Wolfgang Flatz
Wolfgang Flatz (* 4. September 1952 in Dornbirn, Vorarlberg) ist ein österreichischer Aktionskünstler, Bühnenbildner, Musiker und Komponist.
Werdegang
BearbeitenWolfgang Flatz wuchs in Dornbirn und Feldkirch auf. Von 1967 bis 1971 machte er in Feldkirch eine Lehre als Goldschmied. In Graz studierte er von 1972 bis 1974 das Fach Metalldesign an der HTBLVA Graz Ortweinschule, 1975 zog er nach München und begann zunächst an der Akademie der Bildenden Künste ein Studium der Goldschmiedekunst und dann der Malerei bei Karl Fred Dahmen und Günter Fruhtrunk. Zur selben Zeit studierte er Kunstgeschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München.
Am 24. Juli 2009 wurde in seiner Geburtsstadt Dornbirn das Flatz-Museum eröffnet.[1][2]
Wolfgang Flatz wurde am 24. Mai 2012 als Fußgänger bei grüner Ampel von einem Auto überfahren. Flatz zog sich dabei, lebensgefährlich verletzt, 33 Brüche zu und musste anschließend sieben Monate im Krankenhaus verbringen, zeitweise im Rollstuhl sitzend.[3][4]
Kindheitserinnerungen von Wolfgang Flatz wurden 2017 im Buch Kindheit(en) in Vorarlberg unter dem Titel FLATZ: Die Konsequenz... Was bleibt ist die Erinnerung veröffentlicht.[5]
Werk
Bearbeiten1974 setzte sich Flatz während einer Modenschau im Grazer Hotel Steirer Hof mit verbundenen Augen in die erste Reihe. Sobald das Publikum applaudierte, klatschte der ‚begeisterte‘ Besucher Flatz mit. Am Ende der Schau verließ er, weiterhin mit verbundenen Augen, wortlos den Saal.
Diesem ersten Ergebnis der Flatzschen Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Kunst, vor allem mit dem Happening und den Wiener Aktionisten, folgten 1975 weitere Durchkreuzungen herkömmlichen Wahrnehmens und Fühlens. Eine davon brachte ihm einen Aufenthalt im örtlichen Stadtgefängnis und eine anschließende Einweisung in die psychiatrische Abteilung des Landesnervenkrankenhauses Valduna ein, nachdem er im Palais Liechtenstein im österreichischen Feldkirch während einer Ausstellungseröffnung einen schwarzen Sack über den Kopf gestülpt trug.
In der Aktion Demontage IX, die in der Silvesternacht 1991/92 in Tiflis stattfand, ließ sich Flatz kopfüber an einem Seil hängend, zwischen zwei Stahlplatten hin- und herschlagen.[6] 1992 nahm Wolfgang Flatz an der Kasseler documenta IX mit der Installation Physical Sculpture No.5teil. Die Arbeit wurde 2017 im Museum der Zentralen Hochschule für Bildende Kunst in Peking für eine Ausstellung über die Geschichte der Dokumenta nachgebaut. Die Vorstudie des Kunstwerks ist seit 2020 als Dauerleihgabe im Kulturhaus Dornbirn zu sehen.[7]
2001 ließ Flatz in der Performance Fleisch eine tote Kuh in eine Baugrube am Prenzlauer Berg abwerfen. Er selbst hing während der Aktion nackt an einem Baukran.[8]
In der Folge entwarf er auch Bühnenbilder, etwa an den Münchner Kammerspielen. Er inszeniert selbst, so für die Opernfestspiele in München. Er gewann zusammen mit Florian Aicher und Uwe Drepper den Architekturwettbewerb zur Laimer Unterführung. Er realisierte die Videoskulptur Modell America, einen elektrischen Stuhl, bei dem ein Verurteilter im Todeskampf zu sehen ist, und konzipierte Ausstellungen.
Im Kistlerhof im Münchner Stadtteil Obersendling führt Wolfgang Flatz im sechsten Stock ein Atelier mit einem 3200 Quadratmeter großen Dachgarten namens Heaven 7, den Flatz als Kunstlandschaft mit 23 Skulpturen aus seinem Schaffen seit etwa 1980 ausbaute. Darunter sind ein farbintensiver Cadillac Eldorado (Baujahr 1958), eine fluoreszierende Skulptur der Freiheitsstatue und ein ehemaliger Kampfhubschrauber, dessen Heckrotor jetzt als Windkraftanlage Strom produziert. Gesponsert wird dieser Dachgarten von der Münchner Unternehmensgruppe Hirmer, zu der ein Herrenmodehaus und eine Immobilienfirma gehören. Geschäftsführer Christian Hirmer ist Sammler von Flatz-Werken. Wolfgang Flatz gestaltete, von Graffiti-Künstler Andreas von Chrzanowski unterstützt, die firmeneigenen Gewerbegebäude in der Nachbarschaft großflächig und farbintensiv mit Krawattenmustern.[9][4] Außerdem entwarf Flatz das Äußere und die Innenausstattung des Web- und Logistikzentrums von Hirmer in München-Trudering.
