Die Zeughausgasse ist eine breite und ungefähr 260 Meter lange Gasse in der Altstadt von Bern in der Schweiz. Sie liegt im Gelben Quartier, erkennbar an den gelben Strassenschildern.
Lage
BearbeitenDie Zeughausgasse führt von der Nägeligasse hinter dem Kornhaus durch, biegt beim Schmiedenplatz im rechten Winkel nach Westen ab zwischen Volkshaus und Rathaus zum Äusseren Stand auf der Südseite der Gasse und Französische Kirche auf der Nordseite durch, nach letzterer die Predigergasse einmündet, und endet beim Waisenhausplatz. Die teilweise gedeckten Fussgängerwege Zeughaus-Passage, Schützengässchen und Zu Schmieden verbinden die Zeughausgasse mit der parallel verlaufenden Marktgasse.
Geschichte
BearbeitenDie Zeughausgasse entstand Ende des 13. Jahrhunderts als eine der vier Achsen der befestigten Neuen- oder Savoyerstadt, welche den Gürtel von Zytglogge bis Käfigturm bildete.[1] Damals wurde die Gasse mit der Bedeutung einer Nebenachse, vor den Predigern genannt, da sie sich südlich der Umfassungsmauer des ausgedehnten Areals des 1269 gegründeten Predigerklosters entlang zog, von dem heute lediglich noch die Französische Kirche vorhanden ist. Über 100 Jahre später, seit dem Ende des 14. Jahrunderts diente das westlichen Drittel des Geländes des Predigerkloster als allgemeiner Werkhof. In diese Zeit fällt auch die erste Pflästerung der Gasse mit behauenen Steinen aus der Aare; bis dahin bestand der Belag aus festgetretenem Lehm und Kieselsteinen.[2] Dieser Werkhof musste im 16. Jahrhundert – 1517/1526 Büchsenhaus, 1560/1577 Erweiterungen – schrittweise dem Grossen Zeughaus weichen, welches von nun an neben dem Predigerkloster das Gassenbild prägte.
Im Zuge der Reformation wurde das Kloster aufgelöst und 1528/1530 in das Grosse Spital gewandelt, sowie die Gasse von vor den Predigern in beim Totentanz oder auch Totengasse umbenannt, nach der auf der Innenseite der Klostermauer befindlichen Freske von Niklaus Manuels Totentanz. 1660 fällt die Klostermauer womit die Gasse wesentlich erweitert wird, ihr baulicher Charakter bleibt weiterhin eher unscheinbar. Der heutige Name Zeughausgasse ist 1745 erstmals vermerkt.
Ab 1878 verschwinden die weitläufigen Gebäude des 16./17. Jahrhunderts, die Strasse wird auf das Doppelte verbreitert und es enstehen seit 1880 die unpersönlich monotonen Neurenaissance-Baublöcke analog der Überbauung Bundesgasse-Bubenbergplatz
(Predigergasse: ...entstand im Jahre 1877 nach dem Abbruch des Grossen Zeughauses. Sie wurde nach dem an ihrer Ostseite gelegenen Predigerkloster benannt. Als Prediger wurden die Dominikaner bezeichnet, die hier seit dem Ende des 13. Jahrhunderts bis 1527 ansässig waren. Die Klostergebäude verschwanden 1888.)
Bebauung
BearbeitenLiteratur
Bearbeiten- Paul Hofer: Die Kunstdenkmäler des Kantons Bern. Die Stadt Bern - Gesellschaftshäuser und Wohnbauten. Hrsg.: Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte (= Die Kunstdenkmäler der Schweiz. Band 40). Band 2. Birkhäuser Verlag, Basel 1959, Die Wohnbauten III. Die Savoyerstadt Zeughausgasse, S. 2, S. 431–432 (495 S., unibe.ch [PDF; 65,0 MB; abgerufen am 14. März 2018] Geschichte und Bebauung der Zeughausgasse. – PDF zum freien Herunterladen).
- Berchtold Weber: Historisch-topographisches Lexikon der Stadt Bern. Zeughausgasse (Orte\Sch\Schweiz (CH)\Bern (Kanton)\Bern (BE)\Z). Hrsg.: Burgerbibliothek Bern (= Schriften der Berner Burgerbibliothek). Bern 2016 (archives-quickaccess.ch [abgerufen am 14. März 2018]).
