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Émile Petitot OMI (geb. 1838 in Grancey-le-Château; gest. 1916 in Mareuil-lès-Meaux) war ein französischer Oblatenmissionar in Kanada, der verschiedene linguistische und ethnographische Studien verfasste.

Gedenktafel in der französischen Gemeinde Mareuil-lès-Meaux (eingeweiht am 22. September 1975 von Judd Buchanan, dem kanadischen Minister für Indianerangelegenheiten und nördliche Entwicklung)

Émile Petitot, der zwanzig Jahre in der Nähe des Polarkreises verbrachte, veröffentlichte zahlreiche Werke über die Sprachen und Praktiken der Ureinwohner. Er veröffentlichte beispielsweise ein Wörterbuch zu einer athapaskischen Sprache, die von indigenen Gruppen im Norden Kanadas gesprochen wird (Dictionnaire de la langue Dènè-Dindjié.[1] Paris, 1876) und ein Buch über seine Reise um den Großen Sklavensee (Autour du Grand Lac des Esclaves.[2] Paris, 1891).

Mit der Zeit verfiel Petitot jedoch in ein Delirium und begann, imaginäre Verfolgungen heraufzubeschwören, unwahrscheinliche Interpretationen über seine indigenen Gastgeber zu verfassen und in schizoide Wut auszubrechen. Petitot hat Tausende von Seiten an Briefen und Memoiren hinterlassen. Die tragische Geschichte des Missionars wurde jüngst von dem Anthropologen Pierre Déléage in seinem Buch La Folie arctique (etwa: Der arktische Wahnsinn; in der englischen Übersetzung mit dem Untertitel: Die Anthropologie einer Täuschung) rekonstruiert.[3]

Der französische Ethnologe Lucien Lévy-Bruhl beispielsweise zieht Petitot wiederholt heran und zitiert Petitots Autour du Grand Lac des Esclaves mit dem Fall eines Déné, der getauft worden war und deshalb davon überzeugt war, dass sich die Elche, denen seine Konversion missfallen hatte, nicht mehr töten lassen wollten. Sie würden ihn auslachen.[4]

Der Petitot River in den kanadischen Provinzen Alberta und British Columbia und in den Nordwest-Territorien ist nach Émile Petitot benannt.

Gedenktafel in Mareuil-lès-Meaux

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Die von der kanadischen Regierung überreichte Gedenktafel in der französischen Gemeinde Mareuil-lès-Meaux trägt die Aufschrift (mit einer freien deutschen Übersetzung):[5]

„EMILE PETITOT

1838-1916

Petitot, "le Fils du Soleil": c'est ainsi que l'esquimau Noulloumallok-Innonarna parlait d'Emile Petitot. Né à Grancey-le-Château, appartenant à la communauté religieuse des Oblats, Emile Petitot fut, pendant près de vingt ans, missionnaire chez les Indiens et les Esquimaux des Territoires du Nord-Ouest du Canada. Ethnologue, géographe et linguiste, membre de nombreuses sociétés savantes européennes, il fut curé de Mareuil-lès-Meaux pendant les trente dernières années de sa vie. Son œuvre écrite représente un apport de grande valeur à la science et témoigne de l'attachement qu'il portait aux populations du Grand Nord.

Le Gouvernement du Canada est heureux d'offrir à la France cette plaque qui commémore la contribution scientifique d'Emile Petitot au Nord canadien et souligne les relations historiques existant entre les deux pays.

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EMILE PETITOT

1838-1916

"Petitot, der Sohn der Sonne": So bezeichnete der Eskimo Noulloumallok-Innonarna Émile Petitot. Er wurde in Grancey-le-Château geboren und gehörte der religiösen Gemeinschaft der Oblaten an. Emile Petitot war fast zwanzig Jahre lang als Missionar bei den Indianern und Eskimos in den Territorien des Nordwestens von Kanada tätig. Ethnologe, Geograf und Linguist, Mitglied zahlreicher europäischer Gelehrtengsellschaften. Während der letzten dreißig Jahre seines Lebens war er Pfarrer von Mareuil-lès-Meaux. Sein schriftliches Werk stellt einen wertvollen Beitrag zur Wissenschaft dar und zeugt von seiner von seiner Verbundenheit mit den Völkern des Hohen Nordens.

Die Regierung Kanadas freut sich, Frankreich diese Tafel zu überreichen, die an den wissenschaftlichen Beitrag von Émile Petitot im kanadischen Norden erinnert und die historischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern unterstreicht.“

Publikationen (Auswahl)

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  • Autour du Grand Lac des Esclaves. Paris, 1891. Digitalisat
  • Dictionnaire de la langue dènè-dindjié. Paris, 1876. Digitalisat
  • Les grands esquimaux. Paris, Plon 1887. Digitalisat
  • (Hrsg. / Übers.) Traditions indiennes du Canada Nord-ouest: textes originaux & traduction littérale. Alençon 1887. Digitalisat
(engl. Auswahlübersetzung) The Book of Dene: Containing the Traditions and Beliefs of Chipewyan, Dogrib, Slavey, and Loucheux Peoples. Department of Education, Yellowknife NWT 1976.

Literatur

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  • Déléage, Pierre: Arctic Madness - The Anthropology of a Delusion. Englische Übersetzung von Catherine V. Howard. HAU Society for Ethnographic Theory, 2020, ISBN 1912808277 (Originaltitel: La Folie arctique, Zones sensibles, Bruxelles, 2017; Besprechung)
  • Morice, Le R. P. A.-G., O.M.I.: L'abbé Émile Petitot et les découvertes géographiques au Canada: étude géographico-historique. Edité par Impr. de l'Action sociale. Ltée., Quebec 1923. Digitalisat
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Einzelnachweise und Fußnoten

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  1. Digitalisat
  2. Digitalisat
  3. Arctic Madness - The Anthropology of a Delusion (Buchhandelslink)
  4. Lucien Lévy-Bruhl: Le surnaturel et la nature dans la mentalité primitive. Félix Alcan, Paris 1931. (Ausg. 1963), S. 91 (“Ils se rient de moi.”)
  5. vgl. omiworld.org: Émile Petitot