BLS Ce 4/6

Schweizer Elektrolokomotiv-Baureihe aus den 1920er Jahren

Die Ce 4/6 war eine Elektrolokomotive, die von der Betriebsgruppe der Berner Alpenbahn-Gesellschaft Bern–Lötschberg–Simplon (BLS) beschafft wurde. Die Serie umfasste 17 Lokomotiven, die ersten 14 wurden 1919 und die letzten drei 1922 beschafft. Die letzten drei Maschinen hatten eine etwas höhere Leistung und auch eine um 10 km/h erhöhte Höchstgeschwindigkeit. Drei Lokomotiven wurden der BLS, zwei der SEB, zwei der EZB, fünf der GTB, zwei der BSB und drei der BN zugeteilt. Sie waren jedoch unter den Bahnen freizügig einsetzbar.

BLS-Gruppe Ce 4/6
Ce 4/6 307, seit 1986 ausgestellt im Verkehrshaus der Schweiz
Ce 4/6 307, seit 1986 ausgestellt im Verkehrshaus der Schweiz
Ce 4/6 307, seit 1986 ausgestellt im Verkehrshaus der Schweiz
Nummerierung: 301–314
Anzahl: 14
Hersteller: mechanischer Teil:
SLM
elektrischer Teil:
301–307: MFO
308–314: BBC
Baujahr(e): 1919
Ausmusterung: 1968–1973
Achsformel: (1’B)(B1’)
Spurweite: 1435 mm (Normalspur)
Länge über Puffer: 14,39 m
Drehgestellachsstand: 4350 mm
Gesamtradstand: 10.550 mm
Dienstmasse: 70 t
Reibungsmasse: 50 t
Radsatzfahrmasse: 12,5 t
Höchstgeschwindigkeit: 60 km/h, ab Ende 1940er Jahre 65 km/h
Stundenleistung: 735 kW (1000 PS)[1]
Anfahrzugkraft: 108 kN
Stundenzugkraft: 74 kN
Dauerzugkraft: 60 kN
Treibraddurchmesser: 1230 mm[1]
Laufraddurchmesser: 850 mm
Stromsystem: 15 kV 16,7 Hz
Stromübertragung: Pantograf
Anzahl der Fahrmotoren: 2
Antrieb: Schlitzkuppelstangen
Übersetzungsverhältnis: 1:3,781
Steuerung: Stufenschalter
Besonderheiten: 308–314 zu Ce 4/4 umgebaut
BN Be 4/6
Nummerierung: 315–317
Anzahl: 3
Hersteller: mechanischer Teil:SLM
elektrischer Teil: BBC
Baujahr(e): 1922
Ausmusterung: 1956
Höchstgeschwindigkeit: 75 km/h
Übersetzungsverhältnis: 1:3,06
Besonderheiten: Umbau zu Ce 4/4
BLS-Gruppe Ce 4/4
Ce 4/4 315, 1991 abgestellt in Spiez
Ce 4/4 315, 1991 abgestellt in Spiez
Ce 4/4 315, 1991 abgestellt in Spiez
Nummerierung: 307–317
Anzahl: 10
Hersteller: SLM MFO
Baujahr(e): Umbau 1954–56
Ausmusterung: 1968–1996
Achsformel: B’B’
Spurweite: 1435 mm (Normalspur)
Länge über Puffer: 12,34 m
Drehgestellachsstand: 2900 mm
Dienstmasse: 64 t
Höchstgeschwindigkeit: 65 km/h

Die letzten zehn Lokomotiven wurden zwischen 1954 und 1956 zu Ce 4/4 Lokomotiven umgebaut.

Geschichte

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Die Schweiz hat kaum abbauwürdige Kohlevorkommen im eigenen Land, weshalb es während des Ersten Weltkriegs zu einer grossen Kohlenknappheit kam. Die Berner Regierung beschloss deshalb 1918, die von der BLS betriebenen Nebenbahnen zu elektrifizieren und die für den Betrieb nötigen Lokomotiven zu bestellen, was diesen den Spitznamen Dekretsmühlen einbrachte. Die Lokomotiven sollten als leichte Universalmaschinen die kleinen Dampflokomotiven ablösen. Jede Lokomotive kostete 700 000 Franken (inflationsbereinigt heute etwa 3,4 Mio. Fr.). Der mechanische Teil wurde von der Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik (SLM) gebaut, die elektrische Ausrüstung der ersten sieben Lokomotiven stammte von der Maschinenfabrik Oerlikon (MFO), die der restlichen von Brown, Boveri & Cie. (BBC).

