Zitadellenhügel von Amman

archäologische Stätte in Jordanien

Der Zitadellenhügel von Amman (arabisch جبل القلعة, Umschrift Jabal Al-Qal'a) ist eine archäologische Stätte in der Innenstadt von Amman, der Hauptstadt von Jordanien. Der L-förmige Hügel ist einer der sieben Hügel (Jebal) in der Innenstadt von Amman.

Ruinen auf dem Zitadellenhügel von Amman (2005)
Das rekonstruierte Osttor der Umayyaden-Moschee
Ruinen des Herkulestempels (2017)
Das Römische Theater und die Innenstadt von Amman vom Zitadellenberg aus gesehen (2013)
Plan des Zitadellenhügels

Die Zitadelle blickt auf eine lange Geschichte der Besetzung durch viele große Zivilisationen zurück.[1] Bereits seit der Jungsteinzeit ist der Hügel besiedelt und während der Bronzezeit (1800 v. Chr.) wurde der Berg befestigt. Der Hügel wurde irgendwann nach 1200 v. Chr. zur Hauptstadt der Ammoniter. Später geriet der Hügel unter die Herrschaft des Neuassyrischen Reiches (8. Jahrhundert v. Chr.), des Neubabylonischen Reiches (6. Jahrhundert v. Chr.), der Ptolemäer, der Seleukiden (3. Jahrhundert v. Chr.), der Römer (1. Jahrhundert v. Chr.) bzw. Oströmer/Byzantiner (4./5. Jahrhundert n. Chr.) und der Umayyaden (7. Jahrhundert n. Chr.).[2] Nach den Umayyaden kam es zu einer Zeit des Niedergangs und die ehemalige Stadt wurde für einen Großteil der Zeit bis 1878 zu einer verlassenen Ruine, die nur sporadisch von Beduinen und Saisonbauern genutzt wurde.[3][4][5] Heute gilt der Zitadellenhügel von Amman als einer der ältesten durchgehend bewohnten Orte der Welt.[6]

Die meisten der an der Stätte noch sichtbaren Bauwerke stammen aus der römischen, byzantinischen und umayyadischen Zeit.[7] Zu den wichtigsten Ruinen auf dem Berg gehören der Herkules-Tempel, eine byzantinische Kirche und der Umayyaden-Palast. Das Archäologische Museum von Amman wurde 1951 auf dem Hügel errichtet. Seit den 1920er Jahren arbeiten Archäologen an der Stätte, darunter italienische, britische, französische, spanische und jordanische Projekte.[8] Große Teile des Berges sind jedoch bis heute noch nicht ausgegraben und erforscht worden.

Geschichte

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Bei Ausgrabungen wurden Spuren menschlicher Besiedlung bereits aus der Mittleren Bronzezeit (1650–1550 v. Chr.) in Form eines Grabes mit Tongefäßen und Skarabäussiegeln entdeckt.[1] Während der Eisenzeit befand sich in der Zitadelle die Hauptstadt der Ammoniter, die als „Rabbah“ oder „Rabbath Ammon“ bekannt war. Die Amman Citadel Inscription stammt aus dieser Zeit und gilt als die älteste bekannte Inschrift in ammonitischer Sprache, geschrieben im phönizischen Alphabet.[9] Seit der hellenistischen Zeit blieb die Stätte unverändert, doch die Töpferei zeugt von der dortigen Aktivität.[1] Die Stätte wurde um 30 v. Chr. römisch und kam schließlich im Jahr 661 n. Chr. unter muslimische Herrschaft.[10] Unter der Herrschaft der Ayyubiden im 13. Jahrhundert verlor der Zitadellenhügel an Bedeutung, doch in dieser Zeit wurde der Wachturm angebaut.[11]

Von 1995 bis 1996 startete das Ministerium für Tourismus Jordaniens in Zusammenarbeit mit der United States Agency for International Development, der Agencia Española de Cooperación Internacional para el Desarrollo und dem Consejo Superior de Investigaciones Científicas mehrere Projekte zur Erhaltung und Wiederherstellung dieser Stätte zum Nutzen von Touristen und der örtlichen Gemeinschaft.[8][12]

In der Zitadelle von Amman befindet sich auch das Archäologisches Museum Amman, das eine Sammlung von Artefakten aus der Zitadelle und anderen historischen Stätten Jordaniens beherbergt.

