Eine Zählgeschichte (auch Zählreim) ist eine Form der Lyrik. In Zählgeschichten wird entweder aufsteigend oder absteigend gezählt, das Prinzip ähnelt hierbei dem Kinderspiel Kofferpacken („Ich packe meinen Koffer …“), nur dass eben der Text bereits durch den Autor der Verse vorgegeben wird. Die Geschichte dient hierbei allerdings nicht als „Zufallsgenerator“ (vergl. Abzählreim), sondern zur Unterhaltung oder als Spiel selbst.

„The Twelve Days of Christmas“, Beispiel einer Zählgeschichte

Einfache Zählgeschichten zählen nur aufwärts oder abwärts, die einzelnen Verse sind immer gleich lang. Ein typisches Beispiel hierfür ist der Kinderreim Zehn kleine Negerlein, das traditionelle Weihnachtslied The Twelve Days of Christmas oder der Musiktitel Zehn kleine Jägermeister von Die Toten Hosen aus dem Jahr 1996.

Komplexere Zählgeschichten zählen meist aufwärts, die einzelnen Verse werden mit jedem Durchlauf immer länger, bei jedem Durchlauf wird ein neuer Reim angefügt. Ein sehr bekanntes Beispiel hierfür ist Der Bauer schickt den Jockel aus, der Text geht hierbei möglicherweise auf das aramäische Volkslied Chad gadja zurück.

Nach Meinung der Volksliedsammler Ludwig Erk und Franz Magnus Böhme ist die älteste schriftlich überlieferte Zählgeschichte das Lied von den zwölf heiligen Zahlen. Somit wäre die literarische Gattung der Zählgeschichte eine ursprünglich jüdische Tradition:

Erk und Böhme merken an:

„Erzählende Lieder, darin jede folgende Strophe das Vorhergesagte rückwärts wiederholt und am Schlusse das Ganze in umgekehrter Folge aufgezählt wird, heißen Zählgeschichten; sie dienten zum Zeitvertreib und zur Gedächtnisübung. Die älteste ist die von den zwölf heiligen Zahlen. Vielleicht ist davon der Name herzuleiten. Meinert (Kuhländ. Volkslieder S. 442) ist wohl im Irrthum, wenn er folgendes behauptet: ‚Diese Art Lieder heißen Zählgeschichten, weil man sich ihrer in den Rockenstuben bedient, um den Wetteifer anzuregen: in soviel, als zum Vortrage einer Reimzeile erforderlich ist, einen Faden abzuspinnen und diese nach jenen zu zählen. Geschickte Spinner bringen es dahin, die längste Strophe abzusingen und abzuspinnen, ehe eine andere mit Einem Faden und Einer Reimzeile oder mit einer kurzen Strophe fertig geworden‘.“

Ludwig Erk, Franz Magnus Böhme: Deutscher Liederhort[1]

Einzelnachweise

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  1. Ludwig Erk, Franz Magnus Böhme: Deutscher Liederhort, Band 3. Leipzig 1894, S. 530 (Digitalisat).