Winfried Denk

deutscher Physiker und Neurobiologe

Winfried Denk (* 12. November 1957 in München) ist ein deutscher Physiker. 1989 baute er das erste Zwei-Photonen-Mikroskop, als er als Doktorand und kurzzeitig als Postdoktorand im Labor von Watt W. Webb an der Cornell University arbeitete. 2003 wurde ihm der Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis zuerkannt.

Jugend und Studium

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Winfried Denk wurde in München geboren. Als Kind verbrachte er einen Großteil seiner Freizeit damit, den Umgang mit den Werkzeugen und Baumaterialien in der Werkstatt seines Vaters zu erlernen. In der Schule zeigte sich, dass Denks "Talente ungleichmäßig über die Fächer verteilt waren, wobei Mathematik und Physik bevorzugt wurden".[1] Das Reparieren und Konstruieren von elektronischen Geräten war während der gesamten Schulzeit sein größtes Hobby.

Nach dem Abitur absolvierte Denk den obligatorischen 15-monatigen Wehrdienst und verbrachte die nächsten drei Jahre an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Im Jahr 1981 zog er nach Zürich, um an der ETH Zürich zu studieren. Während dieser Zeit arbeitete er auch im Labor von Dieter Pohl am damaligen IBM Zurich Research Laboratory (heute IBM Research – Zurich). Dort baute er eines der ersten superauflösenden Mikroskope (engl. super-resolution microscopy) und entwickelte eine Leidenschaft für die Rastermikroskopie. Seine Masterarbeit fertigte er im Labor von Kurt Wüthrich an, wo er unter der direkten Anleitung von Gerhard Wagner an Methoden der biologischen NMR-Spektroskopie arbeitete. Aber er spürte, dass die NMR-Spektroskopie nichts für ihn war, weil sie nicht genügend Möglichkeiten bot, neue experimentelle Geräte zu entwickeln.

Wissenschaftliche Laufbahn

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1984 schloss sich Winfried Denk dem Labor von Watt W. Webb an der Cornell University an. Während Webb selbst sehr an Methoden interessiert war – sowohl die Fluoreszenzkorrelationsspektroskopie als auch die FRAP-Mikroskopie waren in seinem Labor entwickelt worden – ließ er Studenten und Postdocs viele Freiheiten. Denk genoss seine Zeit an der Cornell University, wurde aber einmal fast entlassen, nachdem er für sechs Wochen nach Griechenland gegangen war, um Mönchsrobben zu untersuchen. Er erhielt jedoch eine zweite Chance und begann ein Projekt zur Messung der Bewegung von Sinneshaarbündeln im Innenohr. Einer der Reize dieses Projekts bestand darin, dass es einen Aufenthalt in San Francisco erforderte, um von Jim Hudspeth und seiner Gruppe etwas über Haarzellen und ihre Präparation für wissenschaftliche Messungen zu lernen. Anschließend kehrte Denk nach Cornell zurück und erfand eine Methode, die empfindlich genug war, um die Wärmebewegung von Haarzellbündeln zu messen. Damit konnte er zeigen, dass Haarzellen ihre eigene Brownsche Bewegung wahrnehmen können[2].

Von zentraler Bedeutung für Denks frühe Karriere war seine Intuition, dass die Zwei-Photonen-Mikroskopie (2p) biologische Proben weniger schädigen würde als die konfokale Ein-Photonen-Mikroskopie[3], obwohl die maximale Lichtintensität für 2p fast eine Million Mal höher ist als bei der konfokalen Mikroskopie. Ebenso wichtig war seine Erkenntnis, dass 2p-Infrarotanregung durch gestreute Fluoreszenz zur Bildgebung selbst tief in trüben Proben beiträgt, was den optischen Zugang und die Auflösung der 2p-Bildgebung gegenüber der konfokalen Bildgebung verbessern.[4]

Nirgendwo hat sich dieses Prinzip mehr bewährt als bei der Darstellung von Neuronen in lebendem Hirngewebe. Die Zwei-Photonen-Mikroskopie ist nach wie vor die einzige Technik, die die Aufzeichnung der Gehirnaktivität in lebenden Organismen mit hoher räumlicher Auflösung ermöglicht. Die 2p-Anregung kann auch dazu verwendet werden, die Verteilung von Zellrezeptoren abzubilden, indem Substanzen aus ihren chemischen "Käfigen" freigesetzt werden.[4]

Später konnte Denk zeigen, dass die 2p-Mikroskopie zur Aufzeichnung der Zellaktivität in der visuell stimulierten Netzhaut verwendet werden kann.[5] Er zeigte auch, dass 2p mit adaptiver Optik kombiniert werden kann, um die Auflösung zu verbessern, und mit verstärkten Pulsen, um die Tiefengrenze im Hirngewebe auf 1 mm zu erhöhen.[6][7] Heute wird die Zwei-Photonen-Mikroskopie auch in den Bereichen Physiologie, Embryologie und Tissue Engineering sowie in der Krebsforschung eingesetzt.

