Andrea Bonatta

italienischer Dirigent und Pianist

Andrea Bonatta (* 27. April 1952 in Bozen, Italien) ist ein italienischer klassischer Pianist und Dirigent.

Andrea Bonatta (2016 in Salzburg)

Leben und Wirken

Bearbeiten

Bonattas Mutter Marcella Balestri war professionelle Pianistin und seine erste Lehrerin. Er studierte Klavier am Konservatorium „Claudio Monteverdi“ Bozen bei Nunzio Montanari und Emilio Riboli sowie Komposition bei Andrea Mascagni und gewann mehrere Preise bei den wichtigsten nationalen Klavierwettbewerben (La Spezia, Carpi, Tarent, Cesena).

Mit 19 Jahren erhielt er das Klavierdiplom und das Abitur, beide mit Auszeichnung. Er studierte außerdem Rechtswissenschaften an der Universität Bologna und italienische Literatur an der Universität Padua. Nachdem er bei einigen internationalen Klavierwettbewerben (Concorso pianistico internazionale Ettore Pozzoli, Seregno, Maria Canals International Music Competition, Barcelona,[1] Alessandro Casagrande International Piano Competition, Terni[2]) Spitzenpreise gewonnen hatte, begann er eine internationale Karriere und trat in vielen europäischen Ländern sowie in den USA, Südamerika, Australien, Südkorea, China und Südafrika auf. In dieser Zeit studierte er bei Nikita Magaloff in Genf, Stefan Askenase in Bonn und Wilhelm Kempff in Positano[3], vor allem aber bei Paul Badura-Skoda in Wien. Er wurde einer seiner Lieblingsschüler und später sein enger Freund.[4]

1986 nahm er seine erste Liszt-CD für Astrée Auvidis in Paris auf, die von Le Monde de la musique mit einem „Choc“ ausgezeichnet wurde. Er nahm für Auvidis auch das komplette Klavierwerk von Brahms auf fünf CDs auf und erhielt Auszeichnungen der Rezensenten wie „ffff“ (Télérama) und „Beste CD des Jahres“ (Neue Musikzeitung). In dieser Zeit spielte er oft sowohl Brahms-Klavierkonzerte als auch die Brahms-Violinsonaten.[5]

1997 veröffentlichte er in italienischer und deutscher Sprache das Buch Brahms. The Piano Work, das bis heute als Meilenstein auf diesem Gebiet gilt. Er hat das Busoni International Piano Festival in Bozen ins Leben gerufen und war Vizepräsident der World Federation of International Music Competitions in Genf.

Trotz seiner verschiedenen musikalischen Aktivitäten ist Bonatta immer noch ein aktiver Künstler, der in den wichtigsten Konzertsälen wie der Istituzione Universitaria dei Concerti (UIC) an der La Sapienza in Rom, dem Smetana-Saal in Prag, der Salle Gaveau in Paris, dem Grand Theatre in Shanghai, dem Verbotenen Rathaus in Peking, dem Stilwerk in Berlin und in Vietnam (Hanoi Opera House, Konservatorium Ho-Chi-Minh-Stadt)[6] spielt. Er schätzt Kammermusik und hat im Duo mit Pianisten wie Paul Badura-Skoda, Valentin Gheorghiu und zuletzt Pavel Gililov[7], Geigern wie Marie-Annick Nicolas, Domenico Nordio, Georg Egger, Sergei Krylow[8] und Cellisten wie Maria Kliegel sowie dem Amadé-Quartett[9] gespielt.

Seine Orchestertranskription von Liszts Trauervorspiel und -marsch wurde in Südamerika uraufgeführt,[7] seine Papageno-Variationen 1989 in Italien.[5]

Dirigent

Bearbeiten

Bonatta begann auch eine sehr erfolgreiche Tätigkeit als Dirigent und dirigierte Konzerte vom Klavier aus sowie symphonische Werke (1., 2. und 3. Brahms-Symphonie) mit Orchestern wie dem Shenzhen Symphony Orchestra, dem Orchestra del Teatro Olimpico di Vicenza, dem Suwon Philharmonic Orchestra, dem KBS Symphony Orchestra in Seoul, dem Filarmonica Banatul Timișoara in Novi Sad[10], dem Tbilisi Symphony Orchestra[11] und dem Litauischen Kammerorchester in Vilnius.[12]

Lehrtätigkeit

Bearbeiten

Bonatta wurde unmittelbar nach seinem Diplom am Konservatorium „Claudio Monteverdi“ Bozen zum Professor für Klavier an ebendiesem Konservatorium ernannt, wo er 40 Jahre lang unterrichtete.

