Bahnstrecke Jossa–Wildflecken

Bahnstrecke in Hessen und Bayern

Die Bahnstrecke Jossa–Wildflecken, auch Sinntalbahn, war eine Nebenbahn in Hessen und Bayern. Sie zweigte in Jossa von der Bahnstrecke Flieden–Gemünden ab und führte im Sinntal über Altengronau und Bad Brückenau nach Wildflecken.

Jossa–Wildflecken
Zugkreuzung in Bad Brückenau (1988)
Zugkreuzung in Bad Brückenau (1988)
Streckennummer (DB):5211
Kursbuchstrecke (DB):801 (1988)
Kursbuchstrecke:416h (Jossa – Wildflecken 1946)
Streckenlänge:30,7 km
Spurweite:1435 mm (Normalspur)
Strecke
von Gemünden (Main)
Bahnhof
0,00 Jossa 240 m ü. NHN
Abzweig ehemals geradeaus und nach links
0,67 nach Flieden
Abzweig geradeaus und von rechts (Strecke außer Betrieb)
Anschluss Marmorwerk Gerhäuser (bis 1985)
Bahnhof (Strecke außer Betrieb)
2,44 Altengronau Süd 221 m ü. NHN
Brücke über Wasserlauf (Strecke außer Betrieb)
Sinn
Grenze (Strecke außer Betrieb)
Landesgrenze Hessen/Bayern
Kreuzung geradeaus unten (Strecke geradeaus außer Betrieb)
Sinntalbrücke Zeitlofs (Würzburg–Hannover)
Bahnhof (Strecke außer Betrieb)
6,70 Zeitlofs 259 m ü. NHN
Haltepunkt / Haltestelle (Strecke außer Betrieb)
9,20 Trübenbrunn (bis 1922) 267 m ü. NHN
Bahnhof (Strecke außer Betrieb)
9,86 Rupboden 268 m ü. NHN
Haltepunkt / Haltestelle (Strecke außer Betrieb)
12,35 Eckarts 288 m ü. NHN
Haltepunkt / Haltestelle (Strecke außer Betrieb)
13,30 Wernarz (bis 1922) 285 m ü. NHN
Bahnhof (Strecke außer Betrieb)
14,40 Brückenau Bad 305 m ü. NHN
Haltepunkt / Haltestelle (Strecke außer Betrieb)
15,40 Sinnthalhof (bis 1922) 323 m ü. NHN
Bahnhof (Strecke außer Betrieb)
17,06 Brückenau Stadt 311 m ü. NHN
Haltepunkt / Haltestelle (Strecke außer Betrieb)
18,00 Brückenau Ost 319 m ü. NHN
Bahnhof (Strecke außer Betrieb)
20,23 Römershag 350 m ü. NHN
Strecke mit Straßenbrücke (Strecke außer Betrieb)
Sinntalbrücke Bundesautobahn 7
Bahnhof (Strecke außer Betrieb)
23,59 Oberriedenberg 404 m ü. NHN
Bahnhof (Strecke außer Betrieb)
26,76 Oberbach 444 m ü. NHN
Bahnhof (Strecke außer Betrieb)
30,72
0,00
Wildflecken 508 m ü. NHN
Abzweig geradeaus und nach links (Strecke außer Betrieb)
Panzerverladung (TrÜbPl)
Dienststation / Betriebs- oder Güterbahnhof (Strecke außer Betrieb)
2,20 Oberwildflecken Übergabebahnhof
Haltepunkt / Haltestelle (Strecke außer Betrieb)
2,90 Kreuzberg
Abzweig geradeaus und nach rechts (Strecke außer Betrieb)
3,00 Anschl. Kreuzberg
Brücke über Wasserlauf (Strecke außer Betrieb)
Sinn
Abzweig geradeaus und nach links (Strecke außer Betrieb)
4,40 Einfahrt Arnsberg
Haltepunkt / Haltestelle (Strecke außer Betrieb)
5,20 Arnsberg
5,40 Gleisende

Quellen: [1][2][3][4][5]

Geschichte

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Bau und Betrieb

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Am 1. August 1864 reichte die Stadtverwaltung von Brückenau eine Petition an die Regierung von Unterfranken über den Bau einer Bahnverbindung von Brückenau nach Jossa in Hessen ein. Doch erst am 18. November 1884 erhielten die Pläne mit der Gründung eines Eisenbahn-Komitee in Brückenau wieder Auftrieb. Die Baugenehmigung für die Strecke wurde am 8. März 1888 erteilt, so dass die Bauarbeiten am 1. Juli 1890 beginnen konnten. Eröffnet wurde die Strecke am 9. Oktober 1891, die Bedienung der Unterwegshalte erfolgte ab 15. Oktober 1891.

