Zerlegungssatz von Lebesgue
Der Zerlegungssatz von Lebesgue, auch Lebesguescher Zerlegungssatz genannt, ist ein mathematischer Satz aus der Maßtheorie, einem Teilgebiet der Mathematik, das sich mit den Eigenschaften verallgemeinerter Volumenbegriffe beschäftigt. Er liefert die Existenz und Eindeutigkeit einer Zerlegung eines signierten Maßes in ein singuläres signiertes Maß und ein absolutstetiges signiertes Maß bezüglich eines gegebenen Maßes. Diese Zerlegung wird dann auch Lebesgue-Zerlegung genannt.
Der Zerlegungssatz von Lebesgue wurde 1910 von Henri Léon Lebesgue für das Lebesgue-Maß auf bewiesen. Eine erste Verallgemeinerung auf Lebesgue-Stieltjes-Maße stammt von Johann Radon, den allgemeinen Beweis führte Hans Hahn.[1]
Motivation
BearbeitenAuf einem Maßraum lässt sich mit einer quasiintegrierbaren Funktion , durch
ein signiertes Maß auf definieren. Die Funktion wird dann als Dichte von bezüglich bezeichnet. ist dann absolut stetig bezüglich , das heißt jede -Nullmenge ist auch eine -Nullmenge.
Jedes signierte Maß mit einer Dichte bezüglich ist folglich absolut stetig bezüglich . Der Satz von Radon-Nikodým liefert die Umkehrung: Ist ein signiertes Maß absolut stetig bezüglich , so existiert auch eine Dichtefunktion , so dass sich das signierte Maß wie oben darstellen lässt.
Diese Fragestellung lässt sich nun erweitern: Kann , unter der Annahme, dass nicht absolut stetig bezüglich ist, in einen absolut stetigen Teil und einen „singulären“ Teil zerlegt werden? Existieren also signierte Maße mit , so dass absolut stetig bezüglich ist und singulär bezüglich ist? Der Zerlegungssatz von Lebesgue beantwortet diese Frage positiv.
Aussage
BearbeitenGegeben sei ein Messraum und ein σ-endliches Maß und ein σ-endliches signiertes Maß auf diesem Messraum. Dann existiert eine eindeutige Zerlegung
in zwei σ-endliche signierte Maße , so dass
- ist. ist also absolut stetig bezüglich
- ist. und sind also zueinander singulär.
Die signierten Maße sind genau dann endlich, wenn endlich ist. Der Zerlegungssatz gilt auch, wenn ein σ-endliches Maß ist, dann sind ebenfalls Maße.
Weblinks
Bearbeiten- V.V. Sazonov: Lebesgue decomposition. In: Michiel Hazewinkel (Hrsg.): Encyclopedia of Mathematics. Springer-Verlag und EMS Press, Berlin 2002, ISBN 1-55608-010-7 (englisch, encyclopediaofmath.org).
- Eric W. Weisstein: Lebesgue Decomposition. In: MathWorld (englisch).
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Elstrodt: Maß- und Integrationstheorie. 2009, S. 286.
Literatur
Bearbeiten- Klaus D. Schmidt: Maß und Wahrscheinlichkeit. 2., durchgesehene Auflage. Springer-Verlag, Heidelberg Dordrecht London New York 2011, ISBN 978-3-642-21025-9, doi:10.1007/978-3-642-21026-6.
- Jürgen Elstrodt: Maß- und Integrationstheorie. 6., korrigierte Auflage. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg 2009, ISBN 978-3-540-89727-9, doi:10.1007/978-3-540-89728-6.
- Achim Klenke: Wahrscheinlichkeitstheorie. 3. Auflage. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg 2013, ISBN 978-3-642-36017-6, doi:10.1007/978-3-642-36018-3.