Zentrische Streckung

mathematische Transformation

Eine zentrische Streckung ist in der Geometrie eine Abbildung, die alle Strecken in einem bestimmten, gegebenen Verhältnis vergrößert oder verkleinert, wobei die Bildstrecken jeweils zu den ursprünglichen Strecken parallel sind. Definiert wird sie jedoch letztlich als Abbildung von Punkten. Als Beispiel dient das nebenstehende Bild: Ein Dreieck wird dabei auf ein neues Dreieck (dem Bilddreieck) so abgebildet, dass alle Seitenverhältnisse und auch Winkel erhalten bleiben, das Bilddreieck jedoch insgesamt größer ist. Im Fall des Beispiels haben sich alle Seiten um den Faktor vergrößert. Die Position des Bildes wird insofern durch einen fixen Punkt bestimmt, dass alle Punkte auf dem Bilddreieck mit ihrem „entsprechenden Punkt“ und auf einer gemeinsamen Geraden liegen (im Falle der Eckpunkte sind diese Geraden eingezeichnet).

Zentrische Streckung mit positivem Streckungsfaktor k=2: Die Strecken verdoppeln sich, die Fläche vervierfacht sich (→ Konstruktionsprotokoll als PDF)
Zentrische Streckung mit negativem, verkleinerndem Streckungsfaktor k=−0,7: Das Dreieck verkleinert sich um den Faktor 0,7 und wird um 180° um das Zentrum gedreht
Animation für verschiedene positive Werte von k (→ Animation mit allgemeinem k)

Zentrische Streckungen sind spezielle Ähnlichkeitsabbildungen, in der synthetischen Geometrie nennt man sie auch Homothetien.[1]

Exakt definieren lässt sich die zentrische Streckung in der Fachsprache der linearen Algebra. Dort wird ebenfalls auf die in der Schulmathematik übliche Beschränkung auf die Dimensionen 2 und 3 verzichtet, was eine weit umfassendere Einsetzbarkeit des Konzepts in der Geometrie und ihren Anwendungen erlaubt: Eine zentrische Streckung ist in einem euklidischen Raum (dazu zählt zum Beispiel die Zahlenebene) eine Abbildung mit einem ausgezeichneten Punkt , dem Zentrum, die einem Punkt einen Punkt so zuordnet, dass

für eine feste reelle Zahl ist. Der Wert heißt dabei der Streckfaktor. Der Punkt wird dabei auf der Gerade so bewegt, dass der Abstand zum Zentrum mit multipliziert wird. Im Bild ist . Vektoriell lässt sich eine zentrische Streckung beschreiben durch die Zuordnung

,

wobei die Ortsvektoren von sind.

Da zentrische Streckungen über die Eigenschaft verfügen, dass jede Gerade stets auf eine dazu parallele Gerade abgebildet wird, handelt es sich um eine spezielle Dilatation.

Zentrische Streckungen haben vielfältige Anwendungen. Etwa sind sie in jedem Smartphone zur Vergrößerung oder Verkleinerung des Bildschirminhalts mit Fingergesten eingebaut. Sie verzerren dabei nicht den Bildinhalt.

Bestimmung von Bildpunkten bzw. Bildmengen

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Zeichnerisch

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Eine Strecke wird zentrisch um den Faktor   und das Zentrum   gestreckt, indem man

  • Hilfsgeraden durch das Zentrum   und die Randpunkte der Strecke zeichnet,
  • entlang dieser Hilfsgeraden die Entfernungen der Eckpunkte zum Zentrum misst,
  • diese Entfernungen mit dem Faktor   multipliziert und den resultierenden Wert von   aus auf die entsprechende Hilfsgerade abträgt (und zwar bei positivem   auf der Halbgeraden mit Endpunkt  , auf der auch der ursprüngliche Punkt liegt),
  • die neu eingezeichneten Punkte zur zentrisch gestreckten Strecke verbindet.

Diese Definition für Strecken überträgt sich unmittelbar auf Vielecke, die ja aus miteinander verbundenen Strecken bestehen (siehe etwa das im ersten Bild verlinkte Konstruktionsprotokoll). Sie überträgt sich auch auf beliebige geometrische Figuren, wo allerdings mitunter jeder einzelne Punkt in dieser Weise abgebildet werden müsste. Im Falle eines Kreises genügt es, den Kreismittelpunkt entsprechend abzubilden und den Radius des Bildkreises entsprechend anzupassen.

Ist der Streckfaktor negativ, so muss man die Bildpunkte im Abstand des Betrags von   auf der entsprechenden Hilfsgeraden zur bezogen auf   gegenüberliegenden Seite einzeichnen (also auf die Halbgerade mit Endpunkt  , auf der der ursprüngliche Punkt nicht liegt). Dadurch dreht sich die gestreckte Figur relativ zur ursprünglichen um 180° (siehe zweites Bild).