Über eine Verlängerung der Strecke nach Wildflecken wurde ab 1902 nachgedacht, wofür der bayerische Landtag am 17. Juni 1904 die Genehmigung erteilte. Die Bauarbeiten dafür begannen am 1. Oktober 1907 und konnten mit der Eröffnung der Strecke am 17. Dezember 1908 abgeschlossen werden. Die Aufnahmen des fahrplanmäßigen Verkehrs erfolgte zwei Tage später am 19. Dezember 1908. Eine Weiterführung der Strecke mit Anschluss an die Bahnstrecke Bad Neustadt–Bischofsheim in Bischofsheim an der Rhön wurde durch den Ersten Weltkrieg verhindert und danach nicht mehr weiterverfolgt.

Am 8. Oktober 1922 wurden die Haltepunkte Trübenbrunn, Eckarts, Wernarz, Sinnthalhof und Brückenau Ost aufgelöst, wovon Brückenau Ost am 1. Januar 1925 und Eckarts am 27. Februar 1927 wieder in Betrieb genommen werden. Über die Strecke erfolgte ab 1937 für den Bau der Reichsautobahn FuldaWürzburg und des Truppenübungsplatzes Wildflecken größtenteils die Anlieferung des Baumaterials. Zum Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Strecke durch Fliegerangriffe in Mitleidenschaft gezogen und am 3. April 1945 durch die Sprengung der Jossaer Eisenbahnbrücke vom restlichen Eisenbahnnetz abgetrennt. Der Inselverkehr konnte am 27. Oktober 1951 mit der Eröffnung der wiederaufgebauten Jossa-Brücke aufgegeben werden.

Nachdem 1970 die Stadt Brückenau in Bad Brückenau umbenannt wurde,[6] wurden zwischen 1976[1] und 1981[2] die Stationen Brückenau Bad und Brückenau Stadt in Bad Brückenau Staatsbad und Bad Brückenau umbenannt. Der Haltepunkt Brückenau Ost wurde erneut geschlossen.

Niedergang

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Der schon immer untergeordnete Personenverkehr entwickelte sich wegen der Konkurrenz zum Individualverkehr stark rückläufig. Nachdem die Deutsche Bundesbahn mit dem Sommerfahrplan 1982 den Wochenendverkehr auf der Strecke eingestellt hatte und den Abschnitt Bad Brückenau–Wildflecken bis auf ein einziges Zugpaar nicht mehr bedient hatte, stellte sie den Personenverkehr auf der Strecke zum 27. Mai 1988 vollständig ein.

Der Güterverkehr war viel bedeutender. Neben der Holzverladung waren Hauptkunden die Bundeswehr mit der Bekleidungskammer Süd sowie der Hülsenhersteller Paul & Co. in Oberwildflecken, daneben befuhren regelmäßig Militärzüge die Strecke. Mit dem Abzug der amerikanischen Streitkräfte aus Wildflecken im Jahr 1994 ging der Güterverkehr spürbar zurück, sodass die Strecke im Jahr 1996 auf vereinfachten Zugleitbetrieb umgestellt wurde. Noch im Jahr 1998 wurde der Gleisanschluss zur Bundeswehr grundhaft erneuert, die Entscheidung zur Einstellung fiel erst im Rahmen des Programms MORA C der Deutschen Bahn. Am 4. Februar 2002 befuhr der letzte Güterzug die Strecke. Am 26. Juni 2002 musste der Streckenabschnitt Bad Brückenau-Wildflecken wegen eines Dammrutsches in Höhe des Haltepunktes Römershag gesperrt werden, die Sperrung der Gesamtstrecke folgte am 17. Oktober 2002.[7]

Die DB Netz hatte die Strecke bereits 2001 zur Übernahme durch andere Eisenbahninfrastrukturunternehmen ausgeschrieben, wobei nur die Deutsche Regionaleisenbahn (DRE) Interesse zeigte.[8] Nach jahrelangen Verhandlungen sprachen sich die meisten Kommunen entlang der Strecke schließlich für deren Umwidmung in einen Radweg aus, so dass keine Unterstützung für eine Wiederaufnahme des Schienenverkehrs mehr bestand und sich die DRE zurückzog.[9]