Gebäude

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Herkulestempel

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Modell des Herkulestempels

Der römische Herkulestempel entstand von 161 v. Chr. bis 166 n. Chr. Nachdem man die Reste einer über 13 Meter[13] hohen Kolossalstatue entdeckt hatte, schrieb man den Tempel Herkules zu. Der Tempel war ursprünglich von mehreren Säulenhallen umgeben und stand mitten in dem heiligen Bezirk, dem Temenos. Er befand sich auf einem Steinpodium und konnte dadurch von der Stadt aus gesehen werden. Man nimmt an, dass der Tempel über den Resten eines älteren Tempels, der Milkom geweiht war, entstand. An der Fassade befand sich ursprüngliche eine Inschrift, nach deren Inhalt er Marcus Aurelius und Lucius Verus gewidmet war.[1][14]

Umayyaden-Palast

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Zur Zeit der Umayyaden (661–750 n. Chr.) wurde auf dem Zitadellenhügel ein Palastgebäude errichtet, das auf Arabisch al-Qasr (القصر) genannt wurde. Dieser Palast wurde wahrscheinlich als Residenz eines umayyadischen Beamten genutzt. Der Palast orientierte sich an der Byzantinischen Architektur. Beispielsweise ist die Eingangshalle in Form eines griechischen Kreuzes gebaut.[15] Im Inneren des Palastes befanden sich außerdem die sogenannte Audienzhalle, die mit einem Tonnengewölbe überdacht war, und der mit einer Kuppel überwölbte Thronsaal, der mit Mosaiken verziert war.[16] Neben dem Palast befindet sich ein riesiges Wasserreservoir, das in den Boden gegraben wurde. Dieses war 17,5 Meter breit und hatte 2 Meter dicke Steinwände. Außerdem konnte das Reservoir 1370 Kubikmeter Wasser aufnehmen.[17]

Zwischen dem Monumentalportal und dem Palast befand sich die sogenannte Kolonnadenstraße, die an jeder Seite ein Tor als Eingang hatte.[18]

 
Umayyadisches Monumentalportal von außen

Die Zitadellenmoschee von Amman entstand etwa 730 n. Chr. ebenfalls zur Zeit der Umayyaden und befindet sich südlich vom Umayyaden-Palast auf dem höchsten Punkt des Hügels. Sie ist ein Beispiel für frühe Moscheen, die die Apadana-Halle im persischen Stil nachahmten. Ein wichtiges Element des Gebäudes waren die zahlreichen Säulen. In der Mitte des Gebäudes befand sich ein Hof, der von sieben Reihen Säulen umgeben war. Diese Art von Moscheen gibt es sonst nur im heutigen Irak und Mesopotamien.[19][20]

Umayyadisches Monumentalportal

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Das Umayyadisches Monumentalportal entstand um 730 n. Chr. Es diente als Eingangstor, dass man passieren musste, um den Palast zu betreten.[21]

Das Eingangsgebäude ist kreuzförmig, wobei über dem nördlichen- und südlichen Arm jeweils ein Tonnengewölbe und über dem westlichen- und östlichen Arm jeweils eine Kuppel liegen. Reste von Fenstern deuten darauf hin, dass der Hauptraum mit einer Kuppel überdacht war, die Ende des 20. Jahrhunderts aus Holz rekonstruiert wurde.[22] Die Nischen im Innenraum sind mit Blattreliefen verziert. Dort dargestellt sind Eichen- und Weinlaub sowie einige Muster, wie Rosetten, Kleeblättern und Vierpässe.[23]

Byzantinische Kirche

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Die Byzantinische Kirche (2013)

Die Byzantinische Kirche entstand etwa um 550 n. Chr. und wurde in Form einer dreischiffigen Basilika erbaut. Auf der Ostseite befindet sich eine halbrunde Apsis. Als Baumaterial wurden unter anderem auch korinthische Säulen vom Herkulestempel wiederverwendet, wobei der Fußboden mit einem Mosaik verziert war. Neben dem Hauptschiff befinden sich mehrere nachträglich von den Umayyaden angefügte rechteckige Räume.[24]

Ayyubid-Wachtturm

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Dieser Wachturm entstand in der Zeit der Ayyubiden im Jahr 1220 und befindet sich im Süden der Zitadelle neben dem Herkules-Tempel. Der Raum im Inneren war 9,45 Meter lang und 7,55 Meter breit. Ursprünglich hatte der Turm an den Seiten Öffnungen, damit man Pfeile abschießen konnte.[25][26][27]

