Im mathematischen Teilgebiet der Knotentheorie ist die Wirtinger-Präsentierung (oder Wirtinger-Präsentation[1]) ein Verfahren zur Beschreibung (Präsentation) einer Knotengruppe. Sie wurde nach dem österreichischen Mathematiker Wilhelm Wirtinger benannt.
Problemstellung
BearbeitenEine der wichtigsten topologischen Invarianten ist die Fundamentalgruppe eines topologischen Raumes. Zu einem mathematischen Knoten definiert man die Knotengruppe als die Fundamentalgruppe des Knotenkomplements.
Die Wirtinger-Präsentation liefert eine Präsentation der Knotengruppe, also eine explizite Beschreibung mittels Erzeugern und Relationen.
Es ist im Allgemeinen ein nichttriviales Problem, Eigenschaften einer Gruppe aus einer Präsentation abzulesen. Im Fall von Knotengruppen gibt es aber Algorithmen, die zum Beispiel anhand der Präsentationenen zweier Knotengruppen entscheiden, ob die Knoten äquivalent sind.[2]
Verfahren
BearbeitenSei ein Knotendiagramm eines Knotens und P ein Punkt außerhalb des Knotens. Wir wählen eine Durchlaufrichtung und bezeichnen mit der Reihe nach die Streckenabschnitte im Knotendiagramm. Für jeden Bogen wählen wir eine in P beginnende und endende Schleife , welche aus einer Strecke von P fast bis besteht und aus einer Schleife um , welche einmal positiv umläuft (‘rechte Handregel’), und dann die vorher gewählte Strecke zurück zu P entlang läuft.
Wir sagen eine Kreuzung ist positiv, wenn der untere Strang vom oberen Strang aus gesehen (mit der gegebenen Orientierung) von rechts nach links geht. Andernfalls nennen wir die Kreuzung negativ. Am i-ten Kreuzungspunkt werden die Bögen und durch einen Bogen getrennt. Jeder Kreuzungspunkt gibt eine Relation wie im folgenden Bild.[3]
Die so erhaltene Präsentation
mit
heißt Wirtinger-Präsentierung und ist eine Präsentation der Fundamentalgruppe des Knotenkomplements.[4]
Beispiele
Bearbeiten-
Diagramm des Kleeblattknotens
Die Wirtinger-Präsentation des Kleeblattknotens ist
- ,
diese kann man mit und vereinfachen zu
- .
Die Wirtinger-Präsentation des Achterknotens ist
- ,
diese kann man mit und vereinfachen zu
- .
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Stefan Friedl: Topologie - Sommersemester 2012. (PDF) S. 136 ff, abgerufen am 28. April 2020.
- ↑ Geoffrey Hemion: The classification of knots and 3 -dimensional spaces. Oxford Science Publications, The Clarendon Press, Oxford University Press, New York 1992, ISBN 0-19-859697-9.
- ↑ Stefan Friedl: Topologie - Sommersemester 2012. (PDF) S. 136 ff, abgerufen am 31. Juli 2015.
- ↑ Gerhard Burde, Heiner Zieschang, Michael Heusener: Knots (= De Gruyter Studies in Mathematics. Band 5). 3., überarb. Auflage. De Gruyter, Berlin 2014, ISBN 978-3-11-027074-7.