2024 kündigte der Aktionskünstler an, seine Haut, die mit zahlreichen Tätowierungen versehen ist, in Teilen im Auktionshaus Christies versteigern zu lassen.[10] Die Auktion wurde jedoch am Tag der Versteigerung abgesagt, da ein Schweizer Sammler angeblich die gesamte Haut gekauft hatte.[11] Gleichzeitig zeigt die Pinakothek der Moderne in München die Werkschau Flatz. Something Wrong with Physical Sculpture.[12] Am 6. April 2024 inszenierte Wolfgang Flatz Hitlers Perlenrede als Satire am Burgtheater in Wien.[13] Im Foyer des Burgtheaters zeigt Flatz die Ausstellung Hitler, ein Hundeleben.[14]
Diskografie
Bearbeiten- 1998: Physical Sculpture
- 2000: Wunderkind
- 2000: Love and Violence
- 2001: Fleisch
Auszeichnungen
BearbeitenBuchveröffentlichungen
Bearbeiten- Hitler- ein Hundeleben. Hatje Cantz Verlag 1996. ISBN 978-3-89322-869-0
- Hitler. Ein Hundeleben. Edition Cantz, erweiterte 2. Auflage 2019. ISBN 978-3-947563-63-0
Literatur
Bearbeiten- Johann-Karl Schmidt: Heldenvergiftung im Park. In: FLATZ, Zeige mir einen Helden...und ich zeige Dir eine Tragödie, Cantz, Ostfildern 1992, ISBN 3-89322-578-1
- Detlef Bluemler: Der Körper als Organ der Sprache. In: Künstler – Kritisches Lexikon der Gegenwartskunst. Ausgabe 18/1992.
- Eckhart Gillen (Hrsg.): Deutschlandbilder. Kunst aus einem geteilten Land. Katalog zur Ausstellung der 47. Berliner Festwochen im Martin-Gropius-Bau, 7. September 1997 bis 11. Januar 1998, DuMont, Köln 1997, ISBN 3-7701-4173-3. (Katalogausgabe)
- Angeli Janhsen: Flatz, in: Neue Kunst als Katalysator, Reimer Verlag, Berlin 2012, S. 58–62. ISBN 978-3-496-01459-1
- Kindheit(en) in Vorarlberg, FLATZ: Die Konsequenz... Was bleibt ist die Erinnerung, Hg: Vorarlberger Kinderdorf, Bucher Verlag 2017, ISBN 978-3-99018-187-4
Weblinks
Bearbeiten- Literatur von und über Wolfgang Flatz im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Wolfgang Flatz bei IMDb
- Offizielle Website
- FLATZ: Werkkatalog. Band 1: Bilder, Skulpturen und Objekte. Galerie Mosel & Tschechow, München 1989
- Thomas Dreher: Flatz. Lebenszeichen und gelebter Augenblick (PDF-Dai; 6,1 MB)
- Artikel im Standard über die Performance „Fleisch“ (2001)
- Flatz-Museum (Dornbirn)
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Dornbirn: Hunderte feierten Flatz-Museum
- ↑ FLATZ - Museumsneueröffnung in Dornbirn. In: art-in.de. 2009, abgerufen am 8. Februar 2023.
- ↑ Der Mann, der nie aufgibt: "Mut tut gut!" von Matthias Kampmann auf www.mittelbayerische.de (Mittelbayerische Zeitung Regensburg), 31. August 2012
- ↑ a b Capriccio. TV-Kultursendung, 16. Januar 2014, 30 Min. – Autor: Andreas Krieger, Editor: Philipp Merz und Redaktion: Franz Xaver Karl, Bayerischer Rundfunk
- ↑ FLATZ: Die Konsequenz... Was bleibt ist die Erinnerung. In: vorarlberger-kinderdorf.at. 2018, abgerufen am 8. Februar 2023.
- ↑ Eduard Erne: Ein Künstler risikiert Kopf und Kragen. In: srf.ch. 27. August 2013, abgerufen am 7. April 2024.
- ↑ FLATZ-Kunstwerk ins Kulturhaus befördert. In: vol.at. 23. Juni 2020, abgerufen am 7. April 2024.
- ↑ Cristina Moles Kaupp: Die Kuh, die Kunst, der Flatz und das Fleisch. In: spiegel.de. 20. Juli 2001, abgerufen am 7. April 2024.
- ↑ Künstler Wolfgang Flatz: Siebter Himmel im sechsten Stock von Franz Kotteder auf www.sueddeutsche.de (Süddeutsche Zeitung), 26. Oktober 2013
- ↑ Aktionskünstler Wolfgang Flatz versteigert seine eigene Haut. In: derstandard.at. 7. Februar 2024, abgerufen am 7. April 2024.
- ↑ Christa Sigg: Aktionskünstler Flatz verkauft seine Haut an einen Sammler. In: sn.at. 9. Februar 2024, abgerufen am 7. April 2024.
- ↑ Jörg Seewald: Das Selbst am Fleischerhaken. In: faz.net. 14. Februar 2024, abgerufen am 7. April 2024.
- ↑ Kunstaktion persifliert Hitlers „Perlenrede“. In: orf.at. 7. April 2024, abgerufen am 7. April 2024.
- ↑ Der Hund „Hitler“ war Flatz' 1998 verstorbene deutsche Dogge: Scheinbare Naziflaggen wehen vor dem Wiener Burgtheater. In: VOL.AT / msn. Abgerufen am 8. April 2024.
Personendaten | |
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NAME | Flatz, Wolfgang |
KURZBESCHREIBUNG | österreichischer Aktionskünstler, Bühnenbildner, Musiker und Komponist |
GEBURTSDATUM | 4. September 1952 |
GEBURTSORT | Dornbirn, Vorarlberg (Österreich) |