- Berchtold Weber: Historisch-topographisches Lexikon der Stadt Bern. Zeughaus (Grosses) (Orte\Sch\Schweiz (CH)\Bern (Kanton)\Bern (BE)\Z). Hrsg.: Burgerbibliothek Bern (= Schriften der Berner Burgerbibliothek). Bern 2016 (archives-quickaccess.ch [abgerufen am 14. März 2018]).
Weblinks
Bearbeiten- Dokumente zur Zeughausgasse im Online-Archivkatalog der Burgerbibliothek Bern
- Dokumente zum Zeughaus (Grosses) im Online-Archivkatalog der Burgerbibliothek Bern
- Die Kunstdenkmäler des Kantons Bern auf DigiBern – Berner Kultur und Geschichte im Internet
- Stadt Bern – Bauinventar Zeughausgasse
- Nina Susedka: Archäologische Funde in Berns Zeughausgasse. Um die Französische Kirche lag früher ein Friedhof. Ein nun entdecktes Mauerstück lässt seine Grösse erahnen. In: derbund.ch. Tamedia AG, 20. Juli 2014, abgerufen am 25. Februar 2018.
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Urs Martin Zahnd: Bern (Gemeinde). 2.1 - Die Siedlungs- und Bevölkerungsentwicklung. Historisches Lexikon der Schweiz, 11. Oktober 2016, abgerufen am 28. März 2018: „...die vor dem Zeitglockenturm entstandene vierachsige Neuen- oder Savoyerstadt in die Befestigung einbezogen.“
- ↑ Urs Martin Zahnd: Bern (Gemeinde). 2.1 - Die Siedlungs- und Bevölkerungsentwicklung. Historisches Lexikon der Schweiz, 11. Oktober 2016, abgerufen am 28. März 2018: „Von 1395 an wurden die Strassen gepflästert“
Koordinaten: 46° 56′ 56″ N, 7° 26′ 45″ O; CH1903: 600548 / 199756
Notes and findings:
Paul Hofer: Die Kunstdenkmäler des Kantons Bern. Die Stadt Bern - Stadtbild · Wehrbauten · Stadttore · Anlagen · Denkmäler · Brücken · Stadtbrunnen · Spitäler · Waisenhäuser.
S. 431 Zeughausgasse
Als breite, stark befahrene Verbindung zwischen Kornhaus- und Waisenhausplatz ist die Zeughausgasse eine Schöpfung des späten 19. Jahrhunderts. In der Topographie der «Savoyerstadt» hat die Gasse längs der Südeinfriedung des 1269 gegründeten Predigerklosters immerhin die Bedeutung einer Nebenachse, denn sie führt westlich durch das Frauentor und die gedeckte Brücke über den Stadtgraben zur Ausfallstrasse nach Norden; ein nennenswerter Verkehr ist aber kaum anzunehmen; der bis dahin unbequem verstellte Ostausgang ist erst 1895 durch Schaffung einer Durchfahrt durch das Erdgeschoss des Kornhauses in gerader Führung mit dem Platz verbunden worden. Bis ins mittlere 14. Jahrhundert nimmt der ausgedehnte Komplex des Dominikanerklosters (Abb.385 S. 385) den Raum zwischen der heutigen Gasse und dem Aareufer ein. 1379 wird das westliche Drittel des Areals zum Werkhof; hier ersteht in mehreren Etappen das Grosse Zeughaus, das seit Zuschüttung des Stadtgrabens, Aufhebung der Grabenbrücke und Abbruch des Frauentors (1530–1621) das Bild stadtaufwärts beherrscht. Im Ostteil ist es das Kloster, das mit Schiff und Chor der Kirche die Gasse vor den Predigern dominiert. Nach Umwandlung des Klosters in das «Grosse Spital» (1528–1530) verdrängt der auf Niklaus Manuels Bilderfolge von 1516–1519 innen an der Kirchhofmauer bezügliche Name beim Totentanz die alte Bezeichnung bis 1660 die Mauer fällt; 1745 trägt die dadurch beträchtlich erweiterte Gasse bereits den heutigen Namen. Im baulichen Charakter bleibt sie unscheinbar wie zuvor. Durch Funde steinerner Kachelmodel des spätern 15. Jahrhunderts sind im Westteil Hafnerwerkstätten bezeugt; das Gebäude vor dem Nordausgang des Schützengässchens wird mit der Stiftung Anna Seilers von 1354 Ursprungsort des Inselspitals; erst mit dem Ausserstandes-Rathaus von 1729 (Abb. 6) erhält die Flucht gegenüber der Predigerkirche den ersten öffentlichen Profanbau. – Nach 1870 entschliesst sich der Staat, das Zeughaus vor die Stadt hinaus zu verlegen. Kurzsichtig genug versteigert die Regierung das während 500 Jahren in öffentlichem Besitz gebliebene, zentral gelegene Areal; nach Bezug des Neubaus auf dem Beundenfeld (1878) verschwinden die weitläufigen Gebäude des 16./17. Jahrhunderts, die Strasse wird auf das Doppelte verbreitert und es enstehen seit 1880 die unpersönlich monotonen Neurenaissance-Baublöcke analog der Überbauung Bundesgasse-Bubenbergplatz. Seit Aufführung des rücksichtslos neben das feingliedrige kleine Ausserstandes-Rathaus gestellten Volkshauses (1913/14) ist auch diese Einheit dahin.