Für die in den Jahren 1923 bis 1928 elektrifizierte Bern-Neuenburg-Bahn (BN) wurden drei Lokomotiven nachbeschafft. Die bereits 1922 fertiggestellten Lokomotiven verblieben im Besitz der BBC und wurden bis zum Abschluss der Elektrifizierungsarbeiten nur an die BN vermietet.

Die Lokomotiven bewährten sich vor allem im Simmental und im Gürbetal. Auf der Bern-Schwarzenburg-Bahn (BSB) war die Lokomotive im Personenverkehr im Verhältnis zu den leichten Zügen viel zu schwer, so dass eine der beiden BSB-Lokomotiven 1925 gegen einen „Halbesel“ der BLS getauscht wurde. Ab den 1940er Jahren waren die Lokomotiven hauptsächlich in der Region Spiez anzutreffen, im Personenverkehr wurden sie von den Leichttriebwagen verdrängt. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges wurden die Ce 4/6 auch an die Chemin de fer Régional du Val-de-Travers (RVT), die Oensingen-Balsthal-Bahn (OeBB) und an die Vereinigte Huttwil-Bahnen (VHB) ausgeliehen, weil aufgrund der knappen Rohstoffe in den Kriegsjahren keine Lokomotiven für diese neu elektrifizierten Bahnen gebaut werden konnten.

 
SLM Werksfoto

Das Pflichtenheft der Ce 4/6 sah vor, dass auf einer Steigung von 15 ‰ ein 310 t schwerer Zug befördert werden muss und auf 25 ‰ ein 180 t schwerer Zug 35 km/h erreichen muss. Gleichzeitig war die höchste zulässige Achslast 12,75 t.

Mechanik

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Die Ce 4/6 war die kleinere, leistungsschwächere Variante der gleichzeitig gebauten SBB Be 4/6, mit nur zwei statt vier Fahrmotoren. Sie basiert auf den gleichen Konstruktionsprinzip mit dreiteiligem Rahmen wie die Krokodil-Lokomotiven, sie besitzt aber nur kurze Vorbauten, in denen Kompressor und Sandvorrat untergebracht sind. Die Zug- und Stossvorrichtungen sind an den Drehgestellen angebracht, die über Drehzapfen mit Brückenrahmen verbunden sind. Die Drehzapfen übertragen nur die Zugkräfte auf die Brücke, die Stosskräfte werden über Pufferplatten direkt von einem Drehgestell auf das andere übertragen.[2] In jedem Drehgestell ist eine führende Adamsachse angeordnet. Diese war notwendig, weil noch nicht auf allen Strecken genügend hoher Achsdruck zulässig waren, wie sie sich bei einer laufachslosen Konstruktion ergeben hätte.

Elektrik

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In jedem Drehgestell ist ein fremdbelüfteter Fahrmotor eingebaut, der über Zahnräder eine Blindwelle antreibt. Schlitzkuppelstangen verbinden diese mit den beiden Triebachsen. Die beiden Fahrmotoren waren ständig parallel geschaltet und wurden vom Transformator über einen Stufenschalter mit einer Spannung von maximal 500 V versorgt.

Die elektrische Ausrüstung der Lokomotiven unterschied sich geringfügig. Die MFO-Lokomotiven hatten 10-polige Fahrmotoren. Der Stufenschalter wurde von einem Elektromotor angetrieben, es standen 16 Fahrstufen zur Verfügung. Wie bei den Krokodil-Lokomotiven war der Transformator im Maschinenraum in einem oben und unten offenen Luftkanal angeordnet, das Öl zirkulierte durch Konvektion in seitlich am Transformator angeordneten Kühlrohren.[3]

Die BBC-Lokomotiven hatten 12-polige Fahrmotoren mit Widerstandsverbindern, deren Spannung von einem über dem Transformator angeordneten Stufenschalter mit Handantrieb geregelt wurde. Es standen 13 Fahrstufen zur Verfügung. Der BBC-Transformator hatte eine Ölumlaufkühlung und war dadurch leichter als der Transformator der MFO-Lokomotiven.[3]

Ende der 1940er Jahre wurden die Ölhauptschalter durch Dachsicherungen und die Stufenschalter durch Hüpfersteuerungen ersetzt. Mit den neu gewickelten Fahrmotoren konnte die Höchstgeschwindigkeit auf 65 km/h erhöht werden. Anfang der 1950er Jahre wurden die Dachsicherungen durch Drucklufthauptschalter ersetzt und ein Stromabnehmer entfernt. Mitte der 1960er Jahre erhielten alle Lokomotiven, auch die nicht umgebauten Ce 4/6, BBC-Stromabnehmer anstelle der MFO-Stromabnehmer.

