Beechcraft King Air

zweimotoriges Turboprop-Geschäftsreiseflugzeug
(Weitergeleitet von Beechcraft Super King Air 200)

Die King Air aus der Beechcraft Family der Beech Aircraft Corporation ist ein zweimotoriges Hochleistungs-Turbopropflugzeug mit Druckkabine. Sie ist ein Geschäftsreiseflugzeug und für bis zu 17 Personen zugelassen, hat aber üblicherweise nur 7 bis 11 Sitzplätze.

King Air

Super King Air 350
Typ Geschäftsreiseflugzeug
Entwurfsland

Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten

Hersteller
Erstflug 15. Mai 1963
Indienststellung 1964
Produktionszeit

Seit 1964 in Serienproduktion

Stückzahl > 7000[1]
Instrument Panel einer Beechcraft King Air 100
Cockpit einer Hawker Beechcraft 350 King Air (B300) mit Pro-Line-21-Avionikausstattung

Geschichte

Bearbeiten
 
King Air 90 der US Air Force (mittlerweile im USAF Museum)[2]

Die Beech Aircraft Corporation (zwischenzeitlich Hawker Beechcraft), ab 2012 im Besitz des Textron-Mischkonzerns, begann am 15. Mai 1963 mit Testflügen ihres neuen Flugzeugtyps, der King Air. Im Mai 1964 bekam die C90 die Zulassung durch die US-amerikanische Luftfahrtbehörde FAA. Am 9. September 1964 wurde die erste Serienmaschine des Typs King Air 90 produziert und Ende 1968 waren schon mehr als 400 Flugzeuge dieses Typs ausgeliefert. Damaliger Kaufpreis: 320.000 Dollar.

Im Herbst 1966 bestellte die US-Army 48 King Airs im Wert von 10 Millionen US-Dollar als Trainingsflugzeuge.

Am 12. August 1970 wurde an einen kanadischen Händler die 500. King Air ausgeliefert. Im April 1972 folgte ein weiterer Großauftrag der US-Army über 12 Millionen US-Dollar. Unter anderem unterhielt die Trainingsgesellschaft der Lufthansa, die Lufthansa Flight Training in Bremen, Maschinen dieses Typs zur Pilotenschulung, bevor sie Ende der Neunzigerjahre von der Piper PA-42 Cheyenne abgelöst wurden.[3]

Bis 1996 wurden 5000 Flugzeuge vom Typ King Air ausgeliefert, mehr als 1000 davon an Regierungen. Flugzeuge dieses Typs in allen Varianten sind rund um den Globus zu finden.

90er-Serie

Bearbeiten

Am 23. Mai 1969 wurde die leistungsgesteigerte Version King Air 100 eingeführt. Im Laufe der Zeit wurde die King Air weiter verbessert und so entstanden die gegenüber ihren Vorgängerversionen weiter verbesserten Varianten: A90, B90, C90, A100 (als einzige der gesamten Baureihe mit Garrett-Triebwerken anstelle der Triebwerke von Pratt & Whitney), E90, F90-I, F90-II, C90A, C90B, später C90GT und C90GTi (ab da mit Pro Line 21-Avionik). Im Gegensatz zur übrigen Reihe der King Air 90 verfügt die Version F90 über ein T-Leitwerk.

Anfang 2010 hat die C90GTx den Vorgängertyp C90GTi abgelöst. Bei der neuen GTx-Version wurde die maximale Startmasse um 175 kg erhöht, was eine wesentliche Steigerung der Zuladung ermöglicht. Ferner ist die C90GTx serienmäßig mit Winglets ausgestattet, dadurch erhöht sich die Spannweite von 15,32 m auf 16,36 m. Der Listenpreis einer C90GTx liegt bei 3,9 Millionen Dollar.[4]

Am 11. November 2010 rollte die 2000. King Air C90 (eine C90GTx) aus der Fertigungshalle in Wichita. Im März 2021 wurde die Produktion der C90GTx eingestellt.[5]

Militärische Versionen

Bearbeiten

Von der King Air 90 wurden durch die USA verschiedene militärische Varianten eingesetzt. Dazu zählen die nur einmal gebaute VC-6A (später VC-6B), die T-44 "Pegasus" und vor allem die U-21 "Ute". Japan betrieb 27 TC-90, von denen die Philippinen fünf übernahmen[6].

