Der Schätzwert Akuter Toxizität (englisch Acute Toxicity Estimates, ATE) dient zur Festlegung und Berechnung in die Gefahrenkategorien und Gefahrenklassen der akuten Toxizität nach GHS/CLP. Grundlage für den ATE-Wert ist die Verwendung bekannter LD50- oder LC50-Werte und eine entsprechende Umrechnung.[1]

Mit dem ATE-Wert lassen sich die Eigenschaften über die akute Toxizität beispielsweise innerhalb einer Lieferkette besser kommunizieren.

Der ATE stellt einen Schätzwert dar und ist kein Prüfergebnis.

Festlegung des ATE-Wertes für Reinsubstanzen

Bearbeiten

Bei bekannter akuter Toxizität

Bearbeiten

Ist die akute Toxizität nach den Kriterien des GHS bzw. der CLP bekannt (z. B. durch Prüfergebnisse), erfolgt die Festlegung eines Schätzwertes anhand einer Bewertung der vorliegenden Daten mittels wissenschaftlichen Sachverstandes (Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, Art. 5 i. V. m. Anh. I, Absch. 3.1.2.2.1). Der Anwender kann demnach aus mehreren Prüfergebnissen auswählen oder diese in einer Bewertung zusammenfassen. Dabei muss eine eventuelle Mindest- oder Legaleinstufung eines Stoffes als zusätzliche Randbedingung berücksichtigt werden.

Die Festlegung der Kategorie der akuten Toxizität erfolgt anhand des ATE-Wertes nach folgender Tabelle:[2]

Expositionsweg Kategorie 1 Kategorie 2 Kategorie 3 Kategorie 4 Kategorie 5
nur GHS[3]
oral (mg/kg Körpergewicht) ATE ≤ 5 5 < ATE ≤ 50 50 < ATE ≤ 300 300 < ATE ≤ 2000 2000 < ATE ≤ 5000
dermal (mg/kg Körpergewicht) ATE ≤ 50 50 < ATE ≤ 200 200 < ATE ≤ 1000 1000 < ATE ≤ 2000 2000 < ATE ≤ 5000
Gase (ppmV) ATE ≤ 100 100 < ATE ≤ 500 500 < ATE ≤ 2500 2500 < ATE ≤ 20000
Dämpfe (mg/l) ATE ≤ 0,5 0,5 < ATE ≤ 2 2 < ATE ≤ 10 10 < ATE ≤ 20
Stäube und
Nebel (mg/l)
ATE ≤ 0,05 0,05 < ATE ≤ 0,5 0,5 < ATE ≤ 1 1 < ATE ≤ 5

Stoffe, welchen bereits eine Gefahrenkategorie durch Legal- oder Mindesteinstufung zugewiesen wurde, kann also lediglich ein Schätzwert der akuten Toxizität zugewiesen werden, welcher innerhalb der Vorgaben der Tabelle 3.1.1. liegt.

Die Einstufung in die Gefahrenkategorie 5 erfolgt vor allem durch Extrapolation, Schätzung, Erfahrung und durch Expertenurteil. Es wird davon abgeraten, Tierversuche in diesem Bereich durchzuführen.[4]

Bei bekannter Gefahrenkategorie

Bearbeiten

Ist nur die Gefahrenkategorie für einen Stoff bekannt, aber keine genauen Werte für die akute Toxizität (z. B. Prüfergebnisse), so werden folgende ATE-Werte für die Berechnung der Einstufung eines Gemisches herangezogen.

Expositionsweg Kategorie 1 Kategorie 2 Kategorie 3 Kategorie 4 Kategorie 5
nur GHS
oral (mg/kg Körpergewicht) ATE = 0.5 ATE = 5 ATE = 100 ATE = 500 ATE = 2500
dermal (mg/kg Körpergewicht) ATE = 5 ATE = 50 ATE = 300 ATE = 1100 ATE = 2500
Gase (ppmV) ATE = 10 ATE = 100 ATE = 700 ATE = 4500
Dämpfe (mg/l) ATE = 0.05 ATE = 0.5 ATE = 3 ATE = 11
Stäube und
Nebel (mg/l)
ATE = 0.005 ATE = 0.05 ATE = 0.5 ATE = 1.5

Diese ATE-Werte stellen keine Prüfergebnisse dar und stehen nur bedingt diesen gleich.

Berechnung des ATE-Wertes von Gemischen

Bearbeiten

Der ATE-Wert   eines Gemisches lässt sich aus den ATE-Werten seiner Bestandteile berechnen.[5] Sei   die Anzahl der toxisch relevanten Bestandteile, davon   die Anzahl mit bekanntem ATE-Wert und   die mit unbekanntem ATE-Wert. Weiterhin seien   die Konzentrationen der Bestandteile mit den jeweiligen bekannten ATE-Werten   sowie   die Konzentrationen der Bestandteile mit unbekanntem ATE-Wert. Die Konzentrationen   sind dabei als Massenprozent (% w/w) oder Volumenprozent (% v/v) anzugeben. Ist die Gesamtkonzentration der Bestandteile, über die keine Information zu ihrer akuten Toxizität vorliegt in einem Gemisch nicht größer als zehn Prozent, also

 

gilt für den ATE-Wert des Gemisches folgende Formel:

 .

Ist die Gesamtkonzentration der Bestandteile unbekannter akuter Toxizität in einem Gemisch größer als zehn Prozent, also

 

ist folgende Formel anzuwenden:[5]

 .

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. CLP-Verordnung. Teil 3. 3.1.2
  2. Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen in der konsolidierten Fassung vom 1. April 2016, Anh. I, Absch. 3.1.2. Tabelle 3.1.1.
  3. Diese Spalte ist in Tabelle 3.1.1. aus Anh. I Absch. 3.1.2. der Verordnung Nr. 1272/2008/EWG nicht enthalten, da im gesetzlichen Einstufungssystem der CLP das Gefahrenmerkmal „akut toxisch Kategorie 5“ nicht erfasst wurde.
  4. GHS, Part 3, Tabelle 3.1.1.
  5. a b Guidance on the Application of the CLP Criteria. S. 19, abgerufen am 23. Mai 2018.
Bearbeiten