Spärlichen Daten über die Konnektivität von Neuronen waren eine große Einschränkung für die Erforschung neuronaler Netzwerke. Denks 2004 veröffentlichte Arbeit[8], in der er die automatisierte serielle block-face Rasterelektronenmikroskopie beschrieb, belebte das Forschungsgebiet der umfassenden Kartierung neuronaler Schaltkreise (Connectomics) wieder, für die Sydney Brenner Pionierarbeit geleistet hatte[9].

Denk, der heute Direktor am Max-Planck-Institut für biologische Intelligenz (ehemals Max-Planck-Institut für Neurobiologie) ist, arbeitet weiter an der Verbesserung der Techniken zur Kartierung von Schaltkreisen im Gehirn.[10] Seine jüngsten Arbeiten befassen sich mit der genauen Bestimmung der Positionen, Orientierungen und Identitäten von Proteinen und gebundenen Liganden in kryokonservierten Zellen.[11][12]

Wichtige Veröffentlichungen

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  • Denk, Stricker & Webb 1990, Science. Two-photon laser scanning fluorescence microscopy[3]
  • Denk 1994, Proc Natl Acad Sci USA. Two-photon scanning photochemical microscopy: mapping ligand-gated ion channel distribution[4]
  • Yuste & Denk 1995, Nature. Dendritic spines as basic functional units of neuronal integration[13]
  • Svoboda, Tank & Denk 1996, Science. Direct measurement of coupling between dendritic spines and shafts.[14]
  • Euler, Detwiler & Denk 2002, Nature. Directionally selective calcium signals in dendrites of starburst amacrine cells.[15]
  • Denk & Horstmann 2004, PLoS Biology. Serial Block-Face Scanning Electron Microscopy to Reconstruct Three-Dimensional Tissue Nanostructure[8]
  • Helmchen & Denk 2005, Nature Methods. Deep tissue two-photon microscopy[7]
  • Briggman et al. 2011, Nature. Wiring specificity in the direction-selectivity circuit of the retina[16]
  • Helmstaedter et al. 2013, Nature. Connectomic reconstruction of the inner plexiform layer in the mouse retina[17]