200er-Serie

Bearbeiten
 
Beechcraft King Air B200
 
King Air 200

Am 27. Oktober 1972 wurde dann die deutlich größere und auch leistungsstärkere Version King Air 200 eingeführt, die 1984 durch die in Details verbesserte Version B200 (Triebwerk PT6A-42) abgelöst wurde. Diese Maschinen wurden bis 1996 zusammen mit der B300 auch als Super King Air bezeichnet. Der Zusatz Super wurde danach aber wieder gestrichen.

In den Jahren 1989 und 1990 wurden insgesamt 14 Stück B200 in einer 13-sitzigen High-Density-Konfiguration mit einem belly Cargo Pod hergestellt. Diese wurden von Beechcraft als Zubringerflugzeug unter der Bezeichnung Modell 1300 vermarktet.[7]

Ende 2007 erhielt die verbesserte Version King Air B200GT (neues und stärkeres Triebwerk PT6A-52, Preis 5,3 Millionen US-Dollar) ihre Zulassung durch die FAA.

Im Herbst 2010 stellte der Hersteller auf der NBAA den Nachfolger King Air 250 (ebenfalls Triebwerk PT6A-52) vor: Sie ist besonders für große Höhenlagen und hohe Temperaturen (Hot & High) optimiert. Zu den technischen Neuerungen der King Air 250 gehören Winglets, Komposit-Propeller und ein Ram Air Recovery System von Raisbeck (für die Verbesserung von Startstrecke, Steigleistung und maximaler Geschwindigkeit). Bis 2020 waren die King Air B200GT und 250 in Produktion.

Am 2. Dezember 2020 wurde die King Air 260 vorgestellt. Diese Version ist mit einem neuen Wetter-Radar-System und einer neuen automatischen Schubkontrolle ausgestattet. Bis zu neun Passagiere können transportiert werden.[8][9]

Militärische und Special Mission Versionen

Bearbeiten

Auf der King Air 200 basieren etliche Militärversionen mit der Grundbezeichnung C-12 Huron, die durch die verschiedenen US-Teilstreitkräfte beschafft wurden. Bei den kanadischen Streitkräften wurden zwei gemietete Maschinen unter der Bezeichnung CT-145 eingesetzt.

Von der Super King Air wurden auch die Seeaufklärer-Varianten Model 200T (23 Maschinen) und Model B200T (8 Maschinen) produziert. Zwei Exemplare der 200T übernahm 1977 das französische Institut Géographique National und setzte sie als Vermessungsflugzeuge ein.[10]

Die T-54A "Marlin II" ist eine Variante der King Air 260 zur Schulung von zukünftigen Besatzungen für mehrmotorige Einsatztypen der United States Navy, deren Auslieferung 2024 begann. Insgesamt sind 64 Exemplare bestellt.[11]

300er-Serie

Bearbeiten

Eine gegenüber der King Air 200 leistungsgesteigerte Variante, die King Air 300, machte ihren Erstflug am 3. September 1983 und wurde 1988 von der bis heute größten und leistungsstärksten Version der King Air Familie, der King Air 350 (PT6A-60A Turbine), abgelöst.

 
King Air 360

Ende 2007 wurde die verbesserte Version King Air 350ER (Reichweite auf 4760 km gesteigert) eingeführt. Anfang 2010 folgte die Zulassung der King Air 350i durch die EASA und FAA. Die King Air 350i unterscheidet sich von der Basisversion durch eine verbesserte Kabinenausstattung (Multimedia-, Erfrischungs- und flexible Sitzoptionen).

Im August 2020 wurden die King Air 360[12] und King Air 360ER[13] vorgestellt. Neuerungen sind das Autothrottle-System[14] und ein digitaler Druckregler, der den Kabinendruck regelt. Die erste Maschine wurde im November 2020 ausgeliefert.[15]

Militärische Versionen

Bearbeiten
 
MC-12 Liberty

Auch die größere King Air 350 wird von den Streitkräften der USA genutzt. Zu nennen sind hier die C-12S und UC-12W, Verbindungsflugzeuge der US Army bzw. US Navy, sowie die MC-12W, ein Aufklärungsflugzeug, das auch intensiv in Afghanistan eingesetzt wurde.