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Commons: Amman Citadel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b c d Najjar, M.: Amman Citadel Temple of Hercules Excavations Preliminary Report. In: Syria. Band 70, 1993, S. 220–225 (englisch).
  2. Citadel, Amman, Jordan. Abgerufen am 31. Mai 2008 (englisch).
  3. Dawn Chatty: Displacement and Dispossession in the Modern Middle East (= The Contemporary Middle East (Book 5)). Cambridge University Press, Cambridge 2010, ISBN 978-0-521-81792-9, S. 116–117 (englisch, google.com [abgerufen am 25. Dezember 2015]): “The first permanent settlement in the southern Syrian provinces, Transjordan, appeared in Amman in 1878. Up until that point, there was no permanent settlement in Amman, the site of the ancient Roman city of Philadelphia. Some of the ancient buildings, such as the amphitheatre, provided occasional temporary shelter for the few farmers from the Ottoman capital of Salt who regularly cultivated patches of land in the area around Amman. This largely abandoned site was important, however, to Bedouin tribes for both its pasture and its good access to water.”
  4. Ali Kassay, Rami Farouk Daher: The Exclusion of Amman from Jordanian National Identity. Hrsg.: Myriam Ababsa (= Cahiers de l'Ifpo Nr. 6). Presses de l'Ifpo, Beirut 2011, ISBN 978-2-35159-182-6, S. 256–271 (englisch, openedition.org [abgerufen am 15. Dezember 2015]): “The historic development of Amman from a ruin, abandoned for centuries, to the capital city of the Emirate of Transjordan, later the Hashemite Kingdom of Jordan. [...] a combination of natural disasters (believed to be earthquakes) and environmental degradation reduced it to a pile of ruins. The abandonment of Amman was compounded because the basin of its river became infested with malaria, causing the local population to keep at a safe distance. Amman was brought back to life in the late 19th century....”
  5. Franciscan fathers: Guide to Jordan. Franciscan Printing Press, Jerusalem 1978, S. 64 (englisch): “For a thousand years it has no history. In the 15th cent. it is referred to as a pile of ruins. In 1878 it was resettled with Circassians by Sultan Abdul Hamid and took on a new life.”
  6. Carole French: Jordan. Bradt Travel Guides, 2011, ISBN 978-1-84162-398-6 (englisch, google.com).
  7. C-M. Bennett: Excavations at the Citadel (El Qal'ah), Amman, Jordan. In: Levant. 10. Jahrgang, 1978, S. 1–9, doi:10.1179/lev.1978.10.1.1 (englisch).
  8. a b Taysir M. Atiat: An Egyptianizing Cult at the Citadel Hill (Jabal al-Qal'a) of Amman, Jordan. In: Council for British Research in the Levant. 35. Jahrgang, 2003, S. 117–122, doi:10.1179/lev.2003.35.1.117 (englisch).
  9. Siegfried H. Horn: The Amman Citadel Inscription. In: The American Schools of Oriental Research. Band 193, 1969, S. 2–13 (englisch).
  10. Kadhim, M. B., Y. Rajjal: Amman In: Cities 5.4 (1988), S. 318–325 (englisch).
  11. Milwright, Marcus: "Central and Southern Jordan in the Ayyubid Period: Historical and Archaeological Perspectives." Journal of the Royal Asiatic Society of Great Britain & Ireland 16.1 (2006). S. 1–27 (englisch).
  12. Antonio Almagro Gorbea: Restoration of the Umayyad Alcazar in Amman (Jordan). In: Loggia. 11. Jahrgang, 2. April 2024, S. 44–59, doi:10.4995/loggia.2001.5225 (spanisch, csic.es [PDF]).
  13. Hand einer Kolossalstatue. In: Universes in Universe. Abgerufen am 9. Mai 2024.
  14. Herkules-Tempel in Amman. In: Universes in Universe. Abgerufen am 8. Mai 2024.
  15. Antonio Almagro, Emilio Olavarri: A New Umayyad Palace at the Citadel of Amman In: Studies in the History and Archaeology of Jordan. Adnan Hadidi, ed. Amman: Department of Antiquities, 1982. S. 305–321 (englisch).
  16. Audienzhalle und Thronsaal. In: Universes in Universe. Abgerufen am 10. Mai 2024.
  17. Umayyadische Zisterne. In: Universes in Universe. Abgerufen am 10. Mai 2024.
  18. Kolonnadenstraße. In: Universes in Universe. Abgerufen am 10. Mai 2024.
  19. Ignacio Arce: Umayyad Building Techniques and the Merging Of Roman-Byzantine and Partho-Sassanian Traditions: Continuity and Change, Technology in Transition A.D. 300-650. Hrsg.: Luke Lavan, Enrico Zanini, Alexander Sarantis (= Late Antique Archaeology,. Band 4). 2008, ISBN 978-90-04-16549-6, S. 497 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche). (At Brill see here.)
  20. Umayyadische Moschee in Amman. In: Universes in Universe. Abgerufen am 8. Mai 2024.
  21. Umayyadisches Monumentalportal (Außenansicht). In: Universes in Universe. Abgerufen am 9. Mai 2024.
  22. Umayyadisches Monumentalportal (Innenansicht). In: Universes in Universe. Abgerufen am 9. Mai 2024.
  23. Umayyadisches Monumentalportal (Ansicht des Ornamentes). In: Universes in Universe. Abgerufen am 9. Mai 2024.
  24. Byzantinische Kirche. In: Universes in Universe. Abgerufen am 9. Mai 2024.
  25. Marcus Milwright: Central and Southern Jordan in the Ayyubid Period: Historical and Archaeological Perspectives, Journal of the Royal Asiatic Society. April 2006, S. 1–27, JSTOR:25188591 (englisch).
  26. Patricia M. Bikai, Virginia Egan: Archaeology in Jordan, American Journal of Archaeology. Juli 1997, S. 493–535, doi:10.2307/507108, JSTOR:507108 (englisch).
  27. Things to do in Amman, Jordan (before a more epic adventure). In: MIDDLE EAST. 3. April 2019, abgerufen am 9. Mai 2024 (englisch).

Koordinaten: 31° 57′ 16,9″ N, 35° 56′ 3,5″ O