Ist  , so ergibt sich als Bild die ursprüngliche Figur, für   ist das Bild eine reine Drehung um  . Für   würden alle Punkte auf das Zentrum abgebildet werden, weshalb es keine Ähnlichkeitsabbildung mehr wäre; deshalb wird dieser Wert im Definitionsbereich für gewöhnlich ausgeschlossen.

Konstruktion

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Mit dem Strahlensatz

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Konstruktion des Punktes   mit einem Strahlensatz, wenn die Punkte   vorgegeben sind.

Ist von einer zentrischen Streckung mit Zentrum   das Bild   eines Punktes   gegeben, so lässt sich das Bild   eines Punktes  , der nicht auf der Gerade   liegt, mit Hilfe des Strahlensatzes zeichnerisch bestimmen (siehe Bild):   ist der Schnittpunkt der Parallele zu   mit der Gerade  . Mit dem Paar   lassen sich dann auch die Bilder von Punkten auf der Gerade   bestimmen.

Mit dem Pantograf

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Als es noch keine Computer gab, wurde zur Skalierung (zentrische Streckung) von ebenen Kurven im Ingenieur- und Vermessungswesen der zirkelähnliche Pantograf verwendet.
Funktionsweise:

  1. Konstruiere aus 4 Stäben ein in den Ecken bewegliches Parallelogramm mit den Ecken  , wobei die in der Ecke   sich treffenden Seiten am anderen Ende verlängert sind. Wähle den Streckfaktor  .
  2. Markiere, wie im Bild gezeigt, auf den verlängerten Enden die Punkte   so, dass   und   ist. Dies ist der Fall, wenn   ist.(Statt   kann man auch   vorgeben. Dann ist  .)
  3. Befestige das Gestänge im Punkt   drehbar.
  4. Variiere die Lage des Punktes   und markiere jedes Mal den Punkt  .

Wegen   folgt aus dem Strahlensatz: die Punkte   liegen auf einer Gerade und es ist  . Die Zuordnung   ist also eine zentrische Streckung.

Definition

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Eine zentrische Streckung ist in einem euklidischen Raum eine Abbildung mit einem ausgezeichneten Punkt  , dem Zentrum, die einem Punkt   einen Punkt   so zuordnet,[2] dass

  für eine feste Zahl   ist.

  heißt der Streckfaktor. Der Punkt   wird dabei auf der Gerade   so bewegt, dass der Abstand   zum Zentrum mit   multipliziert wird.

Vektoriell lässt sich eine zentrische Streckung beschreiben durch die Zuordnung

 ,

wobei   die Ortsvektoren von   sind.

Statt den Faktor   vorzugeben, kann man auch den Bildpunkt   eines Punktes   vorgeben. Wie man dann mit Hilfe der Strahlensätze die Bilder weiterer Punkte konstruiert, wird im Abschnitt Konstruktionen erklärt.

Eigenschaften

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Wichtige Spezialfälle

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Für   ergibt sich die identische Abbildung (Identität), für   eine Punktspiegelung. Der Fall   ist nicht erlaubt, da sonst alle Punkte denselben Bildpunkt hätten, nämlich das Zentrum.

Die Streckung am Nullpunkt hat die einfache Form:

 .

In Koordinaten und in der Ebene:

 .

Umkehrung

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Die zum Streckfaktor   gehörige zentrische Streckung ist bei gleichem Zentrum die zu   gehörige Umkehrabbildung.

Abbildung von Geraden, Strecken, Winkel

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Bei einer zentrischen Streckung geht ein Dreieck in ein dazu ähnliches Dreieck über.

Für eine zentrische Streckung gilt

  • Eine Gerade   wird auf eine dazu parallele Gerade   abgebildet. Damit bleiben Winkel unverändert. Die Abbildung ist also geradentreu und winkeltreu.
  • Das Verhältnis zweier Strecken bleibt erhalten.

Denn, nimmt man an, dass das Zentrum der Streckung der Nullpunkt ist, so hat sie die einfache Beschreibung  . Damit wird eine Gerade   mit der Parameterdarstellung   auf die Punktmenge   mit der Gleichung   abgebildet. Dies ist eine Gerade mit dem gleichen Richtungsvektor  . d. h. Gerade und Bildgerade sind zueinander parallel.
Sind   zwei Punkte, so ist   ihr Abstand und   der Abstand ihrer Bilder. Damit bleibt das Verhältnis (Quotient) zweier Strecken unverändert, denn beim Dividieren fällt ein gemeinsamer Faktor heraus.
Ist das Zentrum nicht der Nullpunkt, verlaufen die Rechnungen analog, nur etwas umfangreicher.
(In der Ebene kann man die Rechnung auch mit der üblichen Beschreibung einer Gerade mit einer Gleichung   und der zentrischen Streckung   durchführen.)

Beispiele: Ein Dreieck geht in ein dazu ähnliches Dreieck, ein Kreis in einen Kreis (siehe Ähnlichkeitspunkte) und eine Ellipse in eine dazu ähnliche Ellipse (die Verhältnisse der Halbachsen sind gleich) über.

  • Bei einer zentrischen Streckung wird der Flächeninhalt mit   und das Volumen mit   multipliziert[3].
 
