Agnes Carus

Carus, Charlotte Agnes Florentine | Küster, Agnes Geburtsname | 1802 in Leipzig | † 1839 in Leipzig |

Charlotte Agnes Florentine Carus, geb. Küster (* 3. Juni 1802[1] in Leipzig; † 6. März 1839 ebenda) war eine deutsche Sängerin (Sopran) sowie Mitglied der Leipziger Singakademie. Sie regte Robert Schumanns frühes Liedschaffen an.

Familiäre Herkunft

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Agnes Carus war die Tochter von Charlotte geb. Hermann (1771–1831) und Christian Gottlob Küster (1760–1818), Akziseninspektor und Inspektionsaktuarius sowie Doktor der Rechte in Leipzig.[2] Ihr Vater lehrte an der Juristischen Fakultät der Universität Leipzig[3] und war Ehrenmitglied der ökonomischen Gesellschaft[4]. Ihre Geschwister waren: Gottlob Gustav, Gottlob Rudolph (* 1799), Charlotte Emma Henriette (* 1804), Charlotte Mathilde Charitas (* 1805) und Charlotte Clara Elisabeth (* 1807).

Über ihre musikalische Ausbildung ist bisher wenig bekannt. Ihr Vater war Mitglied des Leipziger Vereins „Harmonie“, der auch Wohltätigkeitskonzerte veranstaltete und personelle Überschneidungen zum Gewandhaus und zur Singakademie aufwies.[5] Naheliegend ist, dass Agnes Carus durch die Singakademie Leipzig ausgebildet wurde, denn dort war sie, später auch zusammen mit ihrem Ehemann Ernst August Carus, Mitglied. Bereits vor ihrer Ehe ist sie als Agnes Küster ab 1815 in den Mitgliederverzeichnissen nachweisbar.[6]

Am 19. November 1822[7] heiratete sie den Arzt Ernst August Carus (1797–1854), aus der Ehe gingen die Kinder hervor: Julius Victor (1823–1903), Anna (geb./gest. 1826)[8], Fanny (1829–1904), Marie Helene (1831–1914), Paul (1833–1875) und Elise (1835–1897).

Begegnung mit Robert Schumann

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Im Frühsommer 1827 besuchte Agnes Carus, zu der Zeit in Colditz wohnend, Verwandte in Zwickau und traf auf einer musikalischen Gesellschaft Robert Schumann – von ihr hörte er zum ersten Mal die Lieder Franz Schuberts, sowie erstmals die Lieder von Spohr und Wiedebein,[9] und wurde zu seinem eigenen Liedschaffen angeregt. Zusammen mit Agnes Carus spielte er auch vierhändig Klavier oder begleitete sie beim Singen am Klavier. Als Robert Schumann 1828 zum Jura-Studium nach Leipzig zog, war er regelmäßiger Gast der musikalischen Gesellschaften im Hause Carus.[10] Dort lernte er auch Friedrich Wieck kennen, der sein Leben entscheidend verändern sollte.[11]

Auftritte als Sängerin

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Gewandhaussaal Leipzig (Illustrirte Zeitung, 19. April 1845, S. 253).