Am 10. Juni 2009 hatte die Militärversion MC-12W "Liberty" der King Air 350 ihren ersten Einsatz im Irak. Bei der Maschine handelt es sich um ein bemanntes Überwachungsflugzeug mit Sigint Elektronik, einem Wescam-MX-15 Sensorbehälter unter dem Rumpf und zwei Bedienkonsolen in der Kabine. Insgesamt sollten 37 Stück für die US-Streitkräfte angeschafft werden.[16]

Technische Weiterentwicklung

Bearbeiten
 
Collins-Pro-Line-Fusion-Avionik (King Air 360)

Die US-amerikanische Federal Aviation Administration hat 2016, die europäische EASA 2018 mit dem Rockwell Collins Pro Line Fusion ein neues Glascockpit mit drei Bildschirmen für bisher mit dem Pro Line 21 ausgerüsteten Maschinen für B200 und B33 zugelassen, wodurch sich mehr Informationen deutlicher im Cockpit darstellen lassen als bisher.[17]

 
RC-12P

Militärische Nutzer

Bearbeiten
Argentinien  Argentinien
Algerien  Algerien
Barbados  Barbados
Bolivien  Bolivien
Chile  Chile
Ecuador  Ecuador
Elfenbeinküste  Elfenbeinküste
Frankreich  Frankreich[18]
Griechenland  Griechenland
Guatemala  Guatemala
Israel  Israel
Jamaika  Jamaika
Japan  Japan
Kanada  Kanada[19]
Kolumbien  Kolumbien
Malta  Malta (Air Wing)
Marokko  Marokko
Mexiko  Mexiko
Neuseeland  Neuseeland
Panama  Panama (Servicio Nacional Aeronaval (Marineflieger)[20])
Peru  Peru
Philippinen  Philippinen
Schweiz  Schweiz
Sri Lanka  Sri Lanka
Spanien  Spanien
Uruguay  Uruguay
Vereinigtes Konigreich  Vereinigtes Königreich
Vereinigte Staaten  Vereinigte Staaten
Venezuela  Venezuela

Zwischenfälle

Bearbeiten
  • Am 22. September 1967 verunglückte eine Beechcraft King Air A90 der Hamburger General Air (Luftfahrzeugkennzeichen D-ILNI). Auf einem Flug von Frankfurt nach Nizza fiel die Bordelektronik komplett aus. Die Maschine kollidierte bei Saluzzo (Italien) mit Bergen. Alle sechs Insassen kamen ums Leben, der Pilot sowie die fünf Passagiere, darunter der Großindustrielle Harald Quandt.[21]
  • Am 22. Dezember 2000 kam der Investmentbanker Edson Mitchell durch den Unfall seines Privatflugzeugs vom Typ Beechcraft King Air B200 (N30EM) ums Leben, ebenso wie der Pilot. Das Flugzeug war auf die Firma Mountain Air Service zugelassen. Laut Untersuchungsbericht ist der Unfall 13 Kilometer südlich des Rangeley Municipal Airport bei Rangeley (Maine) auf einen Pilotenfehler zurückzuführen; es handelte sich um einen CFIT (Controlled flight into terrain).[24]
  • Am 14. Februar 2002 flog beim Sarsuragletscher eine King Air 300 der österreichischen Firma Kronospan (D-ICBC) in einen Berg. Die Maschine war im Anflug auf den Schweizer Flugplatz Samedan. Die Piloten verloren jedoch bei kritischen Sichtbedingungen die räumliche Orientierung; das Flugzeug kollidierte mit dem Gelände. Beide Piloten, die einzigen Insassen, wurden getötet.[25][26]
  • Am 30. Juni 2019 stürzte in der texanischen Stadt Addison eine private King Air 350 nach Startproblemen in einen leeren Flughafenhangar – keiner der 10 Menschen an Bord überlebte.[28]

Technische Daten

Bearbeiten
Kenngröße King Air C90GTx[29] Super King Air B200[30] Super King Air 350i[31]
Hersteller Hawker Beechcraft
Baujahre 1964–heute
Besatzung 1–2
Passagiere 7–8 8–10 9–11
Länge 10,82 m 13,36 m 14,22 m
Spannweite 16,36 m 16,61 m 17,65 m
Höhe 4,34 m 4,52 m 4,37 m
Kabinenlänge 3,84 m 5,08 m 5,94 m
Kabinenbreite 1,37 m
Kabinenhöhe 1,45 m
Leermasse 3282 kg 3983 kg 4536 kg
max. Nutzlast 0972 kg 1007 kg 1134 kg
max. Startmasse 4756 kg 5670 kg 6804 kg
Reisegeschwindigkeit 504 km/h (272 kt) 570 km/h (308 kt) 580 km/h (313 kt)
max. Reichweite 2426 km (1310 NM) 2954 km (1595 NM) 3343 km (1805 NM)
Dienstgipfelhöhe 9144 m (30.000 ft) 10.668 m (35.000 ft)
Triebwerke 2 × Pratt & Whitney Canada PT6

