Alliance Sud

Zusammenschluss von sechs Schweizer Selbsthilfeorganisationen

Alliance Sud ist ein Schweizer Zusammenschluss für Internationale Zusammenarbeit und Entwicklungspolitik. Die Mitglieder der Allianz von Nichtregierungsorganisationen sind Swissaid, Fastenaktion, Helvetas, Caritas, Hilfswerk der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz, Solidar Suisse und Terre des hommes. Das Schweizerische Rote Kreuz, Brücke Le Pont, Biovision, Unité und Comundo sind assoziierte Mitglieder des Vereins.[1]

Alliance Sud
Rechtsform Verein
Gründung 1971
Sitz Bern
Motto Politik für eine gerechte Welt.
Zweck Entwicklungspolitik
Vorsitz Markus Allemann
Geschäftsführung Andreas Missbach
Website www.alliancesud.ch

Ziel von Alliance Sud ist es, die Politik der Schweizer Regierung gegenüber den Entwicklungsländern zugunsten der armen Bevölkerung in diesen Ländern zu beeinflussen. Dazu betreibt die Organisation Lobbyarbeit gegenüber Politik, Verwaltung und Wirtschaft sowie intensive Öffentlichkeitsarbeit zu entwicklungspolitischen Aspekten der schweizerischen Aussen- und Innenpolitik.

Ursprung und Idee

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1971 gründeten zunächst vier schweizerische Entwicklungsorganisationen (Swissaid, Fastenopfer, Brot für alle und Helvetas) die Arbeitsgemeinschaft der Hilfswerke (seit 2005: Alliance Sud). Dahinter stand die Überlegung, dass es nicht ausreicht, in den armen Ländern Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten. Gleichzeitig müssten die Politik der Industrieländer verändert werden, um im Süden Entwicklung zu ermöglichen. 1992 stiess Caritas Schweiz und 2003 das Hilfswerk der Evangelischen Kirchen Schweiz (HEKS) hinzu. Seit 2022 sind auch Solidar Suisse und Terre des hommes Mitglieder von Alliance Sud.

Bearbeitete Themen

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Die Organisation ist auf jenen Themen aktiv, die nach Ansicht der Organisation für das Verhältnis der Schweiz zu Entwicklungsländern zentral sind.

Entwicklungszusammenarbeit

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Die Organisation verfolgt kritisch die inhaltliche Ausrichtung der schweizerischen Entwicklungspolitik sowie deren quantitativen Umfang. Die Organisation setzt sich dabei dafür ein, dass die Schweiz ihre Ausgaben für die Entwicklungszusammenarbeit auf 0,7 Prozent des Bruttoinlandeinkommens (BNE) erhöht. Zur Post-2015-Entwicklungsagenda der Uno, den Zielen für eine nachhaltige Entwicklung[2] hat Alliance Sud 2013 ein Schweizer Positionspapier[3] verfasst. 2007/2008 führte Alliance Sud zusammen mit über siebzig weiteren Organisationen eine öffentliche Kampagne «Gemeinsam gegen Armut» durch und sammelte über 200'000 Unterschriften für die Erhöhung der schweizerischen Entwicklungshilfe. Sie brachte einen Teilerfolg: Im Frühling 2011 beschloss das Schweizer Parlament, die Entwicklungshilfe bis 2015 wenigstens auf 0,5 Prozent BNE zu erhöhen (2010 betrug sie 0,41 %). 2012 bekräftigte das Parlament den Entscheid.

Faire Handelsbeziehungen

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Die Organisation setzt sich für das Recht von Entwicklungsländern ein, ihre eigenen Produzenten – zum Beispiel in der Landwirtschaft oder der Industrie – vor Billigimporten aus Industrieländern zu schützen. Sie befürwortet auch eine Abschaffung von Exportsubventionen in den reichen Ländern und eine starke Einengung des Patentschutzes, insbesondere im Gesundheitssektor.

Steuergerechtigkeit

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Entwicklungsländer verlieren viel Steuereinnahmen durch Steuerflucht und unfairen Steuerwettbewerb. In der Schweiz ist die Steuerhinterziehung nicht strafbar (nur der Steuerbetrug), sie leistete deshalb bisher bei diesem Delikt keine internationale Rechtshilfe. Auf Druck verschiedener Staaten hat sie sich 2009 aber bereit erklärt, wenigstens die OECD-Standards einzuhalten. Die Arbeitsgemeinschaft setzt sich dafür ein, dass diese Standards auch gegenüber Entwicklungsländern angewendet werden. Die Organisation verlangt zudem die Einführung eines allgemeinen Informationsaustausches in Steuerangelegenheiten. Um weltweit unfaire Steuerpraktiken zu bekämpfen, hat die Organisation 2002 das internationale Netzwerk für Steuergerechtigkeit (Tax Justice Network) mitbegründet. 2013 wurde dieses Netzwerk neu strukturiert und in Global Alliance for Tax Justice umbenannt.