Als Frau aus bürgerlichen Kreisen war es Agnes Carus nicht möglich, professionell als Sängerin aufzutreten, d. h. wie Berufssängerinnen wie z. B. Jenny Lind oder Henriette Sontag auf Tour gehen zu können oder eine Anstellung an einem Konzerthaus anzustreben und durch den Gesang eigenes Geld zu verdienen.[12] Agnes Carus wirkte vor allem als Liedsängerin in privaten bzw. halböffentlichen musikalischen Gesellschaften in Leipzig und auf öffentlichen Wohltätigkeitskonzerten. Einige öffentliche Konzerte sind aber überliefert, was zeigt, dass sie nicht ausschließlich im privaten/halböffentlichen Kreis als Sängerin aufgetreten ist, wie z. B. am 24. Februar 1829 in einem Konzert des Zwickauer Musikvereins vor rund 500 Zuhörern,[13] oder in der Aufführung von Händels Oratorium Samson, unter der Leitung des Musikdirektors August Pohlenz, am 4. und 9. April 1830 im Leipziger Gewandhaus. Die Gewandhaussängerin Henriette Grabau wirkte hierbei als Solistin mit.[14] 1837 trat Agnes Carus außerdem auf einem Musikfest in Altenburg auf, das am 21. und 22. August zu Mozarts Andenken stattfand.[15] Am 8. Februar 1838 sang sie im Leipziger Gewandhaus unter der Leitung Felix Mendelssohn Bartholdys seinen 42. und 115. Psalm.[16] Am 13. Mai 1838 wirkte sie in Leipzig bei einem Wohltätigkeitskonzert „zum Besten des dem Andenken Mozarts in Salzburg zu errichtenden Denkmals“ mit. Dort sang sie als Choristin sowie als Solistin neben Luise Köster-Schlegel in dem Quintett „Sento o Dio“ aus Mozarts Oper Cosi fan tutte.[17] Diese Auftritte zeigen, dass sie auf einem hohen Niveau ausgebildet wurde, da sie neben professionellen Sängerinnen und öffentlich auftrat.

Im Alter von nur 36 Jahren starb Agnes Carus in Leipzig. In der Allgemeinen musikalischen Zeitung ist ein kurzer Nachruf zu lesen:

„Mit Schmerzen fühlen wir uns verpflichtet, den frühen Tod einer unserer geschätzten Gesangsdilettantinnen anzuzeigen, die nicht wenige öffentliche Kunstleistungen zu guten Zwecken in Kirche und Konzert rühmlich verherrlichen half! Frau Dr. Agnes Carus, geb. Küster, als Mutter und Pflegerin vieler Leidenden, so wie als tüchtige Künstlerin viel betrauert, entschlief, 35 [sic!] Jahr alt, am 6. d. [des Monats] an einer nervösen Brustentzündung.“[18]

Literatur

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  • Clara Schumann: Jugendtagebücher 1827–1840, hrsg. von Gerd Nauhaus und Nancy B. Reich, Hildesheim u. a. 2019, S. 45.
  • Mirjam Gerber: Zwischen Salon und musikalischer Geselligkeit. Henriette Voigt, Livia Frege und Leipzigs bürgerliches Musikleben (= Studien und Materialien zur Musikwissenschaft 90). Hildesheim u. a. 2016, S. 166 f.
  • Gustav Jansen: Die Davidsbündler. Aus Robert Schumann’s Sturm- und Drangperiode. Ein Beitrag zur Biographie R. Schumann’s nebst ungedruckten Briefen, Aufsätzen und Portraitskizzen aus seinem Freundeskreise. Breitkopf und Härtel, Leipzig 1883 (online).
  • Robert Schumann: Tagebücher. Band I: 1827–1838, hrsg. von Georg Eismann, Leipzig 1971, S. 89–91, 488 f., 509.
  • Stephan Wünsche: Die Leipziger Singakademie – Mitglieder, Repertoire und Geschichte. Studien zur Chormusik in Leipzig, besonders am Gewandhaus. Leipzig 2014, besonders S. 353.