Bis zur endgültigen Stilllegung der Gesamtstrecke durch das Eisenbahn-Bundesamt am 31. März 2005 fanden immer wieder Sonderfahrten von Eisenbahnvereinen statt. Schließlich stellte DB Netz Ende 2009 den Antrag zum Abbau der Strecke.[10] Der tatsächliche Gleisabbau erfolgte schließlich im Oktober 2016.[11]

Gescheiterte Reaktivierungsbemühungen

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Rhönexpress-Bahnradweg auf der ehemaligen Sinntalbahn

Am 16. März 2012 wurde in einer gemeinsamen Pressemitteilung der regionalen Pro-Bahn-, VCD- und Bund-Naturschutz-Gruppen die Gründung der Interessengemeinschaft Sinntalbahn-Kreuzbergbahn verkündet. Diese hatte das Ziel gemeinsam mit der Rhein-Sieg-Eisenbahn (RSE) die Strecke zu übernehmen und zu reaktivieren. Als Vorbild diente die ebenfalls von der RSE zusammen mit dem lokalen Partner Ilztalbahn GmbH 2011 reaktivierte Bahnstrecke Passau–Freyung in Niederbayern.[12] Wie an dieser Strecke sollte Bahn- und Radverkehr miteinander kombiniert werden.[13] Aufgrund dieser Aktivitäten war das Entwidmungsverfahren vorerst gestoppt worden.[14][15] Die Gemeinde Sinntal war allerdings weiterhin an der Entwidmung interessiert, um die Strecke in einen Radweg mit Anbindung nach Zeitlofs und Jossa umwandeln zu können.[16] Der Förderverein Sinntal-Kreuzbergbahn und die DB Netz unterzeichneten Ende April 2014 einen Pachtvertrag über die Strecke. Der Verein wollte die Bahnstrecke nun sanieren. Hierfür rechnete man mit einem Finanzbedarf von ca. 500.000 €.[17]

Am 11. August 2015 hatte das Eisenbahn-Bundesamt im Bundesanzeiger die Anträge auf Freistellung nahezu der gesamten Strecke der Sinntalbahn bekanntgemacht. Diese Anträge wurden gestellt von der Marktgemeinde Zeitlofs, der Stadt Bad Brückenau, der Verwaltungsgemeinschaft Bad Brückenau und der Marktgemeinde Wildflecken.[18][19][20][21] Die Anfang März 2016 erteilten Freistellungsbescheide des Eisenbahn-Bundesamtes wurden allerdings erst nach einem von der am Erwerb der Strecke interessierten Bahnbetriebsgesellschaft Stauden am 31. März 2016 eingelegten[22] und später zurückgezogenen[23] Widerspruch rechtskräftig.

Nachdem die Freistellungen 2017 rechtskräftig wurden und der Abbau der Gleise begann, beschloss der Verein Hessisch-Bayerische Sinntal-Kreuzbergbahn seine Liquidation. Der teilweise auf der Trasse der Sinntalbahn erbaute Rhönexpress-Bahnradweg wurde zum 28. Juni 2019 eröffnet. Bereits zum 1. Dezember 2018 erfolgte die Freigabe des ersten Teilstücks Zeitlofs – Bad Brückenau-Römershag.

Literatur

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  • Jürgen Lieb: Dampf und Diesel auf der Nebenstrecke Jossa – Bad Brückenau – Wildflecken. 3. Auflage. Eigenverlag, 2004.
  • Andreas Kuhfahl: Nebenbahnen in Unterfranken. Eisenbahn-Fachbuchverlag Michael Resch, Coburg 1993, ISBN 978-3-9805967-9-4, S. 146–166.
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Commons: Bahnstrecke Jossa–Wildflecken – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Hessisch-Bayerische Sinntal-Kreuzbergbahn (Memento vom 17. Mai 2014 im Internet Archive)
  • Eisenbahnfreunde Sinntalbahn
  • Thorsten Lien: Kursbuchstrecke 508 Jossa – Bad Brückenau – Wildflecken (- Oberwildflecken). Eisenbahnfreunde Sinntalbahn;
  • Jossa – Wildflecken (Sinntalbahn). In: Vergessene Bahnen.
  • Jossa – Wildflecken. In: spurensuche-eisenbahn.de. 3. März 2013;.
  • Die Geschichte der Sinntalbahn Jossa - Wildflecken. (PDF) Ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar);
  • Kursbuchstrecke 192f. In: Das 1958-Projekt. Detlev Hagemann;