Vom älteren Baubestand der Gasse ist einzig das um 1531–1534 als Privathaus neuerbaute, säkularisierte Seilerspital am Schützengässchen wenigstens bildlich gut überliefert. Im Jahre 1913 fällt das Gebäude mit den drei östlich anstossenden dem Volksbaus-Neubau zum Opfer; übrig ist von ihm einzig der ins Historische Museum gelangte Fenstersturz mit eingehauener Jahrzahl 1534. Das einzige noch bestehende Privathaus des Barocks in der Gasse, Nr.3 («Räblus »), gehört mit seiner Vorderfront zu den besten Schöpfungen der Régencezeit in Bern (Abb. 431 S. 432). Im ungünstigen Winkel zwischen Kornhaus und «Hinterschmieden» behauptet sich der Bau nicht durch Aufwand, sondern allein durch die Qualität der Verhältnisse. Über dem drei Achsen breiten Risalit Dreieckgiebel mit den unausgehauenen Bossen des geplanten Giebelwappens; je eine flankierende Achse, eingefasst durch klar gefugte Eckvorlagen; in deren Erdgeschoss je ein Korbbogeneingang mit dem einzigen ausgeführten Skulpturenschmuck der Front: in den Zwickeln beidseits des Scheitelsteins gute Régencegirlanden, nahverwandt denjenigen an Albrecht Stürlers Tscharnerhaus am Münsterplatz. Klar tritt hervor, was die Architektur des zweiten Jahrhundertviertels auszeichnet: sichere Verteilung der Gewichte, Eleganz geometrischer Profilierung, Kultur der Proportion.
S. 383 III. DIE SAVOYERSTADT Marktgasse
Als offene Vorstadt wohl schon im frühen 13.Jahrhundert allmählich entstanden und zwischen 1255 und 1265 ummauert, erscheint sie 1286 erstmals urkundlich als nova civitas Bernensis.
S. 384 Abb. 384. Die Savoyerstadt, ummauert um 1255–1265.
Berchtold Weber: Historisch-topographisches Lexikon der Stadt Bern. Zeughausgasse (Orte\Sch\Schweiz (CH)\Bern (Kanton)\Bern (BE)\Z).
Die Zeughausgasse hiess ursprünglich vor den Predigern nach dem nahe gelegenen >Predigerkloster. Seit der Reformation hiess sie bis ins 18. Jahrhundert beim Totentanz und auch Totengasse nach Niklaus Manuels «Totentanz» an der >Totentanzmauer. 1745 hiess das westliche Stück der Gasse Zeughausgasse und wurde erstmals erweitert. Die zweite Erweiterung folgte 1880 nach dem Abbruch des Grossen >Zeughauses. Der Teil südlich der Französischen Kirche hiess bis ins erste Viertel des 19. Jahrhunderts Welsche Kirchgasse, später auch Zeughausgasse. 1984 wurde die Zeughausgasse zwischen Predigergasse und Kornhaus fussgängerfreundlicher gestaltet.
Lit.: Paul Hofer, Kunstdenkmäler der Stadt Bern, Band II, Basel, 1959.