Klimagerechtigkeit

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Die Arbeitsgemeinschaft setzt sich dafür ein, dass die Schweiz den Verpflichtungen des Pariser Klimaübereinkommens nachkommt, insbesondere was ihre globale Klimaverantwortung und die Pflichten gegenüber Entwicklungsländern betrifft. Im Zentrum des Engagements steht die internationale Klimafinanzierung. Die Schweiz muss gemäss Pariser Abkommen einen fairen Beitrag an die vereinbarte Summe von mindestens 100 Milliarden USD pro Jahr leisten, um die ärmsten und von der Klimakrise am stärksten betroffenen Länder des globalen Südens bei Klimaschutz- und Anpassungsmassnahmen zu unterstützen. Entsprechend der Verantwortung und Kapazität der Schweiz fordert Alliance Sud einen Beitrag von 1 %; also mindestens 1 Milliarde CHF pro Jahr.[4]

Zudem kritisiert Alliance Sud, dass bestehende Klimafinanzierungs-Beiträge aus den Rahmenkrediten der Entwicklungszusammenarbeit finanziert werden, anstatt «neue und zusätzliche» Mittel bereitzustellen, wie es die UNO-Klimarahmenkonvention fordert. Denn so würden Mittel, die für die Bekämpfung von Armut und Ungleichheit bestimmt sind, stattdessen zur Erfüllung der Verplfichungen der Schweiz im Pariser Klimaübereinkommen eingesetzt.[5]

Die Organisation arbeitet eng mit Umwelt- und anderen Organisationen der Zivilgesellschaft zusammen, ist Mitglied der Klima-Allianz Schweiz und des Climate Action Network Europe,[6] sowie Teil des Eurodad-Netzwerks.

Unternehmen und Menschenrechte

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Die Organisation setzt sich im Rahmen der NGO-Allianz Recht ohne Grenzen[7] für gesetzliche Bestimmungen ein, die Unternehmen mit Sitz in der Schweiz verpflichten, weltweit die Menschenrechte und die Umwelt zu respektieren. Im Sommer 2012 übergab die Allianz der Schweizer Regierung und Parlament eine Petition, die von über 135'000 Personen unterzeichnet worden war und verbindliche Regeln für Konzerne verlangt. Sie war eine der Trägerorganisationen der Konzernverantwortungsinitiative.[8]

Alliance Sud InfoDoc

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Alliance Sud betrieb unter dem Namen InfoDoc Dokumentationszentren in Bern und Lausanne, die der Öffentlichkeit zur Verfügung standen. Sie boten Informationen entwicklungsbezogenen Themen von Armut über Hunger bis Zwangsarbeit; zur sozialen, politischen und wirtschaftlichen Lage der Länder Afrikas, Asiens und Lateinamerikas; zur Zusammenarbeit der Schweiz mit den Ländern des Südens und Ostens sowie mit internationalen Organisationen. Zu den Dienstleistungen der Dokumentationszentren gehörten auch Auftragsrecherchen und Medienbeobachtungen.[9]

Der Vorstand von Alliance Sud beschloss Ende Juni 2021, die Informations- und Dokumentationsstellen von InfoDoc in Bern und Lausanne ab Ende September 2021 nicht mehr weiterzuführen, um sich auf die entwicklungspolitische Arbeit zu fokussieren. Die Arbeit von InfoDoc sei nicht mehr finanzierbar gewesen.[10]

Publikationen

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Die Organisation verschickt achtmal jährlich einen elektronischen Newsletter[11] und gibt viermal im Jahr die Zeitschrift GLOBAL[12] heraus.

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Einzelnachweise

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  1. Mitglieder. Abgerufen am 18. Januar 2023.
  2. SDG (englische Seite der UNO)
  3. Schweizer Positionspapier, PDF, 2,4 MB
  4. Klimafrage nicht gegen Entwicklung ausspielen. 5. September 2019, abgerufen am 24. Februar 2021.
  5. Klimafrage nicht gegen Entwicklung ausspielen. 5. September 2019, abgerufen am 24. Februar 2021.
  6. Climate Action Network Europe
  7. Recht ohne Grenzen. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 25. März 2020; abgerufen am 25. Oktober 2024.
  8. Daniel Hitzig: JA zur Konzernverantwortungsinitiative. AllianceSud, 14. Juli 2020, abgerufen am 24. August 2020.
  9. alliancesud – Über uns – Unsere Ziele. Archiviert vom Original am 14. April 2021; abgerufen am 11. Oktober 2021.
  10. Mit Bedauern hat der Vorstand von Alliance Sud Ende Juni beschlossen, dass die Informations- und Dokumentationsstelle InfoDoc ab Ende September nicht mehr weitergeführt werden kann. 12. Juli 2021, archiviert vom Original am 17. Juli 2021; abgerufen am 11. Oktober 2021.
  11. Newsletter
  12. Global (Memento vom 13. Januar 2022 im Internet Archive)