Von 2000 bis 2007 war er künstlerischer Leiter des Internationalen Klavierwettbewerbs Ferruccio Busoni in Bozen. Bei der 2007 fälligen Wiederwahl unterlag er Peter Paul Kainrath[13], blieb aber künstlerischer Berater und Präsident der Jury.[14] Er ist künstlerischer Berater auch bei der International Franz Liszt Piano Competition in Utrecht[7].

2005 wurde er zum Honorarprofessor an der Musikhochschule Shanghai ernannt. 2009 gründete er die Piano Academy Eppan, zu der er jedes Jahr die besten Pianisten der neuen Generation einlädt.[15] Seit 2014 ist er Gastprofessor an der Internationalen Sommerakademie Mozarteum in Salzburg.[16]

Unter seinen Schülern ist der chinesische Pianist Cunmo Yin, Gewinner der International Telekom Beethoven Competition Bonn 2019 und des Arturo Benedetti Michelangeli-Preises der Piano Academy Eppan im gleichen Jahr.

Bonatta hat Meisterkurse in Tokio, Shanghai, Peking, London, Prag, Utrecht, Melbourne, Montepulciano, Seoul, Fort Worth, Hannover, Köln, Moskau und an vielen anderen Orten gegeben. Er leitet eine Meisterklasse an den Talent Music Masters Courses in Brescia[17] und gibt Meisterkurse an der Talent Music Academy in Verona sowie der Junior Academy in Appiano Gentile[18].

Einer der zahlreichen Absolventen seiner Meisterkurse war der russische Pianist Misha Fomin.

Jurymitglied

Bearbeiten

Bonatta war Jurymitglied bei den wichtigsten Wettbewerben weltweit, darunter in Deutschland beim Franz Liszt Wettbewerb für junge Pianisten in Weimar, beim Brahms-Klavierwettbewerb Detmold[19], beim Internationalen Schubert-Wettbewerb in Dortmund[20], beim Internationalen Klavierwettbewerb (bis 2018 Internationaler Wettbewerb für junge Pianisten) in Ettlingen, beim Rotary Klavierwettbewerb Jugend in Essen, beim Internationalen Carl-Bechstein-Klavierwettbewerb-Ruhr im Ruhrgebiet, bei der MozARTe International Piano Competition in Köln/Aachen und der International Telekom Beethoven Competition Bonn[21]; in Österreich beim Internationalen Mozartwettbewerb in Salzburg[22] sowie in der Schweiz beim Concours Géza Anda in Zürich[23].

Im übrigen Europa beim Internationalen Klavierwettbewerb Ferruccio Busoni in Bozen (Präsident)[24], bei der Gian Battista Viotti International Music Competition in Vercelli, bei der Alessandro Casagrande International Piano Competition in Terni[25], beim Concours International de Piano „Grand Prix Animato“ in Paris (Präsident)[26], bei der International Franz Liszt Piano Competition in Utrecht[27], beim International Maria Callas Grand Prix in Athen[28], bei der Paderewski International Piano Competition in Bydgoszcz[29] und der Scriabin International Piano Competition in Moskau.

In den USA bei der Van Cliburn International Piano Competition in Fort Worth[30], der Cleveland International Piano Competition (Präsident)[31] und der Hilton Head International Piano Competition in Asien, beim Arthur Rubinstein International Piano Master Competition in Tel Aviv[32], bei der „Xinghai Cup“ International Piano Competition in Peking, der China ShangHai International Piano Competition, der China Shenzhen International Piano Concerto Competition[33], der China International Piano Competition in Xiamen, der Harbin International Piano Competition, beim International Beethoven Festival Chengdu, bei der Chopin International Piano Competition in Taipeh, der PTNA Piano Competition in Tokio (Piano Teachers’ National Association of Japan), der Sendai International Music Competition[34] und der Seoul International Music Competition sowie in Südafrika bei der Unisa International Piano Competition in Pretoria.

Jurymitglied war er auch beim Förderpreis der Weidener Max-Reger-Tage[35] und beim Wolf-Preis der Kunst in Tel Aviv.

Diskographie

Bearbeiten

Publikationen

Bearbeiten
  • Johannes Brahms. Das Klavierwerk (Übers.: Elmar Locher). Studien Verlag, Innsbruck 2013, ISBN 978-3-70651347-0 (1. Auflage 1999).[38]
    • italienisch: Johannes Brahms. L’Opera pianistica. Edition Sturzflüge, Bozen 1998, ISBN 978-3-90094924-2.
Bearbeiten

