der Polizei tätig und danach bei der Wachmannschaft des KZ Neuengamme eingesetzt. Ab 1941 fungierte er im KZ Neuengamme als Blockführer und war von August 1942 bis März 1943 stellvertretender Lagerführer im Neuengammer Außenlager Wittenberge unter Max Kirstein und danach im Nebenlager Salzgitter-Drütte eingesetzt. Im KZ Neuengamme war Dreimann ab 1944 bis Anfang Mai 1945 als Rapportführer eingesetzt. Im Zuge der Evakuierung des KZ Neuengamme verließen die letzten 700 im Lager verbliebenen Häftlinge am 30. April 1945, unter der Leitung von dem Schutzhaftlagerführer Anton Thumann und Wilhelm Dreimann, auf einem Todesmarsch das KZ Neuengamme in Richtung Flensburg.[3]
Wahrscheinlich ab November/Dezember 1944 hatte Dreimann ein Verhältnis mit Karla P., einer Kontoristin in der KZ-Verwaltung. Im Oktober 1945 brachte diese einen unehelichen Sohn von Dreimann zur Welt.[2]
Öffentliches Aufsehen erregte bereits kurz nach dem Kriegsende die Ermordung von 20 jüdischen Kindern im Keller der ehemaligen Schule Bullenhuser Damm in Hamburg-Rothenburgsort in der Nacht vom 20. zum 21. April 1945. Die Kinder im Alter von fünf bis zwölf Jahren, je zur Hälfte Jungen und Mädchen, waren im November 1944 aus dem KZ Auschwitz ins KZ Neuengamme gebracht worden, angefordert von dem KZ-Arzt Kurt Heißmeyer. Die Kinder wurden, nachdem Heißmeyer bereits Menschenversuche an sowjetischen Kriegsgefangenen vorgenommen hatte, mit Tuberkulose infiziert. Es wurden ihnen dann zur Entwicklung eines Impfstoffes Gewebeproben entnommen. Um die Zeugen dieses Verbrechens zu beseitigen, wurde von SS-Obergruppenführer Oswald Pohl aus Berlin befohlen, die Abteilung Heißmeyer „aufzulösen“. Im Keller des Schulgebäudes wurde den Kindern durch Alfred Trzebinski angeblich Morphium gespritzt[4] und danach wurden sie – unter Mittäterschaft Arnold Strippels und Johann Frahms – an Heizungsrohren erhängt. Mit den Kindern wurden auch ihre vier Betreuer und über 20 sowjetische Kriegsgefangene umgebracht. Dreimann hatte die Kinder in den Keller gebracht. Dreimann, der von ehemaligen Häftlingen als sadistisch und brutal geschildert wurde, erhängte die drei polnischen Krankenschwestern, welche die Kinder aus Auschwitz in das KZ Neuengamme begleitet hatten, bereits am 4. Dezember 1944 im Bunker des KZ Neuengamme.[5]
Durch Zeugenaussagen wurde Dreimann zudem seine Beteiligung an einem Verbrechen der Endphase im KZ Neuengamme nachgewiesen, bei dem 71 aus dem Polizeigefängnis Fuhlsbüttel überstellte Schutzhäftlinge zwischen dem 21. und 23. April 1945 im Arrestbunker des KZ Neuengammes ermordet worden waren.
Am 19. Mai 1945 wurde Dreimann in Rendsburg von britischen Militärs verhaftet.[2] Er wurde am 18. März 1946 im Curiohaus vor einem britischen Militärgericht beim Neuengamme-Hauptprozess wegen der Teilnahme an Verbrechen im KZ Neuengamme angeklagt. Im Mai 1946 wurde Dreimann zum Tode durch den Strang verurteilt und am 8. Oktober 1946 im Zuchthaus Hameln hingerichtet.[6]
Aufarbeitung
BearbeitenDreimanns Ur-Enkelin Maria Holzgrewe, Lehrerin, erfuhr 2011 von der Lebensgeschichte ihres Ur-Großvaters. Sie klärt schulisch und öffentlich über die Taten ihres Vorfahren auf, führt offenen Dialog. So beispielsweise in verschiedenen Sendungen des ZDF (u. a. Aspekte und 37 Grad).[7][8][9]
Literatur
Bearbeiten- Wilhelm Dreimann. In: KZ-Gedenkstätte Neuengamme (Hrsg.): Die Täter: Speck, Dreimann, Wiehagen, Petersen. Hamburg 2011, S. 13–29 (PDF; 2,0 MB).
Weblinks
Bearbeiten- Erschreckendes Familien-Erbe: Marias Urgroßvater war NS-Verbrecher. 37 Grad, Januar 2025 (Video; 17:15 Min.).
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Wilhelm Dreimann. In: KZ-Gedenkstätte Neuengamme (Hrsg.) Die Täter: Speck, Dreimann, Wiehagen, Petersen. Hamburg 2011, S. 13–29, hier S. 13. Abgerufen am 24. Januar 2025 (PDF; 2,0 MB).
- ↑ a b c Der Sohn von Wilhelm Dreimann. KZ-Gedenkstätte Neuengamme, Hamburg 2022 (PDF; 614 kB), S. 1. Abgerufen am 24. Januar 2025.
- ↑ Vgl. Hermann Kaienburg: Das Konzentrationslager Neuengamme 1938–1945. Hrsg. von der KZ-Gedenkstätte Neuengamme. Dietz, Bonn 1997, ISBN 3-8012-3076-7, S. 303, 219.
- ↑ Joachim Lietzke, zitiert in: Thomas Frankenfeld: „Hier ist etwas Diabolisches geschehen“. In: Hamburger Abendblatt. 22. April 2013, S. 11, abgerufen am 3. Dezember 2023.
- ↑ Günther Schwarberg: Zwanzig Kinder erhängen dauert lange. In: Die Zeit, Nr. 15/2005, 6. April 2005.
- ↑ Vgl. Hermann Kaienburg: Das Konzentrationslager Neuengamme 1938–1945. Hrsg. von der KZ-Gedenkstätte Neuengamme. Dietz, Bonn 1997, ISBN 3-8012-3076-7, S. 303.
- ↑ Das Nazi-Erbe – Trauma, Schuld, Verantwortung. ZDF, 28. September 2021, abgerufen am 24. Januar 2025 (Video; 43:47 Min).
- ↑ „aspekte“: Wie wollen wir uns an den Holocaust erinnern? Pressemitteilung zur Sendung Aspekte vom 28. Januar 2022. ZDF, 25. Januar 2022, abgerufen am 24. Januar 2025.
- ↑ 37 Grad: Erschreckendes Familien-Erbe: Marias Urgroßvater war NS-Verbrecher auf YouTube, 22. Januar 2025, abgerufen am 23. Januar 2025 (Laufzeit: 17:15 min).
Personendaten | |
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NAME | Dreimann, Wilhelm |
ALTERNATIVNAMEN | Dreimann, Willi |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher SS-Mann, Rapportführer im KZ Neuengamme |
GEBURTSDATUM | 18. März 1904 |
GEBURTSORT | Osdorf bei Hamburg |
STERBEDATUM | 8. Oktober 1946 |
STERBEORT | Hameln |