BN-Lokomotiven

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Die 1922 nachgebauten BN-Lokomotiven hatten eine andere Getriebeübersetzung, die ihnen eine Höchstgeschwindigkeit von 75 km/h ermöglichte, so dass sie auch für Schnellzüge eingesetzt werden konnten. Sie erhielten daher auch die Bezeichnung Be 4/6 statt Ce 4/6. 1930 wurden die Maschinen zusätzlich mit Laufachsbremsen ausgerüstet. Beim Umbau zur Ce 4/4 wurden die gleichen Getriebe wie bei den übrigen eingebaut, so dass die Höchstgeschwindigkeit auf 65 km/h reduziert wurde.

Umbau zu Ce 4/4

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Nachdem alle Strecken auf höhere Achslasten umgebaut waren, wurden zwischen 1954 und 1956 bei zehn Lokomotiven die Laufachsen und die kleinen Vorbauten entfernt. Dadurch erhielten die Lokomotiven ein deutlich anderes Aussehen und wurden rund sechs Tonnen leichter.[4] Das Fahrverhalten wurde durch den Umbau nicht negativ beeinflusst. Die Lokomotiven wurden dem Depot Holligen zugeteilt und verkehrten vor leichten Personenzügen auf der Gürbetal-Bern-Schwarzenburg-Bahn und vor Güterzügen auf dem ganzen BLS-Netz. Um 1960 wurden in den Seitenwänden Düsengitter für die Fahrmotorkühlung eingebaut.

Baujahre und Fabriknummern

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Ursprüngliche Nummer Baujahr[5] Werknr. SLM[5] Elektrische

Ausrüstung

Umbau
Ce 4/4[6]
Umzeichnungen
(Nummer ab Jahr)
Verbleib
BLS Ce 4/6 301 1919 2683 MFO - - 1972 Abbruch
BLS Ce 4/6 302 1919 2684 MFO - - 1969 Abbruch
BLS Ce 4/6 303 1919 2685 MFO - - 1971 Abbruch
SEB Ce 4/6 304 1919 2686 MFO - SEZ 304 (1943) 1973 Abbruch
SEB Ce 4/6 305 1919 2687 MFO - SEZ 305 (1943) 1968 Abbruch
EZB Ce 4/6 306 1919 2688 MFO - SEZ 306 (1943) 1971 Abbruch
EZB Ce 4/6 307 1919 2689 MFO - SEZ 307 (1943) 1973, seit 1982 erhalten im Verkehrshaus der Schweiz
GTB Ce 4/6 308 1919 2690 BBC 1955 GBS 308 (1944)
BLS 308 (1956)
GBS 309 (1957)
1975 Abbruch
GTB Ce 4/6 309 1919 2691 BBC 1954 GBS 308 (1944)
BLS 309 (1957)
GBS 314 (1975)
1975 Abbruch
GTB Ce 4/6 310 1919 2692 BBC 1955 GBS 310 (1944)
  • ab 1979 Rangierdienst in der Werkstatt Bönigen mit nur einem Motor
  • 1982 Abbruch
GTB Ce 4/6 311 1919 2693 BBC 1956 GBS 311 (1944) 1982 Abbruch[7]
GTB Ce 4/6 312 1919 2694 BBC 1956 GBS 312 (1944)
  • ab 1975 vermietet an SZU
  • ab 1977 verkauft an SZU, neue SZU Ce 4/4 42
  • 1987 ausrangiert und an Oswald Steam verkauft
  • 1994 Verkauf an Club del San Gottardo
  • 2013 Rückgabe von extrazug.ch an BLS AG[8]
BSB Ce 4/6 313 1919 2695 BBC 1955 GBS 313 (1944)
  • 1996 an Classic Rail verkauft[7]
  • vor 2005 im Eigentum des Vereins Dampflok 51 und einer Privatperson[9]
  • ab 2005 im Eigentum des Club Salon Bleu
  • Oktober 2008 Abbruch durch Gotthard Schnyder, Eisen und Metalle[10], Emmen.
BSB Ce 4/6 314 1919 2696 1954 GBS 314 (1944)
BLS 308 (1975)
1984 Abbruch
BN Be 4/6 315 1922 2843 BBC 1956 -
BN Be 4/6 316 1922 2844 BBC 1956 -
  • ab 1982 Rangierdienst in der Werkstatt Bönigen mit nur einem Motor
  • 1996 an Classic Rail[7]
  • 29. Juli 2008 abgebrochen
BN Be 4/6 317 1922 2845 BBC 1956 - 1968 Abbruch