Einzelnachweise

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  1. a b Streckenkarte der Deutschen Bundesbahn. Maßstab 1:750000. 8. Auflage. Deutsche Bundesbahn, 1. Juni 1976 (blocksignal.de [abgerufen am 12. Februar 2022]).
  2. a b Streckenkarte der Deutschen Bundesbahn. Maßstab 1:750000. 1. Ausgabe B. Deutsche Bundesbahn, Dezember 1981 (blocksignal.de [abgerufen am 12. Februar 2022]).
  3. Bundesbahndirektion Nürnberg. Karte im Maßstab 1:400000. Ausgabe B. Karten- und Luftbildstelle der Deutschen Bundesbahn, Mai 1985 (blocksignal.de [abgerufen am 12. Februar 2022]).
  4. Bahnstrecke Jossa - Wildflecken (Sinntalbahn). In: bahnrelikte.net. Armin Weth, 16. März 2018, abgerufen am 13. Februar 2022.
  5. Höhe nach dem Höhenlinienbild auf: BayernAtlas der Bayerischen Staatsregierung (Hinweise)
  6. Wilhelm Volkert (Hrsg.): Handbuch der bayerischen Ämter, Gemeinden und Gerichte 1799–1980. C. H. Beck, München 1983, ISBN 3-406-09669-7, S. 425.
  7. Kursbuchstrecke 508: Jossa – Bad Brückenau – Wildflecken (- Oberwildflecken) - Eisenbahnfreunde Sinntalbahn
  8. Neues aus dem Bahndreieck Spessart. In: Hessenschiene. 45, September–November. Pro Bahn & Bus, 2001, S. 27 (archive.org [PDF; 466 kB; abgerufen am 13. Februar 2022]).
  9. Der Zug ist endgültig abgefahren. In: Saale-Zeitung. Eisenbahnfreunde Sinntalbahn, 17. November 2005, abgerufen am 21. April 2010.
  10. Eisenbahnstrecke Jossa - Wildflecken, Nr. 5211, Rückbau der stillgelegten Strecke Jossa – Wildflecken einschließlich aller Betriebsstellen, von Bahn-km 0,713 bis Bahn-km 31,725. Antrag der DB Netz AG vom 24.08.2009, ergänzt mit Nachtrag vom 30.03.2010. Eisenbahn-Bundesamt, 19. April 2010 (pro-bahn.de [PDF; 557 kB; abgerufen am 13. Februar 2022]).
  11. Sinntalbahn: Die Schienen sind fort. In: mainpost.de. 19. Oktober 2016 (mainpost.de [abgerufen am 19. Dezember 2016]).
  12. Pro Bahn BG Unterfranken: „Reaktivierung der Bahnstrecke Jossa – Wildflecken – Arnsberg Verbände starten neuen Ansatz mit Erfolg versprechendem Konzept“, Pressemeldung vom 16. März 2012
  13. Zughalt.de: „VCD: Fränkische Bahnstrecke darf nicht an Hessen scheitern“, 29. Juni 2012
  14. Eisenbahnstrecke Jossa - Wildflecken - Rollen bald Züge statt Fahrräder? Mainpost, 16. März 2012, archiviert vom Original am 17. März 2012; abgerufen am 16. März 2023.
  15. Reaktivierung der Bahnstrecke Jossa – Wildflecken – Arnsberg: Verbände starten neuen Ansatz mit Erfolg versprechendem Konzept. Pro Bahn Unterfranken, 16. März 2012, abgerufen am 22. März 2012.
  16. Fuldaer Zeitung: „Wird die Sinntal-Bahn zum Radweg?“ (Memento vom 30. Juni 2012 im Internet Archive), 27. Juni 2012
  17. Hessisch-Bayerische Sinntal-Kreuzbergbahn e. V.: „Jetzt gilt ́s!-Pachtvertrag für die Sinntalbahn ist unterschrieben“, Pressemitteilung vom 8. Mai 2014, abgerufen am 11. Mai 2014
  18. BAnz AT 11.08.2015 B5
  19. BAnz AT 11.08.2015 B6
  20. BAnz AT 11.08.2015 B7
  21. BAnz AT 11.08.2015 B8
  22. Sinntalbahn: Staudenbahn legt Widerspruch ein. Main-Post, 19. April 2016, archiviert vom Original am 13. August 2021; abgerufen am 16. März 2023.
  23. Ulrike Müller: Staudenbahn zieht Klage zurück. Main-Post, 15. November 2017, abgerufen am 16. März 2023.