Siehe auch

Bearbeiten
Bearbeiten
Commons: Beechcraft King Air – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. flightglobal.com: Hawker Beechcraft delivers 7,000th King Air, vom 8. November 2012
  2. Die King Air VC-6A im Museum der United States Air Force
  3. Teures Hobby. In: Der Spiegel. Nr. 18, 1994, S. 73–77 (online).
  4. https://www.flyradius.com/beechcraft-king-air-c90gtx/price
  5. Jerry Siebenmark: Textron Aviation's King Air 90, Citation Sovereign End Their Rule. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 9. März 2021; abgerufen am 27. September 2021 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.ainonline.com
  6. Philippines to lease five Japanese King Airs for maritime patrol, Flightglobal, 10. März 2016
  7. Beech 1300 Lucky Thirteen aeroressourcesinc.com, englisch; PDF; abgerufen am 10. April 2023
  8. Textron schickt Beechcraft King Air 260 ins Rennen. In: aerotelegraph.com. 3. Dezember 2020, abgerufen am 3. Dezember 2020.
  9. King Air 260 Textron Aviation, (englisch), abgerufen am 3. Dezember 2020.
  10. A. J. Pelletier: Beech Aircraft and their Predecessors, Putnam Aeronautical, 1995, S. 155–157, 202
  11. Die US Navy hat ihren ersten beiden King Air 260 übernommen. AeroBuzz, 23. April 2024
  12. King Air 360 Textron Aviation, (englisch), abgerufen am 3. Dezember 2020.
  13. King Air 360er Textron Aviation, (englisch), abgerufen am 3. Dezember 2020.
  14. Automatische Steuerung der Triebwerksleistung von der Startphase über die Steig-, Reise- und Sinkflugphase bis hin zur Umkehrphase des Fluges
  15. Erste King Air 360 ausgeliefert. In: aerokurier.de. 10. November 2020, abgerufen am 3. Dezember 2020.
  16. FlugRevue August 2009, S. 16, MC-12W fliegt im Irak
  17. Kate Sarsfield: Europe approves Fusion upgrade on King Airs. In: Flight International. 2018, abgerufen am 21. September 2018.
  18. First French light reconnaissance aircraft to be operational in 2021, Janes,20. Oktober 2020
  19. Canadian National Defence orders three King Air 350ERs for special ops recon, Flightglobal, 2. November 2020
  20. Panama receives King Air 350 aircraft, Janes, 12. Dezember 2018
  21. Unfallbericht King Air A90 D-ILNI, Aviation Safety Network WikiBase (englisch), abgerufen am 3. Juli 2021.
  22. Unfallbericht King Air B90 D-ILTU, Aviation Safety Network WikiBase (englisch), abgerufen am 14. Juni 2023.
  23. Flugunfalldaten und -bericht King Air 200 D-IGSW im Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 14. Juni 2023.
  24. Unfallbericht King Air 200 N30EM, Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 17. Februar 2020.
  25. Büro für Flugunfalluntersuchungen: Schlussbericht Nr. 1874 des Büros für Flugunfalluntersuchungen. (PDF) Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 21. November 2014; abgerufen am 29. August 2016. abgerufen am 16. Mai 2023
  26. Unfallbericht King Air 300 D-ICBC, Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 27. November 2019.
  27. Unfallbericht King Air 200 Z3-BAB, Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 7. April 2020.
  28. T-Online.de: Tragischer Vorfall in Texas – Zehn Tote bei Absturz von Kleinflugzeug, vom 1. Juli 2019
  29. Beechcraft – King Air C90GTx: Specifications (Memento vom 28. April 2015 im Internet Archive) (englisch) abgerufen am 25. Dezember 2015
  30. Beechcraft – King Air B200: Specifications (Memento vom 30. Juli 2012 im Internet Archive) (deutsch) abgerufen am 12. Januar 2012
  31. Beechcraft – King Air 350i: Specifications (Memento vom 26. April 2015 im Internet Archive) (englisch) abgerufen am 25. Dezember 2015