Die Ce 4/6 307 ist als historische Lokomotive erhalten und war lange Zeit im Verkehrshaus Luzern ausgestellt.

Die Ce 4/4 312 ist bei dem Club del San Gottardo erhalten, und zwar in dem Zustand wie sie zuletzt bei der SZU eingesetzt wurde. Im März 2013 ist die Ce 4/4 312 in den Bestand der BLS-Stiftung`Pioniertaten`übergegangen, welche sich um die historischen Fahrzeuge der BLS kümmert.

Der Transformator der Ce 4/4 316 wurde, anlässlich ihrer Revision von 1995 und 2008, in die SBB De 6/6 15301 eingebaut. Der Rest der 316 wurde danach verschrottet.

Vor der Verschrottung leisteten die 310 und 316 noch Rangierdienst in der Werkstätte Bönigen, wobei sie nur noch einen funktionsfähigen Motor besassen.

Anstrich

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SZU Ce 4/4 42

Die Lokomotiven waren üblicherweise BLS-Braun. Ausnahmen waren die Ce 4/6 302, 309 und 313, die zeitweise einen grünen Anstrich trugen.[4] Die an die SZU verkaufte Ce 4/6 312 erhielt einen Anstrich in den Hausfarben der Bahn.

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Commons: BLS Ce 4/6 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b René Thiessing: Ein Jahrhundert Schweizer Bahnen 1847 -1947. Band 3. Huber, Frauerfeld 1955, S. 170.
  2. Zindel Georges, S. 83
  3. a b Zindel Georges, S. 84
  4. a b Martn Klauser, S. 27
  5. a b Kaspar Vogel: Die Schweizerische Lokomotiv- und Maschinenfabrik 1871 - 1997. 2., erw. Auflage. Luzern 2007, ISBN 978-3-907014-17-2, S. 207, 210.
  6. Martin Klauser, S. 29
  7. a b c d Bruno Lämmli: BLS Ce 4/6: Betriebseinsatz Teil 2. In: lokifahrer.ch. 2022, abgerufen am 28. Januar 2023.
  8. EA 4/2013 Seite 175
  9. Nächste Generation: Elektro Lokomotive: Ce 4/4 313 (Memento vom 28. Februar 2019 im Internet Archive) abgerufen am 27. Februar 2019.
  10. Gotthard Schnyder AG, Eisen und Metalle. Abgerufen am 28. Januar 2023.

Literatur

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  • Zindel Georges: Die 1B+B1 Wechselstrom-Lokomotiven für die Bernischen Dekretsbahnen. In: Schweizerische Bauzeitung. Band 76, Nr. 8, 21. August 1920, S. 83–84, doi:10.5169/SEALS-36510 (e-periodica.ch [abgerufen am 28. Januar 2023]).
  • Peter Willen: Lokomotiven und Triebwagen der Schweizer Bahnen / 3, Privatbahnen Berner Oberland, Mittelland und Nordwestschweiz. 2., überarb. Auflage. Orell Füssli, Zürich 1985, ISBN 3-280-01526-X, S. 75–76.
  • Peter Hürzeler: Die Berner Dekretsmühlen : Ce4/6 und Ce 4/4 sowie CFe 2/6 und Re 2/3 der BLS Gruppe. Bern 2019, ISBN 978-3-7272-6100-8.
  • Martin Klauser: Die «Dektretsmühlen» Ce 4/6 BLS-Gruppe. In: Lökeli-Journal. Nr. 2. Kleinfeld, 1996, S. 25–31.