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. The winners of the competition. 1975 (Memento vom 2. Oktober 2011 im Internet Archive). Maria Canals Barcelona.
  2. Ottava edizione 1973. 3° Premio ex-aequo (Memento vom 29. Mai 2016 im Internet Archive). Concorso pianistico internazionale Alessandro Casagrande (italienisch).
  3. Beethoven master classes in Positano under Wilhelm Kempff 1957–1982. Wilhelm Kempff Kulturstiftung.
  4. Domande a cura del Direttore M° Ippazio Ponzetta (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive). Istituto Mendelssohn Academy, 6. September 2009 (Interview; italienisch).
  5. a b Gustav Mahler Musikwochen 1989 (Memento vom 16. April 2021 im Internet Archive). Euregio-Kulturzentrum Toblach, 29. Juli 1989.
  6. Famed Italian pianist to perform in Hanoi and HCMC. In: Tuoi Tre News. 24. Februar 2014.
  7. a b c Jubiläumskonzert anlässlich 30 Jahre „Partnergemeinden Anif – Eppan (Südtirol)“ (Memento vom 27. Dezember 2019 im Internet Archive). In: Anif.Kultur. 11. September 2018.
  8. Sonate romantiche di Krylov e Bonatta. In: La Tribuna di Treviso. 14. März 2010.
  9. «AlbinoClassica», festival di primavera. In: L’Eco di Bergamo. 30. März 2004.
  10. Andrea Bonatta. Pianist & conductor, Italy. Isidor Bajić Piano Memorial.
  11. The concert of symphonic music. Kakhidze Music Center, 26. September 2015.
  12. Maestro of the Piano and the Baton. Pianist and Conductor Andrea Bonatta on Stage. Lithuanian National Philharmonic Society, 18. November 2017.
  13. Svolta al Busoni, nominato Kainrath (Memento vom 7. März 2016 im Internet Archive). In: Alto Adige. 24. November 2007.
  14. Meisterkurse Klavier Studienjahr 2009/2010. Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover.
  15. Im Rahmen der Klavier Akademie Eppan findet in diesen Tagen zum 5. Mal die Junior Academy Eppan statt. In: Neue Südtiroler Tageszeitung. 22. April 2015.
  16. 100 Jahre Internationale Sommerakademie. (Memento des Originals vom 11. Mai 2021 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.moz.ac.at Universität Mozarteum. 2016 (PDF; 2,3 MB).
  17. Piano Professors. Andrea Bonatta. Talent Music Masters.
  18. Pianisti in erba a scuola dal maestro Andrea Bonatta. In: Alto Adige. 3. April 2012.
  19. Brahms-Klavierwettbewerb Detmold 2019. Rückblick 2019. Hochschule für Musik Detmold (Medienmitteilung).
  20. Chronik (Memento vom 15. April 2021 im Internet Archive). Internationaler Schubert-Wettbewerb Dortmund.
  21. Sensation: Filippo Gorini gewinnt die Telekom Beethoven Competition. In: Deutsche Welle. 13. Dezember 2015.
  22. Sparte Klavier. Jury. (Memento des Originals vom 13. April 2021 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.moz.ac.at Universität Mozarteum, 2016 (PDF; 7,7 MB).
  23. Festspiele Zürich: Der Concours Géza Anda 2018 – Herausforderung und Chance für junge Meisterpianisten. Géza Anda-Stiftung, 1. Juni 2018 (Medienmitteilung).
  24. Rinasce il concorso Busoni e scopre il talento Romanovskj . In: La Repubblica. 2. September 2001 (italienisch).
  25. Albo giurati di tutte le edizioni (Memento vom 7. März 2016 im Internet Archive). Concorso pianistico internazionale Alessandro Casagrande (italienisch).
  26. Archives. Année 2014. Le jury. Animato.
  27. Andrea Bonatta. International Jury. Liszt Competition Foundation.
  28. International Maria Callas Grand Prix – Piano Jury Committee (Memento vom 24. Februar 2019 im Internet Archive). Grand Prix Maria Callas.
  29. Jury of 8th Competition (Memento vom 5. März 2016 im Internet Archive). International Paderewski Piano Competition Bydgoszcz.
  30. Members of the 2013 Jury (Memento vom 14. März 2016 im Internet Archive). The Cliburn.
  31. Daniel Hathaway: Ladies and Gentlemen of the 2009 Juries: Cleveland International Piano Competition. In: ClevelandClassical.com. 26. Juli 2009.
  32. Andrea Bonatta. Adjudicator: 2014. The Arthur Rubinstein International Music Society.
  33. Lin Hanqing: Bonatta: Finding personality in music. In: China Daily. 10. November 2011.
  34. Andrea Bonatta (Italy). Jury Member, Piano Section. Sendai International Music Competition.
  35. Förderpreis der Weidener Max-Reger-Tage. Internet-Datenbank des „Handbuchs der Kulturpreise“.
  36. Franz Liszt. Dernières pièces pour piano. In: AllMusic.
  37. Christopher Headington: Brahms Piano Works. In: Gramophone. Nr. 7, 1994.
  38. Johannes Brahms. Das Klavierwerk. Studien Verlag.