Die Hintereinanderausführung zweier zentrischer Streckungen mit   ist eine Translation in Richtung  .
 
Die Hintereinanderausführung der zentrischen Streckungen mit Zentren   und   bewirkt:   und ist wieder eine zentrische Streckung mit Zentrum   auf der Gerade durch   mit Streckfaktor  .

Hintereinanderausführungen

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Zwei Streckungen

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  • Die Hintereinanderausführung zweier Streckungen mit demselben Zentrum   ist wieder eine Streckung an   [4]. Die Streckungen mit festem Zentrum bilden eine Gruppe.
  • Die Hintereinanderausführung zweier Streckungen an verschiedenen Zentren   ist eine Streckung mit dem Zentrum   auf der Gerade   oder eine Parallelverschiebung (Translation) in Richtung  .

Herleitung:

Führt man die beiden Punktstreckungen mit den verschiedenen Zentren  

 
 

hintereinander aus, so ergibt sich für das Bild von   bei der Hintereinanderausführung   (zuerst   und dann  ):

 
 .

Im Fall   ist dies eine Parallelverschiebung in Richtung   um den Vektor   (siehe Bild).

Im Fall   ist der Punkt

 
 

ein Fixpunkt (wird nicht bewegt) und die Hintereinanderausführung

 .

ist eine zentrische Streckung am Punkt   mit dem Streckfaktor  . Das neue Zentrum   liegt auf der Gerade  .

Streckung und Translation

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Hintereinanderausführung einer zentrischen Streckung   und einer Translation (Parallelverschiebung)  
  • Die Hintereinanderausführung einer zentrischen Streckung und einer Translation ist eine zentrische Streckung.

Die Hintereinanderausführung der zentrischen Streckung

  und der Translation
  ist
 
 .

Dies ist eine zentrische Streckung mit Zentrum   und Streckfaktor  .

Solche Kombinationen von zentrischen Streckungen und Translationen treten insbesondere bei der Manipulation von Bildschirminhalten von Smartphones mit den Fingern auf. Und zwar Translationen bei der Manipulation mit 1 und Streckungen bei der Verwendung von 2 Fingern.

Konstruktionen

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  1. Zunächst konstruiert man durch Hintereinanderausführung das Bild   von  .
  2. Im Fall   ist das Zentrum   der Schnittpunkt der beiden Geraden  . Das Bild eines weiteren Punktes wird dann wie oben in Konstruktion beschrieben direkt mit Hilfe der bekannten Punkte   konstruiert.
  3. Im Fall   wird auch zunächst   bestimmt. Das Bild   eines weiteren Punktes   entsteht durch Verschiebung von   um den Vektor  .

Verallgemeinerungen

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  • Die zentrische Streckung ist ein Beispiel für eine Dilatation. In der axiomatisch aufgebauten affinen Geometrie wird dieser Begriff mithilfe der Parallelität definiert.
  • Die zentrische Streckung ist der Spezialfall einer Drehstreckung mit Drehwinkel 0.
  • An Stelle des affinen 2- bzw. 3-dimensionalen Raumes über den reellen Zahlen, kann man zentrische Streckungen auch allgemeiner in jedem endlichdimensionalen affinen Raum über einem beliebigen Körper und sogar über einem beliebigen Schiefkörper definieren. Die „vektorielle“ Darstellung ist die Gleiche wie im reellen Fall, allerdings bilden die Parallelverschiebungen, die von einem Zentrum aus gestreckt werden, im Allgemeinen nur noch einen Linksvektorraum über dem Koordinatenschiefkörper.
  • Im ebenen, zweidimensionalen Fall wird noch etwas allgemeiner auch noch dann von einer zentrischen Streckung gesprochen, wenn die Parallelverschiebungen (als Koordinaten-„Vektoren“) einer affinen Translationsebene über einem Quasikörper mit einem „Skalar“ aus dem Kern des Quasikörpers gestreckt werden.

In den beiden zuletzt genannten Fällen kann man im Allgemeinen weder von Winkel- noch von Längenverhältnistreue sprechen, da weder ein Winkelmaß noch ein Längenmaß existieren muss. Auch hier gehören die zentrischen Streckungen aber stets zu den Dilatationen und den Affinitäten und für Fixpunkte und Fixgeraden gilt das Gleiche wie im reellen Fall.

Siehe auch

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Literatur

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Commons: Homothety – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Wilhelm Klingenberg: Lineare Algebra und Geometrie. Springer-Verlag, Berlin und Heidelberg 2013, ISBN 3-642-77646-9, S. 208.
  2. Susanne Müller-Philipp, Hans-Joachim Gorski: Leitfaden Geometrie: Für Studierende der Lehrämter. Springer-Verlag, 2009, ISBN 978-3-8348-9230-0, S. 181.
  3. dtv-Atlas zur Mathematik, dtv-Verlag, 1974, ISBN 3-423-03007-0, S. 157
  4. dtv-Atlas zur Mathematik, dtv-Verlag, 1974, ISBN 3-423-03007-0, S. 157