Einzelnachweise

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  1. In der Schumann Briefedition wird das Jahr 1807 als Geburtsdatum angegeben; vgl. Schumann Briefedition, Serie I: Familienbriefwechsel, Band 1: Briefwechsel mit den Verwandten in Zwickau und Schneeberg, hg. von Thomas Synofzik und Michael Heinemann, Köln 2020, S. 932.
  2. Vgl. Adressbuch Leipzig 1802, 1. Teil, S. 18 (online).
  3. Vgl. Adressbuch Leipzig 1802, 1. Teil, S. 39 (online).
  4. Vgl. Adressbuch Leipzig 1802, 1. Teil, S. 58 f. (online).
  5. Vgl. Stephan Wünsche: Die Leipziger Singakademie – Mitglieder, Repertoire und Geschichte. Studien zur Chormusik in Leipzig, besonders am Gewandhaus. Leipzig 2014, S. 92, 110–113.
  6. Vgl. Stephan Wünsche: Die Leipziger Singakademie – Mitglieder, Repertoire und Geschichte. Studien zur Chormusik in Leipzig, besonders am Gewandhaus. Leipzig 2014, S. 88, 185, 353.
  7. Vgl. Leipziger Zeitung vom 23. November 1822, S. 2752 (online). In der aktuellen Forschungsliteratur wird das Datum der Heirat mit „19. Juli 1823“ falsch angegeben; vgl. Clara Wieck. Jugendtagebücher 1827‒1840, hg. von Gerd Nauhaus und Nancy B. Reich unter Mitarbeit von Kristin R.M. Krahe, 2., rev. Aufl., Hildesheim 2019, S. 501 sowie Schumann Briefedition, Serie I: Familienbriefwechsel, Band 1: Briefwechsel mit den Verwandten in Zwickau und Schneeberg, hg. von Thomas Synofzik und Michael Heinemann, Köln 2020, S. 932.
  8. Vgl. Leipziger Zeitung vom 1. März 1826, S. 520 (online) sowie Leipziger Zeitung vom 30. August 1826, S. 2248 (online).
  9. Vgl. Martin Kreisig: „Kreuz und Quer. Von den ersten Lieder R. Schumanns“. In: Neue Zeitschrift für Musik, Heft 9, September 1925, S. 533 f. (online).
  10. Vgl. „Aus Robert Schumann’s Jugendzeit. Ein biographisches Blatt von Max Kalbeck.“ In: Österreichische Rundschau. Monatsschrift für das gesammte geistige Leben der Gegenwart, hrsg. von Anton Edlinger, 1. Jg., Wien 1883, S. 22–36, hier S. 33 (online).
  11. Vgl. Adolph Kohut: „Robert Schumann und die Frauen. Ein Gedenkblatt zum 60. Todestag des Komponisten, 29. Juli 1906“. In: Neue Freie Presse Nr. 15062 vom 29. Juli 1906, S. 32–35, hier S. 33 (online).
  12. Siehe hierzu weiterführend: Nancy B. Reich: „Women as Musicians: A Question of Class.“ In: Ruth A. Sadie (Hg.): Musicology and Difference. Gender and Sexuality in Music Scholarship. Berkely u. a. 1993, S. 125–146.
  13. Vgl. Schumann Briefedition, Serie I: Familienbriefwechsel, Band 1: Briefwechsel mit den Verwandten in Zwickau und Schneeberg, hg. von Thomas Synofzik und Michael Heinemann, Köln 2020, S. 125 Kommentar 24.
  14. Vgl. Allgemeine musikalische Zeitung vom 14. April 1830, Sp. 242 (online); vgl. auch Bert Hagels: Konzerte in Leipzig 1779/80 bis 1847/48. Eine Statistik. Berlin 2009, Anhang „Konzerte in Leipzig 1779/80 bis 1847/48“, S. 827 f.
  15. Vgl. AmZ vom 6. September 1837, Sp. 592 (online).
  16. Vgl. Bert Hagels: Konzerte in Leipzig 1779/80 bis 1847/48. Eine Statistik. Berlin 2009, Anhang „Konzerte in Leipzig 1779/80 bis 1847/48“, S. 983.
  17. Vgl. Bert Hagels: Konzerte in Leipzig 1779/80 bis 1847/48. Eine Statistik. Berlin 2009, Anhang „Konzerte in Leipzig 1779/80 bis 1847/48“, S. 990; vgl. auch AmZ vom 25. Mai 1838, Sp. 341 f. (online).
  18. AmZ vom 13. März 1839, Sp. 216 (online). Auch zitiert in: Mirjam Gerber: Zwischen Salon und musikalischer Geselligkeit. Henriette Voigt, Livia Frege und Leipzigs bürgerliches Musikleben (= Studien und Materialien zur Musikwissenschaft 90). Hildesheim u. a. 2016, S. 167.