Auszeichnungen

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Mitgliedschaften

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Einzelnachweise

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  1. Kavli biosketch. The Kavli Prize, 20. März 2014, abgerufen am 27. Juni 2020.
  2. W. Denk, W. W. Webb, A. J. Hudspeth: Mechanical properties of sensory hair bundles are reflected in their Brownian motion measured with a laser differential interferometer. In: Proceedings of the National Academy of Sciences. 86. Jahrgang, Nr. 14, 1. Juli 1989, ISSN 0027-8424, S. 5371–5375, doi:10.1073/pnas.86.14.5371, PMID 2787510, PMC 297624 (freier Volltext), bibcode:1989PNAS...86.5371D (englisch).
  3. a b W Denk, J. Strickler, W. Webb: Two-photon laser scanning fluorescence microscopy. In: Science. 248. Jahrgang, Nr. 4951, 6. April 1990, ISSN 0036-8075, S. 73–76, doi:10.1126/science.2321027, PMID 2321027, bibcode:1990Sci...248...73D (englisch, sciencemag.org).
  4. a b c W. Denk: Two-photon scanning photochemical microscopy: mapping ligand-gated ion channel distributions. In: Proceedings of the National Academy of Sciences. 91. Jahrgang, Nr. 14, 5. Juli 1994, ISSN 0027-8424, S. 6629–6633, doi:10.1073/pnas.91.14.6629, PMID 7517555, PMC 44256 (freier Volltext), bibcode:1994PNAS...91.6629D (englisch).
  5. W. Denk, P. B. Detwiler: Optical recording of light-evoked calcium signals in the functionally intact retina. In: Proceedings of the National Academy of Sciences. 96. Jahrgang, Nr. 12, 8. Juni 1999, ISSN 0027-8424, S. 7035–7040, doi:10.1073/pnas.96.12.7035, PMID 10359834, PMC 22046 (freier Volltext), bibcode:1999PNAS...96.7035D (englisch).
  6. M. Rueckel, J. A. Mack-Bucher, W. Denk: Adaptive wavefront correction in two-photon microscopy using coherence-gated wavefront sensing. In: Proceedings of the National Academy of Sciences. 103. Jahrgang, Nr. 46, 14. November 2006, ISSN 0027-8424, S. 17137–17142, doi:10.1073/pnas.0604791103, PMID 17088565, PMC 1634839 (freier Volltext), bibcode:2006PNAS..10317137R (englisch).
  7. a b Fritjof Helmchen, Winfried Denk: Deep tissue two-photon microscopy. In: Nature Methods. 2. Jahrgang, Nr. 12, 2005, ISSN 1548-7091, S. 932–940, doi:10.1038/nmeth818, PMID 16299478 (englisch, nature.com).
  8. a b Winfried Denk, Heinz Horstmann: Serial Block-Face Scanning Electron Microscopy to Reconstruct Three-Dimensional Tissue Nanostructure. In: PLOS Biology. 2. Jahrgang, Nr. 11, 19. Oktober 2004, ISSN 1545-7885, S. e329, doi:10.1371/journal.pbio.0020329, PMID 15514700, PMC 524270 (freier Volltext).
  9. J. G. White, E. Southgate, J. N. Thomson, S. Brenner: The structure of the nervous system of the nematode Caenorhabditis elegans. In: Philosophical Transactions of the Royal Society of London. B, Biological Sciences. 314. Jahrgang, Nr. 1165, 12. November 1986, ISSN 0080-4622, S. 1–340, doi:10.1098/rstb.1986.0056, PMID 22462104, bibcode:1986RSPTB.314....1W (englisch, royalsocietypublishing.org).
  10. Shawn Mikula, Winfried Denk: High-resolution whole-brain staining for electron microscopic circuit reconstruction. In: Nature Methods. 12. Jahrgang, Nr. 6, 2015, ISSN 1548-7091, S. 541–546, doi:10.1038/nmeth.3361, PMID 25867849 (englisch, nature.com).
  11. J. Peter Rickgauer, Heejun Choi, Jennifer Lippincott-Schwartz, Winfried Denk: Label-free single-instance protein detection in vitrified cells. In: bioRxiv. 24. April 2020, doi:10.1101/2020.04.22.053868 (biorxiv.org).
  12. J Peter Rickgauer, Nikolaus Grigorieff, Winfried Denk: Single-protein detection in crowded molecular environments in cryo-EM images. In: eLife. 6. Jahrgang, 3. Mai 2017, ISSN 2050-084X, S. e25648, doi:10.7554/eLife.25648, PMID 28467302, PMC 5453696 (freier Volltext) – (englisch, elifesciences.org).
  13. Rafael Yuste, Winfried Denk: Dendritic spines as basic functional units of neuronal integration. In: Nature. 375. Jahrgang, Nr. 6533, 1995, S. 682–684, doi:10.1038/375682a0, PMID 7791901, bibcode:1995Natur.375..682Y.
  14. K. Svoboda, D. W. Tank, W. Denk: Direct Measurement of Coupling Between Dendritic Spines and Shafts. In: Science. 272. Jahrgang, Nr. 5262, 3. Mai 1996, S. 716–719, doi:10.1126/science.272.5262.716, PMID 8614831, bibcode:1996Sci...272..716S.
  15. Thomas Euler, Peter B. Detwiler, Winfried Denk: Directionally selective calcium signals in dendrites of starburst amacrine cells. In: Nature. 418. Jahrgang, Nr. 6900, 2002, S. 845–852, doi:10.1038/nature00931, PMID 12192402, bibcode:2002Natur.418..845E.
  16. Kevin L. Briggman, Moritz Helmstaedter, Winfried Denk: Wiring specificity in the direction-selectivity circuit of the retina. In: Nature. 471. Jahrgang, Nr. 7337, 2011, S. 183–188, doi:10.1038/nature09818, PMID 21390125, bibcode:2011Natur.471..183B.
  17. Moritz Helmstaedter, Kevin L. Briggman, Srinivas C. Turaga, Viren Jain, H. Sebastian Seung, Winfried Denk: Connectomic reconstruction of the inner plexiform layer in the mouse retina. In: Nature. 500. Jahrgang, Nr. 7461, 7. August 2013, S. 168–174, doi:10.1038/nature12346, PMID 23925239, bibcode:2013Natur.500..168H.
  18. Prizes awarded by the Optoelectronics Fund. The Rank Prize Funds, abgerufen am 27. Juni 2020.
  19. Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis 2003. Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), abgerufen am 22. April 2022.
  20. 2012 Kavli Prize Laureates in Neuroscience. The Kavli Foundation, 31. Mai 2012, abgerufen am 21. Juli 2017.
  21. Rosenstiel Award Past Winners. Rosenstiel Basic Medical Sciences Research Center, abgerufen am 27. Juni 2020.
  22. The Brain Prize – Prize Winners 2015. The Lundbeck Foundation, The Brain Prize, abgerufen am 21. Juli 2017.
  23. International Prize for Translational Neuroscience. Gertrud Reemtsma Foundation, abgerufen am 21. Juli 2017.
  24. Winfried Denk.
  25. EMBO Members: Winfried Denk. EMBO, abgerufen am 13. Februar 2023.
  26. EMBO enlarges its membership for 50th anniversary. Pressemitteilung vom 8. Mai 2014 beim Informationsdienst Wissenschaft (idw-online.de)
  27. Mitgliedseintrag von Winfried Denk (mit CV) bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, abgerufen am 19. Mai 2016.
  28. Mitgliedseintrag von Winfried Denk (mit Bild) bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 19. Mai 2016.